drs Kaiserlicher Hofes zu sein. Ein herzlicher Empfang erwarte! chn. B-t vielen Anlässen hat d-r Kaiser bezeugt, wie gern er die nationalen Verdienste der l och unter uns weilenden fürstlichen Heerführer aus der groß n Zeit des Einigungskrieges ehrt, urd wie hohen Wert er auf die Pfl'ge des persönlichen Ei-Vernehmens mit seinen Hoven Ver- bündeien legt. Auch der Reichskanzler hat von der Übernahme seines Amtes an der Belebung und Festigung aller Beziehungen zu den Fürsten ur d den Regierungen der Einzelstaaten bciondere Aufmerksamkeit zugcwendet, und noch in jüngster Zeit sind die Begegnungen, die er während der Poscner Katsertage mit dem Prinz'n Ludwig vo» Bey ru haben konnte, ihm wertvoll gewesen. Ein unbefaugm-r Bttck auf unsere inneren Zu­stande beweist auch, daß kaum jemals im Reich mit soviel söderaltver Rücksicht regiert worden ist, wie gerade in den letzten Jahren.*

Prag, 8. Sept. Blt der Station Schlau stießen heute nacht zwei Lastzüge zusammen, wobei ein Bremser gelötet, der Lokomotivführer u. ein Heizer leicht verletzt wurden. Der Verkehr konnte aufrecht erhalten werden.

Wien, 8. Sept. Drei Wiener Arbeiter, Hein­rich Prem, Anton Kreiber und Karl Schimschly verirrten sich gestern vom ungefährlichen Akademiker- steig auf vem gefährlichen Golhensteig auf der Ra;. Zwei derselben, durch Stricke verbunden, rutschten aus und stürzten ab. Sie sind tot uud schrccklich verstümmelt. Der dritte konnte nicht weiter und mußte auf einiw alleinstehenden Block die ganze Nacht und den Vormittag 22 Stunden lang, rittlings sitzen bleiben. Die Rettungsversuche waren bis jetzt vergeblich.

Paris, 8. Sept. «Figaro" meldet: Mitte Oktober wird wahrscheinlich die Kaisertnwttwe von Rußland, begleitet vom König von Griechenland und vielleicht auch vom König vou Dänemark, nach Paris kommen, um den Präsidenten Loubet zu besuchen.

St. Agreve, Dip. Ardeche, 8. Sept. Ein im Bau b.fiactlcher Viadukt über die Eisenbahn stürzte heute vormittag ein. 9 Arbeiter wurden hierdurch gelötet.

Terni, (Provinz Perugia,), 8. Sept. Im hie­sigen Clicnwerk erfolgte vurch Eindringen von

Die Kunst und die kleinen Städte.

Der bekannte Schriftsteller Erich Schlaikjer unter­nimmt es, in dem vorzüglichenKunstwart' über die Kunst und die kleinen Städte einige anregende Gedanken auszusprechen, die wir gerne hier zur Diskussion stellen. Es heißt dort:

Die kleinen Städte mit ihrer traulichen Philister­behaglichkett werden bei uns zu sehr unter dem Gesichts- wintel des Scherzes betrachtet. Gegen den Scherz an sich haben wir selbstverständlich nichts. Nur sollten wir beim Scherz nicht stehen bleiben; im Ernst gesprochen: wir sollten die kleinen Städte mit ganzem Ernst behandeln. Denn in der Lhat: Wir gehören zu Lenen, die vor der Intelligenz der Großstädter keinen besonderen Respekt verspüren, die vielmehr in manchen Beziehungen (und nicht zmetzt in tunsttersicher) die Intelligenz der wohl- situicrlen Bauern und Kleinstädter höher schätzen. ES ist wahr, der Großstädter bekommt im Strom der Welt einen freieren Blia; er ist beispielsweise in der Menschen- Wertung nicht ganz so abhängig von der Rangordnung derLiedertasil- und des Kasseekiänzchcns wie der durch­schnittliche Kleinstädter. Er steht um sich herum große Unternehmungen entstehen und sieht andere Zusammen­stürzen, ohne Laß darum der Bau der ganzen Welt zu­sammenfiele. Er hat weder vor dem Anfang einer größeren Sache noch vor ihrem etwaigen Zusammenbruch die schlimme Furcht, die innerhalb enger Mauern gedeiht; er hat mehr Unternehmungslust, Wagemut, Unerschrockenheil. Alles in allem darf man sagen, baß der Geist deS Großstädters beweglicher ist, als der des Kleinstädters. Aber das hat auch seine Nachteile. Die Beweglichkeit wird schließlich beängstigend, die Gedanken hasten über hunderterlei Dinge hin, uno jene oberflächliche Hochnäsigkeit stellt sich ein, die wir am Großstävter so gut leimen. Er nimmt alles als ganz selbstverständlich hm, auch das, was nicht nur dem Kleinstädter, sondern überhaupt dem tiefer Denken­den ein stilles Staunen abnötigt. Kurz: ist der Klein­städter langsamer, so hat er auch nicht jene unangenehme rttlasierihelt des Geistes, die über alles die Nase rümpft. Es mag etwas umständlich hergehen, wenn er sich bemüht, einer ^ache au, ceu Grund zu dringen, und das scheint uns nicht ganz unwesentlich zu sein.

Aber ist denn jür die Kunst in den kleinen Städten überhaupt eine DaseinsniögUchteit, vor allem für die am wenigsten an den Raum gebundene, für die Dichtkunst', Indem ich die Frage auswerse, renke ich ausdtücklich an d>e ganz kleinen S-ädie, an die so mit boOl) Einwohnern, wo ein Geheimral eine Sehenswürdigkeit und ein fran­zösisches Billaid im Gastzimmer eine Smsatton ist. an die deutsche Kleinstadt, die wir alle so gut kennen mit dem Wirt zumgoldenen Löwen", der adtndlichen Llamm- tischrundc, dm winlerlichen Vergnügungen der «Harmonie-, den Kasseeklänzchen und dem Klatsch. Ich glaube, daß hier sehr viel geihan werden kann, ja ich will nur gleich meine ganze Meinung sagen: ich glaube, daß hier eme Macht schlummert. Ruht die Av.m>,ardezwal derLiteratur, ßher eine feste und standhasle o, sehr standh.stel

Wasser In die zur Gaserzeugung dienenden Oefcn eine Explosion, durch die das Gebäude zertrümmert wurde. Zwci Personen wurden getötet uvd sieben schwer Verletzt.

Haitischer Eeeraub. Es kann nach neueren Nachrlchlen nicht mehr daran gezweiselt werd n, daß die Durchsuchung des deutschen Dampfers »Markomannta* durch das Kanonenboot C>ö!e ü Pierrot und der Beschlagnahme der Waffen als Seeraub anzusrhrn ist. Dem deutschen Kanomn- boolPanther* fällt nun die Aufgabe zu, die Sühne für diesen Frevel herbctzusühren. Eine neueste Depesche, die wie durch Anschlag schon be­kannt gegeben, meldet von der Sühne: Das deutsche Kanonenboot »Panther* hat das Kanonenboot der Rebellen, Crö e ä. Pterrot*, in Grund gebohrt. Die Besatzung rellcle sich.

Buren als Missionare. 175 Buren, die sich auf Si. Helena in britischer G-fangenschaft befan­den, haben den Wunsch geäußert, Missionare zu werden. Di« holländische Kirche beabsichtigt daher, auf einer Farm in der Nähe von Worchester eine Missionsschule zur Ausbildung zu errichten.

Verschiedenes.

Ein Urteil« das besonders für Gewerbetreibende die Lehrlinge halten, von großer Bedeutung ist, wurde kürzlich vom Reichsgericht gefällt. Der That- bestand ist folgender: Ein minderjähriger Metzgerlehr­ling schoß bei einer Spielerei einen gleichalterigen Kam » raden mittels einer Zimmerflinte in den Hinier- kopf. Der Vater veS Verletzten verklagte den Meister auf Schadenersatz und erzielte bei den unteren Instanzen ein obsiegendes Urteil. Auch das Reichsgericht bestätigte unter Hinweis auf § 328 deS bürgerlichen Gesetzbuches und unter Ansehung des § 127» der Gewerbeordnung die ergangenen Urteile. DaS Erkenntnis ist für die Lehrherrn von außerordentlicher Tragweite, da die Lehrlinge auch bei gewissenhafter Beaufsichtigung Schaden stiften können. Der Meister kann dieser Evcn- tualtiät Vorbeugen, wenn er in dem Lehrvertrag be­stimmt, daß die Eltern und Vormünder des Lehr­lings sür dessen Handlungen haften. Wenn ein Vermögen nicht da ist, bleibt der Meister obne

Macht, die ich im Kampf gegen die Unkunft verdammt gern im Rücken wüßte.

Die Stille der Kleinstadt nimmt dem Menschen wenigstens nicht die Ruhe, die der Genuß der Kunst so undebiugt verlangt; die Großstadt nimmt sie ihm so restlos, dax man es beispielsweise einem abgehetzten Kaufmann gar nicht verdenken kann, wenn ec abends lieber in die Kneipe läuft, als daß er bei einem Buch Erholung suchte. Die E holung, die ihm das Buch gewähren könnte, verlangt ja zunächst eine Anspannung der Kräfte, die er gar nicht mehr leisten kann. DaS ist in der Kleinstadt besser, in den allermeisten Fällen Auch die so wohlthuenbe Be­rührung mit der Nalur ist noch nicht aufgehoben; die Menschen sind noch nicht Kaffeehaus-, ASPHall- und Mitternachtsexistenzen geworden. D>e Beschaulichkeit des ganzen Daseins scheint förmlich zur Beschäftigung mit cer Kunst zu zwingen. Dem entspricht die Wirklichkeit nicht wir wjssen es. Wir dürfen die Schuld aber nicht allein in den kleinen Städten suchen; sie liegt auch an denen, die von Berufswegen die Sache der geistigen Kultur zu vertreten haben. Sie haben sich viel zu sehr in die großen Mittelpunkte geworfen, sie haben das wette stille Land, das fern ab liegt von dem brausenden Lärm, viel zu sehr vergessen; sie haben, nicht ohne eine gewisse Wichtigkeit, viel zu viel theoretisiert und dabei die Pro­paganda durch die Thal vernachlässigt; ihre internen Strei- ttgkeiie» waren ihnen zu viel; das Volk, das zu erobern ist, zu wenig.

Ohne Zweifel, die Kleinstadt ist nicht nur still, sie ist auch rng, und der Sinn relengt sich in ihr. Ich weiß, bah Goethe dort nie ganz anerkannt werden wird, weil erunanständig" ist; ich kenne die entsetzlichen Bedenken, ob ein Buchpassend" oderunpassend- sei, und weiß auch, was sich alles in solchen gar nicht mehr menschen­ähnlichen Gehirnen alsunpassend" spiegelt. Trotzdem: es steht noch nicht fest, wie viel auf Unterlassungssünden I.nunl, wie viel Schuld an der Verödung des Geistes­lebens auf die Träger eben dieses Lebens fällt. Unter allen Umsiä..den habm wir keinen Grund zur Verzweiflung, solange wir nicht lange, fchr lange gearbeitet haben. Es giebt auch in den kleinen Siädlcn Menschen, d-e unter der Enge leiden, und was könnte diese Enge wohl besser aufheben, als ein Buch, das die -loelt ins Zunmer bringt, oder wenigstens bringen kann? Ein paar Exemplare von solchen Menschen aber können in einer kleinen Stadt be­reits einen großen Einfluß ausüben.

Daß eme teilweise Eroberung der kleinen Städte Sache einer langen und zähen Arbeit ist, weih niemand besser als der Verfasser dieser Zeilen, dir selbst Kleinstädter ist. Was aber damir gewonnen würde, würde auch fephatten und nicht sofort abspringen, weil wieder einmal die Ber­liner 'presse eine neue Modekreiert-. Der Berliner Literaienlärm, der in so bewundrunaswürdiger Weise die echte Kunst übertönt, bringt immerhin nur gedämpft in die kleinen Städte. Freilich, wenn es gelänge, den kleinen Städten wirklich künstlerische Macht zu leihen, wäre die Gesahr vorhanden, daß sie sich nicht nur dem Wechsel der Moden, sondern auch dem Wechsel der Zeiten widersetzten, wenigstens zunächst, daß sie mithin gelegentlich ein

Deckung. DaS dürste Anlaß zu sorgfältiger Ueber- wachung der Lehrlinge geben.

Die deutsche Arbeiter-Kralikenversicherung um- faßte, wie jetzt cndillia festsichl, im Jahre 1900 in 23021 Kasten 9520763 Personen. Während die Bevölkerung dcö dculjchm Reiches seit 1898 um 7 8°/o ang-wachs'n ist, hat sich in demselben Zeitraum die Zahl der gegen Krankheit Versicherten »m 26,5 Prozent gehoben, so daß auf Grund deS ReichSgesrtzeS 16.1°,, der gesamten Bevölkerung gegen Krankheit versichert sind. Ausgegcben wurden 1S00für3679285Erkrankungsfällemit 64916 827 KrankheilStagen an Krankheitskosten 157 865199 Mark; von letzteren entfallen 44°/« aus vaS Krankengeld, 22°/o auf ärztliche Behanvlung uno 17'/° auf Arznei und sonstige Heilmittel. Auf ->n Mitglied kamen 0,39 Erkrankungsfülle, 6,82 KrankheiiStagc und 16,58 Mark Krankheitskosten. Bemerkt sei, daß nur diejenigen Erkrankungen ge» zählt sind, die mit Erwerbsunfähigkeit verbunden waren, sür die also Krankengeld bezahlt oder Be» Handlung im Krankenhause gewährt wurde. DaS angesammelie Vermögen aller Kassen beläuft sich auf rund 156 Millionen Mark, wovon den OrtS» und BelriebSkrankenkossm je 43 Prozent, den ein­geschriebenen Httfskassen 10 Prozent gehören. Ver­gleicht man das auf ein Mitglied entfallende Ver­mögen mit dem jährlichen Aufwand sür Krankheit, so crgiebt sich, daß auf ein Mitglied kommen: 16,58j^l Krankheitskosten und 16,43 ^(Vermögen.

Der in Kreuznach versammelt gewesene Ge- nossenschaststag hat nach längerer stürmischer De­batte mit 268 gegen 84 Stimmen beschlossen, 99 Konsumvereine von dem Verbände auszuschließen, da sie sozialdlmokraiische Tendenzen in diese hinein» trügen. Der Abstimmung ging manches scharfe Wort voraus. Arbettersekretär Kotzenstein aus Mannheim verlangte, daß man den Vereinen, deren Ausschluß beantragt sei, erst Gelegenheit zur Aus­sprache geben müsse. Man habe hier eine Pros- kripttonSlistc vorgelegt, ohne die Betroffenen vorher zu laden. Viele hätten gar keine Ahnung, was mit ihnen hier vorgenommen werde. Jedes pro- z ssuale Verfahren bedinge eS doch, daß man die» jenigen, denen man den Prozeß machen wolle, lade. Auf der Liste ständen Vereine, von denen man

künstlerisch reaktionäres Element wären. Aber selbst künstlerische Reaktionäre wären zunächst ein Fortschritt gegenüber der jetzt in den Kleinstädten herrschendest blöden Dumpfheit und sentimentale» Familienkunst. Wir würden selbp im ungünstigsten Falle immer noch gewinnen und sogar viel gewinnen.

Es handelt sich nun um dasWie- der Arbeit, und da möchte ich gleich bemerken, daß ich eine Eroberung gießen Stils durch das geschriebene Wort für unmöglich halte- Natürlich sollte auch in dieser Beziehung geschehen, was irgend geschehen kann, vor allem sollte man von den besseren Famittenblättern und der einflußreichen Pro­vinzpresse soviel Raum gewinnen, als erhältlich ist. Die künstlerischen Zeitschriften werden im allgemeinen in den kleinen Städten nur vereinzelte Erfolge erringen; sie gehen der Agitation nicht voran, sie folgen ihr nach. Die literarische Agitation selbst muß, wie die politische noch :n vielen Gegenden, durch das lebendige Wort bewirkt werden. Vorträge und Rezitationsabende wären die beiden besten Mittel, um die kleineren Städte zu wecken. Die Menschen gehen nun einmal leichier in einen Vortrag, als daß sie ein Buch durchiesen, zumal wenn ein geselliges Vergnügen die Sache beschließt. Die Vorträge müßten im allgemeinen einen bestimmten D'chtcr oder eine be­stimmte Dichtung behandeln, ohne Theorelistererei, warm­herzig, anschaulich, leichtverständlich. Die Frauen wer­den uns leichter zu Bundesgenossen, das Schwerste ist es, den Mann zu gewinnen, der zwar sür unsere Bewegung am wichtigsten, aber auch am tiejsten in platten Materia­lismus versunken ist. Man dürfte sich gar nicht scheuen, ihn auch auf den praktischen Nutzen aufmerksam zu machen, den unter Umständen der künstlerische Genuß mit sich führen kann ich erinnere an die ernsteren Romane, die uns etwa die Bauern, Arbeiter, Junker oder den Mechanismus des Welthandels kennen lehren.

Und dann noch eins: jede Provinz müßte ihre be­sondere Organisation erhalten, die in einer geeigneten Stadt der Provinz zentralisiert wäre. Redner und Re­zitatoren wären bei vernünftigen Ansprüchen sehr wohl zu haben, und wenn man sich mit den geselligen Vereinen der tUinen Städte in Verbindung setzle, würde auch tic materielle Grundlage zu beschaffen sein. Wollen wrr's, vielleicht mit dem Türerbunde zusammen, versuchend

(Anm. d. Red. Erich Schleikjer hat hier eine Frage angeschnitten, die von ganz hervorragender Bedeutung für die Landbevölkerung ist. Hoffen rir mit ihm, daß weile Kreise den zeitgemäßen Vorschlägen das Interesse entgegenbrtngen, das sin verdienen. Noch eins: Auch in den Kleinstädten zeitigt der Drang nach Bildung immer erfreulicher-: R'suitat'» DaS können wohl am besten olle Zet ichriften, von denen auch viele tu -stlerische B> Üiebungen verfolgen» bezeuge», die daS platte Lar, zum Feld ihres Absatzes wählten. Also: «Nur inuttg vorwärts*.)