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Ur. 194
Mittwoch, de« 21. August 1918.
35. I chrgaug.
Deutsche Kriegsfürsorge.
Von Tr. Georg Panzer, Berlin.
Ein Ruhmestitel Deutschlands ist seine soziale Gesetzgebung i ge rag.m von dem Geist werktätiger Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft hat das Reich in mühsamer, zäher Zusammenarbeit der Regierung und Volksvertretung in den Friedensjahren bereits das Gebäude sozialer Hilfe für den bedrängten, hilfsbedürftigen Mitmenschen errichtet. Im Krieg mußten die geschaffenen Einrichtungen sich bewähren. Wir können es mit Genugtuung feststellen: die deutsche Fürsorge hat sich glänzend bewährt. Man kann wohl die Behauptung aufstellen, daß zwar alle unter dem Kriege und seinen Trangsalen zu leiden haben, daß aber kein Einziger in der Heimat zugrunde gegangen ist; im Feld fordert der Krieg ja unersetzliche Opfer, aber es ist für diese, wie auch für ihre Hinterbliebenen gesorgt.
Tie Kriegsfürsorge gliedert sich in die gesetzliche Versorgung und in die freiwillige Fürsorge, Tie Militär-Versorgungsgesetze regeln die Ansprüche auf Bezüge für den Mann selbst, wie für seine Familie; kommt er durch den Militärdienst zu Schaden, so erfolgt Heilbehandlung und Reutengcwährung; starb er den Heldentod, so regeln die Gesetze die Versorgungsbezüge der Hinterbliebenen. Diese gesetzlichen Leistungen, die in den Jahren 1906 und 1907 festgelegt wurden, mußten in der Kriegszeit erweitert werden, da sie mit den steigenden Preisverhäl-tnissen nicht im Einklang standen. Außergesetzliche Zuschläge zu den Renten der Schwerbeschädigten gelangten zur Einführung und durch Gewährung von Zuwendungen und Unterstütz ugen (Kriegs- be'h lf.n) untr Berückficht g ing der Häusl chm Verhältnisse (Familienstand usw.) werden Notlagen beseitigt. Einen Nachwil wissen aber die bestehend.n Mil tär-Ber- sorgungsgesetze auf; die mangelhafte Einfettung auf die Verhältnisse des bürgerlichen Lebens; die B, Messung der Renten erfolgte nämlich nach dem militärischen Dienstgrad. Doch sind auch nach dieser Richtung Abänderungen bereits in die Wege geleitet; bis diese Gesetzeskraft erhalten, werden außergesetzliche Zusatzrenten gewährt, auch helfen private und öffentliche Hilfsvereinigungen über etwa feststellbare Nöte hinweg. So steht die Nationalstiftung für die Hinterbliebenen der im Kriege Gefallenen heute ein ans privaten Mitteln aufgebrachtes Vermögen von über 100 Millionen zur Verfügung. Tie vom Reichsausschuß der KriegSbeschädig- tenfü. sorge eing lest te Lud e nd o r ffspe n d e ha aber diese Sammeltätigkeit durch ihren glänzenden Erfolg noch in Schatten gestellt. ,
Diese Maßnahmen reichen aber nicht aus, um Kriegsteilnehmer und Angehörige, Kriegsbeschädigte und Hinterbliebene in der früheren sozialen Schicht zu halten. Ta helfen W o h lfahrts ei nr i ch t un g e n aus, die von R ich, Gemeinden und Privaten tatkrä t g unterstützt werden. Tiefe über das Notwendige hinaus freiwillig geleistete Fürsorgearbeit erstreckt sich auf die vier Haupt- gebiete: Kriegsteilnehmersürsorge, Kriegsbeschädigtensiir- sorge, Kriegeraugehörigenfü.sorge und Kriegerhiuterblie- b nenfursi-rge, Tie Fürsorgetät gleit wird entweder von den Behörden selbst ausgeübt oder sie wird von leistungsfähigen Zweckverbänden mit öffentlichem Charakter geleistet. Infolge der Erfahrungen, die man leider auch airf dem Gebiet der Wohlfahrtspflege mit allzu gcs.häftstürhtig tt, privaten Unternehmern machen mu te, wurde dann die Kriegswohlfahrtspflege im Reich durch Bmidcsratsverordnung der Aufsicht der Behörden unterstellt, so daß also eine wucherische Ausbeutung der Allgemeinheit durch Wohlfahrtshyänen, wie auch der .Kriegsopfer durch solche Gründungen nach Tunlichkeit schon im Anfang erstickt wird. Zu diesem Zweck wird weitgehend Berufsberatung, Berufsausbildung und Arbeitsvermittlung gewährt. Erhebliche Geldmittel werden aufgewendet, um während der arbeitslosen Zeit der Ausbildung oder des Heilverfahrens die Angehörigen vor Not zu bewahren- Bedenkt man noch, daß die persönliche Arbeit am Einzelfall zumeist freiwillig und unentgeltlich geleistet wird, so kann man nicht anders, als staunend und dankbaren Herzens vor solcher Opfersreudig- keit ein«s ganzen Volkes sich neigen. Ein solches Volk kann nicht untergehen, es hat noch eine Weltsendung zu erfüllen! >
Zu diesen Wohlfahrtseinrichtungen für die Allgemeinheit dew Kriegchwsorgenehmer kommen nun ergän
zende 'Hilfseinrichtungen: Jugendfürsorge, Mittelstands- siirsorge, Standesfürsorge für Akademiker/ Künstler und Offiziere, Kriegsgefangenenfürsorge, Fürsorge für die geistigen Bedürfnisse unserer Frontkämpfer und der Verwundeten, Flüchtlingsfürsorge, das Rote Kreuz usw. Männer und Frauen, Hoch und Nieder, wetteifern darin, die Schäden dieses furchtbaren Kampfes zu beheben und auszumerzen. ...
Will man den Begriff Kriegsfürsorge aber noch weiter fassen, so fallen hierunter noch alle jene Maßnahmen, die es dem kleinen Mann aus dem Volke ermöglichen sotten, den wirtschaftlichen Nöten gewachsen zu sein. Als Wohlfahrtseinrichtungen wurden Volksküchen geschaffen, in denen gegen billiges Geld das Notwendigste für den Lcbensbedars an Essen hergestellt wird und die schon an viele, viele Millionen Essen abgegeben haben; den weniger bemittelten Schichten wird dadurch das Tnrchhalten erleichtert. Schließlich bedarf noch besonderer Erwähnung der weitreichende Rechtsschutz für Kriegsteilnehmer, der Jügendschütz und die Fürsorge- einrichtungen der Sozialversicherung. Organisatorisch sollen diese Hilfsquellen durch die in Bildung begriffenen bürgerlichen Kreiswvhlfahrtsämier zugänglich gemacht werden. D eeMWäe .- ; LK
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Bas „ehrenvolle Friedensangebot" der Entente.
Lloyd George hat in seiner Kundgebung zum Eintritt in das fünfte Kriegsjahr behauptet, die Verbandsmächte haben an die Mittelmächte „vor sechs Monaten" cin „ehrenvolles Friedensangebot" gemacht, aber es sei von den Beherrschern Deutschlands schroff abgelehnt worden. Tie Schuld an der Fortsetzung des Kriegs falle also Deutschland und seinen Verbündeten zu.
Dazu bemerkt die „Nordd. Allg. Ztg.": Der zuerst von Lloyd George als Antwort auf Lord Lansdownes Brief vom 31. Juli unternommene und von einem großen Teil der gegnerischen (namentlich italienischen) Presse aufgegriffene Versuch, die Schuld an der Kriegsfortsetzung den Mittelmächten aufzubürden, rechnet allzusehr mit der Leichtgläubigkeit oder dem schlechten Gedächtnis der Mitwelt. Mit dem „von Deutschland abgelehnten Friedensangebot" sind offenbar die Bedingungen gemeint, die Lloyd George am 5. Januar den Führern der britischen Gewerkschaften als die Kriegsziele des Verbands hinstellte. Wie sah denn diese „von den Beherrschern. Deutschlands mit Vorbedacht abgelehnte gerechte und ve. Zünftige Regelung der Weltverhältnisse" ans? Neben oer Wiederherstellung und vollen Entschädigung Belgiens, der Wiederherstellung Serbiens und Montenegros, der Räumung der besetzten Gebiete F r a nk- reichs, Italiens und Rumäniens verlangte Lloyd George die „Wiedererwägung" des „U nrechts von 18 7 1", ein unabhängiges Polen, das „alle wahrhaft polnischen Elemente" vereinigen sollte nach dem Sprachgebrauch der Verbandspolitiker, al'o auch Danzig, Thorn, Oberschlesien, die Umwandlung Oesterreich- Ungarns in einen Staatenbund, die Erfüllung der nationalen Ansprüche Italiens und Rumäniens, die Lostrennung Arabiens, Syriens, Palästinas, Armeniens, Mesopotamiens vom türkischen Reiche, freies Bcrfügnngsrecht der Friedenskonferenz über die deutschen Kolonien nach Maß- gabe der Wünsche der Eingeborenen (!), Bestrafung Deutschlands für alle Verletzungen des Völkerrechts durch entsprechende Rattoniernng der Rohstoffe. Das also waren die „ehrenvollen Friedensvorschläge", wozu noch zu bemerken ist, daß Lloyd George jene Vorschläge nicht einmal als das „volle Kriegsziel" Englands, sondern nur als vorweg von Deutschland anzunehmeude Vorbedingungen jeder Friedcnsuntcrhaudlung ausgestellt wissen wollte! Tie Wetter vorgeschlagene Gründung eines Völkerbunds sollte hiernach offenbar nur dem Zwe.. dienen, diese „gerechte und vernünftige Regelung der Wettverhältnisse" von Englands Gnaden durch iuter- ..ationale Garantie zu einem dauernden. Zustande zu machen. Von einem seiner eigenen Landsleute hat sich Lloyd George sagen lassen müssen, daß ein solches Friedensangebot für die Mittelmächte unannehmbar sei, da damit etwa der zehnte Teil des Deutschen' Reiches, ein Drittel der habsburgischen Monarchie und die Hälfte der Türkei gefordert, werde. -
Die tschechoslowakische Nation.
- Berlin, 20. Aug. In der „Norddeutschen Allgrm. Zeitung" wird geschrieben: England, der Hüter von Recht und Gerechtigkeit, hat mit der Erklärung der tschecho-slotvakischen Nation, das heißt eines Teils der österreichisch-ungarischen Monarchie, als selbständiger und gegen das eigene Vaterland Krieg führender Nation, ^ eine neue ungeheuerliche Rechtswidrigkeit be Zungen. Dieser Versuch, ohne eine Spur und ohne eine,, Schein von Recht, der österreichisch-ungarischen Monarchie ein Stück ihres Landes abzureißen, könnte, da es sich bei dem Versuch um einen Akt der Großsprecherei handelt, dem keine praktischen Folgen beschieden sein können, nur als eine Verhöhnung jedes geschriebenen Rechtes erscheinen, wenn die Engländer mit dieser Rechtswidrigkeit nicht ganz b e stimm te Z i elc politischer Natur im Auge hätten. Wenn man zn dem Versuch der englischen Regierung, aus eigenem Recht einen Teil der österreichisch-ungarischen Nation als selbständige Nation zn erklären, einen Vergleich ziehen wollte, so könnte er nur darin bestehen, daß von deutscher oder österreichisch-ungarischer Seite die aufständischen Iren als selbständige, mit uns im Bunde stehende Nation bezeichnet und feierlich erklärt würden. Rechtlich würde die eine Maßnahme so wenig Bestand haben können, wie die andere. Unangenehme innere politische Folgen könnte Dagegen eine derartige Maßnahme besonders'für England haben, dessen innere Politik auf die brutale Vergewaltigung einer Minderheit eingestellt ist. Die Engländer haben diesmal aber wirklich nicht ihre Geschäfte besorgt. Die hätten darin bestanden, daß sie die Vortäuschung eines gewissen Wohlwollens gegenüber Oesterreich-Ungarn aufrecht erhielten. Statt dessen h len sie unserem verbündeten Oesterreich-Ungarn durch die .zynische Offenheit, mit der sie die Karten im Spiel gegen unsere Nachbarmonarchie auf den Tisch legten, die Augen geöffnet, was es zn erwarten hätte, wenn es in seinem Widerstand erlahmen würde.
Brünn, 20. Aug. Das tschechische Blatt „Hlas - schreibt zu der Anerkennung der Tschecho-Slownken durck- Eugland als verbündete Nation: Mit dieser Erklärung zündet eigentlich England unserem Volk das Dach übe, dem Kopf an. Der tschechische Nationalrat in Prag is ganz sicher in der englischen Proklamation nicht gemeint. Einen anderen Nationalrat hat unser Volk nicht, einen anderen erwählt es nicht. Und ein Pariser oder Londoner Nationalrat hat nicht das Recht, im Namen unseres Volkes anfzutreten oder zu handeln. Unser Volk woh n i Hause, keineswegs in der Fremde. Schon das widerlegt das Pharisäertum der englischen Regierung. Tie Anerkennung der Legion (als reguläre Armee ist durchaus wertlos, das weiß man auch in England. Wozu ülst diese internationale Giftmischerei?
Vom Fliegerangriff auf Trier.
Dem jüngsten Angriff feindlicher Flieger auf Trier ist das bekannte Provmzialmusenm, in dem namentlich die wertvollen Funde ans der Nömerzeit ausüewahrt
wurden, zum Opfer gefallen. Tie Gebäude sind völlig zerstört, desgleichen der Hof, in dein größere Fundstücke ausgestellt waren. Ob wohl die Entente die Frage nach oem Zwecke derartiger „Kulturtaten" beantwer'en kann?
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