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Anzeiger
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Nr. 144
Tagesschau.
Lant „Lokalanzeigrr" wächst die Bewegnug t« München so, daß mit einem Anfstand gerechnet werden muß. Gestern ist ein Anschlag der Kommunisten auf die Schnlkaserne noch vereitelt worden. Die Einwohnerwehr ist ihrer Aufgabe nicht gewachsen.
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A«S Sachse« wird mitgeteilt, daß Infolge deS Streiks der Eisenbahner verschiedene Gasanstalten aus Mangel an Kohle« unmittelbar vor der Betriebseinstellung stehe«.
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Der Unterausschuß des VerfafsungsanSschusses für die Vorbereitung des Gesetzes über die Reichstagswahle«, insbesondere hinsichtlich etner Ausgestaltung des Verhältniswahlsystems wird seine Arbeiten bald anfnehme«. Die Tätigkeit de- VerfassnngsansschusseS wird sich demnach auch
auf das Wahlgesetz erstrecke».
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Eine von über 10000 Eisenbahnarbeirern besuchte Versammlung in Frankfurt a. M. beschloß gestern Nachmittag von heute 6 Uhr ab in de« Streik zu treten, der sich zunächst nur in passiver Resistenz äußern solle.
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Heute vormittag wurde« ans dem Wochenmarkte in Hoerde sämtliche Verkaufsstände gestürmt «nd die Waren teilweise z« erniedrigtem Preise verkauft, teils zerstört. Sicherheitswehr «nd Polizeimannschaften griffen «in, wobei Schüsse fielen. ES gab mehrere Schwerverwnudete.
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Der Magistrat Berlin gibt bekannt, daß die Herabsetzung der Lebensmittrlpreije für Groß-Berlin am Montag, den V. Zuli eintreten wird.
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Der Exkaiser trifft Vorbereitungen zu seiner Abreise. Er hat iu Arche« ei« Haus gekauft. Es Warden strengste Prlizeimaßnahmeu z« seiner Ueberwaehnng getroffen. Der Zutritt und die Annäherung zum Schlöffe ist de« Spaziergänger« strengstens untersagt.
Der feindliche Kommissions-^ bericht über die Schuldfrage.
Die Schweizer TMgraph-en-Agentur Republica erhält von ihrem Pariser Mitarbeiter soeben einen authentischen Auszug aus dem Bericht der Kommission der a. und a. Regierungen für die Feststellung der Verantwortlichkeit der Urheber des Krieges und die aufzuerlegenden Strafen. Es ist derselbe Bericht, von dem Clemenceau in seiner Note an den Grafen Brockdorff- Rantzau vom 20. Mai erklärt, es sei ein Dokument interner Natur und könne der deutschen Friedensdelegation
nicht mitgeteilt werden. Der in der Schweiz setzt veröffentlichte interessante Auszug daraus bringt, ausser dem Berichte der Kommission über die Kriegsschuld der Mittelmächte auch noch die von der amerikanischen Delegation zu Protokoll«gegebenen Vorbehalte, die sich u. a. gegen die Aburteilung des ehemaligen Deutschen Kaisers durch einen internationalen Gerichtshof wenden.
Der Bericht beschränkt sich darauf vierzig Stücke lediglich aus den Entente-Farbbüchern zu verwerten. Dagegen werden die Farbbücher der Mittelmächte ganz beiseite gelassen. Um so mehr werden die fragwürdigen Enthüllungen Lichnowskys, Mühlons und Lerchenfelds ausgeschlachtet. Ohne diese letzteren würde das diesem Kommissionsbericht zu Grunde gelegte Beweismaterial seiner angeblich schlüssigsten Stücke vollends entbehren.
Der Bericht beginnt mit den Hinweisen auf kriegslustige Aeußerungen des Gen^ralstabschess v. Moltke aus dem Herbst 1913, die bereits als erfunden entlarvt sind. Das ist das einzige Beweisstück, das für die angebliche deutsche Kriegshetze vor dem Kriege beigebracht wird. Aehnlich wird im Anschlüsse an Lichnowskys der angebliche „Potsdamer Kronrat" vom 5. Juli als „entscheidende Beratung" hingestellt, obwohl sich diese Kennzeichnung der Potsdamer Besprechung ebenfalls bereits längst als erfunden heransgestellt hat. Ebenso wahr- heitswidrig wird für das österreichisch-ungarische Ultimatum an Serbien vom 23. Juli eine weitgehende Kooperation zwischen Wien und Berlin behauptet.
Der Bericht bemüht sich dann, nachzuweisen, daß die aufrichtige Vermittlungspolitik der Verbandsmächte durch Deutschland planmäßig Hintertrieben worden und lediglich an dem deutschen Widerstand gescheitert sei. In Wirklichkeit' hat Deutschland fast alle englischen Ver- mittlnngsvorschläge mit Empfehlungen nach Wien weitergegeben, mit Ausnahme des Konferenzvorschlags, der aber von Grey selbst zugunsten der von Deutschland wieder in Gang gebrachten direkten österr.-russischen Verhandlung zurückg-'stelit worden ist. Drei, für die Aufrichtigkeit und Twkraft der deutschen Vermittlungspolitik entscheidende Depeschen werden in dem gegnerischen Berichte mit keinem Worte erwähnt: Am 28. Juli wurde Wien ans das in der serbischen Antwortnote enthaltene Entgegenkommen durch Berlin ausdrücklich aufmerksam gemacht und zugleich zur Nachgiebigkeit gegenüber der Vermittlungspolitik der Mächte aufgefordert. 'Eine zweite nach Wien am 29. gerichtete Note enthielt den berühmten scharfen Satz: „Wir sind zwgr bereit, unsere Bundespflicht zu erfüllen, müssen es aber ablehnen, uns von Wien leichtfertig und ohne Beachtung unserer Ratschläge in' einen Weltbrand Hineiziehen zu lassen." In ebenso dringlichem Tone wird den Wienern noch am folgenden Tag die Annahme der Vermittlung ans -Herz gelegt.
Weiterhin wird die Priorität der deutschen Mobil
machung behauptet, aber fast nur auf Grund französischer Tendenzmeldungen, die sich nicht halten lassen, lieber- dies liegt der Hauptmangel der Kommissionsarbeit darin, daß sie die russische Teil- und Gesamtmobilmachung und damit die eigentliche Kriegsursache mit Schweigen übergeht. Auch die Enthüllungen des Suchomlinow-Prozes- ses existieren für die Berichterstatter nicht.
So bedeutet der feindliche Bericht einen Rückschritt in unserer Kenntnis der diplomatischen Verhandlungen vor Kriegsausbruch: einen Rückschritt auch hinter das, was bereits selbst in der feindlichen Literatur zugunsten der Mittelmächte und zu ungunsten des Zarismus bei- gebracht worden ist. Der Bericht ist nicht nur außerordentlich tendenziös, sondern auch, rein sachlich mme- sebe» oberflächlich und leichtfertig. - ß '
Deutsche Nationalversammlung»
Weimar, 1. Juli.
Das Plenum der Nationalversammlung trat heule mittag wieder zusammen, um das
Siedet üngsgesetz
zu verabschieden. Vorher schon hatte sich der Aeltesten- ausschuß mit dem Programm der Session beschäftigt, denn schließlich muß man doch auch über den Sommer Dispositionen treffen können. Man einigte sich dahin, daß am Mittwoch mit der zweiten Lesung der Verfassungsvorlage begonnen werde, die eigentlich von den Abgeordneten schon für heute erwartet war und den auffallend starken Besuch veranlaßt hatte. Der Vorsitzende des Verfassungsausschusses wird eine Uebersicht über die Aenderungen und Beschlüsse des Ausschusses geben. Die Berichterstatter über die einzelnen Abschnitte sollen 25 Minuten, die Redner allgemein 15 Minuten Redezeit erhalten. In der nächsten Woche sollen die 10 Steuervorlagen in Angriff genommen werden und man rechnet damit, etwa am 11. oder 12. Juli die-Verfasiungs- vorlage in dritter Lesung vorzunehmen. Dabei wird eine große Aussprache zugelassen werden, die mindestens 10 Tage dauern wird. Von den Steuervorlagen sollen die Kriegsgewinnsteuer, darunter auch die als Drucksache noch nicht einmal vorliegende Mehreinkommensteuer noch im Juli in dritter Lesung verabschiedet werden, um sofort in Wirksamkeit treten zu können. Anfang August soll die Tagung in Weiinar zu Ende gehen und die Nationalversammlung nach Berlin verlegt werden, d. h. die Steuerausschüsse werden nach der Ferienpanse in Berlin zusammentreten, wo im Reichstagsgebäude die Räumlichkeiten wieder in Ordnung gebracht sind. Das Plenum wird im Reichstagsgebäude in Berlin von Oktober bis Dezember tagen. Die Neuwahlen zum Reichstag dürften voraussichtlich erst im I a- nuar stattsinden. --- -
Landrichter Lange.
N»m«n von Mari» Lenzen, geb. di Sebregondi.
Nachdruck verboten.
Er geleitete sie mit allen äußeren Zeichen der Ehrerbietung zu ihrem draußen wartenden Wagen und kehrte dann, von sehr widerstreitenden Empfindungen beherrscht, in sein Studierzimmer zurück. Der Kampf, den er — das stand jetzt fest — siegreich geführt, hatte doch auch ihm mehrfache Wunden eingetragen. Sein Ehrgefühl war verletzt, sein Stolz, seine Würde waren beleidigt worden, und wie er auch jeden unliebsamen Gedanken zu übertäuben suchte, namentlich durch den Hinblick auf den Glanz und die Ehre, die seine und seiner Familie Zukunft verschönern würden, immer wieder machte sich der Selbstvorwurf laut, daß er, im Grunde genommen, in dieser Stunde das Versprechen gegeben habe, fortan der schweigende, ja, der hilfsbereite Hehler ihm bekannter schwerer Frevel zu sein.
12 :
„Nun, ist es dir gelungen? Hast du ihn besänftigt?" rief Baron Clemens seiner Schwester entgegen, als sie, von Dietenbrück zurückgekehrt, sein Zimmer betrat.
„Er erwartet dich morgen zum zweiten Frühstück und zugleich deine und Antoinettes Einwilligung zu der famosen Doppelheirat," gab sie in bitter höhnischem Tone zurück. Dann wandte sie sich, um hinaus-
Mgeheii o^in du? So bleibe doch, damit wir
besprechen können . .
„Da ist nichts mehr zu besprechen." versetzte die Freiin, die Hand am Türdrücker. „Entweder du bringst ihm morgen vormittag deine und deiner Frau Zustimmung zu den von ihm geplanten ehelichen Verbin- dunaen oder er reicht morgen nachmittag die angedrohten Anklagen bei den Behörden ein."
Elende Geschichte!" stammelte der Baron, blaß und ohnmächtig sich zurücklehnend
ria es ist ein infamer Mensch, dieser Richter. Es ist unser Verderben, in seine Lände aekallen »u
sein. Zu Helsen ist nicht: du mußt in die Forderungen dieses — Schurken willigen!"
„So bleibe, so bleibe doch!" rief ihr Bruder, als sie abermals im Begriff war, sich zu entfernen. „Sage mir doch, wie ich Antoinette auf die uns drohende Schande vorbereiten soll.",
..Vorbereiten? Dazu bleibt dir keine Zeit. Mack ihr die Notwendigkeit klar, sich den Forderungen diese Menschen u fügen: anderes kannst du nicht tun!"
„E? ist schrecklich!"
„Wenn du dich davor fürchtest," sagte die Fre' mü verächtlichem Blick und etwas von der gewöhn: kalten Schärfe in ihrem Ton, „will ich die Au gäbe übernehmen. Jedenfalls mutz sie ohne Aufschn erledigt werden."
„Nein, nein! Ich muß dieses Unglück wenigstens in schonender Weise meiner Frau Mitteilen. Du würdest es so hart als möglich tun, ich kenne das Laß mich jetzt allein, ich muß mich sammeln, eh> ich es über mich gewinne, der armen Antoinette soll ein Leid wnzutun."
„Ich hoffe Wohl. Leonore schreibt ihrer Tante, und Rudolph inacht auf meinen Wunsch einen Besuch bei Frau von Sevenz. Es hat mir Mühe gekostet, ihn dazu zu bereden, weil er lieber nach Dietenbrück reiten wollte."
„Ah, sie kommt mir entgegen, ohne es zu ahnen," dachte der Freiherr. Laut sagte er: „Du glaubst, daß er gern unsere dortigen Freunde besucht?"
„Unsere Freunde? ... In Dietenbrück?" Es lag ein stark markiertes, unwilliges Erstaunen in dem Blick und dem Ton, mit denen sie ihre Gegenfrage aussprach. „Mein Gott, Clemens, du wirst doch diese Beamtenfamilie nicht ernstlich zu unseren Freunden zählen?"
„Ich dächte doch, mein Kind. Das hätte dir auch die ganze Art unseres Verkehrs mit ihnen schon sagen sollen."
„Ah, es^ ist mir lieb, daß du selbst die Sache er- wähnst. Ich habe schon lange gewünscht, mit dir darüber zu sprechen. Der Verkehr zwischen uns und diesen guten Leuten hat sich in einer Weise ausgebildet. die mir ganz unstatthaft erscheint. EsLÜLobe
Zeit, iyn zu beschränken und auf einen andere», WH zu bringen."
Der Freiherr atmete rasch und beklommen, er wischte sich mit dem Batisttuche die Schweißperlen von der Stirne.
Seine Frau sah ihn zuerst befremdet, dann er» schrocken an und fragte: „Ist dir nicht wohl, mein Lieber?"
„Ganz Wohl. Ich wollte nur sagen, daß das. Beschränken nicht geschehen kann. Auf einen anderen Ton aber soll das Verhältnis gebracht werden — iedoch in einem Sinne, wie es, fürchte ich, deinen, Wünschen nicht entspricht."
Sie blickte ihn aufmerksam, beinahe mißtrauisch? in das blasse Gesicht und antwortete mit einer kurzen Bemerkung: „Ich verstehe dich nicht!"
„Geduld, mein Kind, du sollst alles wissen. Der Landrichter Lange, mein verehrter Freund, wirbt für seinen Sohn um Leonorens, für seine Tochter um Rudolphs Hand."
seien es Geschosse, die er mit all seiner Kraft vo, sich schleudern müsse. Gleich einem verderblichen Ge schoß wirkten sie auch auf seine Zuhörerin. Sie blte stumm, als er schwieg. Ihr unwillig forschende Blick sprach aber einen mehr zürnenden als ängstliche, Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit ihres Gemahl aus. Dieses sehr verständliche Schweigen war nich geeignet, ihn zu ermutigen, und hastig Kopf un Hände bewegend, rief er: „Nun, was sagst du K diesen hübschen Vorschlägen, mein Kind?"
Sie mußte furchtbar erzürnt sein. Zwar beeil, krächtrgte nicht die leiseste Bewegung die plastisch Ruhe ihrer stolzen Züge und ihrer schönen Glieder aber ihr braunes Auge, das sonst keinen anderen Aus druck als den der äußersten Sanftmut zu kenne, schien, flammte sprühend auf, und in ihrem Ton verriet sich deutlich das Gefühl des Ekels, als st sprach: „Landrichter Lange mutz den Verstand der loren haben, als er dich durch diesen Unsinn z, beleidigen wagte. Ich hoffe, daß du ihn guündliv sur Llrmwft