Seine Schwester.
Erzählung aus dir Gegenwart von Fanny S t ö ck e r t.
35) (Nachdruck verboten.)
»Ich habe die letzten Tage immenses Glück im Spiel gehabt" schrieb er. Dein alter Vater ist jetzt ein reicher Mann! Doch ich rüste mich zur Abreise, das Glück könnte mir untreu werden, wenn ich es weiter versuchte."
Dein Vater ist jetzt ein reicher Mann! O Hohn deS Schicksals! Wäre er das früher g'wesen, damals in jener seligen Zeit in Berlin, dann wäre wohl alles anders gekommen, Niemand hätte einen Stein auf sie werfen, ebenso tugendhaft, so glückessicher wie Melitta vorhin hätte sie dann einher gehen können. Zu verachten war es aber auch j'tzt nicht dieses im Spiel g-wonnene Geld, e» ließ sich sicher manches damit erreichen, denn Geld ist die Macht, das wußte die schöne Carla von Kindesbeinen an.
17.
„Du wirst Niemand etwas verraten," sagte Fred im fl henden Ton zu seiner Schwester, als sie seine Wohnung jetzt erreicht.
„Ach Fred warst Du es denn wirklich, wirklich, der da di-se Frau, die Frau eines andern geküßt, mir ist es, als wäre es nur ein dunkles, unheilvolles Traumbild gewesen."
„Es war kein Traumbild, es ist schon wahr!" stieß Fred finster heraus. „Du in Deiner Unschuld kannst ja freilich keine Ahnung haben von solcher verzehrenden Gewalt der Leid-nschaft, wie sie mich g-packk, daß ich Alles, Alles darüber vergessen mußte."
„Nein ich verstehe das nicht, aber schweigen will ich darüber, Flora darf nie, nie etwas davon erfahren, es wäre ihr Tod."
Zhr Tod! Fred zuckle zusammen, zögernd öffnete er dann die Thür des Schlafzimmers, wie würde er sic finden? Mit west geöffneten fiebernden Augen starrte die junge Mutter ihn an, als er jetzt an ihr Lager trat.
„O Fred — Du kommst zu spät" langsam kamen die Worte über ihre Lippen.
Zu spät! entsetzliche Worte zu solcher Stunde! ES iras ihn wie ein Richterjpruch der über ihn den Pflichimrg>ss-NkN, gefällt wurde.
„Nun ist eS da, das süße kleine Wunder," fuhr Flora fort, „steh doch nur." Sie wollte die Vorhänge der Wiege zurückschlagen, hatte aber nicht die nötige Kraft dazu, seufzend ließ sie die wachsbleichen Hände auf die Decke sinken.
Fred schlug den blauen Vorhang der Wiege zurück, und starrte dann mit irren Blicken auf das winzige Menschenkind, das da dem Leben entgegen schlummerte.
Sein Kind! Edle Vatergesühle begannen sich in ihm zu regen.
„Die Mutter Deines Kindes mußt Du nun aber sehr, sehr lieb haben Fred," tönte da wieder die malte, wie ersterbende Stimme seiner Frau, „viel viel lieber als die andere I und sterben darfst Du mich auch nicht lasten, ich will so gerne leben für Dich, für das Kind."
Wie die Worte ihm in'S Herz schnitten, o daß er es festhallen könnte das fliehende Leben! aber hier war es nun einmal zu Ende mit aller ärztlichen Wissenschaft und aller
Menschenkunst. Er war eben zu spät gekommen ! Ein pflichtvergessener Arzt stand hier an dem Lager der sterbenden Gattin. Sein Anblick allein hatte die schwindenden Kräfte noch einmal erweckt. J-tzt sank ihr blonder Kopf tief in die weißen Kissen und die glänzenden Augen sahen fragend und angstvoll zu ihm auf.
Fred ließ jetzt EtS bringen, das linderte wenigstens etwas die Firberglnt. Dann ging er nach seinem Zimmer um die Eltern Floraö per Telephon zu ihrem sterbenden Kinde zu rufen.
Er befand sich selbst wie im Fieber, als er so hin und her lief, jetzt trat er wieder an das Krankenlager, die Hände tasteten ruhelos auf der Bettdecke herum. Leben will ich, leben! schrie die Kranke auf, und nun begannen jene entsetzlichen Phantasien, die wie die letzten, sprühenden Lebensfunken mit unheimlicher Gewalt durch die Krankenzimmer zittern.
Fred winkle Melitta heran, ihm behülf- lich zu sein, die Wiege mit dem Kinde hinauszutragen, so lange die Kranke noch bei Besinnung war, hatte man das nicht gewagt. — Als er wieder an FloraS Lager trat und seine Mutier dort fitzend fand, sank er plötzlich wie in alten Zeiten an ihrer Seite nieder, den Kopf in ihren Schooß bergend. Sie legte die Hand auf seine brennende Stirn, wie wohl das that, ihm war es, als könne diese weiche, liebe Hand ihn entsühnen von allen Schuld.
„O Mutier, Mutter I" stöhnte er auf, Thränen drängten sich in seine Augen.
„Ist denn keine Hoffnung mehr?" fragte die alte Dame leise.
„Keine" kam es tonlos von seinen Lippen und zwischen diesem Flüstern erklang nur dir irre Stimmen der Kranken.
Keine weißen Rosen sollst Du mir schicken Carla!" rief sie im Fieber, „sondern rote Blumen wie sie da drüben überm Meer auf der Znsel blühn." —
Fred richtete sich auf, ihm war c«, als muffe er fliehen so weit ihn seine Füße trugen um nur nicht mehr die Fteberphan- tasten seiner tolkrankcn Frau zu hören, die ihm daö Herz zerschnitten. Doch jetzt mußte er ausharren und wenn er wahnsinnig darüber würbe.
Mit zitternden Händen legte er Flora wieder eine Eisblase auf die heiße Stirn. Sie sah zu ihm aus mit einem eigenen Blick, es war wie der Scharfblick der scheidenden Seele.
„Carla!" stieß sie jetzt wild hervor, „Carla und Du, wo die roten Blumen blühen. — Darum kamst Du zu spät! — Darum muß ich sterben I" —
„Großer Gott wohin verirren sich ihre Phantasten," sagte die Justizrätin. „Doch führt da nicht ein Wagen vor, das find SchliefenS. Ach mein armer, armer Bruder und seine Frau. Ich will ihnen entgegen gehen."
Sie eilte zur Thür hinaus, und so entging ihr der Ausdruck des Entsetzens in dem erblaßten Gesicht ihres Sohnes.
Daö waren keine Phantasten mehr, das war noch ein Hauch des Ueberfinnlichen, dem die scheidende Seele entgegen ging, die nicht mehr an Raum und Zeit gebunden ist.
Sie sah die Btiver der vergangenen Stunde vor sich aufstügen, wo sie so voll
Sehnsucht nach Fred verlangt hatte. Den Kummer darüber aber empfand sie nicht mehr, mit Erdennot und seelischen Schmerzen hatte die sterbende nichts mehr zu schaffen. Um so heftigeren Seelcnschmerz aber empfand der Mann, der an ihrem Lager stand. Darum mußte ich sterben I hatte Flora gesagt. Würde er sie je vergessen diese Worte,würde je der Anblick dieses wachsbleichen Antlitzes mit dem wirren blondbaar aus seinem Gedächtnis schwinden, würde nicht jede Stunde seines Lebens wie ein ewiger Vorwurf ihm vor Augen stehn, bis auch seine Todesstunde nahte?
„Dürfen FloraS Eltern in das Zimmer kommen. Mit diesen Worten trat Melitta jetzt leise herein.
Fred nickte nur stumm, Melitta warf einen scheuen Blick in sein verzweifeltes Gesicht; sie ahnte was zu dieser Stunde in seinem Innern vorging. Die Schuld, der Innern größtes Uebel, sie lag auf dem einst so lebensfrohen Fred, und keine Macht der Welt gab es die ihn davon entlasten konnte.
(Fortsetzung folgt.)
KartoffeLdüngrmg.
Während man früher allgemein der Ansicht war, man müsse die Kalidüngung zu Kartoffeln schon im Herbst oder gar zur Vorfrucht geben hat Or. Baumann-Bernau neuerdings nachgewiesen, daß bei Verwendung von concentrterten Kalisalzen iw Frühjahr eine wesentlich bessere Ernle erzielt wurde, als wenn das Kalt schon im Herbst gegeben wurde. Es ist dies bei der kommenden Frühjahrsbestellung wichtig. Denn manch einer ist im Herbst nicht mehr dazu gekommen, Kali auSzustreuen, und muß dieses nun jetzt nachholen. Das 40°/« Kalidüngesalz hat nach den Versuchen von Or. Bau- mann eine ganz ausgezeichnete Wirkung ge- übl, wenn auch Ch'orkailum (mit 50°/a) oder schwefelsaures Kali noch bester abgeschnitten haben. Ganz besonders sind auch die Mitteilungen bemerkenswert, die wohl auch auf andere Pflanzen übertragbar find, daß diejenigen VersuchSstückcn, die mit Kalisalzen gedüngt worden waren, nicht oder nur wenig unter dem letztjährigen Frost gelitten hatten; „Pflanzen ohne PhoSphorjäure- oder Stick- stofbüngung wurden ebenfalls nicht beschädigt, wenn sie hinreichend Kali erhalten hatten."
Verschiedenes.
— 2? Stunden hintereinander Klavier gespielt hat, wie aus Marseille berichtet wird ein Franzose Namens Garnier, natürlich auf Grund einer Wette. Anderthalb Stunden Pause waren ihm zugebilligt. Am Montag abend begann er seine Krastleistung, spielte die ganze Nacht durch und machte während des folgenden TageS nur kurze Pausen, indem er kräftige Nahrung zu sich nahm. Nachmittags bekam er einen Krampf in den Fingern, der aber durch Massieren beseitigt wurde. Gegen Schluß stieg ihm das Blut zu Kopf, und die Hände schwollen stark an. Er gewann seine Wette um 800 Mark, bekam dann aber einen Nervenanfall und brach zusammen.
(Tisch-Gespräch). A. : Woher mag eigentlich der Name Maggi kommen? B.: Na, gleich der Erste, dessen Suppe mit der vorzüglichen Würze verbessert war, sagte: Die „mag i I"
Druck u. Verlag der Bernh. Hvfmann'schen Buchdruckern in Wildbad. Für dir Redaktion verantwortlich: G. Drechsler,