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Kr. 304

Montag, -r» 30. Dezember 1918

35. ZahrgsRH.

Bei der Gründung der Deutschen Liga für Völker­bund hielt Staatssekretär Crzberger folgende Rede:

Tie Tatsache, daß wir hier zur Gründung einer Deutschen Liga-für den Völkerbund zusammeutrcten, fagt mehr, als alle Beredtsamkcit es darzulegen vermöchte, daß der Gedanke des Völkerbunds ein unbedingt gesun­der und lchenskrästiger ist. Unser Vaterland blieb frei­lich in der politischen internationalen Rechtsentwicklung gegenüber anderen Ländern zurück; man. huldigte mehr der Macht, als dem ewigen Recht sich auzuvertrauen.

Erst der fürchterliche Weltkrieg innßte rommen, um den Gedanken des Völkerbunds von einer schwachen lite­rarischen Idee zu einer starken weltpolitischen Forderung zu erheben. Weite Kreise waren und das trifft auch zum Teil jetzt noch für maßgebende Kreise in den Entente­ländern zu zu sehr von dem Gedanken erfüllt, daß jede Nation die politischen Fragen ausschließlich von ihrem Gesichtspunkt aus behandeln müsse.

Tie tiefe Erschütterung der ganzen Menschheit durch diesen Krieg hat sie von, diesem Gedanken, hoffe ich, end­gültig geheilt. Wir wissen heute, daß das Schicksal des eigenen Volts in der Gemeinschaft mit den anderen Völ­kern am besten gewahrt ist. Bei dem Bankerott der bisherigen Gewaltanarchie unter den Völkern gibt es nur eine einzige Rettung, die R e ch ts g eme i n sch a f t der- Völker. Nur das Recht kann die Grundlage fein für ein gedeihliches Neben- und Miteinanderleben der Völker. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer Einrichtung für die friedliche Beilegung aller Dif­ferenzen zwischen den Böllern. Tas obligatorische Schiedsgericht ist der Dreh- und Angelpunkt des > Völkerbunds.

Es ist eine verkehrte Auffassung, wenn vom Völker­bund der Verlust der nationalen Eigenarten befürchtet wird. Tie Völker haben gerade in diesem Kriege die tiefen Quellen ihrer nationalen und moralischen Kräfte kennen und zu hoch schätzen gelernt, um nicht ganz zu ihnen zu stehen. Ter Völkerbund setzt die nationalen Eigen­arten und Kräfte geradezu voraus. Er achtet sie nicht nur, er braucht sie. Sein Zweck ist nicht Nivellierung, sondern Organisation der individuellen Völker im Inter­esse des Weltfriedens.

Man fragt vielleicht erstaunt, wie gerade ich nach der Unterzeichnung der ungemein harten Waffenstillstands- Lcdingnngen noch solche Hoffnungsfreudigkeit für den Völkerbund äußern könne. Tie Antwort habe ich schon im Wald von Coinpiegue am 11. November ds. Js. gegeben:Ein Volk bon 70 Millionen leidet, aber es stirbt nicht." Gerade die Leidensschule aller Völker ist die beste Vorbereitung für den Völ erbund. Ter Völker­bund wird kommen, aber nur auf dem Wege der Ge­rechtigkeit, nie auf dem der Gewalt.

Als wir unsere Gegner zur Einleitung von Waffen­stillstands- und Friedens-Verhandlungen ersuchten, ge- § fchah dies unter der ausdrü.llichen Voraussetzung, daß der Nechtsfriede auf Grund der l4 Punkte des Präsidenten Wilson geschlossen werden soll. Unsere Gegner haben diese 14 Punkte feierlich anerkannt. Präsident Wilson hat für diese das ganze Gewicht feiner politischen Persönlichkeit eingesetzt. Mit ihm werden wir gegen jede tendenziöse Auslegung irgendeines der 14 Punkte kämpfen, im festen -Vertrauen auf den endgültigen Sieg des Rechtes.. Ein Völkerbund ohne Deutschland ist die Verewigung der internationalen Spannung, eine stete Kriegsgefahr, der Völkerbund gegen Deutschland ist offener Kriegs­zustand. Ein 70-Millionen-Äolk kann nicht von der Organisation der Menschheit an g-'chl s eu werden ohne die schwerwiegendsten Folgen für-dieselbe Mensch teil.

Was wir wol en und erstreb,«, ist Gleichberechtigung mit den anderen T öl e,u, T i h barschast an der Gemein­schaft zur Begrndung und Ars ech.erial.ung des-Nechts- friedens. Tas deutsche Volt birgt in seiner Geschichte tiefgehende Traditionen, die es für den Ml erbund in hohem Maß? eignen. Ti? chemeinschasta- und Rech sidee hat ihre twisten Dur 4 t in der poli ischen und Rcchts- gcschichte Deutsch!.nds. Deutschland ist ein Staatenbund,, seine Verfassung beruht aus dem Eedanien der Ein- und Unterordnung der einzelne!! Glieder unter die Idee des Ganzen. Wenn ans der heutigen inneren Umivälzung die Vereinigten Staaten von Deutschland" erstehen, dann s sind die'e m l den Ve eRTten S aaten von Nordamerika

der Natur nach die besten Bürgen für den Völkerfrieden.

Tie Deutsche Liga für den Völkerbund hat den Zweck, den Gedanken des Völkerbunds in Deutschland z wecken und zu vertiefen. Wir sind ohne Wehr und Waffen. Tas einzige, was uns geblieben ist, ist die Tiefe, Kraft und Tüchtigkeit unseres Volks. Tie Liga für den Völkerbund hat eine große politische Erziehungsarbeit zu leisten. Mit Schmerz und Schrecken muß man sehen, wie wenig Interesse in den jetzigen Tagen den inter­nationalen Fragen enlgegengebracht wird. Als einst der Ruf erscholl: Hannibal steht vor den Toren!, erschrak ganz Rom. Heute steht Hannibal im westlichen deutschen Borhof, und im Osten beweist das ckmrch Deutschlands Kraft wiedererstandene Pelm in diesen Tagen aufs neue, daß im politischen Wörterbuch das StichwortDankbar­keit" nicht vorhanden ist. Kennt und weiß unser Volk, daß es sich in diesem Verhalten sein Schicksal bereitet? Tie Teilnahmlosigkeit weiter Volksschichten gegenüber den wichtigen auswärtigen Vorgängen ist geradezu erschrek- kend. Ernste Kirchtumspolitik beherrscht die Stunde. Aber für politischen Dornröschenschlaf ist keine Zeit.

Ein Weckruf muß durch die deutschen Lande gehen, um alles aufzurufen und zu sammeln für die großen Aufgaben der neuen Zeit. Je größer das Verständnis für den Völkerbund ist, um so lebhafter ist auch die Anteilnahme des Volks an der Außenpolitik.

Die Umwälzung im ReichM

TD ' Dle'KrifkS. T

Berlirt» 28. Dez. Heute vormittag trat der Zen­tralrat der Arbeiter- und Soldaten-Räte zu einer länge­ren Sitzung zusammen, um die durch die letzten blutigen Vorgänge in Berlin geschaffene Lage zu beraten. Zu gleicher Zeit waren zwischen den Führern der Mehr- heitssoziatisten und der Unabhängigen Verhandlungen über die Fortführung der Regierung im Gange. ' p

Mittags war gemeinsame Sitzung des Zentralsrats mit dem Rat der Volksbeaustragtcn unter der Leitung. Eberts. In den Verhandlungen war der Zentralrat bemüht, eine Einigung zwischen den Mehrheitssozialisten u. den Unabhängigen herbeizufnsübren. Die Parteien legten ihren Standpml.t dar, dock schau der Gegensatz sich so ver­schärft zu habet:, daß mit einer Einigung kaum mehr zu rechnen war. Nach Schlüßler gemeinsamen Sitzung um 8 Uhr abends versammelte sich der Zentralrat zu einer besonderen Beratung, in der zu den Berichten der streitenden Parteien Sttliung genommen wurde.

Berlin, 29. Tez. Tie drei unabhängigen Mitglieder sind ans dein Rat der Volks be­auftragten ans getreten; an ihre Stelle werden drei weitere Mitglieder der Mehrheitssozialisten treten, wobei auch Süddeutschland berücksichtigt werden soll. Berlin ist ruhig.

Ter Zentral at hat auf eine Frage der Unabhängi­gen erklärt, daß die Volksbeauftragten Ebert, Lands­berg und Schneemann dem Kriegnn'nister den Auftrag erteilt hätten, das Nötige zur Befreiung des Stadt- mandantten Wels zu veranlassen. Dies fei aber erst geschehen, nachdem den drei Regierungsmitgliedern von dem Fülrer der Volk nmrined'.Vision telephonisch mitge­teilt worden sei, daß er für das Leben von Wels nicht mehr gar n ic en kön-e. Ter Zentralrat erklärte aus­drücklich, daß er dieses Vorgehen billige. Trotz die­ser Entlastung durch die köchle Instanz haben die Un­abhängigen daraus eineVerschuldung" der Regierungs- Mitglieder Ebert, Landsberg und Scheidcmann gemacht und damit ihren Austritt begründet. Unter dem nich-- tigen Vorwand, einer Veranlwerkung überhoben zu fein, haben die Unabhängigen ans felgende Fragen des Zen­tralrats die Antwort verweigert: Sind die Volksbcauf tragtcn bereit, die öffentliche Ruhe und Sicherheit, ins­besondere auch das private und öffentliche' Eigentum gegen jeden gewaltsamen Eingriff zu schützen? Sind sie mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln auch be­reit, ihre eigene Ärbeitsmöglichkeil und die ihrer Or­gane gegen Gewal tätigkeiten, ganz gleich von welcher Seite sie erf-.lgen sollten, zu gewährleisten? Von denr festen W4 en der Arbeiter, Bürger und Soldaten der deutschen Volksrepnb.ik wird erwartet, daß sie sich mit ggnzer Entschlossenheit .hinter die neue einige Negie­rung stellen.

Berlin, 29. Dez. Die dem Zentralrat von dev Unabhängigen gestern vvrgelegten Fragen lauteten, wie dixFreiheit" berichtet: 1. Billiat es der Zeptralrat, daß

I die Kabinettsmitglieder Ebert, Scheidemann und Lands- ! berg in der Nacht vom 23. zum 24. Dezember dem

> Kriegsminister den nicht begrenzten Auftrag erteilten, mit militärischer Gewalt gegen die Volksmarinediviiion im Schloß und Marstall vorzngehen? 2. Billigt der Zentrak- rat das am Morgen des 24. Dezember von den Truppen des Generalkommandos Leqnis mit nur 10 Minuten be­fristete Ultimatum wie die Artilleriebeschießung von Schloß und Marstall? 3. Erklärt sich der Zentralrat für die sofortige strenge Durchführung der vom Kongreß der A. und S.-Näte geplanten Befchtt'isse über die Abschaffung der Rangabzeichen und das Untersagen des Waffentra­gens anßerbalb des Dienstes für Offiziere im Heimatheer?

Berlin, 29. Tez. Heute werden von den Mehr- heitssoziol-ften, den Unabhängigen, den Spartakuslenten und von der demokratischen Partei Straßenkundgebun-

> gen veranstaUet. ' - -M

Ans dem Parterleken. ' '"i'D" - r

Berlin, 29. Tez. Von 102 netienalliberalen Neichs- und Landragsabgeordneten sind 81 der Deutschen Velks- Partei beigetreten. Oberpräsident v. Batocki wurde in Ostpreußen als erster auf'die Wahlliste der Deutschen Volkspartei gesetzt.

So arm wie nach dem 30jährigen Krieg. Berlin, 29. Tez. Der Staatssekretär des Reichs- ernährungsamts, Müller, erklärte Pressevertretern:

' Deutschland ist jetzt so arm wie nach dem 30jährigen Krieg. Mit Achtstundentag und hohen Löhnen können wir nichts erreichen. Wir müssen durch Jnnenkolvni- sation und harte Arbeit vom Ausland unabhängig wer­den, sonst werden wir die Lohnsklaven des Groß­kapitals in England und Amerika. Durch Sozialisierung der Betriebe würden wir nur dem Verband in die Hände arbeiten. Aus dem Elend kommen wir nur heraus/wenn . wir arbeiten. ' ; ts DT

A. Hoffman« und die Kirchen, ep. Berlin, 28. Tez. Bei einer Besprechung von Vertretern der Regierung mit Vertretern des ev. Ober- lirchenrats und der Konsistorien Preußens erfuhr man nach demReichsboten" die in einer Denkschrift nieder- gelegten Absichten des Ministers A. Hossmann über die Auseinandersetzung mit der Kirche, die den Gegenstand der Besprechung bildeten, nämlich: Restlose Beseitigung der Staats- und Landeskirchen mit allen Priviligien. Die Kirchen- und Knltusgemcinden haben reinen Vereinscha­rakter. Sie haben die erforderlichen finanziellen Mit­tel in vollem Umfang aus den Kreisen ihrer Mitglieder aufzubringen. Bnrstiftungen an die Kirchen bedürfen enn sie den Betrag von Mk. 5000. übersteigen, staatlicher Genehmigung. Aufhebung der theologischen Fakultäten. Ausschließung des Jesuitenordens vom Staatsgebiet im Interesse des konfessionellen Friedens. Die Geistlichen haben nur das aktive, nicht das passive, olitische Wahlrecht. Umwandlung der christlichen Fes.^ in rein staatliche bzw. naturkultische (1. Mai, Unab­hängigkeitstag am 9. November, Sonnenwend-, Erntc-- und Totenfest). Der Kapitalbesitz der Kirchen kann, wo es geboten erscheint, in Staatsbesitz übergesühit wer­den, während die Kirchengebäude den bisherigen Kir- chengemcinden verbleiben. Steuerpfl'cht der Kirchen, Ein­führung eines interkonfesüonellcn Moralunterrichts, in höheren Klassen eines rcligionsgeschichtlichen Unterrichts an Stelle des konfessionellen Religionsunterrichts. Mög­lichste Erschwerung der Errichtung konsessioneller Privat- schnlen. Bei der ganzen Auseinandersetzung ist aus historische Verhältnisse und Rechte nur die unbedingt not­wendige Rücksicht zu nehmen, im übrigen mögl'chst schon, durch ministerielle Erlasse vorznarbeitcn.

Berlin, 28. Tez. Der Knlttniiiister A. Hossmann ist erkrankt. Diese Krankheit benützte der zweite Kült- ininister Hänisch, um dis von Hoffinaiin verfügte Ent­fernung des Rcl'gionsnttkerrichtS aus den Schalen vor­läufig ' in allen Gemeinden aufzuheben, wo die Anord­nung Anstoß erregte. ' ^ -

Ausftand.

Benthe«, 28. Tez. Amtlich wird zugegeben, daß in den oberst! befischen Graben reiner Bo schewiSmns und Anarchie herrschen. Tie leitenden Männer werden in die Gruben geschleppt und unter Todcsbedrohung ge­zwungen, al'e Forderungen der Arbeiter zu unterschrei­ben. Eine dieser Forderungen lautet z. B. auf Ans- zahlnna von 800 Mark auf den Kovf der Aibetterübasi-