wählt haben oder noch wählen und noch Schulden bei mir haben, dieselben möglichst umgehend begleichen, im andern Falle Zwangseinziehung erfolgen würde.
Das ist eine amtliche Wahlbeeinflussung gröbster Sorte!
Nach den Nordsee-Inseln. Wieder haben die eleganten Salondampfer des Norddeutschen Lloyd ihre Fahrten nach den Inseln der Nordsee begonnen. Auf den Hauptverkehrsstrecken Bremerhaven-Norderney und Bremer- Haven-Helgoland-Norderney sind wie im vorigen Sommer die Schnelldampfer „Nixe" und „Najade, eingestellt. Außer den vornehm und behaglich ausgestatteten Speise-, Rauch- und Damensalons befinden sich auf diesen Dampfern auch einige Privatkabinen. Da außerdem für eine vorzügliche Verpflegung gesorgt ist, und die Fahrt eine sehr angenehme und rasche ist, so erfreuen sich die .Dampfer mit . Recht einer großen Beliebtheit beim Publikum. Die Verbindung zwischen Bremerhaven und Wittün auf Amrum — Wyk auf Führ über Helgoland wird durch den eleganten Doppelschrauben - Salondampfer „Seeadler", und die Verbindungen zwischen Bremen, sowie Wilhelmshaven und Wangerooge werden durch den Salondampfer „Lhchs" ausgeführt. Die Fahrt von Bremerhafen nach Helgoland dauert etwa 4'/>, nach Norderney 5 Stunden. Durch regelmäßige Extrafahrten an den Sonntagen ist auch die Möglichkeit geschaffen, daß man von Bremen in einem Tage nach Helgoland und zurückkommen und sich auf der Insel etwa 5 Stunden aushalten kann. An einem schönen Sommertage nach einer der Inseln der Nordsee zu fahren, um die Freuden der Ferien oder des Urlaubs zu genießen, ist ein hoher Genuß. Der Blick auf das weite Meer, die würzige kräftige Luft und das heitere Leben an Bord des Dampfers führen uns in eine neue Welt ein und lassen uns rasch die Müheu des Alltags vergessen, der hinter uns liegt. Frischauf denn zu den Inseln der Nordsee, die Gesundheit zu kräftigen, neue Lebensfreude zu gewinnen und die Schönheiten einer großartigen, interessanten Natur zu genießen!
— Die letzte Toilette der Königin Draga. Aus Paris schreibt man der„N.Fr.Pr.":
An dem der Mordnacht des 11. Juni voran- gehenden Abende nahm der Orient-Expreß eine Toilette für Königin Draga mit, welche diese mit Ungeduld erwartete. Das Modell dieses Kleides, das nicht einmal rechtzeitig eintraf, um der Ermordeten als — Leichenkleid zu dienen, gibt reichlich Stoff zu philosophischen Betrachtungen, denen sich auch die leichtlebigsten Pariserinnen nicht entziehen können. Die Toilette führt nämlich den Namen „Robe soleil", sie ist elfenbeinfarben, reich mit Spitzen geziert und über und über mit kleinen und großen, gelblich leuchtenden Sonnen gestickt. Es spricht eine gewisse Siegesgewißheit aus der Wahl dieses Kleides; nur eine Frau, die das Vollbewußtsein hatte, im Zenith zu stehen, konnte dies strahlende Sonnenkleid wählen! Die Pariser Modenliefer- ranten gehören übrigens zur kleinen Zahl Jener, welche um Königin Draga aufrichtig trauern — sie hatte nämlich die drei Kardinaltugenden einer guten Klientin: sie konsumierte viel, kritisierte wenig und zahlte pünktlich. Dabei entwickelte die Königin ganz guten Geschmack, und wenn auch die Orientalin sowie die Parvenüs zuweilen insoweit zum Vorschein kam, indem eine gewisse Vorliebe für kostbare Stoffe demoinierte, so wußte sie doch meist derartige Regungen zu unterdrücken. Daß sie immer stärker wurde, war Königin Draga's bitterer Schmerz; um sie in guter Laune zu erhalten, verbarg man dies sogar vor ihr selbst, und wenn die Kammerfrauen von Zeit zu Zeit das neueste erweiterte Maß der Königin nach Paris sendeten, wurde dies mit aller Discretion eines Staatsgeheimnisses umgeben.
— Wohin reisen Sie?" Diese Frage ist jetzt an der Tagesordnung. Und mein erfahrener Freund gibt mir den Rat: „Vergessen sie nicht, ein Fläschchen Maggi's Würze mitzu- nehmen. Sie sind dann sicher, auch auf dem Lande immer schmackhafte Suppen und Speisen zu haben, aber — nicht zu viel davon nehmen! Maggi's Würze ist sehr ausgiebig und darf nicht vorschmecken! ein paar Tropfen genügen. Ist das Fläschchen leer, so können Sie es bei jedem besseren Kaufmann nachfüllen lassen. Vergnügte Ferien!"
Parteien und der Freis. Vereinigung, zählt 117 Abgeordnete, mit den Nationalliberalen und Wilden 179. Es ist also auch hier eine Mehrheitsbildung ausgeschlossen. Die Entscheidung liegt bei den kleinen Parteien. In beiden Fällen ist es möglich, gegen Zentrum und die Konservativen eine Mehrheit zusammenzubringen aus der Linken, den Nationalliberalen, den Wilden, den Elsässern und Polen; die letzteren genügen aber auch, um der Rechten den Ausschlag zu geben. Einer reaktionären Gesetzgebung ist durch diese Parteigruppierung ein Riegel v orgeschoben.
Verschiedenes.
Ueber gröbliche Wahlbeeinflussungen wird dem „Berl. Taaebl." aus dem Wahlkreise Jerichow l und l l berichtet: In der Ortschaft Nielsbock bei Genthin erließ der Gemeindevorsteher folgende amtliche Bekanntmachung: Am Donnerstag, den 25. d. M., von früh 10 Uhr bis Abends 7 Uhr findet die Stichwahl zwischen dem Kandidaten der staatserhaltenden Partei, dem Fürsten Bismarck, und dem Umstürzler, dem Sozialdemokraten Voigt statt, wozu die hiesigen Wähler eingeladen werden. Nielebock, 21. Juni 1903. Der Gemeindevorsteher Zimmermann, als Wahlvorsteher.
ö! U. Zu meinem größten Bedauern und zum Skandal für unsere Nachbarörter sind leider, ich nehme an, wohl durch Verhetzung von dummen Jungen und Tagedieben, die auf Kosten anderer leben, 16 Stimmen für den Umstürzler abgegeben worden. Richte daher an diejenigen Wähler die Bitte, doch vernünftig und klarsehend mit sich selbst vorzugehen. Daß man einen Mann nicht wählen darf, welcher und ist die Scholle noch so klein, vielleicht bestehend in einem kleinen Mohnhause mit hübschem Garten, von diesem vertreiben will.-(!) Ein Nein und wieder Nein muß man solch Gesindel zurufen.
D. O.
Ebenso klassisch wie diese Wahlbekanntmach, ung ist eine andere, die dem Gemeindevorsteher Bochow in Rieben, Kreis Zauch-Belzig, ihren Ursprung verdankt. Dieser Herr fügte der amtlichen Stichwahlbekanntmachung folgendes hinzu:
Außerdem wollen diejenigen, welche den Demokraten (Sozialdemokrat Ewald. Red.) ge-
Die Blute des Bagno.
Roman von Goron und Emilie Gautier.
24 > Nachdruck vrrbottn
Frau Piere starb vor Gram, und der etwa 20jährige Piere verließ die ungastliche Erde, die Pergamente als einziges Erbgut.
„Und so", schloß Piere, „ist der Baron von Saint-Magloire, der in der Pariser Gesellschaft eine Rolle spielen müßte, nur ein einfacher Minenarbeiter. Doch jetzt leuchtet mir das Glück! Ich hege die Hoffnung, reich zu werden in diesen Minen und zwar in wenigen Jahren. Dann werde ich nach dem schönen Frankreich fahren und in Paris die Stellung einnehmen, auf die ich nach meiner Geburt ein Recht habe. Ich habe zwar keine Verwandten mehr, das ist wahr, aber ich werde eine neue Familie gründen! Ich bitte sie nur um eines mein Freund, das ist . . . aus bloßer Eitelkeit, aber ich halte daran . . . daß niemand außer Ihnen erfährt, wer ich eigentlich bin".
„Niemand — seien Sie beruhigt", erwiderte Rozen.
Anfangs hatte er diese Geschichte mit liebens- würdiger Gleichgiltigkeit angehört. Aber je mehr der wortreiche Mann sprach, desto mehr überlegte er.
Seit langem hatte seine Familie Paris verlassen . . . Dieser Mann war allein auf der Welt! Wenn er verschwinden und ein anderer und ein anderer seine Pergamente nebmen würde — wer könnte dem das abstreiten, den Namen Saint-Magloire zu tragen?
Und mit der Entscheidungsschnelle, die ein Charakteristikum dieser kühnen Natur war, nahm sich Gaston vor, von diesem Zufall zu profitiren. Die Minengesährten kannten den Ursprung Pieres nicht; er selbst hatte ihm vertraut, daß einer der Genoffen der Genossen davon etwas kwiffe. Piere hatte ihm auch den Grund dafür gesägt: .. .
„Sie verstehen, daß ich befürchte, daß man meine Papiere stiehlt; bei Ihnen, einem Landsmanne, habe ich keine Angst. Auch giebt es Sympathien, die sich wie von selbst knüpfen. Seitdem ich Sie gesehen, hege ich Freundschaft für Sie; Sie haben mein ganzes Vertrauen".
Wie ausgezeichnet wählte der Franzose seine Vertrauensleute!
Eines schönen abends besuchte Rozen Piere in seiner Hütte. Dieser träumte mit offenen Augen von dem großartigen Pariser Leben, er sah sich schon als Baron von Saint-Magloire gefeiert und im Zuge, eine reiche Erbin heimzuführen. Ach, sie würde genügend Diamanten haben, die Baronin von Saint-Magloire! Als er Rozen eintreten sah, erhabner sich kaum.
„Sie sind's, mein teurer Freund . . . Sie unterbrechen meinen Traum . . . Macht nichts, ich werde ihn später fortsetzen. Und da Sie so liebenswürdig waren mich zu besuchen, gestatten Sie mir. Ihnen ein Glas Branntwein anzubieten."
Er erhob sich, um eine Flasche und zwei Becherchen auf ein Brett in der Hüttenecke zu stellen.
„Er ist gut, mein ...
Keine Zeit blieb ihm zum Vollenden. Ein Messerstich zwischen die Schultern streckte ihn nieder. Er stieß keine Klage aus.
Gaston öffnete, ohne einen Augenblick zu verlieren, die Jacke des Unglücklichen und bemächtigte sich der Brieftasche, welche die Familieu- papiere enthielt ... In seinen Augen leuchtete es freudig auf, ein teuflisches Lächeln surnspielte seine Lippen.
„Von jetzt an ist der Sträfling Rozen ganz und gar gewesen," flüsterte er, hier ist mein Geburtszeugnis ... Es lebe der Baron von Saint-Magloire!"
Er warf einen Blick auf die Leiche.
„Armer Kerl", sagte er, doch rasch verflog das Mitleid. „Ach was, er wird trotzdem zufrieden sein . . . Der Baron wird in der Welt
die schönste Rolle spielen".
Vorsichtig machte er sich auf die Suche nach Bastien. Er fand ihn unweit der Haupthütte am Boden liegen.
„Gefällt's Dir, das Minenleben?" fragte er den Gefährten.
„Nicht die Bohne! Man muß zu sehr schuften um der Schnippelchen willen".
„Ganz Deiner Meinung, mein Bester. Halte Dich bereit, noch heute machen wir uns auf den Weg zu Sokolow."
14. Kapitel.
Rozen und Maearon hatten eine mühselige gefahrvolle Wanderung hinter sich, als sie .endlich in die Nähe von Choca gelangten. Eine Zeit lang waren sie sogar von den Tobas-Jn- dianern gefangen gehalten worden. — In einer europäischen Ansiedlung fanden sie freundliche Aufnahme. Sie wurden nicht einmal über ihr Herkommen ausgefragt. Es waren schutzlose Weise und so erhielten sie Gastfreundschaft, ohne daß man sich um ihre privaten Angelegenheiten kümmerte.
So angenehm der Aufenthalt in der Ansiedlung war — Rozen wollte ihn doch nicht zu sehr verlängern. Er wollte mit Sokolow Zusammentreffen und nicht noch mehr kostbare Zeit verlieren. Er stellte seinen Gastgebern einige Fragen; doch sobald er von Sokolow gesprochen, zuckten sie die Achseln.
„Ein Narr", sagten sie, „ein guter Kerl, der unweit von hier eine neue Gesellschaft gründen wollte — ohne Diener, ohne Herren! — — Das war natürlich nichts von Dauer. Am Ende des ersten Monats, da es keinen Herren, also auch keine Disziplin gab, wollte jeder co- mandieren. Uneinigkeit brach unter den Genossen Sokolows aus, sie kamen ins Handgemenge, es gab Tote und Verwundete, bis schließlich alles auseinanderlief und Sokolow floh.
(Fortsetzung folgt.)
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