Luise von Toskana.
Stuttgart, 22. März. Nach Meldungen aus Salzburg ist die Großherzogin von Toskana telegraphisch von Schloß Bartenstein nach Lindau berufen worden, da der Zustand der Prinzessin Luise sich verschlimmert hat. Es dürfte nicht allgemein bekannt sein, daß es sich um das württembergische Städtchen Bartenstein, Oberamts Gerabronn, handelt, wo eine Schwester der Prinzessin Luise als Fürstin residiert. Dieselbe ist die 1879 geborene Erzherzogin Anna Maria Theresia von Toskana, welche seit 12. Februar 1901 mit dem Fürsten Johannes zu Hohenlohe-Bartenstein und Jagstb erg vermählt ist .
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Moderne Geschäftsanzeigen.
Die Zeiten, in denen Schuster Hinze und der Schneider Müller weiter nichts zu tun hatten, als auf dem Ladenschild oder im Inserat ihre Ware als billig, gut und unzerreißbar anzupreisen, sind längst vorüber, und selbst in der kleinen Provinzstadt weiß heute jeder Geschäftsmann daß er um Kunden anzulocken, „etwas anderes" machen muß. „Etwas anderes" zu bieten ist das Bestreben jedes einzelnen, der nicht in der glücklichen Lage ist, die gütige Aufmerksamkeit und das Wohlwollen seiner Mitmenschen entbehren zu können, und zwar gilt hier kaum ein Unterschied des Ranges und Standes. Es ist kaum notwendig zu erwähnen, daß auch in diesem Punkte die „smaten" Bankers die gewöhnlichen Europäer um einige Pferdelängen schlagen, aber auch in England, besonders in London selbst, feuert die Reklame schon ungeheure Triumphe. Man schreibt uns darüber aus London: Erst vor wenigen Wochen erließ eine Möbelfirma eine Aufforderung an junge Leute, die im Begriffe waren, in den Ehestand zu treten. Es wurde darin versprochen daß ein junges Paar, das Mut genug besaß in vollem Brautstaat mit, den Gästen sein Hochzeitsfrühstück in dem Schaufenster der Firma abzuhalten, eine gute bürgerliche Ausstattung umsonst erhalten solle. Der ingeniöse Möbelhändler erhielt eine Unmenge Zuschriften, und unter den Bewerbern wurde durch das Loos ein Paar ausgewählt. Derglücklich? Bräutigam
war ein Seemann, der bald nach seiner Hochzeit wieder abreisen mußte, und er soll sich geäußert habener wäre ledig geblieben wenn er gewußt hätte, was ihm da in dem Schaufenster bevorstand. —In Amerika ist die Leistung allerdings längst übertroffen, denn dort ist es vorgekommen, daß sich junge Paare sogarim Schaufenster trauen ließen. — Bedeutend harmloser, aber auch nicht ungeschickt ist die Ankündung einer anderen Möbelfirma, auf der man einen Herren und eine Dame sieht, mit der Unterschrift: Der junge Herr liebt das junge Mädchen — das ist seine Sache. Das junge Mädchen liebt den jungen Mann — das ist ihre Sache. Eines Tages werden die jungen Leute Möbel brauchen — das ist unsere Sache."
Die Verhaftung des Direktors der London u.Globe-Gesellschaft. DerLondoner flüchtige Millionär Mr. Whitiker-Wright hat sich nicht lange der Freiheit zu erfreuen gehabt. Er wurde von New-Borker Detektivs bei der Landung des französischen Dampfers Lorraine verhaftet. Er erklärte, feine Angelegenheit sei lediglich eine geschäftliche Transaktion, von der er angenommen habe, daß sie im Parlament erledigt worden sei. Er erklärte ferner, daß er ohne Aufsehen zu machen, den Beamten folgen werde und bat, daß man die Verhaftung nicht in die Presse bringen möge. Vor dem Polizeirichter wurde dem Verhafteten mitgeteilt, daß er arretiert worden sei, weil er sich durch die Flucht der Gerechtigkeit entzogen habe.
Ein trauriges Bild aus dem Großstadtelend. Sorgen um die Zukunft haben den 43 Jahre alten Weber Paul Maus aus der Marienburgerstraße in Berlin in den Tod getrieben. Maus war seit 20 Jahren verheiratet und Vater von sechs Kindern im Alter von 6 bis 19 Jahren, drei Knaben und drei Mädchen. Mit dieser großen Familie bewohnte er im Erdgeschoß des Quergebäudes eine einzige Stube mit Küche für 21 Mark den Monat. Während er selbst an einem kleinen Webstuhle, der außer zwei Betten und anderem Hausrat in der Wohnstube steht, arbeitete, geht seine Frau plätten. Die 17 und 19 Jahre alten Söhne sind Arbeitsburchen in Fabriken, sie konnten nichts lernen, da sie zu früh mit verdienen mußten;
die anderen vier Kinder besuchen noch die Schule. Die Leute haben ihre Wohnung seit sechs Jahren inne und sind nie Miete schuldig geblieben. Nach übereinstimmender Auskunft aller Hausgenossen sind sie fleißig und ordentlich. Im letzten halben Jahre aber ging die Weberei noch schlechter als früher. Auch Frau Maus verdiente nicht viel. Seit vierzehn Tagen merkten Hausgenossen dem Manne an, daß die Sorgen ihn stark angegriffen hatten. Hin und wieder führte er wirre Reden. Vorgestern, Mittwoch, mittags zwischen 12 und 1 Uhr gingen die vier jüngsten Kinder aus der Schule nach Hause. Unterwegs trafen sie auch noch den siebzehnjährigen Bruder Richard. Als dieser aufschloß, bot sich ihnen ein schrecklicher Anblick. Vor ihnen hing ihr Vater als Leiche an seinem Webstuhl. Auf einen: Zettel hatte er hinterlasfen, daß er freiwillig ausdemLebengefchieden sei.
Gemeinnütziges.
— Fütterung der Hühner während der Legezeit. Bei der Fütterung der Legehühner ist vor allem auf die Abwechslung des Futters (animalischst und vegetabilisches weiches und hartes) zu sehen, am besten ist eine Mischung desselben. Von Körnerfutter ist am vorteilhaftesten der Buchweizen,nachdem kommt Gerste und schwerer weißer Hafer. Mais soll nur großen Raffen gegeben werden, und dies nur abwechslungsweise, weil die Tiere leicht zu fett werden und infolgedessen schlecht legen. Als weiches Futter werden gekochte Kartoffeln gegeben bei täglich 2maligem Vorwerfen, und zwar giebt, - man morgens gekochte Kartoffeln mit Körnerfutter, abends bloß Körnerfutter. Gemischtes Futter ist nicht zu geben. Man füttere nie mehr als die Tiere aufnehmen. Den freilebendem , Hühnern Grünfutter vorzuwerfen, ist unnötig. Die eingesperten erhalten junges Gras, Salät- blätter rc.
Fals ch e Zunge. Man läßt ein gutes Kuheuter 10 Tage pökeln und 4—5 Tage räuchern. Sodann legt man es in kochendes Wasser, läßt es so lange kochen, bis es sich weich sticht und läßt es hierauf in demselben Wasser erkalten. Das giebt einen billigen kalten Ausschnitt und wird meist für Zunge gehalten.
sehr mißgelaunt mit einem Roman in ihr Zimmer zurückzog.
Der Oberst saß mit seinen Zeitungen im Lesezimmer, während Irma, zu unglücklich und besorgt um ihren Vater, überhaupt zu keiner Beschäftigung fähig war.
So vergingen drei Tage.
Der Zustand des Kranken verschlimmerte sich zwar nicht, doch trat auch nicht die von Dr. Kum- bach erwartete Besserung ein.
Am Morgen des dritten Tages zeigten sich wieder beunruhigende Symptome, daß der Arzt selbst vorschlug, an Professor Röller zu depeschieren denselben zu konsultieren.
Noch während man voller Spannung dessen Ankunft erwartete, schlug der Kranke die Augen auf und verlangte mit matter Stimme nach dem Oberst.
„Ich möchte meinen Vetter allein sprechen," sagte er darauf, als der Arzt mit diesem eintrat; — und die Baronin zog sich mit Dr. Kumbach und der Wärterin zurück.
Eine Viertelstunde später kam der Arzt, Irma in ihrer Einsamkeit aufzusuchen. Dieselbe stand regungslos am Fenster, mit bleichem, farblosen Gesicht und von Weinen dicknm- schwollenen Lidern.
„Wenn Papa gesund gewesen wäre," dachte sie, „hätte ich des Obersten gestrigen Rat befolgt, und auf Papas Güte und Nachsicht rechnend, demselben meine ganze traurige Geschichte gestanden und ihn gebeten, mich zu schützen, mir zu helfen. Er hätte mir gewiß verziehen! nun aber werde ich ihm vielleicht nie wieder etwas sagen können! Der Oberst, ist aber auch so gut gegen mich; das werde ich ihm ewig danken, wenn ich ihn auch nicht heiraten kann, so lange Mertens am Leben ist. Wenn mein armer Vater stirbt, habe ich Niemanden mehr, der mir helfen kann; — wenigstens aber weiß er nicht, wie unglücklich seine Irma ist."
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auch Hoffnung; jedenfalls aber in oer Zupand des Barons ein sehr bedenklicher.
Irma schluchzte heftig.
„Ist mein Onkel bei Bewußtsein?" fragte jetzt Klementine.
„Zu meiner großen Freude kann ich Ihnen sagen, daß sein Geist jetzt völlig klar ist."
„Dann, Herr Doktor, muß ich ihn sofort in sehr wichtiger Angelegenheit sprechen".
„Das, Niem liebes Fräulein ist ganz unmöglich!" entgegnen der Arzt. — „Und wenn ein Menschenleben davon abhinge, könnte ich es nicht erlauben, daß Sie jetzt zü ihm gingen! — Vor allem muß unser Patient sich sehr ruhig verhalten und jedwede Aufregung von ihm ferngehalten werden. Ich möchte Sie sogar bitten, Ihren Logisgästen zu sagen, wie die Dinge hier stehen und sie zur Abreise zu veranlassen; eine Hauptsache ist, daß es im Hause möglichst still hergeht."
Gegen diese strenge ärztliche Ordre ließ sich auch von der tollkühnen Klementine nichts nichts tun.
Die Gäste hatten bereits von dem betrübenden Vorfall gehört, sie rüsteten sich zur Abreise und verabschiedeten sich mit ein paar herzlichen Worten der Teilnahme.
Nach kaum zwei Stunden hatte jeder Besuch daß Schloß verlassen; nur Oberst von Steinfels und Dülzen blieben zurück, und — seltsamer Weise — auch Dr. Härtner, welcher tat, als wenn seinr Abreise durchaus nicht von der Familie gewünscht wurde; in Wahrheit aber war Klementine es gewesen, die ihn zum Bleiben veranlaßt hatte.
„Sie dürfen uns nicht verlassen, Lorenz!" hatte sie gesagt, als ar dem Beispiel der Anderen folgen und sich ebenfalls zur Abreise rüsten wollte, „ich vergehe ja vor Langeweile, wenn ich Niemand habe, der sich mit mir unterhält! Alles Wird jammernd und weinend im Hause herum- .chleichen — was soll ich da äüfangen wenn ich leinen vernünftigen Menschen um ich habe!"
Doktor Härlner btieb nur zu gern. Er begab sich zur Baronin.
„Gestatten Sie mir, zu bleiben, Frau Baronin?" sagte er zu dieser. „Ich bringe es nicht über mich. Sie in diesem Kummer, dieser Sorge zu verlassen; und vielleicht kann ich mich Ihnen oder auch den jungen Damen doch nützlich machen."
„O gewiß, wenn Sie wollen", hatte die Baronin erwidert, die in ihrer Angst und Sorge wenig Zeit und Interesse für Dr. Härtner hatt-.
„Dülzen", wandte sie sich gleich darauf zu diesen,, „es ist traurig, aber unter den obwaltenden Umständen werden Sie Ihre Hochzeit wohl verschieben müssen; selbst wenn mein Mann sich wieder erholt hat, können wir vorerst an eine Festlichkeit im Hause nicht denken. Klementine wird sich schwer darein schicken, — Sie müssen es übernehmen, sie langsam darauf vorzubereiten.
„Gewiß will ich das tun. — Ist es Ihnen aber vielleicht lieber, wenn auch ich abreise?"
„O nein; bitte, bleiben Sie. Klementine wird Ihrer bedürfen; außerdem hat mich auch Doktor Härtner gebeten, bleiben zu dürfen — ich begreife zwar nicht, warum? — Sie müssen sich seiner annehmen; denn wir werden jetzt wenig Zeit und Sinn haben, uns viel um ihn zu kümmern."
Welch' ein Kontrast zwischen dem gestrigen Abend, wo das glänzend erleuchtete Schloß ein heiteres Bild von Luxus und Fröhlichkeit bot, und heute, wo eine fast beängstigende Stille herrschte und Alle, von der Baronin bis herab zu dem Küchenmädchen, mit ernsten, besorgten Mienen einhergtngett.
Nach dem Frühstück nahm Dülzen, dem Wunsche der Baronin folgend, Dr. Härtner mit sich, zu Klementinens großem Aerger, die schon einen weiten Spaziergang mit ihrem Verehrer verabredet hatte, und sich nun verstimmt und
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