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sie einzuschränken, wächst sie von Jahr zu Jahr. Soll man darüber schelten? Das Beste wärs, den einzelnen Grüßen den rechten Inhalt zu geben und gehaltlose uud nichtssagende Redens­arten auf immer zu vermeiden. Wo das Herz nichts zu sagen hat, da schweige der Mund. Wenn bei einem Jahres-Anfang der Zukunft Tage dunkel und verborgen vor uns liegen, wie er­quicklich und stärkend ist da ein herzlicher Segens­wunsch. Ihn braucht der müde Wanderer auf steiniger Lebensstraße, der tapfer Strebende im Kampfe ums Dasein, der schmerzlich Trauernde bei unersetzlichem Verlust, der kraftlos Verzagende gegenüber vielfacher Anfeindung, der hoffnungs­los Leidende auf langjährigem Krankenlager! Aber was die Menschen so im allgemeinen wünschen ist zerbrechliche Maare und hält in allen diesen Lebenslagen nicht stand. Wer in des Lebens Stürmen erprobt ist, und die Hinfälligkeit alles Irdischen und die Untreue alles Menschlichen bitter gefühlt und schmerzvoll erkannt hat, der lenkt seine Blicke aus dunstiger Tagesluft empor zu den Bergen, von denen uns Hilfe kommt. Mag alles scheiden und schwinden, zusammen­brechen und versagen hier bleibt: Jesus Christus gestern und heute und derselbe in Ewig­keit. Das ist ein Trost, der Stand hält und eine Zuversicht, die nicht zu schänden werden läßt. Wer solchen Trost und solche Zuversicht sein eigen nennt, der grüßt die Seinen, mit denen er sich zur Jahreswende besonders verbunden fühlt, mit den herrlichen Worten des großen Newton:Gott Dein Licht! dann sehen wir, was wir thun sollen. Gott Deine Kraft! dann wollen wir, was wir sollen. Gott Dein Segen, Dein Gedeihn! dann vollbringen wir, was wir wollen."

RunLscha u.

Die Landesversammlung der württemb. Volkspartei findet wie alljährlich am Erscheinungs­fest, 6. Januar, im Konzertsaal der Liederhalle zu Stuttgart statt. Tagesordnung: Partei- und Kassenbericht, Referent Landtagsabgeordneter Galler. Die Hauptaufgaben des Württemberg. Landtags, Referent Landtagsabg. Liesching. -- Zolltarif und Reichstag, Referent Reichstagsabg. Paper. Die Arbeit im neuen Jahr, Referent Landtagsabgeordneter Fr. Haußmann.

Stuttgart. Die evangelische Diako­nissenanstalt hat sich dazu entschlossen, ein zweites Krankenhaus zu erbauen. Es ist zu diesem Zwecke das dem Diakvnissenhause gegenüberliegende Ge­bäude, Ecke der Rosenberg- und Falkertstraße angekauft und an die Stadtverwaltung die Bitte um Ueberlaffung eines nebenanliegenden großen Bauplatzes gerichtet worden.

Aus Unvorsichtigkeit schoß in Unteruhl­dingen der frühere Schiffsanbinder Spähte in seiner Wohnung seiner eben angetrauten Frau aus einem Revolver eine Kugel in den Unter­leib, was die Verbringung der Verletzten in das Krankenhaus zu Konstanz zur Folge hatte, wo sie ihrer Verletzung erlag. Spähte, der am Tag zuvor Hochzeit hatte, wollte seiner Frau den Revolver zeigen, wobei ihm ein Schuß losging.

TarrcS-Nachrichteu.

Ein empörender Fall nächtlicher Miß­handlung von Rekruten durchalte Leute" ist bei der 5. Eskadron des in Bruchsal garniso- nierenden 2. badischen Dragoner-Regiments Nr. 21 vorgekommen. Wie die MannheimerVolks­stimme" berichtet, drangen in der Nacht sechs alte Leute" in eine von 16 Rekruten belegte Stube und mißhandelten dieselben in Abwesen­heit des Unteroffiziers in roher Weise; ein aus Neustadt a. H. gebürtiger Elektrotechniker, K. Laib, wurde derart- zugerichtet, daß er neben sonstigen schmerzhaften Verletzungen den Verlust eines Auges zu beklagen hat. Der Unglückliche muß nach seiner Genesung im Garnisonslazaret als untauglich entlassen werden. Alls eine von der Redaktion derVolksst." - an den Regiments­kommandeur gerichtete diesbezügliche Anfrage antwortete dieser mit Bestätigung der nächtlichen Prügelei und daß die Sache bereits dem Ge­richt der 28. Division übergeben sei.

Eberb ach, 29. Gestern früh wurde ein verheirateter Lohnarbeiter von Mülben von dem von Neckarelz kommenden Personenzug erfaßt und zu Boden geworfen. Es wurden ihm beide Beine abgefahren. Mit noch sonstigen Ver­letzungen wurde der Verunglückte in das hiesige Spital verbracht, wo er nach wenigen Stunden verschied.

Mannheim, 27. Dez. Die Süddeutsche Asbestindustrie, Aktiengesellschaft, die in der letzten Zeit wiederholt durch interne Zwistigkeiten im Schoße der Verwaltung so unliebsam hervvr- getreten ist, hat ihren Konkurs angemAoci. Die ungedekten Forderungen betragen 7o,:n n, M, Das Aktienkapital von Mark R säst

ausschließlich in den Händen des ÄufsichlSra.chs.

Berlin, 29. Dez. Die Nationalbank für Deutschland teilt mit, in der Wechselstube der Nationalbank in Potsdam ist seitens des flüch­tig gewordenen zweiten Vorstandsbeamten Albert Heyde eine Unterschlagung begangen worden. Heyde veruntreute 94,500 Mk. aus der Cou­ponskaffe. Heyde ist seit 1889 im Dienste der Bank. Die strafrechtliche Verfolgung gegen den Flüchtigen, der sich vermutlich im Besitze eines großen Teils des von >hm entwendeten Betrages befindet, ist eiugeleitet.

Betrügereien eines Expeditionsbeamten der Berliner Maschinenbauakliengesellschaft vor­mals L. Schwartzkopff sind jetzt aufgedeckt wor­den. Der Expedient hatte sich durch gefälschte Frachtbriefe Waren verschafft und diese dann zu Geld gemacht. Es handelt sich um einen Be­trag in Höhe von 30000 Mk. Der Defraudant wurde verhaftet.

Der Matrose Köhler, der Mörder des Unteroffiziers Biederitzki von derLoreley" ist auf dem Transport von Athen in Wilhelms haven eingetroffen und im Untersuchungsge­fängnis eingeliefert worden. Da die Vorunter­suchung abgeschlossen'ist, dürfte die Aburteilung in nächster Zeit erfolgen.

Wie aus Genf gemeldet wird ermächtigte die Kronprinzessin ihren Anwalt zu folgender Erklärung: Sie habe sich, als sie flüchtete, keineswegs in krankhaftem Zustande befunden, sie habe vorher genau alles überlegt und sei ge­flohen, weil sie nicht für irrsinnig erklärt werden wollte. Sie habe übrigens jede Verbindung mit dem sächsischen Hose abgebrochen und strebe nur ihre Ehescheidung an.

Es erscheint festgestellt, daß die Kron­prinzessin von ihren Eltern die Zustimmung zur Ehescheidung begehrte. Der Großherzog von Toscana erwiderte seiner Tochter:Dies werde ich niemals dulden! Entweder Du kehrst nach Dresden zurück, oder es bleibt Dir nur die Wahl zwischen Kloster und Irrenhaus.

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85) Nachdruck verboten.

Schau, schau, was das für eine undankbare Aufgabe ist, einem Menschen helfen zu wollen! Da habe ich mir nun einen regelrechten Feind geschaffen, anstatt ihm einen guten Dienst zu leisten, und wenn der Mensch nun auf die Idee käme, die Geschichte von der erblichen Belastung wiederzuerzählen? sagte Onkel Joachim.

Er kratzte sich über dem Verband hinter dem OhrHerrgott, dann stände ich noch als Lügner da! Der Teufel soll das Mitleid holen."

Herrn und Frau von Heidenbruck freute es nun nicht mehr, die Partie auf den Höferstein mitzumachen. Sie hatten's ohnehin nur in Ge­danken an Gisela und Graf Fluen beschlossen, und mit diesen Spekulationen und all den herr­lichen Aussichten war es zu Ende.

Gisela hatte sich trotzig geweigert, Graf Fluen freundlicher zu begegnen, und als Herr von Heidenbruck sich Hinreißen ließ, ihr die Be­merkung ins Gesicht zu schleudern, daß sie ihr ganzes Glück verspiele, hatte sie geantwortet, daß ja niemand etwas von ihrem Glück wisse, und daß Graf Fluen am allerwenigsten etwas damit zu schaffen habe.

Sie wollte sich nicht ins Elend treten lassen. Da war sich Herr von Heidenbruck in die Haare gefahren und hatte einen Schmerzenslaut aus­gestoßen. ,

Wie sollte er nun noch Lust haben, die Partie auf den Höferstein mitzumachen? Und Frau Mathilde war's auch nicht mehr danach zu Mute. Sie grämte sich über Giselas Wider­spenstigkeit, und dabei blickte sie auf ihr ganzes Leben zurück wie ihr doch nie etwas nach Wunsch gegangen seit vom Anfang der Ehe bis auf den heutigen Tag- Und wie viel hatte sie gebetet und gearbeitet, und Jähr eiti Jahr atls doch immer nur Enttäuschung gehabt. Gras

Fluens Werbung um Gisela war der erste freundliche Sonnenstrahl, der seit Jahren in ihr Leben fiel, und den sie auffing, wie eine göttliche Vergeltung für den Schmerz, den sie um Rudolf litt.

Nun war es aus mit der Freude alles, alles war hin!

Wohl fiel ihr ein Verslein ein, daß sie in goldenen Lettern über ihrem Bette hängen hatte, damit sie's sich jeden Tag neu einpräge:

Ich will zum Himmel schauen In aller Lebensnot,

Denn Trost und Rat und Hilfe Ist nur bei Dir, o Gott!" aber das Sprüchlein wollte heute keine Wunder thun. Frau Mathilde mußte sich's eingestehen, daß sie ermüde, sich die Worte vorzusprechen. Vielleicht meinte sie auch, unser Herrgott hätt's diesmal ein bischen nach ihren Wünschen fügen können, damit man doch endlich etwas Licht sähe."

Gisela war mit Johanne, Rudolf und Gert­rud auf den Höferstein gegangen. Ihr war's schon einerlei, was sie heut Nachmittag anfing, denn wohl hätt's ihr nirgends werden können. Der Vorfall mit Graf Fluen lag ihr wie ein Stein auf dem Herzen, und doch war es gut, daß der Geschichte endlich ein Ende gemacht war. Einen rechten Unfrieden mit den Eltern konnt's freilich geben, denn denen hätt's getaugt, einen gräflichen Schwiegersohn zu haben vor allem dem Vater.

Sie gingen über die große Wiese hinter dem Park. Die Sonne brannte, und kein Lüftchen wehte es lag eine große Müdigkeit über der Erde. Die Pflanzen dürsteten nach Regen.

Rudolf strengte das Gehen an er war's nicht gewöhnt, und Johanne mußte ihn mit ihren Gesprächen anfeuern, daß er nur weiter­ging.

Als sie in den W'äld kamen, schlug Johanne vor, ein Lied zu singen, sich die Seele damit

leicht zu machen. Da hörte man denn, daß sie eine weiche, volle Altstimme hatte.

Gisela war's nicht zu Mute, mitzusingen. Als sie aber merkte, daß Gertrud mit der ersten Stimme nicht fertig wurde, und fortwährend stecken blieb, setzte sie mit ihrem Sopran ein, und da klang es denn wundervoll durch den Wald, daß Rudolf lauschte, und nur so mitging, als würde er auf Flügeln getragen.

So kamen sie zu den Klosterruinen, wo man weit in die Runde schauen kann.

Im Südwesten türmt sich das Gebirge. Es hob sich in scharf gezeichneten Contourensilhouetten- haft vom blaßleuchtenden Himmel ab, als sei es dorthin gemalt mit violett-bläulichen Farben und manchmal mit einer Gvldlinie umrandet oder mit blendendem Weiß betupft das mochten Schneefelder sein. Die Luft ging so frisch, als ströme sie von einem Gletscher, und doch' war sie durchwürzt mit Tannenduft und den Ge­rüchen der Waldkräuter, die am Boden blühten.

Die Ruinen strecken sich gegen einen ver­witterten Felsgrat, an dessen Fuße dieFrei­statt" liegt.

Im Volksmund hieß der einstige Friedhof der MöncheFreistatt", und es sollte dort um­gehen um Mitternacht. Jetzt lag das einge­schlossene Plätzchen da, wie ein verwilderter Garten. Es blühtedarin von hochaufgeschossenen Königskerzen. Die schienen zu brennen im Hellen Sonnenschein.

Rudolf überfiel eine Betrübnis. Die Frei­statt hatte er immer gemieden, schon damals, als er noch ein Bürschl war, und jetzt wehte ihn ein Todeshauch an eine Scheu, den Fuß auf die Gräber zu setzen.

Johanne las ihm die Furcht vom Gesicht und beeilte sich, den Ausgang zu erreichen- Jetzt sind wir gleich amKaiserbründel," trölle c. sie und führte die Gesellschaft um die Wallfahrts- kapelle dem schmalen Grasband an dem Felsen entlang.

Sie waren plötzlich von einer Wildheit der