Seine Schwester.

Erzählung aus drr Gegenwart von Fanny Stöckert.

34) (Nachdruck verboten.)

.Mein Gott, sieh mich doch nicht so ent­setzlich an, als wärest Du noch derunschuldS- volle Jüngling früherer Zeilen. Ich denke doch, Du kennst das Leben jetzt und die Menschen. Dunkle Gedanken birgt jede Menschensecle, Liebe und Leidenschaft bringen sie bisweilen ans Tageslicht. Soll ich etwa meinem armen allen kranken Mann rin langes Leben wünschen, wo doch schließlich der Tod eineErtöfung sür ihn bedeutet, und für mich die Erreichung höchsten Erdenglück«, natürlich nur, wenn Du vernünsrig bist, kein Narr, kein Tugendheld sein willst, sondern ein echter Mensch voll Fehler, voll Leidenschaft, wie sie eben beschaffen sind die Kinder dieser Weit und die zu ver Erkennt­nis gekommen sind, daß man den goldenen Becher des Lebens trinken muß bis zur Neigei Heute wird c: un« vom Schicksal cretenzl, Fred. Willst Du ihn verschmähen l Denken wir nicht mehr an die Zukunft, genießen wir die kurzen, seligen Minuten, mag alles ver­sinken Weit und Zukunft, sag mir nur das eine, daß Du mich roch liebst!"

Ob ich Dich liebe!" er sah in die dürst­enden Augen, in das schöne, erregte Gesicht und Welt und Zukunft alles versank in diesem unseligen Moment, er hielt sie in den Armen und küßte ihre schwellenden Lippen und Augen.

.Ob ich Dich liebe!" rief er wieder und wieder .Dich Dich allein, Du weißt es ja längst, Du Jnnigeiievte, nie Verges­sene!"

.Fred, o mein Gott, Fred I" ertönte da eine laute Stimme. Es klang wie «in Auf­schrei namenlosen Entsetzens. Erschreckt blickte er auf, langsam lösten sich seine Arme los von Carla. Seine Schwester stand vor ihm wir erstarrt, inmitten der roten Blumen, einen Ausdruck in dem verstörten Gesicht, wie er noch nie darin wahrgenommen halte.

.Flora hat Dir einen Sohn geschenkt," sagte Melitta jetzt, .mit ihren Kräften ab>r scheint eS zu Ende, sie verlangt nur roch nach Dir und Du o Du l"

Es lag etwas in Melittas Blick, da« Fred erschütterte. Er wußte, daß eine reine Seel', die ihn innig geliebt, so lange er denken konnte, ihm unzählige Opfer gebracht hatte, sich in diesem Moment von ihm wandte, vielleicht für alle, alle Zeit. Eine Entschul­digung Melitta gegenüber gab eS ja auch nicht sür ihn, och gab es die überhaupt einem Menschen gegenüber? H»ttte er nicht ganz genau gewußt, daß FloraS Zustand nicht ungefährlich, daß er als gewissenhafter Arzt das Krankenbett nicht hätte verlassin dürfen! Sein Verlangen, seine Sehnsucht nach Carla aber hatte alle mahnenden Stim­men in seinem Innern zu beschwichtigen ge­wußt, nein, eS gab keine Entschuldigung für ihn, keine, keine, nicht vor Gott und nicht vor den Menschen.

DaS Stelldichein hatte ein Ende mit Schrecken genommen.

Stumm saß Fred neben Melitta in dem Boot, in welchem sie herübergekommen, nur einmal fragte er: »Flora hat wohl noch Fieber?'

»Kindbetifieber, sagte die Hebamme," er­

widerte Melitta und wieder streifte ihn ihr Blick mit einem Ausdruck, als wäre er ein fremder Mensch, an welchem sie keinen Anteil mehr hätte.

Hinter ihnen im Brot saß Carla ganz in sich zusammengekauert, sie hatte Toni, den geriebenen Schiffer, sür eine viel spätere Stunde bestellt, hatte ihr Glück dort auf der Insel der Seligen fisthalten wollen, so lange wie möglich. Allein aber hätte sie um die ganze Welt sitzt dort nicht bleiben mögen.

Wenn Flora stürbe l Scheu blickt« sie auf Fred, hatte er vielleicht denselben Ge­danken ?

Mit ihren Kräften schien eS zu Ende! Melitta hatte eS vorhin gesagt, stumm war man dann durch die roten Blumen hindurch nach dem Boot geeilt und dort winkte schon der Strand.

Wenn Flora stürbe! Mit unheimlicher Gewalt bemächtigte sich Carlas der Gedanke sie kam nicht los davon, immer wieder wieder» Holle sie sich die Worte. Fred war dann frei und auch sür sie würde dir Stund« der Befreiung schlagen und dann dann I O warum soll Ihr LebenStraum sich nicht doch vereinst noch erfüllen! Keine Röte der Scham stieg in das Gesicht der schönen Frau, ob dieser frevelnden Gedanken sie blieb sich treu auch zu dieser schweren Stunde, wo doch auch sie deS Sch cklalS eherne Stimme ver­nommen, die da hin und wieder an die Ohren der Menschen tönt, um ihnen ihre Ohnmacht zu verkünden. Carla aber ver­schloß ihre Ohren der gewaltigen Stimme gegenüber, sie mochte nichts.en von solcher Ohnmacht, wo sie sich der Gewalt ihrer Schönheit so voll bewußt war. Nur über Fred nicht die Macht verlieren, dann mochte geschehen, wa« da wollte. Und sie würde sie nicht verlieren, niemals I

Carla sah zu ihm hinüber, Freds Ge­sicht war blaß, verstört, verzweifelt starrte er vor sich hin. Bangte ihm daS Leben seiner Frau? Einer Frau, die er doch nie geliebt, doch sie ist jetzt die Mutter seines Sohne«, das änderte vielleicht Vieles.

»Ich habe Ihnen noch garnicht gratu­liert zu Ihrer Vaterwürde," sagte Carla, als man jetzt da« Boot verließ.

»Ach ja daS Kind, daS kleine Kind," versetzte er wie im Traum.In der Sorge um die Mutter vergaß ich eS beinah. Aber nun komm etien wir," wandle er sich dann an Melitta. Mit einem stummen Neigen des Kopses ging Melitta an Carla vo>über ihr Kleid zusamounnehmrnd, als müsse sie jede Berührung mit ihr vermeiden.

Die schöne Frau biß sich auf die Lippen Naiürtich dieses lugendsame Mägdelein mußte fte ja nun verachten, verabscheuen, Melitta war ja wohl nie abgewichen von dem schmalen Weg der Tugend, in Geduld hatte sie ihr Lcdcnsglück avgkwartkt, und wenn es an ihr vorüdergegangen wäre, würbe sie ihren stillen Weg der Pflichten ohne Klage wetlgergr- gangen sein, nie daran denkend eS vom Schicksal zu erzwingen. Während Carla, ihres VaterS echte Tochter, von Kindheit an den lockenden Abwegen und Abgründen zuge. eilt war, und wo ihr Fuß gezögert, wo noch die Unschuld der Jugend ihr eigen gewesen, oa war ihr fröhlicher, leichtherziger Vater ihr Führer gewesen. Er hatte sie die Well kennen lernen, die tolle, schöne lockende Welt, und hatte den Durst nach Reichtum und

Lebensgenuß in ihr genährt, bis sie schließlich dem reichen Mann die Hand zum Ehebunde gereicht, trotz der Liebe in ihrem Herzen, zu dem Manne, der da jetzt auch mit stummen Gruß sich von ihr gkwond, und mit seiner tugendsamen Schwester im Abendsonnenschein dahin ging. Aber er würde und mußte wieder zu ihr zurückkehren, der. Weg zu ihr zurück sinken, mochte das Schicksal auch Ab­gründe um sie herum graben, die Liebe würde sie alle überbrücken.

Mit solchen Gedanken kehrte sie heim, begrüßte ihren Mann so unbefangen und zärtlich wie möglich, dann laS sie «inen Brief ihres VaterS der inzwischen angekommen. Dank seines reichen Schwiegersohnes hatte der alte Herr das Ziel feiner Sehnsucht Monako erreicht.

sFortietzuna folat.)

Jirv Oersterrdüngrrng.

Höchst interessante und sür den Brau- aersteobau wichtige Fingerzeige giebt »ns Or. Schneidewind-Halle in der neuesten Arbeit der D. L,-G-, auf welche hier kurz hinge- wiefen werden mag, indem wir einige wesent­liche Sätze wörtlich eitleren.

Schon der Augenschein lehrte, daß die Gerste ans denjenigen Teilstücken, welche noch Kartoffeln eine Kalidüngung erholten hatten, lange nicht so stark zu Lager gegangen war, wie auf den Teilstücken ohne Kalidüngung.

Wir können somit dtreckt sagen, daß die Kalidüngung, und zwar in diesem Fall ziem­lich gleichgilttg, ob sie in Form von Katnit oder 40°/o Salz gegeben war, der Neigung zum Lagern entgegengewirkt hatte, vielleicht der Kainit etwas mehr als das 40°/o Kali­düngesalz. Jedenfalls hatten aber die Kalisalze für die Gerste in derjenigen Frucht» folge, wie ste sür den Gerstenbau meistens eingeführt ist, sehr gut und sicher gewirkt.

Die Gerste ist eben eine sehr kaltbedürf- tige Pflanze; man soll ste deshalb auch im besseren Boden nicht ohne eine Kalidüngung andauen."

Es sei hierbei bemerkt, daß teil« 6's, äri Kainit, teils 2 är 40°/» Kalidüngesalz in Anwendung kamen und beide gleichmäßig günstig auf die Qualität einwirkl-n.

Verschiedenes.

Der größte Triumph der Welt"

Eine der letzten V-rhanvtungen am Straf» d.zirkSgerichie Jos-sstadt in Wien betraf eine Ehrenbeleidigungskiage des Musikers Johann St. fegen seine Schwiegermutter, der Christine E. Im Verlaufe cineS Gespräches mit der Mutier dcS Klägers hatte die Angeklagte die Bemerkung gemacht, letzterer sei weniger ver­trauenswürdig, man könne ihm kein Geld anverirauen. Die Angeklagte gab dir Aeußer» ung zu und war bereit, ihrem Schwieger­söhne Abbitte zu leisten. Als letzterer zögerte, bemerkte ver Richter: ,WaS wollen ste noch mehr? Eine Schwiegermutter, die Abbitte leistet, so etwas war noch nicht dal Es ist der größte Triumph der Welt, den Ste im Gtrichtssaate feiern." Der Kläger hatte aber sür diesen Triumph kein Verständnis und bestand auf der Durchführung drr Verhand­lung, die schließlich verlagt wurde.

(Vom Kasernenhof). Unteroffizier (zu den Urlaubern):Na uun heiratet nur bald, damit Ihr mir nicht aus der DtSci« plin kommt."

Druck u. Verlag der Beruh. Hvsmaun'schen Buchdruckerei in Wildbad. tzür dir Redaktion verantwortlich; <I. Drechsler.