worden. Die Wagner hatte außerdem Zivilentschädigungsklage eingereicht.
Berlin, 7. Dez. Wie aus Steinheim gemeldet wird, ist das Holzsägewerk von Westerwelle in Bergheim (Wests.) in vergangener Nacht vollständig niedergebrannt. Der Schaden ist bedeutend.
Berlin, 8. Dez. Die Schiffahrtsabgaben. Im Ausschuß des Deutschen Handelstags teilte der Präsident mit, er habe authenischer Stelle die Auskunft erhalten, daß die Regierung die Einführung von Schiffahrtsabgaben auf den freien Strömen nicht beabsichtige. — Die Agrarier werden ob dieser Auskunft wenig erfreut sein.
Berlin, 5. Dez. Die „Neue Pol. Korr." will an maßgebender Stelle festgestellt haben, daß weder seitens einer Reichsbehörde noch auch seitens Preußens ein Antrag auf Einführung von Schifffahrtsabgaben auf natürlichen Wasserstraßen beim Bundesrat vorliegt.
St. Gallen, 7. Dez. Letzte Nacht ist, wie die „Frkf. Ztg." meldet in der ganzen Ostschweiz der erste große Schneefall dieses Winters eingetreten.
Venedig, 6. Dez. Infolge heftigen Sturmes ist das Meer stark angeschwollen. Ein großer Teil der Stadt ist unter Wasser gesetzt. Gegen Mittag war jeder Verkehr unmöglich. Das Wasser stand so hoch, daß eine Anzahl Gondeln auf dem Markusplatz fuhren, was seit einer Reihe von Jahren nicht mehr vorgekommen ist.
Belgrad, 6. Dez. Auswärts verbreitete Gerüchte über ein Attentat auf König Peter sind vollständig unbegründet.
Belgrad, 8. Dez. Der russische Gesandte ist abberufen worden, angeblich, weil er die Forderung der Bestrafung der Königsmörder nicht nachdrücklich genug vertreten habe.
Rußland und Japan.
Berlin, 7. Dez. Nach einer Depesche des „Berl. Tagebl." aus London dauern die Reibungen zwischen den Japanern und Russen fort. Die Japaner haben als Pfand für das von den Russen in den Grund gebohrte japanische Schiff „Jakaimuru" durch das russische Boot „Progreß" das letztere mit Beschlag belegt.
Die Russen drohen mit Repressalien gegen die japanischen Schiffe in Wladiwostok, weil der Zusammenstoß auf hoher See vorkam und die japanischen Gerichte weder für die Beschlagnahme noch für die Verurteilung der russischen Rheder zu 15000 Pfund Schadenersatz kompetent seien.
Berlin, 7. Dez. Nach einem Telegramm aus Peking beschloß China im Falle eines russisch-japanischen Krieges 100000 Mann zu mobilisieren, um die Provinz Tschili zu schützen.
Verschiedenes.
Der Straßenbahnschaffner als Erzieher. Man schreibt der Vossischen Zeitung: Eine niedliche Scene, die ich in der „Elektrischen" beobachtete, ist wohl wert, der Oeffentlichkeit übergeben zu werden. Ein Ehepaar besteigt am Zoologischen Garten die D-Bahn, die bis nach Steglitz fährt. Kaum haben die beiden Platz genommen, als der Ehegatte die Zeitung aus der Tasche nimmt und eifrig liest. Da kommt der Schaffner und verlangt Fahrgeld, das der Lesende bereits in der Hand hält. Er reicht dem Schaffner dieses mechanisch hin. Der zählt nach — 20 Psg. — und gibt dem Lesenden ein Zwanzig-Pfennig-Billet nach Steglitz. Da merkt der lesende Fahrgast an der bunten Farbe des Billets, daß da etwas nicht in Ordnung ist und er ruft ärgerlich aus: „Ach, ich wollte doch nur zwei ä. 10 Pfg.! Sehen Sie denn nicht, daß hier die Dame dazu gehört!" — „Nee!" sagt der Schaffner, „das habe ich nicht gesehen. Sie unterhalten sich ja nich mit Ihrer Jattin!" Die Gattin wirft ihrem Eheherrn einen triumphierenden Blick zu, der Herr steckt die Zeitung in die Tasche, der Schaffner gibt richtige Billets, empfängt ein Trinkgeld und das Ehepaar setzt plaudernd die Fahrt fort.
Ein Telegramm um die Erde. Um die Schnelligkeit festzustellen, mit der ein Telegramm nach Eröffnung der englischen Kabellinie durch den großen Ozean die Reise um die Erde macht, wurde in Paris am Sonnabend, mittags halb 12 Uhr ein Telegramm aufgegeben, dessen Weitergabe so erfolgte, daß es den Erdball umkreisen und wieder nach Paris zurückkehren
mußte. Es traf dort nachmittags 5 Uhr 58 Minuten wieder ein und hatte in dieser Zeit einen Weg von etwa 60000 Kilometer durchlaufen. Es war absichtlich niemand vorher in Kenntnis gesetzt, um die wirkliche Schnelligkeit eines gewöhnlichen Handtelegramms im Jahre 1903 festzustellen. (Werkst.)
Ein glücklicher Aktionär! Die Standard Oil Co. hat für das letzte Quartal d. I. eine Dividende von 12 Dollar pro Aktie erklärt. Diese Gesellschaft hat gezahlt von 1891—95: je 12 Prozent, 1896: 31, 1897: 33, 1898: 40, 1899: 33, 1900 und 1901: 48, 1902:
45, und für dieses Jahr 44 Prozent. Für das gegenwärtige Kapital von 97,/- Millionen Dollar bedeutet die diesmalige Dividendenerklärung eine Gewinnverteilung von 11700000 Dollar. Wir haben ausdrücklich die Ueberschrist: ein glücklicher Aktionär gewählt, da Rockefeller 58 Prozent des gesamten Aktienkapitals besitzt. Seine Einnahmen aus diesem Besitz belaufen sich also in diesem Jahr allein auf 24800000 Dollar und in den letzten 5 Jahren hat er nahezu 100000000 Dollar aus seinem Besitz an den Aktien der Standard Oil Co. verdient.
Da müßte ich ja Tinte getrunken haben. Ueber die Entstehung dieser bildlichen Redensart gibt Alex. Büchner in seinem „Tollen Jahr" folgende Erklärung: „Die Rheinbundtruppen die seit 1808 in Spanien fochten, brachten von dort die Redensart mit: „Ei, da müßte ich ja Tinte (für vino tinto, d. h. Rotwein ohne Wasser) getrunken haben", um einen der Uebergeschnapplheit benachbarten Gemütszustand anzudeuten". — Es haben, im Sinne der obigen Erklärung, manche Leute „Tinte getrunken".
Wie muß ein guter Morgentrunk beschaffen !ein? Antwort: anre.end, aber nicht aufregend, voll, aber nicht nmgenfüllenv, stärkend und erfrischend, aber leichtverdaulich und mild, von wohligem und angenehmem aber charaktervollem und eigenartigem Wohlgeschmack. JedcS d.r hauptsächlichsten, bei uns gebräuchlichsten, jv'ühstücksge ranke (Kaffee, Tee, Kakao, Schokolade, selbst Milch) verstößt mehr oder weniger gegen e n oder mehrere dieser wichtigen und unerläßlichen Grund eigenschaften- Das einzige Getränk, welch - sie alle vollkommen und ganz besitzt, ohne dabei irgend einen anderen Teil aus- zuweisen, ist Kathreiner« Malzkaffee. Man trinke diesen regelmäßig zuin Frühstück.
Tochter gewesen und hatte sie auch wirklich geheiratet."
„Gott sei Dank," entfuhr es Neubert mit einem Seufzer der Erleichterung, was Thomas jedoch nicht weiter beachtete.
„Er hatte sie also," fuhr er fort, „wie ich sage, geheiratet, war aber seiner schönen Frau schon nach wenigen Jahren so überdrüssig geworden, daß er sie eines Tages sitzen ließ und auf Nimmerwiedersehen verschwand. Er wandte sich nach dem wilden Westen, wo er vor einigen Jahren als amerikanischer Offizier im Kampfe gegen die Indianer gefallen ist, merkwürdigerweise ein Vermögen von mehreren Tausend Dollars zurücklassend. Zufällig bekam ich nun vor einiger Zeit eine alte Zeitung in die Hand, die einen Aufruf an die Erben des Rittmeisters von Degenfeld enthielt, sich wegen des Nachlasses des letzteren zu melden, und als ich dies las und mir dabei die Erzählung meiner Mutter wieder einfiel, da kam mir der verständige Gedanke, daß Sie mir wohl ein hübsches Sümmchen auszahlen würden, wenn ich Sie mit dem Geschehenen bekannt machte und Ihnen auch vielleicht die Tochter wieder zuführte. Ihren Aufenthaltsort erfuhr ich leicht, da ich ja von meinem Vater her wußte, daß Sie mit dem Bankhause Holt Brothers in Verbindung standen und diese konnten auch, wie ich richtig kalkuliert hatte, mir Ihre Adresse mitteilen. Was dagegen Ihre Tochter anbelangt, so weiß ich bis heute allerdings nur, daß sich dieselbe nach einer großen Stadt in Deutschland begeben hat, wo sie vom Kleidermachen leben soll. Ihre genaue Adresse kenne ich zwar noch nicht, da ich aber einen nicht gewöhnlichen Spürsinn in der Ermittelung des Aufenthaltes von Personen besitze — die Newyorker Polizei hat mich verschiedentlich mit bestem Erfolge hierzu verwandt - - so glaube ich sicher, daß ich Ihnen in nicht allzu langer Zeit jene Adresse übermitteln könnte."
„Und wie heißt jene Stadt?" fragte Neu-
bert, der der Schilderung mit gespannter Aufmerksamkeit zugehört hatte.
„Das ist vorläufig mein Geheimnis."
„Hm! Aber wie haben Sie denn erfahren, daß meine Tochter sich nach jener Stadt begeben hat?"
„Das will ich Ihnen verraten, wenn Sie mir eine gute Zigarre offerieren. So, ich danke schön, und nun noch ein wenig Feuer, wenn ich bitten darf. Also die Sache ist die: Ich habe Jhgen ja vorhin erzählt, daß ich des öfteren von der Newyorker Polizei mit Aufträgen beehrt wurde, und ich hatte also auch, wie begreiflich, unter derselben manchen guten Bekannten. Einen derselben fragte ich nun eines Tages, wie ich es wohl anzusangen hätte, um die Adresse der Frau von Degenfeld auszukundschaften, und da sagte mir der Mann zu meiner freudigen Ueberraschung, seine Frau hätte seiner Zeit bei einer Familie von Gegenfeld gedient, und die Frau von Degenfeld hätte der ersteren noch vor einigen Jahren einen sehr herzlichen Brief des Inhaltes geschrieben, daß sie sich in der und der Stadt niedergelassen hätte und daß es ihr dort ziemlich gut erginge. Die gute Frau, die ich alsbald aufsuchte, hatte indessen den Brief verbrannt oder verloren, und Straße und Hausnummer, die in dem letzteren angegeben gewesen waren, hatte sie leider vergessen."
„Ich glaube Ihnen jetzt," sagte Neubert bewegt- „Mit den Dienstboten freundlich zu sein, ja selbst Briefe an sie zu schreiben, dazu war sie stets im Stande, meine arme Tochter, denn sie hatte immer ein mitleidiges Herz mit allen armen und bedürftigen Menschen."
„Sie dürfen mir auch ruhig glauben," ent- gegnete Thomas selbstbewußt. „Mag ich auch manchen leichtsinnigen Streich in meinem Leben verübt haben, so hat doch das Lügen nie zu meinen Fehlern gehört."
„Ich erinnere mich in der Tat» daß Ihr Vater, wenn er sich über Sie bei mir beklagte,
mehr wie einmal erwähnte, daß Sie wenigstens
wahrheitsliebend seien. Aber was verlangen Sie nun eigentlich von mir?"
„Das will ich Ihnen sagen. Ich dachte, zunächst nach jener Stadt zu reisen und dort meine Nachforschungen anzustellen, hierzu brauche ich aber Geld. Ich habe mich als Kohlenzieher auf einem Schiffe nach Antwerpen hinübergearbeitet, bin von dort mit dem Reste meines Geldes bis nach der deutschen Grenze gefahren und habe mich dann weiter zu Fuß, ohne einen Pfennig Geld in der Tasche, bis zu Ihnen durchgeschlagen. Vor allem müßte ich neue Kleider haben, denn bei dem Kohlenziehen und Heizen und dem Uebernachten im Freien sind die meinigen in den schönen Zustand geraten, den Sie gewiß schon an ihnen bewundert haben werden. Wenn Sie mir nun zunächst für die Forschungsreise 3—400 Dollar oder nach dem hiesigen Gelde zirka 12-1600 Mark aushändigten, so könnte ich sofort mit der Arbeit beginnen. Führt dieselbe zu Nichts, so ist das Geld für Sie natürlich verloren und ich habe mich umsonst abgeplagt, bringe ich Ihnen dagegen die Adresse Ihrer Tochter, so zahlen Sie mir noch weitere 5000 Dollars aus. Man will doch auch etwas verdienen mit seiner Arbeit."
Neubert erhob sich und ging an seinen Kaffaschrank, dem er einige Banknoten und eine Anzahl Goldstücke entnahm.
„Hier haben Sie 2000 Mark," sagte er, indem er das Geld auf den Tisch zählte, „und weitere 20000 Mark sollen Sie erhalten, sobald Sie mir glaubhafte Kunde von dem Aufenthalte meiner Tochter bringen. Aber wie wollen Sie nur von hier fortkommen, wo die Bauern Ihnen, wie Sie vorhin sagten, so eifrig nachstellen?"
Thomas lachte sorglos.
„Die Esel werden mir nichts anhaben, seien Sie darüber unbesorgt. In dreiviertel Stunden bin ich in der Stadt."
(Fortsetzung folgt.)
Druck und Verlag der Beruh. Hofmann'schen Buchdruckerei iu Wildbad. Für die Redaktion vrrantwdrttich: i. B. E. Reinhardt daselbst.