Heber die Unruhen in Coimbra wird noch gemeldet: Die Lage gilt als sehr ernst. Die Demostranten haben den Gerichtspalast angegriffen, zerstörten das Mobilar und bewarfen die Soldaten mit Steinen. Letztere machten von ihrer Waffe Gebrauch. Unter den Getöteten, deren Zahl noch nicht genau angegeben wird, befindet sich auch ein Kind. Die Zahl der Verletzten ist groß. In den umliegenden Ortschaften wurde Sturm geläutet, um die Bevölkerung zusammenzuberufen, welche alsdann nach der Stadt zog. Die Erregung der Bevölkerung hält an. Es wird eine Petition in Umlauf gefetzt, worin der König ersucht wird, die Steuergesetze zürück- zuziehen, welche die Tumulte herbeigeführt haben.
Luise von Toskana.
Leipzig, 14. März. Wiener Meldungen gegenüber erfahren die „Leipziger Neuesten Nachrichten" aus zuständiger Quelle, daß zwischen dem Dresdener Hof und der Prinzessin Luise von Toskana keine Verhandlungen mehr schweben, da alle Fragen durch ein direktes Abkommen erledigt wurden. Auch von einer späteren Auswanderung der Prinzessin mit Giron sei keine Rede. Die Prinzessin bleibe zunächst noch einige Wochen nach der Entbindung in Lindau. — Der Slawe „Luise von Sachsen". Die Frage, welcher Name der nunmehr geschiedenen Kronprinzessin von Sachsen nach ihrem Ausscheiden aus dem Wettin'schen Hause gebührt, und welchen sie zu führen berechtigt ist, war wiederholt Gegenstand lebhaftesten Meinungsaustausches in weiten Kreisen des Volkes. Eine anerkamtte Autorität des Verwandtschastsrechts des Bürgerlichen Gesetzbuches, Privatdozent an der Universität Kiel, Dr. Opet, kommt zu dem Ergebnisse, daß der ehemaligen Kronprinzessin jetzt lediglich die Bezeichnung Luise Antoinette Maria von Sachsen- Wettin zustehe, oder, falls die Kronprinzessin ihren vorehelichen Namen wieder annehme, Luise Antoinette Maria von Lothringen-Habs- burg-Toskana. Kurzgefaßt wird sie sich also von jetzt an „Luise von Sachsen" nennen können und die Worte „von Sachsen" werden die Stelle eines bürgerlichen Namens dabei vertreten. Zusätze die dem wahren Sachverhalt entsprechen, also etwa „vormalige Kronprinzessin" oder „geborene Erzherzogin", kann sie jederzeit beifügen
Cyankali in Meßkelch.
Vor dem Schwurgericht in Klagenfurt stand der bisherige Kaplan und der Pulsier Kirchengemeinde Thomas Mas check; derselbe wurde soeben wegen Diebstahl und versuchten Meuchelmordes zu 15 Jahren schweren Kerkers und alle 4 Wochen zu einen Fasttage verurteilt. Maschek wird beschuldigt ein Sparkassenbuch der Böhmischen Sparkasse in Prag, auf das Strnadt Kirchengelder im Betrage von 8824 Kronen eingezahlt hatte, entwendet, ferner einen Giftmordversuch gegen seinen Amtsbruder entnommen zu haben, indem er diesem eine größere Menge Eyankali in den Meßwein schüttete. Der Angeklagte ist ein großer und nicht unschöner Mann, der als Ordenspriester des Malteser-Ordens mit glattrasiertem Gesicht und Tonsur auf der Anklagebank erscheint.
Verschtcdrnes.
Die Irrsinnige an der Kette. In einem Hanse zu Palermo fand man ein junges, mangelhaft bekleidetes Mädchen mit einer vier .Meter langen eisernen Kette an ein Bett gebunden. Auf alle an sie gestellten Fragen verharrte die Unglückliche in tiefem Stillschweigen. Die Mutter des Mädchens erklärte, daß sie ihre Tochter, die irrsinnig sei, nicht in das Irrenhaus schicken könne und deshalb genötigt sei, sie zu Hause anzubinden, aus Furcht, sie könnte eines Tages einen Selbstmord begehen.
schütz für oie Landestöchter. Die Senatoren von Texas sind heitere Leute. In der letzten Woche hat, wie der „Cri de Paris" meldet, einer dieser drolligen Herren der „hohen Kammer" folgenden Gesetzvorschlag eingebracht: „In Anbetracht des Umstandes, daß eine große Anzahl von Herzogen, Lords und Grafen die Bereinigten Staaten auf der Suche nach einer Heirat mit unseren schönsten und reichsten Landestöchtern bereist, wird das Bundesamt aufgefordert, alle Herzoge, Lords und Grafen, echte und falsche, die im Gebiete des Staates Texas angetrosfen werden, mit einer Steuer zu belegen, um unsere jungen Töchter gegen Unternehmungen zu schützen, die oft den Charakter einer riskanten, wenn nutzt gar gefährlichen Spekulation haben." — Die Amerikanerinnen den Amerikanern! Aber
warum hat der ehrenwerte Herr Senator nicht gleichzeitig vorgeschlagen, die Fräuleins von Texas, die sich auf der Suche nach einem Wappen befinden, mit einer Exportsteuer zu belegen?
— Testament eines Sonderlings. Ein vor 5 Jahren in Bayern verstorbener Junggeselle hinterläßt ein Testament, das erst 5 Jahre später geöffnet werden durfte. Es stellt sich nun heraus, daß er 250000 .//L Vermögen hinterließ hiervon 20000 ,///, für wohltätige Zwecke bestimmt, den Rest aber seinen beiden Nichten unter der Bedingung vermachte, daß beide vor Erbsantritt je ein Jahr bei einer Münchener Familie als Dienstmädchen in Dienst treten, unter völligem Verzicht auf ihre bisherige Lebensweise, nur mit dem nötigsten versehen gegen Magdlohn und ohne Unterstützung von Hause; nachher haben sie ein Zeugnis über Zufriedenheit ihrer Dienst- Herrschaft vorzuweisen. Die Schwesterstochter hat sich der Bedingung unterzogen und dient heute in der Familie eines Münchener Installateurs. Die Bruderstochter dagegen eine in einem Institut erzogene Bauerntochter, hat die Gültigkeit des Testaments angefochten, weil der Onkel „offenbar" nicht bei klarem Verstände gewesen.
— Ein neuer amerikanischer Frauenklub ist zu New-Iork gebildet worden, gabes ihrer doch trotz der bestehenden Unzahl immer noch nicht genug. Dafür soll er sich auch von den vorhandenen merklich unterscheiden. Die Gründerinnen sind Frau Johaun Jakob Astor, Frau Borden Harrimann, Frl. Barney Livingstone u. a. Die Herren Ehemänner, Väter und Brüder haben die nötigen Gelder zur Verfügung gestellt, und der Klub konnte sich organisieren. Sport und Turnen bilden die Hauptsachen; zu dem Tennis und Racketspiel kommen tüklsche Bäder und was sonst an Luxus möglich ist. Die Zahl der Mitglieder ist allerdings beschränkt. Eintrittsgeld und jährlicher Beitrag ist freilich ein bißchen klein —^nur 100 Doll ar.
Gedanken-Splitter
Gleichgiltig werden wir gegen vieles 2mal nn Leben: zuerst, weil wir es noch nicht schätzen, später, weil wir es nicht mehr schätzen.
Auch ein Dumkopf sagt einmal etwas Geistreiches, nur merkt er es nicht.
dafür hingeben, um Ihnen die>e Tränen zu ersparen! Irma, ich bitte — ich beschwöre Sie sagen Sie mir, was Sie bekümmert, lassen Sie mich Ihnen helfen! — Geliebte, was kann ich für Sie tun? — O, reißen Sie mich aus dieser Qual!"
Er wußte nicht, was er sagte. Schon seit Wochen, seit Monaten hatte er nur gewaltsam seine wahren Gefühlen unterdrückt; jetzt beim Anblick von Irmas tiefem Kummer brach die langverhaltene Leidenschaft einer heißen Liebe in einem mächtigen überwätitgenden Strom hervor. — Er war nicht mehr Herr seiner selbst.
Fest drückte er Irma an sem Herz, ihr schmerzender Kopf sank an seine Schulter, er fühlte ihre Tränen an feisten Wangen; aber er küßte sie nicht; er preßte sie nur fast verzweifelt in wildem Weh an sich.
Allmählich hörte Irma auf zu schluchzen; sie ward ruhiger.
Die Lage, in der sie sich befand, die Zärtlichkeit dessen, den sie liebte, glich mehr dem letzten Lebewohl eines Menschen, der alles, was er je geliebt hat, hinter sich zurückläßt, als deni Rausch einer unerlaubten Liebe.
Wenn auch seine Lippen es nicht anssprachen, so fühlte Irma in diesem Augenblicke doch, daß er sie mehr liebte als irgend einen Mensch auf dieser Welt. Es bedurfte keiner Worte, um sich seine abgebrochenen Sätze, seine stummen Beweise von der Liebe und Zärtlichkeit richtig zu deuten.
Er liebte sie, — er glaubte an sie!
Sie hatte ihm nichts gesagt, kein Wort der Erklärung über ihr seltsames Betragen, — die verdächtige Unterredung, von welcher er zum Teil Zeuge gewesen, war über ihre Lippen gekommen, — und doch glaubte er an sie! Seine Liebe zu ihr setzte ihn über' alles Verdachtser- weckende» über alles ihm Unverständliche. hinweg. — Dafür wußte Irma ihm innig Dank.
Und in diesem Gefühl grenzenloser Dank
barkeit, wie in der Ueberzeugung, daß fie Beide durch unwiderrufliche Banden gefesselt waren, ließ sie sich vom diese Augenblick tiefster Erregung zu Worten hinreißen, denen sie bei ruhiger lieber legung nun und nimmermehr Ausdruck gegeben hätte.
„Alfons!" hauchte sie, während ihre Lippen dicht an seinem Ohre ruhten und ihre Augen halb von seinem Haar verborgen waren, Alfons ich liebe Sie, Sie allein! — Nie werde ich je einen andern Mann lieben können. Trotzdem aber sind wir durch ein grausames Schicksal, das schlimmer ist, als der Tod für immer getrennt ! Ich kann Ihnen nicht sagen, was mich bedrückt; Sie werden auch nie eure Erklärung für meinen Kummer und meine zukünftige Handlungsweise finden. Nur eins versprechen Sie mir, was mir in Zukunft ein schwacher Trost sein soll — nur Las Eine, daß — was ich auch tue, so Unverständliches Sie über mich hören möge», Sie nie, nie daran zweifeln wollen, daß ich Sie innigst liebe, und Sie bis zur letzten Stunde meines Lebens lieben werde!"
Sie hob den Kopf — ihre Augen begegneten sich — stumme Verzweiflung lag in Beider Blick. —
Er nahm ihren Kopf zwischen seine beiden Hände und drückte gleich einem Bruder, einen heißen Kuß auf ihre Stirn.
„Ich will es glauben, Irma, — stets glauben! — Wenn Sie mich lieben, so habeich doch nicht ganz umsonst gelebt und an edele Frauenliebe geglaubt," sprach er ernst.
So schieden sie.
Mit gesenktem Kopf und gefalteten Händen verließ Irma das Zimmer, während er noch ein paar Minuten verweilte, bevor er mit dem Ausdrucke eines tiefen Kummers auf seiner ernsten Stirn langsam seine Schritte nulter lenkte.
15.
Am folgenden Tage fand das Irma zu Ehren veranstaltete Ballfest statt.
Der eteganc ausgestattete Salon erstrahlte in hellstem Lichterglanze; munter und flott begleitete die Musik das frohe Tanzen der jungen Welt. Die Baronin in goldgestickter Brokatrobe spielte ihren Gästen gegenüber die Liebenswürdige, während der Herr des Hauses sich mit Graf Solms unterhielt. War derselbe auch bei weitem der Aeltere, so erschien er doch an Kraft und Frische jünger als der Baron, der einen auffallend leidenden, sehr gedrückten Eindruck machte.
Alan schrieb dies allgemein nur der Gicht zu, an der er schon seit länger litt, aber seine nächste Umgebung: Die Baronin, sein Diener und der Arzt wußten, daß in letzter Zeit eine ernstere Krankheit an ihm zehrte. — Die tiefe Blässe seiner abgespannten Züge verriet, welche Ueberwindung es ihm kostete, Teil an der Gesellschaft zu nehmen. '
Irma trug ein einfach weißes Kleid mit einer Reihe kostbarer Perlen — das Weihnachtsgeschenk ihres Vaters — um den Hals und einen Strauß duftender Maiblumen im Gürtel. Sie sah unbeschreiblich reizend aus; gerade die große Einfachheit ihrer Toilette erhöhte noch den Liebreiz, der sie so ungemein anziehend machte. —
So seltsam es scheinen mag: sie hatte auch wirkliche Freude an dem Fest. Mit zwanzig Jahren nimmt man das Leben noch leicht. Auch sie hatte trotz ihrer Kümmernisse am vorhergehenden Abend, trotz der Demütigungen, die sie gestern hatte erfahren müssen, ihren Gleichmut, ihre Ruhe ziemlich wiedergefunden. Dis Baronin hatte auch ihr Möglichstes getan, den die Anwesenden bei der gestrigen Scene km Billardzimmer von Irma bekommen hatten, tun« lichst zu verwischen.
Sehr ärgerlich darüber, das Klementine in ihren Lieblingsplan, Irma an den Oberst zü verheiraten, störend eingegriffen, hatte sie einen kleinen Wortwechsel mit ihrer Nichte gehabt und Alles daran gesetzt die Sache auszugleichen.
(Fortsetzung folgt.)
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