ab. Der Fremde zog darauf ohne weiteres eine Schußwaffe und feuerte auf den juichts ahnenden Radfahrer, welchem die Kugel in die Lunge drang. Der Schwerverwundete wurde in das Distriktskrankenhaus verbracht.

Friedrichshafen, 28. Okt. Mit dem heu­tigen Tage wurde das königliche Hoflager wieder nach Stuttgart verlegt. Der König und die Königin nebst Gefolge verließen vormittags 9 Uhr 50 Minuten mit Sonderzug den hiesigen Bahnhof und trafen 1 Uhr 25 Minuten mittags in Stuttgart ein. Der für den hiesigen Sommer­aufenthalt bestimmt gewesene, aus 34 Pferden und 22 Equipagen nebst dem Begleitpersonal be­stehende Marstall des Königspaares ging heute nachmittag gleichfalls mit Extrazug nach Stutt­gart ab.

Markt-Preise.

Stuttgart, 18. Okt. Auf dem Nordbahn­hof Stuttgart standen heute 84 Waggons. Hier­von waren 52 Waggons neu zugeführt, welche in der Hauptsache zu folgenden Preisen per 10000 Kilogramm verkauft wurden und im üb­rigen den angeführten Preiswert besaßen. 2 Waggons aus Preußen zu 1052 Mk. 1 Waggon aus Sachsen zu 1080 Mk. 1 Waggon aus Oestereich zu 1050 Mk.,13 Waggons aus Böhmen zu 10601080 Mk., 29 Waggons aus der Schweiz zu 10501120 Mk. 6 Waggons aus Italien zu 10001080 Mk., zusammen 52 Wag­gonladungen zu ca. 10000 Kilogramm Most­äpfel. Kleinverkauf 5,405 Mk. 80 Pfg. per Zentner. Nach auswärts wurden heute 21 Waggons versandt. Auf dem kleinen Markt Wilhelmsplatz wurden heute zugeführt: 1200 Ztr. einheimisches Obst zu 5,405,60 Mk. per Ztr.

Cannstatt, 29. Okt. Die Zufuhr an in­ländischem Mostobst auf dem Marktplatz ist nur noch gering. Gestern fand der kleine Vorrat rasch Verkäufer zu 6,60 Mk. für den Zentner. Tafelobst gab es ebenfalls sehr wenig. Preis 10 Mk. Auf dem Güterbahnhof standen 7 Waggons Mostobst, zumeist aus der Schweiz. Der Zentner kostete 5,305,50 Mk. Auch hier gestaltete sich der Handel lebhaft.

Eßlingen, 28. Okt. Auf dem Güterbahn­hof sind heute 15Wageu Mostobst, 8schweizerisches 3 österreichisches, 3 böhmisches, 1 bayerisches.

AemerndecrrZt.

Roman von M. Elsborn.

15) «Nachdruck verbotml

Graf Fluen legte den Rosenstrauß auf ihren Teller und sah sie an mit dem Blick, der statt aller Sprache wie ein Bedürfnis aus der Seele steigt.

Gisela verstand ihn sie hatte ihn unmer Verstanden. Es war ihr nie in den Sinn ge» kommen, seine Hand als zu vornehm für sich zu betrachten, aber es bereitete ihr Verlegenheit, ihn das fühlen zu lassen; deshalb war sie ihm aus» gewichen, so oft er ins Schloß kam oder sie im Park verfolgte.

Sie wich seinem Blick auch fetzt ans es ging eine Befangenheit durch ihr ganzes Wesen, und Onkel Joachim deutete das zu Graf Fluens Gunsten, denn nachdem er Menschenkenner war, sagte er sich, daß ein Graf, dcr sich incommerzi- ellen Kreisen so eifrig um Gunst bemühe, ein Sonderintereffe im Auge haben müsse, und er Verfiel sofort auf die Nächstliegende Ursache.

Gertruds Augen trauten sich nicht aufzu­schauen. Sie fürchtete immer, daß ihre Thränen Hervorbrechen würden, denn Frau Mathildens Stimme that ihr weh sie hatte keinen mütter­lichen Klang, nichts von den eigentümlichen Lauten die niemand eigen find, als einer Mutter, und nach denen Gertrud sich mit ihrem armen Herzen so unaussprechlich sehnte. Ganz, ganz verlassen kam sie sich vor, und doch saß Rudolf, mit dem sie übers Meer gezogen war, drüben am Tisch.

In Amerika, in der argentinischen Einsam­keit, hatte er sie gehätschelt und geliebkost, daß sie sich oft vor den Eltern und Geschwistern schämte. Er hatte sie manchmal lieb, daß sie vor Verwunderung gar nicht zu sich kommen konnte, bis fie's Rudolf endlich fest glaubte, daß kr ohne sie nicht leben könne. Da kam sie sich vor wie ein wichtiges Persönchen, und fühlte sich herausgewachseu aus der ganzen Kindheit.

Als Rudolfs Heimweh begann und er Pläne

Preis 5,405/60 Mk. per Zentner. Bedarf noch groß. In der Brodbeckschen Kelter werden täglich ca. 3000 Zentner gemostet.

Tettnang, 29. Okt. Auch beim gestrigen Obstmarkt war wieder eine Menge Obst beige­führt. Tafelobst kostete 8 Mk., Mostvbst ist im Verhältnis zum letzten Markt etwas zurückge­gangen nud kostete 5 Mk.

-8 Tübingen, 29. Okt. (Korresp) Auf dem Güterbahuhof standen heute 2 Wagen Schweizer­äpfel znm Verkauf. Preis per Zentner 6 Mk.

Tm,cS--NaÄrichten.

Potsdam, 29. Okt. Der Kaiser und der Kronprinz von Dänemark begaben sich heute früh nach Kummersdorf, zum Artillerieschießen. Dort ward auch das Faühstück eingenommen.

Frankfurt a. M., 29. Okt. DerFrkf. Ztg." wird aus New-Uvrk gemeldet: Eine eigen­tümliche religiöse Bewegung ist unter den Duch- oborzen in Kanada ausgebrocheu. Gestern trafen 2000 Personen, die ihre Farmen verlassen hatten, in Uorktown ein und erklärten, Jesum zu suchen. Sie gewährten einen traurigen Anblick, da sie nur unzureichend bekleidet und bei der bitteren Kälte fast verhungert waren.

Königsberg i. Pr., 38. Okt. Der Stadt­kämmerer Körte-Breslau wurde bei der heute stattgehabteu Wahl zum ersten Bürgermeister der Stadt gewählt.

London, 29. Okt. Der Generalgouverneur von Australien hat seine Demission eingereicht, da er die ihm bewilligten Repräsentations-Gelder von 20 000 Pfund als unzureichend bezeichnet.

Gmunden, 28. Okt. Der König von Grie­chenland ist heute hier eiugetroffen.

Nizza, 29. Okt. Der Gesundheitszustand des Präsidenten Krüger hat sich gebessert, das südliche Klima bekommt ihm ausgezeichnet, nichts­destoweniger besteht Krüger darauf, nach Süd­afrika zurückzukehreu, sobald er vollständig wie­der hergeftellt sei.

Budapest, 29. Okt. Hiesigen Blättern zufolge soll in Regierungskreiseu die Absicht be­stehen, die Vorlagen betr. die Indienststellung der Ersatzreserve dahin abzuändern, daß die ur­sprünglich geforderte Zahl von 20000 Ersatz­reservisten auf den unumgänglichen Bedarf für die Flotte und Artillerie herabgemindert werde,

schmiedete, nach Oesterreich zurückzukehren, merkte sie, daß er sie nicht mitnehmen wollte. Er sagte die weite Reise sei zu beschwerlich, und er könne es nicht übers Herz bringen, sie solchen Stra-! pazen auszusetzeu, deshalb möge sie auf der Hacienda bleiben und der Mutter helfen, die Kleinen zu erziehen.

Viele, viele Tage hatte Gertrud das Ge­heimnis vor Vater und Mutter gehütet, denn Rudolf wollte nicht, daß von seiner Abreise ge­sprochen werde; er sagte, der Abschied siele ihm so schwer, daß er nicht vertragen könne, daran erinnert zu werden. Als er aber anfing, in seinem Koffer zu kramen, mußte Gertrud weinen, und sie vertraute sich der Mutter.

Die Mutter aber sagte es dem Vater, und da wurde Herr Knopp, der sich sonst nur um seine Felder kümmerte, so zornig, wie er nie in seinem Leben gewesen war.

Er rannte zu Rudolf in das Zimmer, das er mit Gertrud bewohnte, und donnerte dort mit seiner tiefen Stimme so laut, daß Gertrud es im Hofe hörte, wo sie gerade Hühner fütterte.

Ateml osvor Angst warf sie das Futterkvrbchen zur Erde und flog die Treppe hinauf.

Sie hörte gerade noch wie der Vater sagte: Wenn Du reisen willst, so nimmst Du Gertrud mit, oder ich lasse Dich verhaften! Sie ist Deine Frau, und ich will nicht, daß sie in Schande hier zurückbleibe denn ich halte auf Ehre."

Gertrud hatte die Worte durch die geöffnete Thüre gehört; sie wagte nicht einzutreten, und versteckte sich in einem Winkel, bis der Vater die Treppe hinunter war dann schlich sie auf den Zehen zu Rudolf. Er lag mit dem Kopf auf der Tischplatte und weinte, daß Ger­trud aus Mitleid neben ihm niederknieete und ihm Trost zusprach, gerade so, wie es ihr ein­fiel, und sie legte ihren Kopf an den seinen und streichelte ihm die Wangen.

Da wurde Rudolf plötzlich wieder von feiner alten leidenschaftlichen Zärtlichkeit erfaßt er

während zugleich dem ungarischen Landtag eine Vorlage betr. die Erhöhung des Rekrutenkon- tingents zngeheu soll.

Budapest, In Hok explodierte indem Ge­schäfte des Kaufmanns Gubie ein Petroleum­ständer; zwei Kommis verbrannten und zahlreiche in dem Geschäfte anwesende Kunden erlitten be­denkliche Brandwunden.

Sofia, 29. Okt. Dem Vernehmen nach wird der König von Rumänien am 2. Nvv. zum Besuch des Fürsten von Bulgarien in Ruft- schuk eintreffen.

Konstantiuopel, 29. Okt. Das am 15. ds. von Ibrahim Pascha mit 25 Bataillonen und 5 Gebirgsbatterien im Saudschak Serres begonnene Kesseltreiben hatte bisher nur insofern Erfolg, als die Hauptmacht der bulgarischen Banden teils über die bulgarische Grenze ge­drängt, teils zersprengt wurde. Die Verfolgung der Banden gestaltete sich infolge ungünstigen Wetters und der Terrainverhältnisse schwierig. In den letzten Tagen fanden einige Zusammen­stöße statt, der bedeutendste bei Winitza im Distr. Kotschana mit einer stärkeren bulgarischen Bande, welche 7 Tote, darunter den berüchtigten Kapi­tän Jankow aus Winitza und 2 Verwundete verlor.

Verschiedenes.

* Aus dem Reiche des Unerklärlichen. Unter diesem Titel teilt derHann. Courier" einen merkwürdigen Fall von Telepathie aus russischen Zeitungen mit. Der eigentümliche Fall, daß ein Mensch den Tod eines andern voraussieht, wird aus Odessa berichtet. Zwei Holzgroßhändler Bornstein-Burje undA.Herzner, fuhren am 16. Sept, nachts in einem Wagen von Cherson nach Odessa. In der Steppe sprang H. plötzlich von seinem Sitze auf, stieß einen Schrei aus und fiel zurück. Als die Equipage angehalten worden war und sein Be­gleiter ein Streichholz angezündet hatte, sah er H. bleich und mit halbgeschloffenen Augen im Wagen zurückgelehnt sitzen. Plötzlich fuhr er jedoch auf und rief laut:Der arme Zola, nun ist er gestorben!" Auf eine Frage, was das zu bedeuten habe, antwortete H. in erregtem Tone, er habe eben deutlich vor sich den be­rühmten Schriftsteller, halb auf der Diele liegen^

nahm Gertrud auf den Schooß und küßte sie ganz außer sich.Du gehst mit mir nach Oester­reich Gertrud!"

6. Kapitel.

Das Speisezimmer war ein großer, sommer­licher Raum mit hohen Fenstern und einer Glas- thüre, die direckt in den Park führte. Die Flächen der Wände waren bemalt. Sie stellten Jagd- scenen aus dem Ende des achtzehnten Jahr­hunderts vor: Männer im Jägergewand, wie sie mit der edlen Meute zur Jagd ausziehen, oder das erlegte Wild zu ihren Füßen.

Auf allen Bildern figurrerte eine scharlach­rote Dame das war die Urgroßmutter des gräflichen Besitzers eine eifrige Jägerin, und Vertraute der Kaiserin Maria Theresia.

Herr von Heidenbruck war sehr stolz auf die Wandgemälde, und da er schon seit zwanzig Sommern als Pächter im Schlosse lebte, sprach er die historischen Gestalten gewissermaßen als seine Vorfahren an.

Rudolf blieb nach dem Essen vor den Bildern stehen und betrachtete sie schweigend. Sie kamen ihm ganz verändert vor. Früher in seiner Kind­heit hatte er die Männer in ihrer Tracht be­wundert, und später, als junger Mensch, schwärmte er für die scharlachrote Jägerin mit den großen Feueraugen er dachte sie sich als ein wunder­bares freies Weib, den Kopf voller Tollheiten und Romantik, und er wünschte sich, ihresgleichen im Leben zu finden ganz so schön so toll.

Jetzt spielte ein müdes Lächeln um seinen Mund. Er dachte mit Ironie an feinen einstigen Enthusiasmus. Das Leben kam rhm schal und dürftig vor alle Romantik hatte sich in nüch­terne Dinge aufgelöst er könnte sich für nichts mehr begeistern.

Träge trat er in den Park, wo die Andern im Schütten herrlicher Kastanien beim schwarzen Kaffeesaßen.

^Fortsetzung folgt.)