nachdem der Zug zum Stehen gebracht war, vom Zugpersonalentfernt und gestern nach Schussenried überführt.
Tasres-Nirchrichtc».
Schwetzingen, 13. Jan. Ein erschütternder Vorfall ereignete sich heute Nachmittag in der Behausung der Familie Kleinschmitt. Um halb 3 Uhr sollte die Beerdigung des verstorbnen Rvsenwirtes Kleinschmitt stattfinden. Um sich für das Leichenbegängnis anzukleiden, begab sich der 24 Jahre alte Karl Kleinschmitt, der Neffe des Verstorbenen, auf sein Zimmer. Als man dessen langes Ausbleiben auffällig fand, sah man nach dem jungen Kleinschmitt, fand ihn aber erschossen in seinem Zimmer auf. Er hatte sich durch einen Revolverschuß selbst entleibt. Ueber das Motiv dieser traurigen That hat man bis jetzt keine Aufklärung.
Rheinau, 13. Jan. Schwere Roheitsexzesse verübten in der Kantine der Chemischen Fabrik Rhenania vergangene Nacht der Fabrikarbeiter Jak. Walther und dessen Schwager Gg. Götz, beide von Hockenheim. Weil ihnen der Kantinenwirt Keßler nichts mehr aus Pump verabfolgte, schlugen die rohen Gesellen Gläser, Geschirr usw. kurz und klein zusammen, ließen aus zwei Hahnen das Bier laufen und verletzten den Wirt erheblich durch Schläge und Stiche, sodaß dieser flüchten mußte. Erst der Gendarmerie, welche herbeigeholt werden mußte, gelang es, lt. Schw. Ztg., die Raufbolde zur Ruhe zu bringen; dieselben wurden verhaftet und werden sich nun wegen Hausfriedensbruchs, Körperverletzung und Sachbeschädigung zu verantworten haben.
(Der Kaiser als Erbe.) Wie der Täglichen Rundschau aus Dessau gemeldet wird, hat die verstorbene Baronin Cohn-Oppenheim dem Kaiser 2 Millionen Mark, der Stadt Dessau und der dortigen israelitischen Gemeinde je 3 Millionen, vermacht. Die Verwandten erhalten 1 Million.
— Das Berl. Tagebl. meldet aus Nürnberg: Ein großer Teil der Gebäulichkeiten der Akt.-Gesellschaft für Zwirnerei und Corderie in Fürth wurde durch ein großes Feuer zerstört.
Fvrchheim, 13. Jan. Einen erfreulichen Jahresabschluß hat die hiesige Gemeindekasse aufzuweisen. Während sonst in anderen Ge-
Roman von I. Pia.
Nachdruck verboten.
Dülzen ließ sich mit leicht gerunzelter Stirn in einen Stuhl sinken. So sehr er seine Braut, die stolze Klementine, um ihrer Schönheit und mancher anderer Vorzüge willen liebte, war er doch nicht blind für ihre Schwächen.
„Das arme Ding ist wirklich zu bedauern, denn sie ist sicher sehr gegen ihren Willen plötzlich hier Schloßfräulein geworden!" sprach er, indem er ein elegantes Falzbein vom Tische nahm und es müßig zwischen den Fingern drehte. „Du warst so kurz und kalt gegen sie, daß sie ein ganz erschrockenes Gesicht machte. Wahrhaftig, Klementine, Du hättest ihr etwas freundlicher begegnen können."
„Freundlicher! Wie kannst Du erwarten, daß ich gegen ein so gewöhnliches Mädchen freundlich sein kann, das wie aus den Wolken geschneit zu uns kommt und von dessen Existenz wir vor vier Wochen noch gar nichts wußten."
„Aber, liebe Klementine, so sei doch vernünftig. Mag ihre Mutter gewesen sein, wer sie wollte, jedenfalls ist und bleibt dieses Mädchen doch die legetime Tochter Deines Onkels, des Barons von Steinsels, und mögt Ihr, nämlich Du und die Tante von Steinsels, Euch gegen sie stellen wie Ihr wollt. Kind bleibt Kind und Recht bleibt Recht."
Klementine stieß ein seltsames Lachen aus.
„Jedenfalls tut das arme kleine Ding mir leib. Ich sehe schon im voraus, daß Ihr mit Euch beiden eine böse Heit bevorsteht."
Klementine lachte wieder, es war ein silberhelles, bestrickendes und doch auch ein dämonisches Lachen.
„Du tust wahrhaftig, als wären Tante und ich zwei Ungeheuer, die es sich in den Kopf gesetzt haben, einem unschuldigen Engel das Leben schwer zu machen. Es wird ihr so schlecht nicht
meinden um diese Zeit das Wort „Umlage" eine böse Rolle spielt, wird hier nicht nur keine Umlage erhoben, sondern es ist sogar ein Ueber- schuß von 11000 Mk. vorhanden. Das Gemeindevermögen, darunter 900 Morgen Wald, sowie nahezu 100 000 Mark in bar beträgt rund 1 Million.
Lörrach, 14. Jan. Hier sollte ein Geisteskranker nach dem Spital gebracht werden. Er bekam dabei einen Tobsuchtsanfall, hieb aus die Beamten, die ihn transportieren sollten, ein und verwundete einen bedenklich am Kopf. In der Annahme, daß der Kranke sich über nacht beruhigen werde, verschob man seine Ueberführung aus den andern Tag. Da flüchtete aber der Kranke auf das Dach und demolierte es und den Schornstein und warf Dachziegel und Steine aus die Straße. Erst nach längeren Bemühungen gelang es, ihn dem Spital znznsühren.
Hamburg, 14. Jan. Der Direktor des Armenhauses, Moraht, ist wegen bedeutender Unterschlagungen zu 4 Jahren Gesängis verurteilt worden.
Gleiwitz, (O.-S.), 24. Jan. Heute vormittag stellte sich der Gemcindekassen-Rendant von Zabrze, Karl Borzutzkp, der hiesigen Staatsanwaltschaft mit der Angabe, die von ihm seit ca. 9 Jahren verwaltete Kasse um höhere Beträge durch Unterschlagungen geschädigt zu haben. Der Fehlbetrag wird aus etwa 70 000 Mark geschützt.
Leoben, 14. Jan. Die 26 Jahre alte Fabrikarbeiterin Zinebner, die ihr drei Monate altes Kind durch mit Phosphor vergiftete Milch tötete, wurde vom Schwurgericht zum Tode verurteilt.
— In St. Peter im Sulmt hal brach ein Rudel Wölfe ans Ungarn ein. Die hungrigen Tiere fraßen drei Kettenhunde und deren Junge auf. Dis Bauern erschossen drei von den Wölfen.
Wien, 13. Jan. In der heutigen Gemeinde- rats-Sitznng kamen die letzten Arbeitslosendemonstrationen in einer an den Bürgermeister gestellten Anfrage zur Sprache. Hiebei antwortete Dr. Lueger mit einer längeren Rede, in der er den Sozialdemokraten vorwars, daß sie die Exzesse angestiftet hätten. Dem sozialdemokratischen Gemeinderat Reumann, der dem Bürgermeister antworten wollte, wurde infolge lebhas-
ehen! Der Onkel wiro sie verwöhnen. Du sie ewundern, und ich — nun ich werde mich wohl niit ihr absurden müssen, so gut es geht."
„Das ist recht, Klementine!" rief- Dülzen, ihr die Hand hinstreckend, „so bist Du wieder ganz so, wie ich Dich am liebsten habe."
„Nicht wahr, bei Licht besehen, bin ich so schlimm nicht, wie es bisweilen scheinen mag", sagte Klementine lächelnd, indem sie die Liebkosung ihres Verlobten erwiderte.
4.
Irma hatte sich inzwischen, Alfons Rate folgend, an die alte Lisette gewandt.
Diese, schon seit langer Zeit im Schloß in Diensten, und mit den Launen und Wünschen der Baronin vertraut, konnte Irma mit allerhand gutem Rat zur Seite stehen. Dieselbe überließ sich auch ganz der alten Lisette. Sie lies es gewähren, als diese ihre Koffer auspackte und das und jenes Kleid ausschied, das, wie sie meinte — viel zu unmodern und ordinär sei, als daß die Frau Baronin es sie tragen lassen würde. In ihrer gutmütigen, geschwätzigen Weise erzählte die Alte ihr auch allerhand.
„Ja, meinte sie, es war recht traurig, als der junge Herr starb; wenn er auch nicht gar so viel taugte, so war er doch seiner Mutter ganzer Liebling. Ach, und wie der Arme tot war, da gab' es manch harten Kampf zwischen seinen Eltern. Die Frau Baronin wollte durchaus, der Herr Baron sollte Fräulein von Maltitz adoptieren, aber davon wollte unser Herr nichts wissen; das stolze, selbstständige Wesen des jungen Fräuleins ist, glaube ich, gar nicht nach seinem Geschmack. Der Herr Baron setzt selten etwas durch, diesmal aber mußte die Frau sich seinem Willen fügen,"
Da würde an die Türe geklopft und Irma gemeldet: „Frau Baronin wünsche das gnädige Fräulein in ihrem Boudoir zu sehen."
Aengstlich, mit bangeklopseüdem Herzen trat Irma bei der gefürchteten Stiefmutter ein. Was konnte sie von ihr erwarten, deren Wünsche
ter Proteste das Wort nicht erteilt, weshalb er dem Bürgermeister beleidigende Worte zuries. Es kam zwischen der Mehrheit und der Opposition zu lebhaften Szenen, sodaß die Sitzung unterbrochen werden mußte. Nach Wiederaufnahme der Sitzung wurde der Disziplinarausschuß berufen, der den Sozialdemokraten Reumann von der heutigen und den nächstfolgenden drei Sitzungen ausschloß. Der Rest der Ätzung verlies ruhig.
Paris, 15. Jan. In einer Kaserne wurden gestern auf einem Mannschastszimmec Gewehr- Übungen gemacht, bei den Holzpcuronen benutzt wurden. Ein Soldat nahm jedoch versehentlich eine wirkliche Lebellpatrone und drückte los. Der Schuß durchbohrte den: die Abteilung kommandierenden Korporal die Schulter, durchlug die Wand und verwundete ini Nachbarzimmer einen auf dem Bett sitzenden Soldaten tödlich..
Die öffentliche Meinung in New-Pork ist sehr ausgeregt wegen der politischen Unruhen, welche augenblicklich in den Vereinigten Staaten herrschen. Die große durch die enormen Kohlcn- preise veranlaßt Not hat die Trustsrage noch akuter gemacht. Der Kamps zwischen Arbeiter und Kapitalisten ist schärfer geworden wie je zuvor. Hiezu kommt noch die große Unruhe, die durch die letzten Konflikte veranlaßt wurde. — In Washington hat das Mitglied des Repräsentantenhauses, Griffith, einen Zusatzantrag zur amerikanischen Verfassung eingebracht, wonach die Ansammlung von Privatoermögen über 10 Millionen Mk. verboten ist. Jede Ueberschrei- tung soll gerichtlich als Schädigung öffentlicher Interessen verurteilt und der Ueberschuß an das Schatzamt abgeführt werden.
New-?)ork, 15. Januar. Die Kohlennot wächst so, daß beispielsweise die Philadelphiaer Universität alle Hörsäle schließen mußte. Manche Fabriken sind ebenfalls geschlossen.
Gens, 15. Jan. Justizrat Körner reiste abends nach Nizza ab, von wo er nach Dresden zu reisen gedenkt. Die Unterhandlungen mit der Kronprinzessin von Sachsen und ihren Vertretern, welche übrigens, wie verlautet, einen guten Fortgang nehmen, werden nötigenfalls schriftlich fortgesetzt werden. Auch Dr. Zehma wird am 15. Januar abreisen.
sie durch ihr Hiersein so sehr durchkreuzte? —
Die Baronin, in tiefer Trauer, stand am Fenster, wandte sich aber beim Oeffnen der Thüre schnell um. — Irma sah eine vornehme Frau, anfangs der Vierziger, von stattlicher Figur vor sich. Die seinen Züge, der kleine Mund, die leichtgebogene Nase ließen noch erkennen, daß sie einst sehr schön gewesen sein mußte, obwohl das einst hellbraune Haar jetzt mehr ins Graue spielte und die blauen Augen einen strengen Ausdruck bekommen hatten.
Als Irma eintrat, nahm die Baronin ihre Lorgnette vor die Augen und betrachtete das arme Mädchen so scharf, daß dasselbe dunkelrot wurde.
„Tritt näher, Irma", sprach sie, „weshalb so schüchtern? — ich muß Dich doch ansehen!
— Hm, gar so übel nicht", fuhr sie, wie im Selbstgespräch fort. „Dein Kleid ist aber in den Achseln viel zu breit, daß muß Dir Lisette ändern."
Wie sank der armen Irma der Mut bei dieser Begrüßung — kein Kuß, kein freundliches Wort, nicht einmal ein Lächeln des Willkommens!
„Du hast vermutlich eine sehr geringe Bildung genossen?" fuhr die Baronin in demselben kalten, geschäftsmäßigen Tone fort.
„Ich habe eine gute Schule besucht", ent- gegnete Irma mit fester Stimme, „und war bei meinem Abgang die erste in der Klasse, außerdem erhielt ich noch Privatstunden in Französisch, Englisch und Musik. Es war mein höchster Wunsch, Erzieherin zu werden, doch meine Pflegeeltern wollten mich nicht von sich lassen.
„Dergleichen Gedanken mußt Du jetzt ganz fallen lassen!" entgegnete die Baronin.. „Ich bin nur froh, daß Du nicht ganz unwissend bist!
— Mit Deinen musikalischen Kenntnissen wird es wohl nicht weit her sein, wenn wir im Winter in die Stadt ziehen, kannst Du Klavier- und Gesangsunterricht nehmen. Kannst Du ordentlich tanzen?"
„Nein," schüttelte Irma mit dem Kopse.