sächlich Techniker und Ingenieure, auch Frauen wegen sozialistischer Propaganda verhaftete.
New-Jork, 12. Febr. Eine Depesche aus Panama meldet, es sei ein amtliches Telegramm aus Guatemala eingegangen, welches besage, die Regierung dieser Republik habe nicht den Krieg erklärt, aber Salvador, Honduaras und Nigaragua bedrohten Guatemala, dieses sei indessen bereit, seine Ehre zu verteidigen.
Wolff's Bureau meldet aus Guatemala vom 10. Febr.: Der Belagerungszustand ist für die Provinz Guatemala erklärt worden.
— In Liverpool einlausenden Meldungen zufolge herrscht die Pest in Macatlan (Mexiko) noch immer. Fast jede Tätigkeit ruht, lieber 12 000 Einwohner verließen die Stadt. Die Geschäfte sind geschlossen. Seit 1. Dezember lief kein Dampfer den dortigen Hafen an, und das von den Bergwerksgesellschaften gewonnene Metall wartet auf Verschiffung. Die Bergwerke werden den Betrieb einstellen müssen. Täglich kommen ungefähr 20 Todesfälle vor. Ueber 200 Pestfälle werdem im Krankenhaus behandelt. Die Epidemie verbreitet sich weiter.
— Der Lok.-Anz. meldet aus Brüssel: Giron ist wieder hier und trägt sich mit dem Gedanken, gegen alle Blätter zu klagen, welche ihn als Erpresser und Verführer schilderten. Ich weiß von ihm, so schreibt obiges Blatt, daß er sich gänzlich von der Prinzessin trennen will, sobald dieser ein sie befriedigender Verkehr mit ihren Kindern gesichert ist.
Andernfalls würden beide ihr Schicksal wahrscheinlich gemeinsam weiter tragen. Für Girons letzten kurzen Abstecher in die Schweiz wird folgende Erklärung abgegeben: Die Direktion des Sanatoriums La Metairie habe der Prinzessin angeraten, gewisse Gegenden zu meiden. Aus Neugier und in Anbetracht, daß ein in Nyon eingetrosfener sächsischer Geheimpolizist sie belästigen könnte, hat diesen in Brüssel aufge- tauchten Gerüchten Anlaß gegeben, die Prinzessin sei einer strengen Absperrung unterworfen. Daraufhin hat Giron den Kopf verloren und sei zu ihr gereist, sei aber sofort wieder zurück- gekehrt, als er erfuhr, daß die Nachricht unrichtig war.
London, 13. Febr. Reuters Bureau erfährt: Deutschland bestand von Anfang an, entweder auf der Barzahlung der erstklassigen Forderungen von 340 000 Dollar oder einer besonderen Sicherheit dafür, daß die Bezahlung erfolge. Castro stimmte der Forderung zu, als die gegenwärtigen Verhandlungen anfingen. Deutschland verlange jetzt nichts, was über das hinausgehe, was es bereits festgesetzt habe. Seine Forderung werde vom Standpunkt der anderen gemeinsam handelnden Mächte aus als billig angesehen. Ueber die Mitteilung des Washingtoners Communiques, daß England und Italien die Verantwortlichkeit für das Vorgehen Deutschlands abgelehnt hätten, könne als über eine völlig unbegründete Behauptung hinweggegangen werden. Die drei gemeinsam vorgehenden Mächte seien völlig einig in der Haltung gegenüber Venezuela. Die erstklassigen Forderungen Englands seien natürlich sehr gering im Vergleich zu Deutschland.
Verschiedenes.
(Ein Gottesdienst durchs Telefon.) In To- holampi im nördlichen Finland war am 25. Januar die Kälte so strenge, daß der Gottesdienst nicht in der schwer heizbaren Kirche abgehalten werden konnte. Die Gemeindemitglieder versammelten sich deshalb, soweit der Raum es gestattete, in der Wohnung des Pastors; da nun das Telephon auch im nördlichen Finland eine große Verbreitung hat und selbst manche Bauernhäuser mit einem Telefon versehen sind, so wurden sämtliche Telefonbesitzer des Kirchspiels mit dem Apparat des Pastors in Verbindung gesetzt und der Pfarrer hielt eine Predigt am Fernsprecher, so daß das ganze Kirchspiel auf diese Weise am Gottesdienst teilnehmen konnte. Auch die Kirchenlieder wurden vor dem Fernsprecher gesungen.
— Die Flucht des Kurpfuschers Nardenkötter erfolgte, wie aus Berlin berichtet wird, nach den' bisherigen amtlichen Feststellungen bereits am Freitag Nachmittag nach der Prozeßverhand- lang in Moanes auf Grund eines sorgfältig ausaefübrten Planes. Nardenkötter begab sich
von Moabit aus nach seiner Wohnung, von wo er sich nach kurzer Zeit wieder entfernte. Seine Frau, die zurückgeblieben, will von dem Fluchtplane keine Kentnis gehabt haben, und weiß auch angeblich nicht, wohin sich ihr Mann gewandt hat. Dies konnte auch bisher polizeilich um so weniger festgestellt werden, als Nardenkötter vorausgesehen hat, daß eine Beschlagnahme seiner Briefe an seine Familie angeordnet wird und er demgemäß von einem schriftlichen Verkehr mit seiner Frau absieht oder auf Umwegen bewirkt. Es wird angenommen, daß Nardenkötter nach London geflüchtet ist, wo er bereits am Sonntag eingetroffen sein dürfte. Er würde sich dort in vollständiger Sicherheit befinden, da England keine Kurpfuscher ausliefert. Nach dem hinter Nardenkötter erlassenen Steckbrief lautet die Personalbeschreibung des Flüchtigen wie folgt: Größe: etwa 1,70 Meter, Statur: schlank Haare schw arz, Augen braun, Bart: Schnurrbarr, Gesichts- farbe: blaß, Sprache: stark westfälischer Dialekt.
— Ein moderner Großbetrieb. Wer in Berlin nachmittags 4 Uhr durch die Linienstraße fährt, sieht in der Nähe des Kammergebäudes einen dichten Menschenstrom auf die Straße fluten. Alltäglich hört man dann in der Straßenbahn fragen: „Was ist das?" die Antwort: „Die Versicherungsgesellschaft Victoria" hat regelmäßig ein Staunen zur Folge. So gewaltig hatte der Frager sich den Betrieb der Gesellschaft nicht vorgestellt. Verlassen doch 1000 Bnreaubeamte das Direktionsgebäude. Keine deutsche Versicherungsgesellschaft hat auch nur annähernd einen solch großen Betrieb. Die Gesellschaft nimmt täglich rund 1 Viertel Million Mark ein und reguliert 100 Schadens- oder Todesfälle. Ihr Vermögen in einer Goldmaffe vorgestellt, wiegt mehr als ein feldmarschmäßig ausgerüstetes Jnf.-Regiment, Ihre Volksversicherung ist in Berlin so verbreitet, daß jeder 10. Mensch der Bevölkerung Großberlins bei der Viktoria versichert ist. 1895 bezog die Viktoria das neue Gesellschaftsgebäude das für mindestens 10 Jahre ausreichend sein sollte, 1897 war ein großer Anbau nötig, und jetzt wird auf drei anstoßenden Grundstücken ein großer Erweiterungsplan ausgeführt. Großbetrieb ist auch die Parole im Versicherungswesen.
Die Augen der Liebe.
Novelle von P. Herrkorn..
Nachdruck verboten.
Einen Augenblick herrschte tiefes Schweigen im Zimmer. Bodo legte etwa eine Sekunde lang die Hand über seine blauen Augen und dann begann er.
„Ich muß weitausholen", sagte er seufzend, „bis zurück in meine Knabenjahre, bis zu der Zeit, da Hanna und ich unter dem Dache der Frau Krüger ein freundliches Heim, in der Frau die gütige Fürsorgerin, in ihrem Sohne Oskar die Ausgeburt der Hölle fanden. Oskar Krüger war ein neidischer jähzorniger Mensch. Als Kind schon zeigte sich sein schlechter Charakter und seine Mutter hatte keine Macht über ihn Den kleinen Pensionärinnen riß er einfach den Kuchen aus der Hand und warf ihn den Vögeln hin, wenn er schon übersättigt war, sonst zog er es vor, ihn selbst herunter zu schlucken. Du weißt ja, Hanna. So ist es geblieben, er konnte nicht sehen, daß ein anderer Mensch etwas Besseres oder mehr hatte als er. In wie viel Schulen war er, ich weiß es nicht; er kam seiner dummen Streiche halber bald fort, auf dem /Gymnasium aber hatte er es arg getrieben, er wurde natürlich wegen seiner Nichtswürdigkeiten gegen Lehrer und Schüler entlassen. Ich war in seinen Augen ein Wild, das er um jeden Preis zum Tode Hetzen wollte. Meine guten Zeugnisse, die Liebe, die seine Mutter für mich, den mutterlosen Knaben hatte, Alles wurde ihm zum Dorn im Auge; er baßle mich unsäglich und vielleicht noch darum, weil ich verschiedentlich versucht hatte, ihm Vorstellungen zu machen. Endlich atmeten wir auf. Oskar Krüger trat als Eleve bei einem Gutsbesitzer ein. Was half'- aber? es liefen fortwährend Klagen über ihn im GUtS» Höf ein Und die Herrlichkeit hatte immer bald Ende. Das Geschick führte Mich leider bald hier, bald dort mit ihm zusammen und immer loderte
Mir aus /einen Augen der/etöe ungestillte Haß entgegen.
Auf der Universität zu Königsberg absolvierte ich meine medicinischen Studien. Da schien mir die Welt ein Paradies, und sie war es mir auch — trotz mancherlei Unannehmlichkeiten, denen ja jedes Menschenleben mehr oder weniger unterworfen ist — bis zu dem Augenblicke, da ich den Brief unseres Gutsverwalters in der Hand hielt, der mir den plötzlichen Tod meines Vaters anzeigte und mich auffordete, unverzüglich nach Wittterfeld zu kommen. Unsere Verhältnisse waren derangiert, das Gut von vornhe 'ein überzahlt ---- der Vater ein alter Militär, verstand Nichts von der Landwirtschaft — so war es Schritt für Schritt rückwärts gegangen. Dieser Verwalter, ein liebenswürdiger Mann von ehrenwertem, biederem Charakter, war erst vor einem halben Jahre angekommen und war sich bald über die Verhältnisse klar geworden. Meinen Vater zu retten war unmöglich, der Weg führte zum Abgrund. Da kam der Tod, der Bote des Friedens, und trug ihn aus dem Schattenland in das Heimatland des Lichts." Bodo schloß für einen Moment die Augen, dann sagte er tief aufseufzend: „Nach wenig Tagen stand er trauernd an dem Grabe meines Vaters. Eben wollte ich Abschied nehmen und den Rückgang zum Dorfe einschlagen, als Oskar Krüger mir plötzlich drohend gegenüberstand. Er war in der Nähe irgendwo Inspektor.
Er lachte mir förmlich ins Gesicht: Nun ist's also aus mit dem gnädigen Herrn; nun kann er als Hund herumlungern und sehen» wo er Dnmme findet, die sich von ihm ins Jenseits expedieren lassen; eine Goldgrube ist zugeschüttet. Wo find denn die gebratenen Tauben hingekom» men» die sonst dem Herrn von Winter in den Mund flögen? He?"
«Spare Deine Worts, Krüger-" sagte ich- mich zu Rühe zwingend- --Deine Worts haben Nicht mehr die Kraft- Mich zu verwundern- die
Zeiten Und vorüber."
„Hvri, yon", /agre er sich dicht an mein" Seite drängend, „er fühlt sich nocheinmal als. Gutsherr, obgleich wohl ihm kein Ziegel auf dem Dache gehört. Ich schwöre Dir aber. Du sollst an mich denken!" Drohend streckte er die Hand nach mir aus, — er überragte mich um Kopfeslänge, und seine Hand kannte ich zur Genüge; — ich wich entsetzt zurück, während ich entgegnete: „Ich weiß. Du hast mich Jahre lang gehaßt, ich war Dir im Wege immer und überall, aber was tat ich Dir jetzt? Was willst Du von mir? Was kannst Du mir denn tun?"
„Dich vernichten!" sagte er kalt. „Du Haft mir das Leben zur Hölle gemacht, mir die Liebe meiner Mutter gestohlen. Aber freilich, da wurden ja auch Briefchen geschrieben, Geschenke geschickt, die, wie es jetzt herauskommt, mit dem Gelds anderer ehrlicher Leute bezahlt wurden, — o man verstand es meisterhaft", höhnte er lachend, „doch es soll Dir nichts geschenkt bleiben, Du sollst Dein Leben lang an mich denken und es erkennen, daß ich noch derselbe schlaue Fuchs bin, der ich einstmal war, als ich Dir in aller Stille manche Lektion erteilte."
Er wandte mir den Rücken und ging pfeifend davon. Seine Drohungen flößten mir keine Furcht ein, reiste ich doch bald ab. Es sollte alles verkauft werden um auch nur die Schulden zu decken decken; mir gehörte wirklich kein Ziegel auf dem Dache, ich war nur auf meine eigene Kraft angewiesen.
Der schriftliche Nachlaß meines Vaters mußte geordnet werden; ich las die alten vergilbten Blätter und war erstaunt, mehrfach die Handschrift der Frau Krüger, meiner Pflegemutter zu finden» die mir den Beweis lieferte, daß, Frau KrÜget Md mein Vater sich in ihrer Jugend geliebt hatten, daß sie vom Schicksal grausam getrennt worden waren.
(Fortsetzung folgt.)
Bert«- d«i
HssmoNn'schen Buchdruck««» in Wldbat
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BeranrwortUch M r»r Redaktion: <r Hosma^dE