Aus Stadt und Umgebung.

Wildbad. 18. Juni.

* Kgl. Kurthkater. Wie in vergangener Saison so errang auch in dieser die Otto Ernst'- sche KomödieFlachsmann als Erzieher" bei vollbesetztem Hause einen großen Erfolg. Der Inhalt des Stückes sowie der literarische Wert ist an dieser Stelle schon genügend erörtert, hinzu- sügen möchten wir noch, daß unsere damalige An­sicht sich bewahrheitet hat. Das Stück macht seinen Weg über alle deutschen Bühne», um dann in verdiente Vergessenheit zu versinken, während seine Jugend von heute" stets eine Perle unserer Lust­spielliteratur bleiben wird. Die Komödie war wieder vom Oberregisseur Herrn Albert trefflich inszeniert, der auch den Flachsmann spielte, eine Leistung, die als vorzüglich bekannt ist, er wurde durch einen prächtigen Blumenstrauß geehrt. Auch Frl. Müller erhielt eine Blumenspende und eroberte mit ihrer Gisa Holm alle Herzen im Sturm, wie diese hochbegabte Künstlerin es ja von Anbe­ginn gethan. Herr Blank hatte reichlich Ge­legenheit seine Kunst als Flemming zu zeigen und bot eine abgerundete Leistung allerersten Ranges. Den Schulrat Prell charakterisierte Herr Boger nach der komischen Seite und errang damit einen durchschlagenden Erfolg. Frau de Scheirder (Sturhahn), Hr. Gro ß e (Negendank) Hr. A i g- ner (Riemann) Hr. Hentze (Dierks), sind uns von früher her als ausgezeichnet bekannt. Sehr gut war auch in Spiel und MaSke Hr. Diehl als Wcidenbaum, der für diese Rolle wie geschaffen zu sein scheint. Alle übrigen Darsteller fügten sich dem Ensemble aufs Beste, sodaß die Vorstellung eine glänzende zu nennen war.

* Die Novität von L'Arronge »Die Wohl- thäter " ging am SamStag ebenfalls mit großem Erfolg in Szene. L'Arronge ist ein Meister auf dem Gebiet der Schilderung des bürgerlichen Lebens und werden Stücke wieDr. Klaus",Hascmanns Töchter", niemals der Vergessenheit angehören. Auch inDie Wohlthäter" hat er mit großem Geschick und Humor den Beamtenstolz gegenüber des ungezwungenen Bürgerthums geschildert und damit einen glücklichen Griff gethan, denn das Publikum amüsierte sich köstlich. Allerdings ist ein Teil des Erfolges auf Konto der ausgezeichneten Wiedergabe seitens unserer Künstler zu schreiben. Herr Große steuerte als Breitbach in seinem richtigen Fahrwasser. Solche aus dem bürgerlichen Leben gegriffene Figuren, die Herz, gesunden Humor und Natürlichkeit haben müssen, stehen in Groß'- scher Darstellung wohl unerreicht da. Seine Tochter Helene wurde durch Frl. Müller mit herzer­quickender Frische gegeben und hat wohl mancher ihren Mann Otto Friede!, der von Herrn H e t e- bcügge ganz vortrefflich verkörpert wurde, be­neidet. Das Beamtenehepaar fand in Frau de Scheirder (Marie) und Herrn Albert (Rech- nnngsrat Millner) eine tadellose Wiedergabe, waren doch beide in Spiel nnd MaSke wirkliche Personen aus dem Leben. Herr Hentze, (Lr. ^ritz Niemann) spielte diese schwierige Rolle mit großem Geschick und Eleganz. Ebenso war Herr Weingärtner als,BarterzeugungSfritze" sehr charakteristisch. Das Stück war von Oberregisseur Albert fließend cinstudiert, sodaß die 5 Alte in 2'/« Stunden gespielt wurden. Der Besuch dieser Vorstellung ist sehr zu empfehlen, namentlich auch den Wildbadern selbst, wenn sie sich eilt paar heitere Stunden verschaffen wollen.

* Nach den am 15. d. M. erschütterten N-uen Fremdend!." be-rägt die Z-Hl der Fremden bis 10. J ini: 1967, bis heule sind es ca. 2420.

* Wie wir schon in unser vorigen Nr. berichteten fand am Sonntag die Hauptver­sammlung des SchwarzwaldvereinS (Bez. Neuenbürg) im Gajlh. zur Sonne daselbst statt. Der Vorsitzende, Baron v. Moltke, Wildbad,-begrüßte herzlich die Erschienenen Hierauf wurde der Kassenbericht verlesen, derselbe stellt sich wie folgt: Zahl de, Mitglieder 240. Beiträge 720 ^ Sonstige Beiträge 250 ^ Ausgaben sür Vrretns- zwecke 110 ^ Zahlungen an den Haupt- Verein 360 ^ Jnsertioasg-bühren, Porto, Aufziehen der Karlen rc. 282 Zuschuß zum Fonds für den Längenbrander-AuSstchts- turm 300 ^1 Stand des Fonds am Schluß

-es Jahres 8378 31 H Das Vereins.

vermögen 542 ^ 74 Nachdem der Schriftführer die bez. Protokolle verlesen wurde über Versch. debattiert. Da« Haupt­interesse beansprucht der schon feit Jahren beabsichtigte Bau drS Langenbraoder AuSstchtSturmcS. Nach einem Voran­schlag deS Pforzhstmer Architekten Herrn Maler beträgt die Bausumme 5900 ^ an der sich aber noch Ersparnisse von 1815-/-L machen lassen, soeaß die Bausumme rund ca. 4200 ^ betragen würde. Hierzu der Fond von annähernd 2300und derJahres- b-itrag von 300 so fehlen noch etwa 1600 ^ die durch unverzinsliche Anteil­scheine L 10 «//K anfgebcacht werden sollen. Mit dem Bau des Turmes könnte dann nächstes Früjahr begonnen werden. Aus dem Wege Wtldbad-Eyachmühle soll die An­regung, dort eine Schutzhülle zu erbauen, nächstes Jahr in Erwägung gezogen werden. Für die Höh'Nbezeichnung Psorzheim-Basel werden 40 Mk. bewilligt. Auf den Fuß­wegen Rothenbach - Dobel und Eyachmühle- Oobel sind 11 bezw. 8 Sitzbänkc errichtet worden, Herr Kramer-Dobel li> ß 4 erstellen. Verschiedene TageStouren wurden noch bekannt uegeben, die nächste ist am 29. ds. MlS. Calmbach-Hiersau. Die nächste Hauptver­sammlung findet am 6. Juli in Schramberg statt.

« « r, d s ch a ».

Das Sommersest der württembergischen Volkspartci, weiches auf der Teck (Kirch ye>m u. T.) am Sonntag statifand, nahm notz des ungünstigsten Wetters, den pro- grammäßigen Verlauf. Mit dem Gesang deS Liedes:Brüder reicht die Hand zum Bunde", begann um 12 Uhr Mittags die Feier. Abgeord. Beuerlen begrüßte die Versammlung als Vertreter deS Bezirks und iprach den Wunsch aus, daß dieselbe dazu beitragen möge, die alten Ziele der Volks­partet zu fördern. Als Referenten sprachen yierous Abg. Lischt« g-Tübingen (württbg, Politik) und Payer (R-flchSpoliük). Dr. Q u i d d e-München überdrachte G>üßs der vayrisaen Gesinnungsgenossen und Kaufmann G r o tz Ktrchvcim dankte den R bnern und schloß die Versammlung. Um 3 Uhr wurde der Rückweg nach Owen angetrcten, wo in verschiedenen Gasthäusern da» gemeinsame Mittagsmahl eingenommen wurde.

In Kitnzelsau fand am Sonntag das zweite Lt-derscst bcS KochergauS statt. Grau lag der Himmel über der reichgefchmück,en Feststadt, als gegen 9 Uhr ein größerer Ex- razug die Sängerscharen in unsere Mauern füsrt, alö die laubgcschmückten Wagen mit iröhlichen Sängern Herbeisuhren. Die ge­drückte Stimmung hob sich bald, als einzeln« Sonnenbltcke den Wolkenschleter durchbrachen und als scharenweise die Festtcilnehmer berbei- strömten und die Straßen und Plätze füllten. Nach der Hauptprobe war Frühkonz-rt auf dem Festplatz. i/»1 Uhr das Festmahl im Gasthaus zur Glocke bet dem diverse Toaste ausgebracht wurden. Den Glanzpunkt bildete die Festaufführung in der Turnhalle. Ein idealer Zug, ein edleS Streben beseelte die Sänger, die sich gegenseitig überboten in der Pflege deS Liedes. Einen überwältigenden Eindruck machten die Gesamtchöre unter der sachkundigen Direktion deS Gaudirigenten Professor Fladt. Der Schwäbische Sänger­bund hat festen Boden gefaßt im Kochcrthal; das zeigte das schöne Fest am heultgrn Tage.

Zell Im Wiefenthal, 16. Juni. Heute früh 3 Uhr brannte in Oberblauen ein Dr-ifamilienhauS ob, wobei die aus sieben Personen bestehende Familie Wetze! in den Flammen umkam.

Der Kaiser und die Kaiserin sind nach Nürnberg gefahren zum 50jähiigen Jubiläum d'S Germanischen Mus umS. In ihrer Be- alellung bifindrt sich u. a. Reichskanzler Graf Bülow.

Nürnberg, 18. Juni. Nach der Be­grüßung zwischen dem Kaiserpaarc und dem Pcinzregenlen zeichnete letzterer den Reichs­kanzler Grafen Bütow durch eine längere Unterredung aus. Nach der Parade konferierte Graf Bütow mit dem Ministerpräsidenten Grafen Crailsheim. Der Prinzregrnt v r- iteh dem Grafen Bülow sein von dem Bild­hauer Hildebrandt in Bronze auSgesührteS Reltesporirät.

Leipzig, 16. Juni. Vor dem Schwur­gericht des hiesigen Landgerichts begann heute unter großem Andrang des Publikums der Prozeß gegen die vormaligen Direktoren der Leipziger Bank, Exner und Gentzsch, und die Mitglieder des AusstchtSrats dieser Bank, die Kaufl-ute Dobel, Rörer, Wötker, WilkenS, Bankier May^r, Händler Vörster, und Privatier Fiedtger. Den Vorsitz führt Landgerichlsdirek vr Dr. Müller. Der Ange­klagte Exaer sagt aus, die Bank bewilligte der Tredertrock'iung zunächst 200,000, dann 500 000 Kredit. Er führt sodann aus, vaß mit Genehmigung des AutstchtsratS eine Kapttaterhöhung von 1'/» auf 3, später auf 6 Millionen burchgesührt wurde. Es folgten dann die Transaktionen in Bosnien und bei anderen Tochtergesellschaften. (Exner sagt, drr AusstchlSrat hätte ihn in den Aufstchls- ral drr Tredertrocknung etntreten lassen, w:nn die Engagements der Bank kleiner geblieben wärm. Er betont serrner, nie ging die D:- reltion Kredit ober nennenswerte Engage- M'NtS ohne Genehmigung des Aufstchtsrals ein, auch waren alle Obligos für zwei M«.n ne genau kontrolliert; Engagements wurden nicht blind eingegangen, vielmehr würben in 4a/i J,hren 18 Etablissements be­sichtigt. Auf V-rtangen deS AusslchtSralS hat eer Kasseler AustchiSrat 1900 die selbst­schuldnerische Garantte ln Höhe von 4 Millionen gegeben gegen Verzinsung der Trevcrg'sellschast abgekausier Außenstände. Hieraus entstanden die sogenannten Sepa» raikonttn. DaS SanternngSproj kt durch Fusion der Trebergefellschasl mit Tochterge­sellschaften und Abstoßung der Leipziger Bank sei mißlungen infolge des Zusammen­bruchs der Dresdener Kredttanstatt und Ab-, tehnuug der Intervention seitens der Berliner Gevtzfinanz. Die Erklärung der Bank bei der Zahlungseinstellung sei eine ehrliche Urdeiz ugung gewesen. Es foigle eine Pause.

Im Kieler Hafen kmterle eine kleine Jolle mit 6 Personen, als ein Matrose noch tm letzten Moment vom Lande auf das Boot sprang. Der Mannschaftskoch der Marine­schule Schirrach büßte bei dem Unfall fein Leben ein.

Brüssel, 13. Juni. Die Stadt Brüssel wurde in letzter Berufungsinstanz verurteilt, alle während der Straßenunruhen von 1899 zerbrochenen Fensterscheiben zu bezahlen. Hier­durch ist sür die während der jüngsten Straßen­bewegung verursachten Schäden eia Präzedenz­fall geschaffen.

Pretoria, 15. Juni. Die Zahl der Buren, welchcstch ergeben -atzen, beträgt jetzt 16,500,