ZahreS 3—4006 Pocken-Erkrankungen behördlich fcstgestellt worden. Die Kranken «erden meisten« in schwimmenden Spitälern untrrgebracht. Die Kosten dieser Spitäler belaufen sich bereit« auf 6 Millionen Mark Staat und Stadt bezahlen sie. Wie Londoner Zeitungen bedichten, wird da« Wärterprrso- nal von der Seuche verschont, weil e« geimpft war und sich wieder impfen ließ.
London, 10. Mai. Da« Bureau Reuter meldet au« Barbados: Auf der Insel St. Vincent erfolgte eine vulkanische Eruption, infolge deren auf Barbados Straßen, Bäume und Häuser zollhoch mit Asche bedeckt sind; der Aschenregen dauert fort.
Carpinrti in der Provinz Emilia, 11. Mai. In Marola wurde durch einen Bergrutsch eiu Hau« zerstört, 13 Personen kamen dabei um« Leben.
Petersburg, 11. Mai. In Grosny (Kaukasus) wurde gestern obend ein starker Erdstoß verspürt. In Flecken Oniksethy im Kreise Wikomir äscherte eine Feuersbrunst 160 Häuser ein.
Bryheid (Südafrika), 10. Mai. Das Rrutersche Bureau meldet: Gestern abend zog eine Schar von Eingeborenen, deren
Kraal« kürzlich von den Bure« niedergebrannt waren, nach ScherpcrSneck, um davon den Buren ihnen abgevommenr Vieh wieder zn holen. Sie üb-rraschten ein Burenlager und töteten über 30 Mann, mehr als die Hälfte des Kommandos. Eie führten einige Gefangene ab. Die Ortsbe- börden übergaben den Eingeborenen das wiedererlangte Vieh.
Civitavecchia, 10. Mai. Ein furchtbarer Sturm wütete hier die ganze Nacht; 10 Segelbote, deren Besatzung sich aber gerettet hatte, wurden zerstört. Die Hafenmauer ist auf einer Strecke von 200 Meter fortgerissen und die Hafeneinfahrt vollständig vernichtet.
NkW Uork, 9. Mai. Nach einer Depesche au« St. Thomas von heute berechnet man setzt die Zahl der auf der Insel Martlniqui Umgekommenen auf über 40 000 Personen. Die Verwüstung ist grenzenlos.
— Zwei jugendliche Mörder sind vor Weihnachten einem ostpreußtschen Rettungshause zur Erziehung übergeben. ES sind 2 kleine Knirpse von 8 und 9 Jahren. Wer sie sieht, der schüttelt den Kopf und sagt: Ist das möglich? Zwei Kinder bringen
einen alten Mann um. Der Gemeinbevor» sicher, der die kleinen Kinder brachte, sagte: „Die JungenS sind unschuldig." Trotzdem ist eS erwiesen, daß sie die schändliche Thal vollbracht haben. Die Buchstaben können sie noch nicht recht unterscheiden. Wenn man sie bei der Andacht steht, wie sie bei dem Singen und Beten verständnisvoll dasttzen, muß man sich sagen: Da hat wohl niemals jemand die Kinder die Hände falten und beten gelehrt. Aber Schnapstrinken, das haben sie nicht nur täglich gesehen, sondern auch oft gethan. Sie sind daher für ihre Thal wirklich nicht verantwortlich zu machen. Sie haben zuletzt dem alten Trunkenbold, der ihnen ein solche« böse« Vorbild war, die Kehl« durchgeschnitten, damit der au« dem Rausch Erwachte sie nicht für den getrunkenen Schnaps züchtigen könnte. — Da« ist der Fluch des Alkohols.
— Unserer heutigen Austage liegt eine Beilage betr. „Verkauf abgepaßter B'woll- warenstoffe" zu OrtginaletnheilSpreisen bet. Niederlage und Verkauf bei Fr. Schulmeister, Köntg-Karlstr. 69 Wtldbad, hierauf machen wir unsere L-ser ganz besonders aufmerksam.
Die Redaktion.
Jäter Worgana.
Novelle au« der jüngsten Gegenwart von Ludwig Herten«.
7) (Nachdruck «erboten.)
„Ja, ich weiß nicht, ob e« solches gewesen ist. Da steht etwas von einem weißen Pulver, glaube ich."
„Unzweifelhaft Arsenik."
„Apropos, wollen wir heute nachmittag in die Stadt?"
„Ich dächte!'!
„Dann bin ich bereit!"
Während der Prostssor sein Schläfchen nach Tische machte, schrieb Olga mit verstellter Hand einen Brief an die Staatsanwaltschaft :
„Die Commerzienrätin Reimers soll nicht eine« natürlichen Todes gestorben, sondern soll vergiftet sein. Man möge den Leichnam gefälligst sccieren."
Der Brief war ohne Unterschrift.
Während Professor Eberhard Gille in «inen Laden trat, sich mit Zigarren, die er vergessen halte zu versehen, stcckle Olga Gille den Brief in einen Kasten, indem sie flüsterte:
„So, Franz, Du Scheusal, jetzt wird eS an den Lag kommen, zittere, Bijewicht."
Edmund Langen war bei dem Selbstmord H'ppel'S aus seinem dumpfen Brüten erwacht, er besann stch, daß eine Natalie, die sich in dem Moment, wo e« um ihren Papa so gestanden, mit Buseniu«, über den sie stet« gespöttelt, hatte verloben können, niemals wirkliche« Empfinden für ihn hätte empfin- den können.
Edmund war au« kräftigem Holze geschnitzt. Er trauerte noch, aber ersuchte nach Gisela'- Rat, Trost und Kräftigung in der Arbeit.
Und er fand beide darin.
Niemand nahm mehr Anteil daran, als Frau Witwe Lenz und deren Tochter Martha. An dem Tage, an welchem er sein Examen glänzend bestand, gratuliert« ihm Martha ganz besonders herzlich.
Damals sah er zum erstenmate, wie hübsch das gute Kind war! Sie wollte Lehrerin «erden. Edmund gab ihr dazu
guten Rat. Er selbst nahm bei einem Grasen eine HauSlrhrerstelle an. Der Graf wohnte in einer Villa in einem Vororte.
Da« war etwa um dieselbe Zeit, als jener verhängnisvolle Brief an die Staatsanwaltschaft abging.
Die Staatsanwaltschaft nahm zuerst keine Notiz von der Sache, Loch bet Gelegenheit eine« HosballeS sprach der Staatsanwalt mit dem berühmten Chemiker über einen Gatten- mord, der gerade in den Zeitungen besprochen ward. ES handelte stch dabei um Arsenik.
„ES kann stch hier nur um geringe Quantitäten handeln," meinte der StoatSanwalt. „UebrigenS ist der Verstorbene Arscnikkonsu- mcnt gewesen. Bekanntlich sind solche Leute wie z. B. in Steyermark dick und rund I"
„Das würde die Sektion ergeben," meinte Gille. „Arsenik kann stets im Magen eines Menschen nachgewiesen werden, sogar die Quantität."
„Ja, ich weiß, dachte aber, bei diesen Personen sei eS anders."
„Warum? Arsenik bleibt Arsenik, es erhält stch selbst quantitativ sehr lange in den Eingewetben."
DaS brachte den Staatsanwalt wieder auf jenen Brief. Derselbe veranlaß«« ihn nun, nähere Nachforschungen nach dem Tode der Commerzienrätin anzustellen.
Er ging dabei sehr diskret zu Werke, ließ stch in der Apotheke die Abschrift der Ricepte nachschlagen, hiervon «ine Copte an« fertigen und unterbreitete sie dann einem GerichtSphyfikuS. Der fand nichts darin, was irgendwie Verdacht einflößte. Er sprach darüber auch bei Gelegenheit eines patriotischen Feste« mit Gille.
„Kein Beweis", sagte der Chemiker, „kann uns die Sektion nachweislich machen."
„Apropos," fragte nun die Frau Professor, „um welchen Fall handelt «S stch denn?"
„Verzeihung, Gnädige, ich weiß nicht, ob — l"
Der Professor schien verletzt und sagte:
„Meine Frau ist nicht klatschsüchtig."
„Pardon, das meinte ich ja auch nicht.
„Ader Sie haben die Commerzienrätin wohl kaum gekannt?"
„Ich? Nein l — Du, Eberhard?"
„Nein!'
Da fuhr Olga fort:
„Was fällt mir da ein ? Hat nicht unsere Auguste Sattler bei ihr gedient?"
Der Professor zuckte dir Achseln.
Der Staatsanwalt hätte nicht Kriminalist sein müssen, wenn er den Namen stch nicht gemerkt hätte.
Kurze Zeit darnach erhält die verwunderte Auguste Sattler ein« Vorladung nach dem Gerichte. Sie hatte keine Ahnung von jenem Briefe, Olga Gille sprach auch kein Wort darüber.
Als Auguste Sattler aus's Gericht kam, ließ der Staatsanwalt sie sogleich vor.
„Waö ich jetzt mit Ihnen spreche, mein Kind," sagte er, muß für Jedermann ein Geheimnis bleiben! Verstanden?"
„Ja, Herr l"
(Fortsetzung folgt.)
— Beamtinnen der Wohlsahrtspolizei. Bet der städtischen Berliner WohlsatzrlSpou- zei sollen jetzt 10 Damen zur U-berwachung aer Frauen angestellt werden, denen von der Behörde die Pflege unehelicher Kinder au» vertraut ist. Dieselben sind mit 600 Mark jährlich besoldet. Die Einführung in die amtliche Thäligkeit erfolgt, nachdem die Kandidatinnen einen 4wichentttchcn Kursus in oer Kinderstation der Kgl. Charit« durchgemacht haben. Die Ehrenamtlichen Helferinnen, vie sich bisher der Beaufsichtigung der Wartefrauen widmeten, haben sich insofern in den Augen des Magistrat« nicht ganz bewährt, als sie den unumgänglichen Mißständen, die nun einmal in den proletarischen Familien der Wartefrauen herrschen, bei ihrer Beurteilung der Pflege nicht genügend Rechnung getragen haben sollen, wodurch Gerüchte über „Engelmacheret" tm Publikum in Umlauf gekommen sind. Die Hauptsache dürfte wohl aber sein, daß das Pflegegeld für die armen Kinder so reichlich bemessen wird, daß man eine gesundhctiSdtenltche Behandlung und Pflege mit Rech; erwarten darf.
Druck u. Perlag der Bernh. Hvsmann'sHen Buchdruckerei in Wildbad. Für die Redaktion verantwortlich; C. Drechsler.