Das Jtatte«jfche KSsrgSpasr r«

England.

London, 20. Nov. Bei der Anwesenheit des italienischen Königspaares in London wurde diesen auch in der Guildhall vom Lordmayor empfangen. An den Empfang schloß sich ein Festmahl. Der Lordmayor brachte einen Trink­spruch auf den König Viktor Emanuel und die Königin Helene aus. Der König erwiderte mit einem Trinkspruch auf den Lordmayor und die Vertreter der Stadt London. Der König und die Königin von Italien trafen um 4'/- Uhr nachmittags wieder auf Schloß Windsor ein.

Kischinew, 19. Nov. Heute begann vor dem hier eingetroffenen Odesfaer Gerichts­hof im Beisein der Vertreter der Stände unter Ausschluß der Oeffentlichkeit das Hauptverfahren in der Angelegenheit der Unruhen vom 19. April und 29. April 1903. Angeklagt sind 36 Chri­sten, ein persischer Untertan, vorgeladen drei Sachverständige und 566 Zeugen.

London, 20. Nov. DieDaly Mail" meldet aus Tientsin, dort verlaute, daß die Japaner Mischu an der Aalumündung besetzt hätten.

Chamberlain auf dem Kriegspfad.

London, 20. Nov. Chamberlain gedenkt sich auf einen längeren Feldzug vorzubereiten. Gestern wurde angekündigt, der Professor der Nationalökonomie Hewins gebe seine verschiede­nen Aemter auf, uni sich in Chamherlains Dienste zu stellen. Heute veröffentlicht die Paris-Reformliga ihre Statuten und fordert zu Geldbeiträgen auf. Sie hofft 1000 Anhänger zu finden, die je 100 Pfd. Sterling besteuern. Der Herzog Southerland ist Präsident der Liga. Pearson, der Verleger desExpreß" und der St. Jammes-Gazette" Vorsitzender der Exeku­tive. Chamberlain hat heute 10 seiner Reden in Buchform erscheinen lassen.

New york, 20. Nov. Präsident Roose- velt hielt eine Ansprache an die deutsche Dele­gation, welche ihn zur Feier des 250. Jahrtages der deutschen Ansiedlung in Germontown ein­lud. Er sagte: Die Deutschen seien ein wert­volles Kulturelement in AmeEa. Er wies nach, wie bei jedem großen Ereignis in der amerikanischen Geschichte die Deutschen mit den Amerikanern für Recht und Freiheit kämpften.

Rom, IS. Nos. Kardinal RampoNa soll seine verschiedenen Aemter, die er in der Kurie bekleidet hatte, nicht freiwillig niedergelegt haben. Er wirb sich gänzlich vom öffentlichen Leben zurückziehen. Gegen seine Verwaltung sollen verschiedene Beschwerden eingelaufen sein.

Rom, 20. Nov. Der Kardinalstaatssekre­tär Merry de Val wurde heute zum Präfekten der heiligen Paläste ernannt, sodaß das ganze Regiment des Vatikans jetzt in seiner Hand vereinigt ist. (Franks. Ztg.)

Wechsel.

Heute gehe ich mit Paul.

Freund ist morgen mir der Franz Täglich führt ein Andrer mich.

Hin zu Sang und Spiel und Tanz

Was frag ich nach dieser Welt,

Wechsel bringt mir Sonnenglück;

Drum wenn einer mir gefällt Bin ich sein im Augenblick.

Geht Dabei zu Grunde auch.

Meine Sitte und Moral,

Nur im Wechsel finde ich,

Meines Lebens schönes Tal.

Bon der Rottum.

Verschiedenes.

Den Bau eines neuen Sch w i m m- docks hat vor kurzem die Aktiengesellschaft Weser" in Bremen für eigene Rechnung auf ihrer neuen Werft in Gröpelingen in Angriff genommen: Das Dock erhält eine Tragfähig­keit von 10 500 Tonnen. Seine Länge wird zunächst 117 Meter bei einer lichten Weite von 26', Meter betragen. Es wird aus vorläufig fünf Sektionen bestehen, die Natürlich, falls mit der Zeit sich die Notwendigkeit ergeben sollte, das Dock zu verlängern, beliebig vermehrt werden können, sodaß auf diese Weise das Dock fähig sein kann, die größten Schiffe zur Repa­ratur und Besichtigung aufzunehmen. Es erhält seinen Platz zwischen der Werfthafen der Aktien­gesellschaftWeser" und dem Vorhafen des zweiten bremischen Freihafens außerhalb der Zollgrenze, so Laß Schiffe, welche im Freigebiet gelöscht habeu. das Dock aufsuchen können, ohne die Zollgrenze zu passieren.

G leichLerechtkgt sind mir Frave»

so schreibt eine Frau noch lange nicht, trotz der vielen Worte, die schon darob gespro­chen und geschrieben wurden Das bewiesen mir höchst augenscheinlich die Glückwünsche zur An­kunft unseres Jungen. Da hieß es:Hurra, ein Junge,"diese Freude, daß es ein Junge ist,"wie glücklich werdet Ihr aber erst sein, daß Euch ein Junge bescheert worden" u. s. w. Kaum einer der Gratulanten und Gratulantinnen unterlies es, diese höhere Wert­schätzung des Jungen zu betonen, selbst eine begeisterte Anhängen« der Frauenbewegung fiel aus der Rolle, indem sie ihrer besonderen Freude über die Ankunft eines angehenden Herren der Schöpfung Ausdruck gab. Sonst heißt es oft genug:Ach nur ein Mädchen." Die Existenz, berechtigung dieser jungen Menschenknospen wird aber doch die gleiche sein; laßt sie sich mal entfalten und Früchte bringen, an denen wir ihren Wert eäennen können! In diesem Falle stimme auch ich für Gleichberech­tigung, obschon ich in der modernen Frauenbe­wegung ziemlich kühl gegenüberstehe.

Ein profitliches Mißverständ­nis erzählt dasMuiser Wochenblatt" in Obermais bei Meran. Eilig läuft ein Bauer aus der Kirche ans Wirtshaus, das zur Feier desNeuen" einen grünen Buschen mit farbigen Bändern aufgesteckt hatte.Zwei Liter Neuen"

denkt der Bauer,ha. das ist nit a so« schlechte Buas, und zwei Liter Neuen Hot er gsogt." Bald saß der HiaSl in der Ecke des alten Wirtshauses, den Doppelliter vor sich, als sein Weib polternd hereintrat und ihn auf seinen sträflichen Wandel aufmerksam machen wollte.A Ruah will i hobn," rief ihr Hiael im frommen Büßertone zu,streit Di mit den Pfarrer. Zwei Liter Neuen hat er mir zur Buaß aufgöbn!" Diese eigenartige Buße schien der alten Rosl doch nicht recht einzuleuch­ten, und sie fragte beim Pfarrer nach. Der fromme Herr aber konnte sich selbst des Lachens nicht enthalten, als er schließlich sagte:Zwei Litaneien hob i ihm aufgöbn!"

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Rückblick auf die wirtschaftliche Entwickelung des vorigen Jahrhunderts und ihren, Einfluß auf das Handwerk führte er aus, daß er die Anschauung, der Mittelstand in seiner Gesamt- heit wäre notleidend und sei im Schwinden be­griffen, nicht teilen könne. Allerdings seien einzelne Berufskreije außerordentlich notleidend. Wenn dem Handwerk geholfen werden könne, so könne es nur geschehen durch genossenschaft­lichen Zusammenschluß. Dazu gehöre der ge- nofsenschaftliche Einkauf von Rohmaterialien und ev. gemeinsamer Verkauf der Erzeugnisse. Ferner sei es wünschenswert, daß das Borg­system beseitigt werde, denn wenn das Hand­werk langfristigen Kredit gewähre, so müsse es auch einen langen Kredit beanspruchen und den müsse es teuer bezahlen. Das allerwichtigste sei die geeignete Vorbildung. Die Volkspartei habe gerade dieser eine außerordentliche Be­deutung beigelegt. Der Besuch der Schulen müßte entweder vollständig unentgeltlich, oder, was die mittleren Schulen anbelangt, so billig sein, daß auch ein Unbemittelter sie besuchen könne. Auch die kaufmännische Vorbildung sei für das Handwerk notwendig, denn wenn einer besser rechnen verstehe, dann würde er auch die Kalkulation anders machen, damit hänge auch die Submissionsfrage zusammen. Was den mittleren Handelsstand anbelange, so richten sich' dessen Klagen gegen die Warenhäuser, die Kon­sumvereine, das Detailreisen, den Hausierhandel und die Versandtgeschäfte. Der Hauptvorzug des Warenhauses sei gewesen, daß es am Platz fremd gewesen. Dadurch sei es ohne Rücksicht vorgegangen, dadurch habe es feste Preise und die Barzahlung aufrecht erhalten können. Es liege ein gewisser demokratischer Zug in dem Warenhaus und auch dadurch übe es eine An­ziehungskraft.

Das Korreferat hielt Messerschmiedemeister Vogel-Mannheim. Er ging vor allem auf die Fragen ein, welche im Programm der deutschen Volkspartei enthalten sind. Er be­fürwortete die Bildung von Banken für das Handwerk. Was das SttbmissionSwesen an­lange, so sei ein besserer Vorschlag als das Mittelpreis-Verfahrön nicht gefunden worden. Die Zeit sei viel zu kurz gewesen, um Er­

fahrungen sammeln zu können,- Man habe sich nicht die Mühe genommen, die Auswüchse des Mittelpreis-Verfahrens zu beseitigen, j sondern man habe die Auswüchse nur hervorgehoben. Mit einem Aufruf zur energischen aktiven Mit- wirkuug an, der Handwerkerfrage, die für die Fortentwickelung und die Agitation der deutschen Volkspartei von großer Wichtigkeit sei, schloß der Redner unter starkem Beifall.

P h i lippsen-Kirchheimbolanden beleuchtete die Mittelstandsfrage vom Standpunkt der Handwerker der kleinen Städte und des Landes. Er betonte den Wert einer Vertretung des Handwerks in den Steuerausschüsfen und Distriktsvertretungen.

A u g st - Gerabronn warnte davor, Staats­hilfe für die Handwerkergenossenschaften in An­spruch zu nehmen.

Muser-Offenburg hält die Beseitigung der Unterkonsumtion für das Haupterfordernis zum Gedeihen des Handwerks.

Rupp - Frankfurt ermahnte die Handwerker, in ihrem eigenen Interesse nur gut bezahlte Arbeiter bei kurzer Arbeitszeit zu beschäftigen.

Philippsen - Kirchheimbolanden brachte die freiwillige Versicherung des Handwerkers zur Sprache.

Mit einem Schlußwort des Referenten Fulda schloffen die Beratungen über diesen Punkt.

Die demokratischen Aufgaben der Gegenwart besprach sodann Reichs­und Landtagsabgeordneter Conrad Hauß- mann: Die Aufgabe der Demokratie ist die Aufgabe des modernen Staats. Die Leitung eines Volkes kann vernünftigerweise nur im Namen und Auftrag eines Volkes ausgeübt werden. .Der Inhalt der Demokratie ist je »ach den Zeiten verschieden, er ist abhängig von dem Maße der Bildung, und das erklärt den Umstand, daß die Hebung der Bildung zu­gleich ein spezifisches Bestandteil des demo­kratischen Programms bilden muß. Es ist ein doppelter Zusammenhang zu erkennen, die Volks­freiheit ist das Mittel zu größerer Volksbildung, diese das Mittel zu größerem Wohlstand, und dieser selbst schafft die Bedingungen einer be­währten Freiheit. Diese 3 Forderungen ent­halten die ganze Fülle des demokratischen Pro­

gramms. Mit einem Ausblick auf die^Zukunft der demokratischen Ideen schloß der Redner unter lebhaftem Beifall.

Die Rede soll als Parteibroschüre erscheinen.

Die Militärjustiz behandelte Professor Dr. Quidde - München. Er faßte seine Kritik der herrschenden Zustände in folgender Resolution zusammen, die einstimmige Annahme fand:

Die heutige deutsche Militärjustiz empört das bürgerliche Rechtsbewußtsein durch die Ungleichheit des Rechts und das Fehlen aus­reichender Nechtsgarantien im Verfahren, durch die Verschiedenheit des Maßes, mit dem die Vergehen der Offiziere und Soldaten gemessen werden und durch die bis zur Existenzver­nichtung gehende Härte der militärischen Strafen.

Der Dunkelarrest ist eine menschenun­würdige, Körper und Geist gefährdende Strafe.

Die Unfähigkeit der Vorgesetzten, die systematischen Bedrückungen und Mißhand­lungen abzustellen oder auch nur zu erkennen, trägt Mitschuld an den fortgesetzten schweren Gesundheits schäd igun gen, Geisteserkrankungen und Selbstmorden in der Armee. Soll ernstlich Abhilfe geschaffen werden, so muß auch diese Achtlosigkeit der Vorgesetzten zur Strafe ge­zogen werden. Die Strafen sind gegen die Peiniger zu verschärfen. Es ist stets auf Dienstentlassung zu erkennen und Pension unbedingt zu versagen. Den Militärärzten ist gründliche Berücksichtigung körperlicher und geistiger Schwächezustände und gewissen­hafter Anzeige verdächtiger Erscheinungen zur Pflicht zu machen.

Das Institut der Gerichtsherrn ist zu verwerfen; die ihnen eingeräumte Machtbe­fugnis verstößt angesichts der dienstlichen Abhängigkeit der Beteiligten gegen die volle Unabhängigkeit, diesen obersten Grundsatz der Gerechtigkeit. Beschwerdeführer und Zeugen sind vor nachträglichen Vergeltungsakten und Chikanen sicher zu stellen.

Darauf schloß Abgeordneter Betz-Heilbronn den Parteitag mit dem üblichen Schlußwort.

> An die Tagung schloß sich im großen Härmoniescral ein gemeinsames Mittagessen an, bei dem verschiedene Toaste ausgebracht wurden.

Druck und Verlag der Beruh- Hofmann'schen Buchdruckerei iu Wildbad. Für die Redaktion verantwortlich: i. V. E. Reinhardt daselbst.