Ventnor wird voraussichtlich dis zütti Frühjahr dauern. Weitere Entschließungen für später sind noch nicht getroffen, doch wird die Prin­zessin wahrscheinlich im Frühjahr auf die Be­sitzung ihrer Eltern in Lindau zurückkehren.

Dreyfus roäivivus.

Paris, 16. Nov. lieber die Dreyfus- Angelegenheit wird berichtet, daß unter den neuen Tatsachen, welche zur Revision des Pro­zesses angeführt werden, sich folgende befinden: 1) die Entdeckung, daß in dem bekannten BriefeCette canaille de D. . .", welches im Prozeß als Beweis angeführt wurde, das D an Stelle eines anderen Buchstabens gesetzt worden ist, 2) die Gewißheit, daß die Zeugen­aussage Cernuschis i» dem Prozeß von Rennes falsch gewesen ist.

Simlar, 16. Nov. Als Lord Kitchener von einem Spazierritt in die Umgebung nach hier allein zurückkehrte, scheute sein Pferd beim Durchgänge durch einen Tunnel. Kitchener wurde abgeworfen und erlitt einen schweren Schenkelbruch. Nach mehr als einer halben Stunde fanden Kulis Kitchener am Boden liegend und brachten ihn nach Simmlar. Das Befinden des Verunglückten ist befriedigend.

Pretoria, 16. Nov. Vergangenen Sonn­abend drangen zwischen Pittsburg und Nilstrom zwei Männer in einen Eisenbahnwagen, als der Zug einen Abhang hinabfuhr. Sie überwältigten die Begleitung und raubten 10000 Pfund, die für die Standartbahn in Pretoria bestimmt waren.

Kampf zwischen Russen und Chinesen.

Tientsin, 13. Nov. Hier verlautet, eine Abteilung russischer Soldaten, die sich auf dem Marsche nach Tchanhaikwan befand, sei auf eine Abteilung chinesischer Truppen ge­stoßen. Es sei zu einem Kampfe gekommen, weil die Russen behaupteten, die chinesischen Soldaten seien Räuber. Im ganzen sollen über 10000 chinesische Soldaten die Grenzen der Mandschurei überschritten haben.

Liebesteiü.

Glocken läuten, Glocken klingen.

Und mein Herz, ach! will zerspringen. Voll von bittrem Lrebesleid.

Lenz treibt wunderbare Blüten,

Ringsum herrschet Gottesfrieden.

Nur für mich ist Winterzeit.

Mir im Herzen tobts gewaltig,

Tausend Schmerzen vielgestaltig.

Sind die Marter meiner Brust.

Wie ich auch dagegen kämpfe.

Nimmer meinen Gramm ich dämpfe.

Mir zerstört ist alle Lust.

Nirgends will ein Weg sich finden.

All mein Leid zu überwinden.

Ganz zu stillen, herbe Pein.

Ach! mein Lieb hat mich verlassen.

Und mein Herz kann eS nicht fassen.

Der Geliebten fern zu sein.

Von her Rottum.

Verschiedenes.

Daß das Branntweinmonopol die weitere Ausbreitung des Alkoholismus zu begünstigen scheint, zeigte in einer Sitzung der Gesellschaft russischer Aerzte in Moskau unlängst Dr. P. A. Preobrashenski an einem umfang­reichen Zahlenmaterial. Besonders in der Alters­klasse von 3,640 Jahren wurde eine Zunahme der Alkoholiker seit Einführung des Brannt­weinmonopols in Rußland beobachtet. Auch der Charakter des Alkoholismus hat sich seitdem geändert, und es hat sich gezeigt, daß der nun eingetretene erhöhte Biergenuß ihn keineswegs verringerte. In den Krankenhäusern findet man jetzt häufig Leute mit Anzeichen von Säufer­wahnsinn infolge ihres Biergenusses.

Ein fideles Gefängniß. Nicht nur Deutschland man denke an das lustige Tuskulum, das in Hannover dem prinzlichen Mörder Prosper Arenberg als Gefängnisin­sassen beschieden war besitzt das Vorrecht der sidelen Gefängnisse, auch andere Länder kennen sie, und zwar geht es dort noch viel lustiger zu. So wurden zum Beispiel imLimo- eiro", dem Lissabonner Zentralgefängnis, nichts weniger als eine Falschmünzerwerkstatt, eine Kneipeund eine Art von Ballsaal entdeckt, in dem die Gefangenen beider Geschlechter sich in den Nächten ganz gut zu amüsieren pflegten. Die.

Idee der Gefangenen, eine Falschmilnzerwerb- statt zu etablieren, ist zum wenigsten originell, sie ermöglichte aber den Gefangenen und Wärtern, die in das Geheimnis eingeweiht waren, auch noch ein recht angenehmes und behäbiges Leben, ja es dürften sich sogar manche der Sträflinge, wenn sie ihre Zeit abgesessen hatten, mit einem netten Vermögen zur Ruhe setzen. Die Führer der Falschmünzerbande waren ein gewisser Cal- deira, der gerade wegen Falschmünzerei zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden war, und ein Gefängniswärter mit Namen Santos. Der letztere beschaffte die nötigen Metalle, und so- bald es dunkelte und die höheren Beamten die Strafanstalt verließen, wurde dann in der Küche ein großes Feuer angemacht, wurden die Pressen aufgestellt und man machte sich eifrig an die Herstellung von falschen Silbermünzen, die dann am nächsten Tage gegen gutes Geld eingewechselt wurden. Da man natürlich während der Arbeit ungern im Trockenen saß, so verstand sich die Einrichtung der Kneipe von selbst, und da der Wein ohne Weib auch nicht auf dse Dauer mundet, und man ja über die nötigen Mittel verfügte, so war es denn eigentlich auch ganz natürlich, daß man eine Verbindung mit der Frauenabteilung herstellte und gemeinsam einige gemütliche Stunden verbrachte. Dieses an- genehme und sorglose Leben hatte lange Zeit ungestört fortgedauert, bis es schließlich zu viele Eingeweihte gab und ein zurückgesetzter Kumpan beim Direktor eine Anzeige erstattete. Sofort wurden mehrere Wächter in Eisen gelegt und gegen die angeschuldigten Gefangenen eine strenge Untersuchung eingeleitet, die die obenerwähnten fidelen Zustände bestätigte.

Reklameteil.

Ein mysteriöser KriminalM.

Erzählung von I. Pia.

(Schluß.) N chdrnck verboten.

Nachdem Sie sich entfernt hatten," setzte Moran sein Bekenntnis fort,kam mir ein rascher Plan. Ich trat heran und sagte dem Kutscher, ich wolle mitfahren; er hielt mich für Sie; ich ließ ihn bei seinem Irrtum. Als ich einstieg, hatte ich indes nichts die leiseste Absicht, Würing zu ermorden. Ich.wollte ihm nur die Papiere entwenden, und als er das nicht gut­willig geschehen ließ, fiel mir das Fläschchen mit Chloroform ein, das er, wie ich wußte, in dem Ueberzieher hatte, .den ich trug. Ich goß den Inhalt auf das, Taschentuch und hielt dasselbe Würing vor das Gesicht. Nach wenigen Mi­nuten hatte er die Besinnung verloren, und ich bemächtigte mich der Papiere. Ich hielt ihN nur für bewußtlos; von seinem Tode erfuhr ich erst später. Um mich nicht zu verraten, warf ich seinen Rock, als ich durch den Stadt­park kam, von mir. Nun wissen Sie alles!"

XXll,

Ja, jetzt wußten,Pe alles. Das ganze furcht­bare Drama jener Julinacht lag enthüllt vor ihren Augen. Der Schleier war hinweggenommen und alles war offenbar.

Der Verbrecher, der seine Tat unumwunden eingestanden hatte, war der irdischen Gerechtig­keit überliefert worden und die ganze Sorge der drei Männer wandte sich jetzt dem beklagens­werten Mädchen zu, der noch in wilden Fieber­phantasien darniederliegenden Martha Waldenau. Noch in seinem Testamente hatte der Millionär den drei Männern die Sorge für seine Tochter Martha ans Herz gelegt. Konnte aber der­selben die entsetzliche Wahrheit vorenthalten bleiben, wenn sie wieder genesen war? Würde ^och aller Welt die Wahrheit enthüllt werden!

Und wieder einmal sollre das Schicksal selbst

die Antwort auf diese bange Frage geben.

Am darauffolgenden Tage trugen sämtliche Zeitungen wie ein Schnellfeuer die noch in der letzten Stunde eingelaufene Nachricht durch die Stadt, daß der Mörder Oswald Würings, Rudolph Moran, in der verwichenen Nacht sich der irdischen Gerechtigkeit durch Selbstmord ent­zogen hatte. Er war am Morgen in seiner Zelle erhängt vorgefunden worden.

Mit dieser Tat war der letzte Zeuge der Ereignisse der Vergangenheit vom Schauplatz verschwunden, und die drei Männer, denen Marthas Zukunft von deren Vater ans Herz gelegt worden war, faßten übereinstimmend den Entschluß, das Bekenntnis des Toten zu ver­nichten und so den Namen Waldenau vor der Schwach zu bewahren, die denselben treffen mußte, wenn die Wahrheit offenbar ward. Sie konnten es ruhigen Gewissens tun; niemand ward dadurch geschädigt. Waldenaus Testament ernannte Martha zur alleinigen Erbin all seines Eigentums. Daß Sally seine Tochter war, die ein unberechenbares Schicksal in sein Haus und damit in ihr einzig rechtmäßiges Heim ge­führt hatte, war ihm ein Geheimnis geblieben; hatte er doch sein Kind erster Ehe tot gewähnt. So gelobte Forstner, für Sallys Zukunft alle Sorge zu tragen, die ihr als Marthas Schwester zustand, dieser letzteren aber das Geheimnis der Vergangenheit nie zu verraten.

Als Martha völlig wieder genesen war, teilte man ihr somit zwar die Geschichte von ihres Vaters erster Ehe mit, doch ließ man sie in Unkenntnis über ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zu Sally, die bestanden, wenn Mutter Goffran auf ihrem Sterbebette die Wahrheit gesprochen hatte.

Nach wenigen Monaten fand in aller Stille Marthas Vermählung mit Edgar Forstner statt und beide verließen nur zu gern die Heimat mit all ihren düsteren Erinnerungen.

Als Martha mit ihrem Gatten auf dem

Deck des Dampfers stand und beide zurücksahen auf die heimatliche Küste, die, vom Glanz der abendlichen Sonne umflossen, mehr und mehr ihren Blicken entschwand, schmiegte sich das junge Weib fester an ihren Gatten und ihre Augen füllten sich mit Tränen.

Lebe wohl, Du Stätte meiner Kindheit, lebe wohl für immer!" flüsterte sie, tief bewegt.

Edgar fühlte, wie sie zitterte.

Bereust Du, die Heimat hinter Dir zurück« zulassen?" fragte er zärtlich.Bereust Du, mir gefolgt zu sein?"

Ihre Augen antworteten ihm nur zu beredt.

Bereuen?" wiederholte sie mit innigem Blick.O nein! An Deiner Seite fürchte ich nichts. Unsere Herzen haben eine schwere Prüfung bestanden; diese Prüfung aber hat unsere Liebe geläutert und gestählt!"

Eine weißbeschwingte Möwe tauchte aus den dunkelroten Fluten auf und kreiste mehr­mals über den Häuptern des jungen PaareS.

Ein günstiges Omen für uns!" sprach Martha leuchtenden Auges.

Nehmen wir ss als ein solches," anwortete Edgar,als ein Omen des Friedens!"

Und er beugte sich nieder zu ihr, die durch Tränen lächelnd, voller Hingebung zu ihm emporsah.

Und durch die schäumenden Fluten strich der mächtige Ozeanfahrer dahin und führte das junge, glückselige Paar einer neuen Welt, einem neuen Leben entgegen. Hoch und stolz entrollte die Zukunft ihr Panier; es trug die leuchtenden Losungsworte: Glück und Frieden! Und vor ihrem Strahlenlichte versank, wie daS Land hinter dem Weltmeer, die Vergangenheit, die Vergangenheit mit all ihren düsteren Schatten und mit threm Geheimnis.

Ende. -----

Druck und Verlag der Beruh. Hvsmann'schen Buchdruckecel in Wildbad. Für die Redaktion verantwortlich: i. V. E. Reinhardt daselbst.