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Ar. 271.
Maule,g. den 19 Uavember 1917.
34. Jahrgang
KriegspaLenschaft.'yMÄE
" War ist das.? Ä'H;'>, ^
Wir suchen die Antivort aus der Sache selbst heraus.' Jeder Bezirksvertreter hat eine Liste von Kriegswaisen und Kriegspaten seines Bezirks in der Hand. Die zweite Art von Namen fehlt derzeit wohl noch meistens. Aus den Angaben über Kriegswaisen greifen wir einige heraus/ wie sie zufällig nebeneinanderstehen. Adolf K., 3jähriger Sohrc eines Arbeiters; Zahl der minderjährigen Geschwister: 2; Rente der Mutter mit den drei Kindern: 904 Mk., sonst kein Einkommen. Vermögen oder zu erwartendes Vermögen des Kindes: 0. Daneben ein anderes Kind aus der gleichen Gemeinde, Rudolf H., LiFjähriges Kind eines Arbeiters; Zahl der minderjährigen Geschwister: 8; Rente der Mutter: 1912 Mk., sonst kein Einkommen; Vermögen des Kindes: 0. Aus einem anderen Bezirksort: Otto und Friedrich B., 5 Hz jährig er bzw. 3jähriger Sohn eines Steinhauers; noch 2 andere minderjährige Geschwister vorhanden; Rente der Mutter: 1072 Mk., sonst kein Einkommen. Vermögen der Kinder: fast 0. '
Ganz ähnlich liegen die anderen Fälle; manchmal ist auch die Frage beantwortet: mit welcher Berufsart wird bei dein Kind gerechnet? und zwar meistens jso: es soll ein Handwerk lernen. Die oben genannten Kinder und die meisten der übrigen in der Liste auf- aeführten werden wohl dem zu gründenden Bezirksausschuß als Kriegspatenkinder empfohlen werden. Das bedeutet soviel: wir suchen für jedes der Kinder einen Mann oder eine Frau, die sich neben der Mutter noch besonders Keiner annehmen und namentlich die größten Schädigungen abzuwehren suchen, die sich aus dein Verlust des Vaters für die ganze Entwicklung des Kindes ergeben könnten. Was der tiefste Beweggrund dieser ganzen Einrichtung ist, darüber bedarf es nur weniger Worte: es ist der Dank gegen unsere treuen Verteidiger, denen wir überhaupt nie genug danken können, und besonders gegen die, die ihr Leben für uns hergegeben haben. Was wir den Ihrigen zuliebe tun, kann ja ihr- Fdpfer niemals aufwägen. Den Lebenden unter den ßoraußen stehenden Familienvätern aber soll für die Sorgen um das Ergehen ihrer Kinder wenigstens eine klein« Berubimma. aeaeben werden: die Gewißheit, daß daheim
Irrlicht.
Roman von Leonore Pany.
Ueberall finden sich um die Höfe herum zierliche SSu- lengänge, kühle, lauschige Gemächer, rauschende Wasser und blühende Gärten. Während das Innere der Alhambra uns in ein wonniges Paradies versetzt und uns lebende, sprießende Schönheit vors Auge führt, lehrt uns der Aeußere Anblick derselben ernstes, feierliches Empfinden, wir erkennen in ihr ein Memento einstiger Größe und Herrlichkeit.
Es war nahe gegen die Abendzeit. Die Sonne, welche
frühen Jahreszeit entsprechend, sehr bald unterging, ivf ihre Strahlen schräg auf Granadas Häusermeer und . .achte die Türme der Alhambra in rötlich schimmernde Glut. An der Ringmauer entlang glitten lange Schalten, die sich tiefer und breiter niedersenkten, je dunkler der Son- ncnball sich färbte. Das Fieberglühen des scheidenden Tageslichtes, das hin und wieder begehrlich aufzuckte, um nichidestoweniger schwächer und schwächer zu werden, bis er in einem bläulich schimmernden Streifen am Horizont verglomm.
Am Fuße des Felsens, der die maurische Königsburg trägt, saß auf niedrigem Feldstuhl ein junger Mann. Sein Blick ruhte bald betrachtend auf den majestätischen Mauern der Alhambra, bald vergleichend auf der vor ihm auf der Staffelet aufgespannten Leinwand. Manchmal runzelte sich sekundenlang sein Stirn, dann wieder nickte :r befriedigt, aber unermüdlich handhabte er den Stift, rntci dessen Einfluß auf der grauen Fläche die Umrisse »er Alhambra zum Vorschein kamen. Die rapid einfal- ende Dämmerung hemmte endlich seine Tätigkeit. Er iegte den Stift beiseite, strich sich mit der Hand das Haar ins der Stirne und vertiefte sich in die Betrachtung der « ^Wundervollen, das sich seinem staunenden Künstler rüge-' -.arbot, „Wie schön, wie wunderbar ist's hier," murmelte 'r traumverloren. Ein würziger Blütenduft drang durch ,ie weiche Abcndluft zu ihm herüber und versetzte ihn in -nen ZuMnd seliger Betäubung. Gierig syg er den lü-
vie freiwillige Liebe ans der Wacht steht! um wenigstens die schlimmsten Schäden von den Waisenkindern abzuwehren. Neben der Dankbarkeit für die Väter der Kriegswaisen bewegt uns natürlich auch die Sorge un's Vaterland: es braucht künftig seine guten Kräfte voll und ganz, und kein Kind unseres Volkes sollte durch den Kriegstod seines Vaters in einen niedrigeren Lebenskreis herabgedrückt werden, der ihm nicht alle Kräfte zu entfalten erlaubt.
Was ist die besondere Bedeutung der Kriegspatenschaft?
Sie ist selbstverständlich keines der großen Mittel zur Heilung der Kriegsnöte. Die groß^i Mittel sind zum Glück längst da: die Fürsorge des Staates und der Gemeinden für die Familien der Ausmarschierten und die Hinterbliebenenfürsorge, die z. B. den obengenannten Müttern eine Rente von 400 Mk. für sich und von 108 Mk. für jedes der minderjährigen Kinder verleiht. Zum Glück sind auch längst Waisenhäuser da, in denen auch von den Kriegswaisen die bedürftigsten Aufnahme finden können. Der Grundstein der Kriegsfürsorge ist längst gelegt; vom Werk der Kriegspatenschaft kann man höchstens sagen, daß die freiwillige Liebe dem Hans unserer Kinder ein weiteres Stockwerk anbauen und es wohnlich einrichten möchte. Aber darüber muß noch ein Wort gesagt werden, daß diese Fürsorge ihre Eigenart hat: sie will Kriegspaten und Kriegswaisen persönlich verbinden. Es ist doch ohne Zweifel ein erfreulicheres Geben, ein bestimmtes Kind in seine Obhut zu nehmen als in eine allgemeine Kasse einen Jahresbeitrag zu bezahlen. Und man kann sich unschwer ansmalen, daß ein treuer Kriegspatc an seinem Patcnkinde nahezu Vaterstelle vf«treteu könnte — auch ohne Aufnahme ins eigene Haus und ohne den Gedanken an eine Annahme an Kindesstatt — durch unermüdliche Fürsorge für sein körperliches und geistiges Wohlsein. — So sollte und könnte überall es sein, wenn wir im Lande der schönen Wünsche leben würden, nicht im Lande der harten Tatsachen und der menschlichen Unvollkommenheit. Nicht jeder Kriegspate fühlt die Freudigkeit und nicht jede»'-- chat die nötige Kraft und Zeit, um in die Erziehung seines Patenkindes selbst einzugreifen, und nicht jede Mutter hat soviel Weisheit und Selbstverleugnung, um mit dem Kriegspaten ihres Kindes znm besten des Kindes Kusammenzuarbeiten. Darum müssen allgemeine Grund
sätze für die Ausübung der Kriegspatenschaft aufgel stellt und feste Einrichtungen getroffen werden, du die Mannigfaltigkeit der Fälle umfassen.
Was sind^die Ziele der Kriegslagen- schaft? ' . j '
In zwei Richtungen geht die Fürsorge für die KriegA Patenkinder: entweder soll für die Gesundheit des Kindes besser gesorgt werden als es die Mutter vermag, oder soll seine Ausbildung für einen bestimmten Beruf ins Auge gefaßt und vorbereitet werden. Das erst« wird in den. Richtlinien des Neichsverbands für Kriegspatenschaften ausführlich erörtert, und es ist gewiß kein« unwichtige.Sache, für ein neugeborenes Kriegs-Waisenkind in besoiiders dürftigen Verhältnissen ein ausreichendes Pflegegeld bereitzustellen, um es vor körperlicher Verelendung zu schützen oder einem schwächlichen Kinde einer Erholungsaufenthalt zu ermöglichen. Mer der Weg der Fürsorge ist hier klarer vorgezeichnet und die Fäft»»- werden eher zu den Ausnahmen gehören. Der württz Ftandesverband hat sein Augenmerk dem anderen Ziels zngewendct: „Die Kriegspatenschaft soll dem Kinde die Ergreifung eines Lebensberufs erleichtern, der seinen Fähigkeiten entspricht und in seinen Aussichten womöglich nicht hinter dem zurückbleibt, was ^as Kind zu erwarten gehabt hätte, wenn der für das Vaterland gefallen« Vater ihm erhalten geblieben wäre."
Wie können die Ziele der Kriegspatenschaft erreicht werden?
Will und kann der Pate seinem Patenkinde selbst Handreichung tun zu seiner Erziehung und Ausbildung, um so besser! Es gibt aber viele Fälle, in denen dies, beim besten Willen nicht möglich ist. - Dann übt er seine Patenschaft aus durch Geldzuwendungen, ent-z weder für ein bestimmtes Kind oder zur allgemeinen Ver« Wendung, entweder durch einen einmaligen Beitrag vder durch regelmäßige Gaben, immer im Einvernehmen mit der Fürsorgestelle. In Württemberg ist ein Mindestsatz festgestellt, für die einmalige Gabe: 100 Mk., für die regelmäßigen Einlagen: 1 Mk. im Monat. Trefflich! läßt sich allgemeine Vaterlandsliebe und Kriegspatenschafr verbinden: man legt für sein Pateukind Kriegsanleihe eft> Äs „Sparguthaben"; es hat sich nach 14 Jahren gerade verdoppelt. Nebenbei sei erwähnt, daß auch mehrere Personen die Kriegspatenschaft ausüben können, z. B. Ehegatten oder Geschwister, oder Vereine, oder ganz«
ßen Frühlingsodem ein, ihm war's, als müsse er sich gesund trinken mit einem Male, und ein Gefühl aufrichtige: Dankbarkeit gegen den Weltenlenker, der ihn in diese her'-" 'Achen Gefilde versetzt, ergriff ihn. War er jetzt nicht Volk« kommen glücklich? Aber da tauchte plötzlich vor seinen Geiste ein blondes Mädchenhaupt empor und ein Paai tiefblaue Augen blickten ihn mit schmerzlichem Lächelr an. Von heißer Sehnsucht überwältigt, breitete er du Arme aus. Mit ihr, der Geliebten, sein Glück teilen zr können, das wäre erst vollkommenes Glück gewesen. Dock sie war ferne, die Süße! ...
Ein leises Kichern hinter ihm machte, daß er jäh dir Arme sinken ließ und mit dem Ausdruck heftigen Unwillens über die rücksichtlose Störung sich umwandte. Ei hatte irgendein mutwilliges Kind vermutet, das sich über seine poetische Anwandlung lustig machte, und war nicht wenig überrascht, als er bei seiner raschen Wendung, welche zur Folge hatte, daß Feldstuhl und Zeichenrequisiten bunt durcheinander kollerten, sich zwei elegant gekleidete Damen gegenüber fand, von denen die eine ebenso jung und schön war als die andere alt und häßlich.
„Verzeihen Sie. daß wir Sie gestört haben," begann die Jüngere, um deren Mund ein mühsam verhaltenes Lächeln zuckte, „wir wollten uns erst ganz sachte vorüberschleichen und nur einen Blick auf Ihre Zeichnung werfen. Aber als Sie plötzlich die Arme gen Himmel reckten und so furchtbar entzückt taten, da konnte ich mich nicht mehr zurückhalten, ich mußte lachen, und wie Sie sehen lache ich noch, es war aber auch zu komisch."
Redwitz, welcher zwar auf seiner Reise die spanische Sprache ein wenig studiert hatte, verstand nicht genau, was die Schöne zu ihm sprach. Nur das eine verstand er volkommen, daß sie sich über ihn lustig machte, dM er mit einem Wort lächerlich gewesen war. Die UnvWw" renheit, mit der sie ihm dies zu verstehen gab, ärgerte Ihn, doch verbot ihm die gute Sitte, seinem Unwillen freien Lauf zu lassen, und er zwang sich daher, wenn auch widerwillig, zu einer höfliche», und wie ihm schien, sogar
ziemlich korrekt ausgedrückten Antwort. Die beiden Damen hörten ihm aufmerksam zu. l „Sie sind also ein Fremder?" sagte die Jüngere, „und ein Deutscher sogar. Wenigstens läßt die unbarmherzige Härte, mit der Sie unsere Sprache sprechen, darauf schließen. Sie werden übrigens, wenn Sie längere Zeit hier sind, das Spanische bald erlernen. Aber wie wär's, wenn wir uns vorläufig an das Französische hielten? Ich kann alles eher ertragen, als meine geliebte Muttersprache verstümmelt anhören zu müssen."
„Ich will nicht gerade behaupten, daß ich die französische Sprache geläufiger spreche," erwiderte Redwitz, „doch bin ich mit Vergnügen bereit, mich Ihrem Wunsche zu fügen."
„Schön. Und da die Höflichkeit erfordert, daß man in erster Linie weiß, mit wem man spricht, so haben Sie vorerst die Güte, uns Ihren Namen zu sagen, damit wir uns Ihnen gleichfalls vorstellen können."
„Max Redwitz," entgegnete der junge Mann, im stillen errötend über den ihm mit lachendem Munde erteilten Verweis. Heimlich nannte er sich einen großen Lümmel.
„Und hier sehen Sie," erwiderte die junge Dame seine Vorstellung, „in erster Linie mich, Jnez Sanchez, Tochter des Oberst Carlo Sanchez, und das hier ist Donna Klara Nosal. oder, wie ich sie kurz nenne, Klara, meine Beglei- teirin, Gesellschafterin und Freundin. Sind Sie nun zufrieden?"
Redwitz verbeugte sich und die ältliche Gesellschafterin nickte ihm freundlich zu, wobei ihr zum Lächeln verzogener Mund eine Reihe langer, gelber Zähne zum Vorschein brachte. „Eine gute Person," dachte er, „die ohne zu klagen die Launen ihrer jüngeren Herrin erträgt. Es mochte kein Leichtes sein, diesem lebensprühenden, verwöhnten Geschöpf jederzeit zu Willen zu sein."
„Wissen Sie, daß Sie einen ganz fürchterlichen Namen haben," seufzte Donna Jnez in komischer Verzweiflung. „Ich habe ihn zwar schon wieder vergessen, aber selbst wenn ich ihn noch wüßte, aussprechen könnte ich ihn noch niemals. Wie sagten Sie nur gleich?"
«Mai Redwilr." .. _