König Oskar von Schweden und Norwegen in dem Samoakonflickt zn Gunsten Deutschlands entschieden habe.
Sofia. 22. Okt. In dem hier einberufensn Strafprozeß wegen der Ermordung Stambu- lows leugnet der angeklagte Macedonier Michael Stavrew genannt Halju, seine Teilnahme an dem Mord und behauptet, zur Zeit nicht in Sofia gewesen zu sein. Die Hauptzeugen find Pettkvw und Guntsch-Totorow, die in der Begleitung Stambulows waren, als dieser ermordet wurde. Petkow kann Halju nicht mit Bestimmtheit wieder erkennen; Totorow dagegen bezeichnet Halju als denjenigen, der den ersten Schuß auf Stambulow abgab. Alle Zeugen geben die Aeußerungen wieder, die Stambulow auf dem Sterbebette machte. Stambulow nannte Halju, aber auch andere Namen.
Haaq 21. Okt. Die Generale Botha, De- wet und Delarey sind heute nachmittag über Rotterdam nach London abgereist.
Petersburg 22. Okt. Finanzminister Witte wird von der Rückreise aus der Mandschurei, die er im Laufe der nächsten Woche antritt, sich direkt nach Livadia begeben.
London, 21. Okt. Der „Standard" meldet aus Peking: Vier britische Kanonenboote haben den Befehl erhalten, nach Hankau in See zu gehen, diese Maßregel steht im Zusammenhang der Ermordung der Missionäre Bruce und Lewis in der Provinz Hunan.
London 21. Oktbr. Aus Briefen, die aus dem Somaliland hier eingetroffen sind, geht hervor, daß Swayne vor Abgang der gestrigen Depesche eine ganze Reihe unglücklicher Gefechte zu bestehen hatte, daß ferner alle Kamele getötet wurden, die Vorräte ausgebraucht waren und Mangel an Munition und Wasser bestand. Auch wird in den Briefen gemeldet, daß der Mullah am 12. Sept. 2 Maximgeschütze genommen hat. Wie dem Reuterscheu Bureau aus Simla gemeldet wird, sind außer den ersten Bombay-Grenadieren aus Aden auch die zweiten Grenadiere aus Indien nach Somaliland beordert worden. Möglicherweise werden noch weitere Truppen folgen.
W llemstav, 22. Okt. Eine starke Abteilung venezolanischer Aufständischer erschien am Svnn-
Der AemeindecLDzt.
Roman von M. Elsborn.
12) (Nachdruck verboten)
Alle Dienstboten schürten ihre Heftigkeit, und wichen ihr aus, denn sie konnten mit dem besten Willen nichts recht machen. Selbst der Haus-^ Herr fürchtete sich vor ihr, und war seinerseits lenksamer und sanfter als gewöhnlich.
In gewissen Lebenslagen war Frau Mathildens Temperament wie eine Windflut, die kein Territorium respektiert, sondern schreckverbreitend und gesetzlos daher jagd, — mag sie in normalen Gange nur ein Bach sein, der Mühlen treibt und unter Erlenbüschen durch die Ebene läuft.
Wer solchen Wildbach einmal in seiner ganzen Kraftentfaltung gesehen, der nennt ihn ein böses Wasser, und so hat er seinen Namen für alle Zeiten auf sich sitzen, und ist nicht gut angeschrieben bei denen, die ein Gärtchen oder ein Stück Ackerland an seinen Ufern liegen haben und man fürchtet ihn, ohne sich Rechenschaft darüber zu geben, daß er ja nicht aus eigenem Willen so daherbraust, sondern daß elementare Ereignisse die Schuld an seiner Wildheit tragen.
Ein Ereigniß von elementarer Wucht war für Frau Mathilde Rudolfs Verheiratung mit „Fräulein Knopp" — es brachte sie aus aller Fassung. In ihrer Empörung schalt sie die Mägde und behandelte ihren Gatten wie ein Ding, das überall im Wege stand.
Deshalb war Herr von Heidenbruck heute gefügig und hätte am liebsten in die Stadt fahren mögen oder sich in einen Winkel ducken. Indessen rüstete er sich, auf die Bahn zu gehen, um Rudolf abzuholen.
Man redete nur von „Rudolfs" Ankunft feine Frau war etwas, das matt gar nicht nannte als ob es anstößig wäre.
Gras Fluen hatte sich frühmorgens durch ein Villet erkundigt, mit welchem Zuge „die Herrschaften" erwartet würden. Also war voraus
tag wieder vor Los-Teques. Nach La Victoria sind Regierungstruppen abgegangen, um ihren Einmarsch auf Caracas zu hindern.
Mnwjoie 21. Okt. In dem Geheimsache eines alten Wandschrankes in der von dem Seidenfabrikanten Crons erworbenen Fabrik wurden in, Millionen französische Banknoten, meist 1000 Francs-Scheine aus dem Jahre 1793, auf- gesunden.
Domr, 21. Okt. Die Königin von England ist heute nachmittag hier eingetroffen und von der Bevölkerung enthusiastisch begrüßt worden. Nach kurzem Aufenthalte setzte sie die Reise nach London fort.
Tanger 21. Okt. In Fez ist der englische Missionar Cvoper ermordet worden. Der Mörder floh in eine Moschee, wurde aber dank dem energischen Vorgehen des Sultans ergriffen und vor der Moschee erschossen.
Simla 22. Okt. 400 Mann vom 23. Bombay-Infanterieregiment erhielten gestern Anweisung, am Donnerstag nach Somaliland in See zu gehen.
Verschiedenes.
* Allodol und Kälte Viele sind gewohnt, zum Schlitz der Kälte Alkohol in irgend einer Form, sei es als Grog, Schnaps oder sonstwie zu sich zu nehmen. In Wirklichkeit bietet aber Alkohol keinen Schutz vor Kälte. Mit dem Blute wird der Alkohol im ganzen Körper verteilt und verfällt hier schnell der Verbrennung in Wasser und Kohlensäure. Ehe aber diese Verbrennung des Alkohols eintritt, wirkt er als solcher auf die meisten Körperteile stark ein. Zunächst betrifft dieser Einfluß die Organe des Kreislaufsystems selbst. Die Schlagfolge des Herzens wird merklich vermehrt, uud die Blutgefässe, besonders in der äußern Haut, werden erweitert. Aus dieser Wirkung des Alkohols auf das Kreislaufsystem erklärt sich das Gefühl der Wärme und zum Teil wohl auch das allgemeine Wohlbehagen, das sich nach Genuß alkoholischer Getränke einzustellen pflegt. Wenn sich unter dem Einfluß des Alkohols die Blutgefässe unserer Haut erweitern, so sind die Endigungen der Hautnerven so zu sagen vom warmen Blute umflossen und dadurch der Kältewirkung der umgebenden Luft entzogen: wir
zusehen, daß er auf die Bahn kommen würde.
Von Gisela war garnicht die Rede. Aber als Herr von Heidenbruck in seinem neuen, hellgrünen Sommeranzug aus dem Schlosse trat, stand sie schon am Thor und wartete auf ihn.
„Wir müssen uns beeilen, Papa."
Sie rannten durch die Straßen denn der Wind trug einen Lokomotivpfiff durch die Luft.
Von weitem schon sah Gisela Graf Fluen vor dem Stationsgebäude stehen. Er trug einen weißen Flanellanzug mit dunklem Seitengürtel um den Leib.
Als sie mit ihm zusammentrafen, bemerkte Gisela daß er hellgelbe, ganz neue Schuhe trug. Es kam ihr lächerlich vor, sich so nach der Mode zu kleiden — sie sah von ihm weg — der Zug brauste daher. Die schwarze Lokomotive stieß Dämpfe von sich ab, und als die Dampfwolke verflog, erblickte Gisela Onkel Joachim, der den Kopf aus dem Fenster steckte. Er hatte die Wartenden bemerkt und wandte sich ins Coups zurück.
Der Zug rollte langsam heran — da stand Onkel Joachim wieder da und schob mit seinem Arm ein junges weibliches Geschöpf ans geöffnete Fenster, daß sie sich hinausneigen mußte.
— Blond — blond wie Frau Berchtas Rocken — zu hellblond, aber ein Kindergesicht zum liebhaben. —
Das war Rudolfs Frau!
Onkel Joachim triumphierte. Ueber Gertruds Kopfe schwang er sein Sacktuch.
Noch bevor der Zug zum Stehen kam, ertönten seine summarischen Begrüßungsworte — es war wie ein Freudenausbruch.
Er sprang zuerst aus dem Wagen, hob die zierliche, vor Erregung hocherglühte Gertrud auf seinen Armen aus oem Coups und stellte sie vvr Herrn von Heidenbruck auf die Füße.
„Da bringe ich sie Euch — nehmt sie hin, Ihr habt ein Kind mehr!"
Müde stieg auch Rudolf aus dem Zug - er wollte aus den Vater zueilen, aber Gisela
fühlen nicht mehr die Temperatur der äußeren Luft, sondern die Temperatur unseres eigenen Blutes. Offenbar ist aber das so entstehende Gefühl der Wärme nur eine Täuschung, denn es handelt sich natürlich gar nicht um eine wirkliche Erzeugung von Wärme, sondern nur um eine Aufhebung der Kälte- Empfindung. Die abkühlende Wirkung der umgebenden Luft auf unfern Körper bleibt nicht nur in gleichem Maße bestehen, sondern sie wird.sogar noch stärker werden. Denn es ist leicht ersichtlich, daß in den erweiterten Hautgefässen das warme Blut in größere Berührung mit der umgebenden Luft kommt, daß somit die Bedingungen für die Wärmeabgabe vom Körper günstiger werden, als wenn unter der Wirkung der Kälte sich die Blutgefäße unserer Haut zusammenziehen. Dem entspricht denn auch die Erfahrung, daß unter der Wirkung des Alkohols die Körperwärme sinkt, die Wärme-Abgabe bleibt eben dieselbe, während die Wärme-Abgabe steigt. Niemals beobachten wir daher auch eine so starke Abkühlung des Körpers, als wenn Personen im angetrunkenen Zustande, etwa in einer kalten Winternacht, im Freien einschlafen: mau hat unter diesen Umständen ein Sinken der Körpertemperatur bis auf 24 Grad beobachtet, merkwürdigerweise ohne daß das Leben dabei erlosch. Die Verwendung des Alkohols zur Erwärmung ist daher durchaus unzweckmäßig, während scheinbar der gewünschte Erfolg erreicht wird, berauben wir uns gerade durch den Genuß alkoholischer Getränke einer nützlichen Abwehrvorrichtung unseres Organismus gegenüber der Kälte und erzielen das Gegenteil von dem, was beabsichtigt ist. Zur Beseitigung des Kältegefühls ist daher der Genuß alkoholischer Getränke ganz und gar ungeeignet.
* Eine niülkliche Familie. Eine Bäuerin, die sich durch große Unsauberkeit auszeichnete, verlor ihr einziges Mutterschwein, als es gerade Junge geworfen hatte. Um die kleinen Weltbürger nicht zu verlieren, entschloß sie sich, sie mit der Flasche groß zu ziehen. Die Bäuerin, die sich in den Dunstkreis des Schweinestalles heimisch fühlte, saß jetzt stundenlang darin und zog die kleinen Grunzer mit mütterlicher Sorgfalt aus. Als nun eine Nachbarin sich bei ihr nach dem Befinden der Ferkel teilnehmend erlag ihm am Halse — dann ließ sie ihn hastig los und wandte sich zu Gertrud.
Sie küßte sie, schaute ihr ins Gesicht und küßte sie wieder. „Gertrud! Grüß' Dich Gott. bei uns — sei innig willkommen in Oesterreich!"
Rudolf weinte, als er den Vater umarmte. Er dachte gar nicht an das Gepäck, das im Wagen lag, aber oer Onkel Joachim rief einen Dienstmann herbei, sprang selbst ins Coups und räumte Schachteln, Plaidrollen, Schirme und Handkoffer hinaus, und als er damit fertig war kletterte er sehr vorsichtig vom Trittbrett herab, denn er trug einen großen Messingkäfig mit einem wunderschönen Papagei in der Hand.
Herr von Heidenbruck war weich geworden — es kam über ihn, Gertrud auf die Stirn zu küssen, als er aber den Papagei erblickte, kehrten seine Gedanken gleich wieder ins praktische Leben zurück.
„Habt Ihr den mitgebracht?" fragte er, zu sich kommend.
„Ja, Papa, er gehört Gertrud."
Rudolf ging neben dem Vater.
Gisela zog Gertruds Arm in den ihren, und Onkel Joachim trug den Käfig, er wollte ihn keinem Dienstmann überlassen, denn er war ein großer Tierfreund, der sich allerlei über das Seelenleben der Tiere zurechtlegte und sie behandelte wie seine Schutzbefohlenen.
Unter den ergreifenden Eindrücken des Wiedersehens hatte Graf Fluen sich bescheiden im Hintergrund gehalten. Er drückte Rudolf die Hand als einstiger Kamerad und stellte sich der jungen Frau vor, dann ging er neben Onkel Joachim und dem Vogelkäfig her, und ck>at um Verzeihung, daß er sich ihm mcht gleich vorgestellt habe.
Der Papagei war ganz verschüchtert, so daß Onkel Joachim seine Conversatiün mit Gras Fluen mehreremale unvermittelt unterbrach, um ihn anzuredent „Cocö? — was ist denn, Coco? --- armer Cvco!"
(Fortsetzung folgt.)