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Ur. 169

Deutschland und Italien.

Nusheiliger Selbstsucht" hat Italien am 23. Mai 1915 an Oesterreich den Krieg erklärt. Es wallte, wie in hochtönenden Worten verkündet wurde, alle dieje­nigen Gebiete der Donaumonarchie, wo italienisch spre­chende Menschen wohnen, und die es mit einer Unver­schämtheit ohnegleichen seit 1866 als dasunerlöste Ita­lien" zu benennen Pflegte, durch Wafsengewalt an sich bringen. Italien verstand unter diesennnerlösten Ge­bieten" außer einem großen Teil Tirols alle diejenigen Gebiete Oesterreich-Ungarns, die am Adriatischen Meer liegen, also vor allem Istrien mit Görz und Gradiska und Dalmatien. Das Adriatische Meer sollteunser Meer" d. h. eine italienische See werden.

Mit Deutschland wollte Italien anscheinend in Frie­den weiterleben; es erfolgte keine amtliche Kriegserklä­rung, obgleich deutsche Reichsangehörigc in ganz Ita­lien den scheußlichsten Mißhandlungen ausHesetzt waren, deutsches Eigentum zerstört und die in italienischen- fen ankernden deutschen Schiffe kurzerhand beschlag- Äßz nahmt wurden. Wir haben schon früher daraus hingewie­sen, daß es gewichtige Gründe sind, die Italien von «der Ausdehnung des Kriegszustandes auf Deutschland abhal­ten mußten, denn die ganze wirtschaftliche und poli­tische Zukunft Italiens steht und fällt mit dem Verhält­nis der beiden Länder zu einander. So widerstand Ita­lien beharrlich dem englisch-französischen Drängen, auch an Deutschland den Krieg zu erklären. Aber schließ­lich war England eben doch der Stärkere. Ministerprä­sident Salandra mußte gehen und die ganze italienische Politik wurde dem von England bezahlten Sonnino in die Hände gespielt, für den es nationale Interessen in dem Sinne, ivie sie immerhin Salandra noch ver­trat, nicht gibt.

Mit dem Wechsel im Ministerium war nichts an­deres beabsichtigt, als den Willen Englands zur Geltung zu bringen. Es wird nun alles mögliche hervorgesucht, um zubeweisen", daß Deutschland sichunfreundlich" zu Italien stelle und dieEhre Italiens" entsprechende Gegenmaßregeln erfordere. So sollen deutsche Banken auf Anweisung des Auswärtigen Amts sich weigern, an italienische Staatsangehörige Guthaben auszubezahlen, wie wenn sie Angehörige feindlicher Staaten wären. Den deutschen Berufsgenossenschaften wird vorgewor­fen, daß sie die den italienischen Staatsangehörigen zu-

Domrerstag» -e«Z20. Juli 1916.

kommenden Arbciterpensionszahlungen eingestellt haben usw. Aber alle diese Maßregeln von deutscher Seite sind in Wirklichkeit Gegenmaßregeln gegen ein Gebüh­ren, das Italien schon seit mehr als einem Jahr gegen deutsche Staatsangehörige in Hebung gebracht hat. Also die Sache verhält sich gerade umgekehrt.

Zum Ueberfluß berichtet derBerliner Lokalanzei­ger", daß am 21. Mai 1915, also zwei Tage vor Her italienischeln Kriegserklärung an Oesterreich, zwischen Deutschland und Italien ein Vertrag abgeschlossen wor­den sei, der beide Staaten verpflichtete, für die Tauer des Kriegs Rechte und Eigentum der gegenseitigen Staats­angehörigen zu schützen auch für den Fall, daß zwischen beiden Staaten selbst der Krieg entbrennen sollte. Wie die deutsche Diplomatie angesichts des schmählichsten Treubruchs Italiens mit diesem Land überhaupt noch einen derartigen Vertrag abschließen konnte, ist eines ,der vielen Rätsel desBerliner Optimismus", und je­denfalls hatte man in Deutschland kein Recht, über Hie Nichteinhaltung des Vertrags durch Italien ungehal­ten zu sein; lange genug hat es gedauert, bis Deutschland sich zu den Gegenmaßregeln entschloß.

AVer das nur nebenbei. Auf der Wirtschaftskon- serenz ist es offenbar gelungen, die italienischen Ver­treter über die Bedenken eines Bruchs mit Deutschland hiumcgzutäuschen; über die künftige Versorgung Ita­liens mit Kohlen, den Absatz seiner Weine und Südfrüch­te, die Beschäftigung seiner überschüssigen Arbeitskräfte dürften sie die beruhigendsten Versprechungen erhalten haben. Ein bekanntes Wort sagt: Was England ver­spricht, das behält es immer. Vielleicht mochten die Italiener sich jauch an die Langmut und Gutmütig­keit der Partner im Spiel erinnern, wovon sie schon so viele Proben kennen gelernt hatten kurz, sie wollten es jetzt wagen, dem englischen Druck nachgebend, die Einheitlichkeit der Aktion auf einer einheitlichen Front" vervollständigen zu helfen.

Der Zeitpunkt ist von England nicht schlecht gewählt. Auf allen Seiten ist der große Entscheidungskämpf ent­brannt. Da muß die Kriegserklärung Italiens an Deutschland von vernichtender Wirkung sein, zum min­desten wird der moralische Eindruck in der ganzen Welt von größter Bedeutung sein. Und so sucht nun Son- uino die Sache bereits 'einzufädeln. Im letzten Ministcr-

ß Gegen den Kettenhandel.

t Die Verordnung des Stellvertreters des Reichs kanzlers vom 24. Juni d. I. über den Handel mi Lebens- und Futtermitteln und zur Bekämpfung der Kettenhandels, sowie die württembergischen Ausführungs bestimmungen des Ministeriums des Innern sind nun­mehr bekannt gegeben worden.

Darnach bedarf mit den unten genannten Ausnah men Mer, der nach dem 1. August 1916 mit Lebens- oder Futtermitteln Handel treiben will, einer Erlaubnis, gleich­gültig ob er den Handel schon bisher, auch schon vor dem Kriege, betrieben hat oder nicht. Die Einführung eines sol­chen Erlaubniszwangs hat sich als notwendig erwiesen, weil infolge der Gestaltung der Kriegswirtschaft die Mengen und Gattungen der dem Handel zugänglichen Waren sich wesent­lich vermindert haben, während die Zahl der daran be­teiligten Händler eher zugenommen hat. Insbesondere ist beobachtet worden, daß zum Schaden der Verbraucher so­wohl als des geordneten Handels sich Personen m den Le­bensmittelhandel hereingedrängt haben, die dem Handel überhaupt und jedenfalls dein Lebens- oder Futtermittel­handel vorher völlig fern standen. Ihre Tätigkeit richtet sich vielfach nicht darauf, die Lebens- und Futtermittel, Wie es die volkswirtschaftliche Aufgabe des geordneten Handels ist, dem Verbraucher näher zu bringen, im Gegen­teil führen sie durch Sicheindrängen zwischen den geordneten Handel und den Verbraucher eine unwirtschaftliche Verlaiw Innung und Verteuerung des Weges der Ware vom Erzeu- v.-n zum Verbraucher herbei. Dieser Umstand muß um so nachteiliger wirken, als vielfach nicht nur ein derartiger Händler sondern eine ganze Kette von solchen sich einschiebt (Kettenhandel), von denen jeder seinen Gewinn sucht und dadurch eine übermäßige Verteuerung der Ware herbelfuhrt. Häufig geht dabei die Ware gar nicht in die Hände dieser ZwiM-iständler über, bl-uu "i-MM am ursvruagliwe"

' - i.LNi ti io VU!> Ni G-.^-va oer Hüiwwi. jede«, wirt­

schaftlichen Berechtigung, entbehrt. Mit den Strafbestim­mungen über wucherische Preistreiberei ist solchen Händlern selten beizukommen, da sich der einzelne meist mit einem mäßigen Gewinn begnügt und seinen Vorteil darin sucht, keine Schiebungen möglichst häufig und möglichst rasch vor- unehmen. In der Regel stehen auch die Teilnehmer eiiw. Kette unter sich in Verbindung und teilen sich in den Ge­samtgewinn. Die Reinigung des Handels von solchen Ele­menten ist eines der Ziele der neuen Verordnung. Aber auch abgesehen von solchen unlauteren Machenschaften soll durch die Einführung der Genehmigungspslicht eine den derzeiti­gen Wirtschaft!. Bedürfnissen Rechnung tragende Beschrän­kung in der Zahl der Händler erreicht werden. Dabei wird es sich namentlich darum handeln, Betriebe auszuschließen, die erst während des Krieges entstanden sind, für deren Tätigkeit aber ein wirtschaftliches Bedürfnis nicht vorliegt. Mit der Versagung der Erlaubnis ist deshalb an sich durch­aus kein persönlicher Makel verbunden. Die Versagung kann und muß auch einwandfreie Personen treffen, wenn in dem Gebiet oder in dem Zweig, in dem sie tätig sind oder sein wollen, die Zahl der Händler aus volkswirtschaftlichen. Gründen verringert werden muß oder doch keine Vermehr rung verträgt. Keiner Erlaubnis im Sinne der neuen Ver-, ordnung bedarf u. a. der Verkauf selbstgewonnener Er-z ! Zeugnisse der Land- und Forstwirtschaft, des Garten- unH Obstbau'?, der Geflügel- und Bienenzucht, der Jagd unp Fischerei, ferner der Kleinbaudel, falls er Lebens- und Fut­termittel nur unmittelbar an Verbraucher absetzt. So weit solche Betriebe aber durch andere Kriegsverorduuuge», ichou Beschränkungen unterworfen sind, behält es hiebei sein Bewenden. Andererseits brauchen Händler, die schon bisher auf Grund einer Kriegsvcrordnung der Erlaubnis zum Gondel mit bestimmten Lebens- und Futtermitteln bedür- und diese erhalten haben, z. B. die Viehhändler, keiner! neuen Erlaubnis. Der Antrag auf Erteilung der Erlaubnis ist beim Ortsvorsteber ainnbringen. Der Gemeinderar amim zu dem Gesuch Steilung und legr es dem ObcraM

33. Iahrg

rat regte er an, alles in Italien befindliche Eigentum deutscher Staatsangehöriger zu beschlagnahmen. Das wäre natürlich ein Kriegsfall.

Wie aber, wenn die große Offensive, wozu alle Aussicht vorhanden ist, verpufft, wenn sic ergebnislos zusammenbricht? Italien hat seither gegen Oesterreich- Ungarn allein wenig Seide gesponnen, wenn es mit einigen deutschen Divisionen noch zu kämpfen haben wird, werden seine militärischen Aussichten nicht besser werden. Und über die wirtschaftlichen Prospekte nach den: Kriege, in dem Deutschland hoffentlich alleSen­timentalität" tatsächlich und wirklich verlieren gelernt hat, bedarf es keines Wortes. Es ist daher kein geringes ^ Wagnis, das Italien jetzt, wie es scheint, auf sich neh­men will. Ganz ausgeschlossen ist es ja nicht, daß einige neutrale Blätter Recht hätten, die behaupten, bis zum -völligen Bruch werde es die italienische Regierung nicht kommen lassen, sie beabsichtige vorläufig nur ei-- lM Druck «np Deutschland auszuüben, von dem matt sich wengistens einen moralischen Erfolg verspreche. Aber es bleibt gefährlich, jetzt, wo überall Minen liegen^ mit dem Feuer zu spielen. Ueberdies hat Italien zu irgendwelchem Druck auf Deutschland gar keine Veran­lassung, es sei denn, daß es damit eigene Schuld ver­locken wollte; schließlich aber könnte auch Deutschland die Geduld ansgehen. Italien hat sein Schicksal in der Hand, es mag tun, was es nicht mähr fassen kann. Die Folgen werden nicht ansbleiben. . . ,

ktiM TWsbmchl. MH.

Gvsße» Hauptquartier-, de» 19. Juli

Westlicher Kriegsschauplatz. i

Im Sommcgebiet wurde gestern abend das Dorf Longue- val und das östlich an das Dorf anstoßende Gehölz Del- ville von dem Magdeburger Infanterieregiment Sir. 26 und dem Altenburger Regiment in hartem Kampfe den Eng­ländern wieder entrissen, die neben großen blutigen Ver­lusten 8 Offiziere, 280 Mauu an Gefangenen ein­büßten und eine beträchtliche Zahl von Maschinengewehren in unserer Hand ließen.

Feindliche Angriffe gegen unsere Stellungen nördlich Ovilliers, sowie gegen den Südrand von Pozicres wurden , bereits durch Sperrfeuer unterbunden und hatten nirgends j den geringsten Erfolg.

vor, das darüber unter Verziehung von zwei Vertretern des H jndels entscheidet. Die Verordnung hat die Errichtung der zuständigen Stellen der Landeszentralbehörde überlassen -md nur vorgcschrieben, daß der Vorsitzende ein Beamter sein - und Vertreter des Handels beizuziehen sind. Dadurch, dos; in Württemberg die Stellen bei den Oberämtern er­richtet werden, ist dem Bedürfnis Rechnung getragen, daß die Fülle der zu erwartenden Anträge ihrer raschen Er­ledigung wegen auf eine ausreichend große Zahl von Stel­len, die außerdem von den Beteiligten leicht zu erreichen und, verteilt wird. Dein anderen Bedürfnis, daß bei den Mitgliedern der Handelsstellen ein ausreichender Ueberblick über die volkswirtschaftliche Lage im Lebens- und Futter- mittelhaudel in größereu Handelsgebicten vorhanden sein

. sucht die Nnssühruugsversügung dadurch zu erreichen, daß sie die Auswahl der Handelsbeisitzer der Zentralstelle Gr (Mwerbe und Handel überträgt und vorschreibt, daß in Mi Oberämtern, die zu demselben Handelskammerbezirk Mären, dieselben Haudelsbeisitzer beizuziehen sind. Der : >1 der Verordnung enthält eine neue Strafandrohung nzeu unlautere Machenschaften, die den Preis für Lebens- -.d Futtermittel zu steigern bestimmt sind; sie ist insbe- > andere gegen den Kettenhandel gerichtet: damit wird dem viel geäußerten Wunsche Rechnung getragen, solche unlau- '.n.u Elemente zur verdienten Strafe zu ziehen. Es ist zu MMu, daß nunmehr den Gerichten eine ausreichende ^ Grundlage au die Hand gegeben ist. Die Beobachtung so- , Omi, daß mit Anerbietungen zum Erwerb von Lebens- und. vu larmitielu und mit der Aufforderung zu Preisangeboten - effentlicheu Blättern viel Unfug getrieben wird, hat dazu M hrt, in Z 12 der Verordnung solche Anzeigen von poli- üicher Genehmigung abhängig zu machen und Jrrtümer !

' -'Müde Angaben in solchen Anzeigen über die geschäft- '

: n Verhältnisse des Anzeigenden, über die Mengen der 1 zar Verfügung stehenden Vorrat- sowie über Anlaß oder a,- ,' qs.,r-",ss, oh-r der mg von Le-

. ... . Vwr., ,...G uin.r Eirase zu stellen