ViWsSer SIiljeM und lageblatt

mit lkrjghler vom schmsrjwM / We Tages;eilung des Aeranils jlleuenbürg

E rschein t Werktags

mit amtlicher ftemdenliste

Telephon Dr. 41

iSMMgMMbrgit der König!. lforflgmter Wlldbsd, Uejsiern elr.

! SesteUgeliührin derStndtmetteljlünl.W.) KS, monatlich Sb pfg. r Anzeigen nur «Mg., von auswärts 18 pfg., Sie tleinspaMge i L bei allen mürttcmbergilchen Postanstalten uaö bostboten im Ürts- ; SarmonS;eile oder Seren Kaum, tteklamen ^5 pfg. die petihkilr. i t und Nachbarottsoertehr .vierteljährlich stlk. I.^s, ausjerhatk des-» bei Wiederholungen entsprechender Kabatt. öröhere aufträge nach j , selbe» stlk. 1 °o hie;» Lestellaeld ZS pfg. /////;/ Übereinkunft, relegramm-Adresse: freier Zchwarzwälder. <i

Uv. 14S

Montag, den 19. Jimi 191«,.

33. Inhrg

Wochenrundschau.

Am Mittwoch ist die rttemb erg ische Kam­mer der Abgeordneten wieder znsammengetreten. Ein volles Dutzend der Volksboten erschien im Feldgrau. Präsident von Kraut gedachte in ehrenden Worten der heldenmütigen Verteidigung des Vaterlands durch Heer und Flotte und des ruhmreichen Anteils der Württem- öerger an dem großen Kampfe. Unsere Feinde wollen uns durch Hunger bezwingen. Es wird ihnen nicht ge­tingen; wir werden drinnen und draußen durchhalten ois zu dem Siege, der die Opfer wert ist. Ministerpräsi­dent Dr. von Weizsäcker dankte allen denen, die rn opferfreudigem Schaffen auf allen Gebieten des bür­gerlichen Lebens das Ihre dazu beitragen, den in Eng­land ausgeheckten Wirtschaftskrieg siegreich zu beenden. Dem preußischen Militarismus verdanken wir die Be­freiung von der Vergewaltigungspolitik unserer Feinde, die aus demPartiknlarismns" im Reiche ihre trüg.ri­schen Hoffnungen aufbauten. Der Partikularismus be­steht; ja, aber er besteht darin, daß jeder deutsche Stamm wetteifert, in dieser eisernen Zeit seine Pflicht aufs beste zu ersüllen. Und dieser Wetteifer wird uns zum Ziele, zum Sieg führen. Das waren stolze Worte, die in der Kammer und im ganzen Lande warmen Wi­derhall fanden.

Die Arbeit, die vier Landtag zu erledigen haben wird, ist nicht sehr umfangreich, dafür um so g.toich- tiger. Vor allem handelt es sich um die Verabschie­dung des Finanzgesetzes ,das eine neue Erhöhung der Einkommensteuer bringt. Die im Entwurf vorgeschWago­nen Steuersätze sind nicht übermäßig, eigentlich sühlb r werden sie erst bei den größeren und großen Einkommen, während die kleinen ganz unberührt bleiben. Aber es ist bedauerlich, daß auch dieser Entwurf bei der Bester e- rungsanlage wieder keinerleich Rücksicht aus den Fa i- lienstand genommen hat und alle Steuerpflichtigen gle h behandelt, ob sie ledig sind oder für eine Familie ton 10 Köpfen zu sorgen haben. Alles ist von der gro .r Bedeutung der Bevölkerungspolitik überzeugt, zumal ; t in dem opferschweren Kriege, aber die erste Geleg > heit, durch gesetzgeberische Maßnahmen bahnbrechend z.i wirken, ist wieder unbenützt gelassen. Das war ein Man­gel an den Helfferich'schen Steuerplänen, das ist auch im neuen württembergischen Finanzgesetz verabsäumt. Es kann sich doch nicht bloß darum handeln, das not e Geld zu beschaffen, sondern es muß auch ins Auge ge­faßt werden, wie ein Steuergesetz in der Zukunft sich au - wirken wird. Es ist nicht unsere Meinung, daß durch entsprechende Verteilung der Steuerlasten sich der durch­schnittliche Familienstand heben ließe, das hängt noch von so manchen anderen Faktoren ab, aus die wir f.ü- her schon wiederholt hingewiesen haben, aber sicher ist doch das eine, daß eine in sozialer Hinsicht unbi l ge Steuerveranlagung iin gegenteiligen Sinne wirken muß; der Kinderreichtum der Familien wird eingeschränkt. Da das Finanzgesetz der Beratung entgegensieht, wird vielleicht der Landtag eine dahin zielende Korrektiv vornehmen.

Die fünfte Kriegsanleihe soll erst im Sep­tember aufgelegt werden. Bis dahin werden sich die Banken und Sparkassen wi der eine Reihe von Milliar­den angesammell hoben, denn unsere ganze Kriegswirt­schaft beruht ja eigentlich auf einem Kreislauf des Gel­des innerhalb der fchwarz-weih-roten Grenzpfähle ^

. dank der Einkreisungspolitik unserer verehrlichen Feinde. Kras nötige Geld wird also vorhanden sein. Die letzte 'russische Kriegsanleihe Hot dagegen einen Fehlschlag ans- znweisen. Obgleich die Zeichnungssrist dreimal hinaus­geschoben wurde, haben schließlich die Banken unter dein bekannten gelinden Druck der Regierung zwei Drittel des Bedarfs aufgebracht. In Frankreich kommt man über­haupt nur noch mit der Massenfabrikation von Papicr- noten zu-Streich und man nähert sich bereits der berüch­tigten Assignatenwirtschaft der Revolutioasei. In Eng­land ist kaum die Hälfte der Kriegskosten durch lang­fristige Anleihen gedeckt. Dazu sind die täglichen eng­lischen Kriegskosten um mehr als 50 Prozent höher als die deutschen. Unser Bedarf übersteigt 2 Milliarden rm Monat nicht, im Februar betrug er 1800, im April 1900 Millionen Mark, während die monatlichen Kriegs- ansgaben Englands 3 Milliarden bereits übersteigen. Den Engländern ist es gelungen, in Italien das M i- tertum Salandra zu Mrzeu. M-c-Salandra!

braucht man in Deutschland nichts übrig haben, er is ein meineidiger Kerl, der durch Treubruch Geschäfte zr machen hoffte. Aber da er sich schon die Finger ver­brannt hatte, wollte er nicht mehr tiefer in den eng­lischen Kastanien-Bratofen greifen. Englisches Geld b«> rettete ihm das unrühmliche Ende; mit englischem Geu -werden in den italienischen StädtenVolkskundgebun- gen" veranstaltet, die innationalem Sinne" die Fort­setzung des Kriegs bis zum letzten Italiener und dii Kriegserklärung an Deutschland fordern; mit englischem Geld wird das neue Ministerium aufgebaut, in dom der prächtige Ehrenmann Sonnino, der Mitverschworene der Londoner Klike, natürlich nicht fehlen darf, obgleich er ein Amtsgenosse Salandras war. Sonnino ziert sich zwar noch ein wenig; er möchte die parlamentarischen Aus­schüsse vom Halse haben, die die Regierung beaufsichti­gen sollen, außerdem will er nicht, daß der frühere Finanzminister Luzzatti ins Ministerium eintrete, da dieser das Mißfallen Englands erregt habe, weil er sich erlaubte, auf der Pariser Konferenz aus die wenig freund^ schaftliche Kohlen- und Frachtenpolitik Englands hinzu­weisen. Aber vielleicht läßt Herr Sonnino doch noch mit sich reden. Die Zusammensetzung des neuen Ministe­riums ist höchst gleichgültig; zunächst wird es den Wil­len Englands auszuführen haben und es wird gefügig sein jedenfalls so lange, bis der Zusammenbruch des Landes nicht mehr zu verbergen ist. Eine Stelle tu der Schwaiienrede Salandras in der italienischen Kammer ist übrigens besonders bemerkenswert. Er sagte, daß hohe Personen in Italien, die das Gesetz nicht erreichen könne, aus ihrer Ueberzeugung, daß der Krieg für Italien aussichtlos geworden sei, keinen Hehl mehr ma­chen. Daraus geht hervor, daß der römische Hoi kriegs­müde ist und die englische Vergewaltigung satt hat. Tie Einsicht kommt leider zu spät.

In Paris ist am Mittwoch dieWirtschafts- konserenz" zur Beratung des wirtschaftlicheil Kriegs­plans des Vierverbands zusammengetreten, an der auch der Ministerpräsident Hughes von Australien, der un­zivilisierteste unter den feindlichen Häuptlingen, te!l- nimmt. Allda sollen Maßnahmen beschlossen werde'', um die Absperrung Deutschlands immer vollständiger und sein wirtschaftliches Emporkommen für alle Zeiten un­möglich zu machen. In einem Punkt hat die seind- lichelTiplomatie der Konferenz allerdings schon vor- gegrisfen: in der Blockade von Griechenland. Angeblich zur Erzwingung der Abrüstung des grlech scheu Heeres verfügt, will der Vierverband durch sie das Land tatsächlich zu seinem willenlosen We.kzoug machen. Aber auch dies ist nur ein Mittel zum Zweck. Die Blok- kade Griechenlands bedeutet letzten Endes den Schluß- Punkt in der Blockade der Mittelmächte,Deutsch­lands, Oesterreich-Ungarns und Bulgariens. Von der Ostsee angesungen, wo russische Schiffe mit englischer Be­mannung aus deutsche Handelsschiffe auch in neutralen Gewässern Jagd machen, über dis Nordsee, den Kanal, das atlantische Weltmeer bis zum ägäischen Meer ist jetzt alle Zufuhr zur See abgeschnitten, nachdem die griechi­schen Häfen gesperrt und die griechischen Schifte be­schlagnahmt sind. Ein gewaltiger Ring, gegen den es nur ein Sprengmittel gibt: die Tauchboote.

In Amerika drängt das allgemeine Interesse au der Kanoidatenfragen für die Präsidentschaft alle an­deren Fragen in den Hintergrund; diese werden vor aa­sig nur berührt, soweit sie als zugkräftige Reklame der einen oder anderen Partei dienlich sein können. Tie republikanische Partei hat das Mitglied des Obersten Gerichtshofs Hughes ((nicht zu verwechseln mit d m auslraiischen Minister gleichen Namens) zum Mann ihr s Vertrauens gemacht und Hughes hat eine Erklärung über seine Stellung zum Kriege gegeben, die nicht Fisch und nicht Fleisch ist. Er möchte die deutschen und irschon Stimmen haben, ohne es mit den Eng'.andfreunden zu verderben. Der Mann des Bluffs, Roosevelt, ist glän­zend durchgefallen, was im Vierverband unangenehm berührt haben soll. Herr Wilson aber wallfahrte an ver Spitze des Zuges der Fünfundsiebziglausend znnr Freiheitsdeukmal in Washington und hielt dort wied r einmal eine Rede. Hoffentlich hat er das Weiße Haus die längste Zeit geziert. Im übrigen ist es unerheblich Mie der kommende Präsident heißt. Die Politik eines ^edeu wird sich nach destr Interessen des amerikanischen Großkapitals richten müssen, sie wird in erster Linie Ge­schäft sein. _ . . ...

Die 9 8. Kriegswoche ist in der Geschichte des Krieges hochbedeutsam geworden. Im Westen ist zwar die Lage nach den schwerwiegenden Erfolgen der vori­gen Woche äußerlich nicht wesentlich mehr verschoben worden. Was vor Verdun geschehen ist, sind vorberei­tende Handlungen gewesen, namentlich östlich der Maas, wo durch die Besetzung des Fumin-Rückens ein Keil in die französische Linie getrieben ist. Die Kämpfe, die Pier zu erwarten sind, werden auf die östliche Stellung Ler Franzosen an der Cote Lorraine nicht ohne Einfluss blciben. Es ist sogar nicht ganz unwahrscheinlich, daß d--e lebhaftere Bewegung, die aus den Südvogesen, nament­lich vom Hartmannsweilerkopf und Hirzenstein, gemel­det wurde, mit diesen Dingen in einem gewissen Zusam ­menhang steht. Es wird wohl nicht ohne Grund v.r,nu­tet, daß die Franzosen einen neuen Angriff auf den ver­lorenen Hartmannsweilerkopf, von dein aus man die ganze Rheinebene überschauen kann, beabsichtigen, um die Deutschen abzulenken. Bei Apern haben die Eng­länder einen Teil der ihnen von den Württemb ärgern entrissenen Stellung zurückgewoirnen. Ein Berichter­statter bemerkt aber ausdrücklich, daß es sich nur um ein kleines Stück handle und keineswegs um den ganzen Höhenzug, wie die englische Meldung andeutete. Die Schwaben sind in der Hauptsache im Besitz ihrer sehr wichtigen Eroberung geblieben, denn der von ihnen nun besetzte Höhenzug hatte die Verbergung der Bewegungen der feindlichen Truppen ermöglicht und deren indianer- hafte plötzlichen Ueberfälle erleichtert. Dem ist nun ein Ende gemacht.

Das Wesentliche und Wichtigste in der letz en Krieg woche ist aber die Tatsache, daß der Angriff der Russen im Osten nunmehr zum Stehen g k mmen ist. 250000 Mann sollen sie nach der Aussage eines gefangenen russischen Offiziers bisher verloren haben, aber es ist zu bezweifeln, ob in dieser Berechnung die ganze Front einbezogen ist. In Wirklichkeit dürfte die Einbuße an Menschen nicht unbeträchtlich höher und wohl nicht unter 300 000 Mann zu veranschlag?!: sein. Das ist selbst für russische Verhältnisse viel in einer Woche und mag den leitenden Männern in Petersburg Kopfschmerzen machen. Daß man auch im Vicrverband oen Russenangrifs jedenfalls zum Teil schon ais ge­scheitert betrachtet, kann man aus dem Ton der Zei­tungen entnehmen; von der Siegeszuversicht vor acht Tagen keine Spur mehr. Dagegen ist das rumin sche Wetterglas in Bewegung gekommen. Es lohnt sich, Las Auf und Ab der Stimmungen in diesem Lande kiuz zu streifen. Rumänien war unter dem Einfluß des 1911 verstorbenen Königs Karol lange Zeit entschieden deuisch- freundlich gesinnt. In den letzten Jahren von dem Krieg machte sich dank der geschickten englischen Diplo­matie, die das Geld nicht sparte, ein Umschwung binerk- bar. Nach Ausbruch des Kriegs schlug die Stimmung unter der Einwirkung der deutschen und österreichischen Siege aber wieder zu Gunsten der Mittelmächte um. Als dann nach der Marueschlacht der Stillstand cin- trat, als der langwierige Stellungskampf begann und der englische Aushungerungsplan aussichtsvoll zu wer­den schien, als endlich und vor allem der Einfall der Russen in Ostpreußen die Kriegslage veränderte, wehte auch in Rumänien wieder ein anderer Wind, sogar die Beteiligung am Kriege wurde erwogen. Das dauerte bis zur Znrückdrängung der Rüssen bis weit rn bas rus­sische Gebiet hinein. Vom Krieg war nun rn Rumänien keine Rede mehr, vollends als der kriegslustige Fili- pescu sich durch Augenschein von der doch recht wenig günstigen Lage Rußlands hinter der Front überzeugt halte. Aber die massenhafte Versorgung Leo russischen Heeres mit Kriegsmaterial aus Amerika und Japan, die rücksichtslosen Millionenaufgebote von Menschon in Ruß­land mochten doch wieder Zweifel oder Hoffnungen er­regen, ob es den Russen am Ende nicht doch gelingen werde, die feindliche Front zu vernichten. In den letz­ten Tagest! endlich wurde berichtet, daß in Rumänien die deutschfreundliche Stimmung erheblich an Umfang und Tiefe gewonnen habe. Und dies scheint uns ein Anzeichen zu sein, daß auch in Rumänien der EindrnE vorherrsche, daß der russische Angrift als aussichtlv-? -M betrachten sei. Weitere Schlußfolgerungen daraus zu ziehen, dürfte wohl nicht angebracht sein, aber der Um­stand, daß die Haltung Rumäniens bisher wie nach dem Gesetz der kommunizierenden Röhren sich genau der jeweiligen Kriegslage anpaßte, ist jedenfalls für die Bsnrteilunü der letzteren nicht ohne Bedeutung.