Seine Schwester.
Erzählung aus der Gegenwart von Fanny S t ö ck e r t.
18) (Nachdruck verboten.)
Die Blumentour war die letzte gewesen, man stand noch in Gruppen zusammen, die Dieuer präsentierten Kaffee, und nun ging eS in die Garderobe, die bunten Gestalten hüllten sich in große Mäntel, und die hübschen Köpfe der jungen Damen «»schwanden fast in den verschiedenen Kopfhüllen und Schleiern
Als Carla und Flora aus der Garderobe traten, stand der Commerzienrat an der Thür neben Fred. Erregt streckte er Carla seine Hand entgegen, .Leben Sie wohl und auf baldige« Wiedersehen/ sagte er mit einem letzten heißen Blick in da« von einem weißen Kopfshwal malerisch eingcrahmt« Gesicht.
.Auf Wiedersehen/ versetzte Carla leise nud dann folgte sie Flora und Fred.
.Na Carla, der alte Herr warf Dir ja einen sehr vielsagenden Blick zu* neckte Flora als sie jetzt alle drei eine der draußen harrenden Droschke bestiegen.
.Er ist ja wohl Witwer und sehr reich, also gar keine üble Partie!*
.Für ein arme« Märchen meinst Du," sagte Carla. .Um Gottes Willen I* rief Fred, .das ist ja ein haarsträubender Gedanke, Fräulein Carla und ein alter Witwer gräßlich!"
- »Vergiß nicht Ne Haupteigenschaft des allen Herrn, er ist reich l* sagte Flora.
.Und Frau Commerzienrälin klingt so Übel nicht/ setzte Carla hinzu, .es wäre Wirklich noch nicht daS Schlimmste mit diesem ehrbaren Titel durchs Leben zu wallen/
.Carla l* entgegnete Fred und sciie Stimme zitterte vor Leidenschaft. .Nicht im Scherz mag ich solche Reden hören l Cs war schön heute und nun — nun steht der alle Herr wie ein drohendes Gespenst vor mir, eS wird mich bis in meine Träume verfolgen und deren Glanz verdunkeln/ Carl» seufzte leise, o diese junge leidenschaftliche Stimme, wie ste alle Fiebern ihres Seins bewegte, noch durfte sie ihr lauschen, dem Blick seiner Augen begegnen, aber wie lange noch, dann war der Traum zerronnen für alle, alle Zeit.
Auch Flora war erbebt bei diesem Tone der Leidenschaft in Freds Stimme, liebte er Carla wirklich so sehr, und konnte ste da noch hoffen ? noch auf die Macht des Geldes bauen? Ihre Augen hefteten sich mit einem eigenen forschenden Ausdruck auf fein Gesicht, aus welches ein matter Strahl der Wagenlaterne fiel, nein, ihren Lebenewunsch auf, geben, da« wollte, das konnte ste nicht, sie wollte die Segel nicht streichen, die Hoffnung nicht sinken lassen, wozu war ste denn die Bevorzugte, das reiche Mädchen, wenn sich nicht alle ihre Wünsche erfüllen ließen. Fred und Carla konnten sich unmöglich fürs Leben verbinden» daS war ja Unsinn, beide arm, und beide Genußmenschen, die sich nicht'« versagen konnten, ein Elend mußte das werden. Carla würbe sehr wohl daran thun den reichen Witwer zu erhören und Fred, nun ihm konnte eS ja nicht fehlen, wenn er erst als interessanter junger Docktor auflrat.
.Wenn Du Dein Examen gemacht hast,
Fred, dann mußt Du sofort mit der Tante zu unS kommen/ wandte ste sich jetzt an diesen, das muß dann ordentlich gefeiert werden.*
.Das können wir ja lhun* versetzte Fred gedehnt, er ahnte natürlich die Gedanken seiner blossen Cousine, „Du könntest vielleicht die Stelle des Badearzte» in L. bekommen/ fuhr diese fort, .der Doktor Fernau ist schon ziemlich alt und kränklich, und wird sich wohl bald zur Ruhe setzen.*
.Och ich glaube Herr Brenken bleibt lieber hier in der Residenz/ nahm Carla jetzt bas Wort. .Der Winter am Ostsee- strande ist doch schauerlich langweilig und einsam.*
.Die Residenz ist aber kein günstiges Terrain für junge Aerzte, habe ich mir sagen lasten, weil alle« dahin drängt/
,O eS muß nur einer Glück haben, eine gelungene Tour genügt manchmal schon einen Arzt berühmt zu machen/
,Na vorläufig habe ich mein Examen noch nicht gemacht!* rief Fred, .varläufia stehn wir noch im Zeichen de« Carnevals und ehe nicht Aschermittwoch ist, denke ich nicht an das Schreckgespenst Examen!*
.Für mich ist morgen schon Aschermittwoch*, klagte F>ora, .da muß ich packen.*
.Ja ein Ende hat Alles hierauf diesen schönen Planeten, auch mein Aschermittwoch wird kommen/ sagte Carla und dachte an den Commerzienrat.
„O Sie haben ja kein Examen vor sich !* meinte Fred, .Ihr Leben oder wenig- stens Ihre Jugend kann ein ewiger Carnc- val bleiben I*
Ein lustiger Carneval an der Seite eines alten Mannes, dachte Carla, während sie aus der Droschke stieg, die vor ihrer Wohnung jetzt hielt. Fred schloß ihr noch die HauSthür auf, und dann stieg ste die Treppen empor, ein Weihnachtsstreichhölzchen in der Hand. In ihrem kleinen Schlafstübchen trat ste, nachdem sie die winterlichen Umhüllungen abgelegt, vor den Spiegel; das kecke Polen- mützchen saß etwas schief auf den dunklen Flechten, und dir Stirnlocken hingen ein wenig wirr darunter hervor, trotzdem aber war es immer noch ein schönes, berückendes Bild was der Spiegel zurückgab, und Carla wurde es ordentlich schwer, das bunte Gewand abzulegen, eS hatte .seine Schuldigkeit gethan, den Zweck erfüllt, den ihr Vater im Auge gehabt al« er ihr das Geld zum Kauf desselben gegeben; er würde zufrieden sein, wenn ste ihm all die Ereignisse deS Balles berichtet. Schön war er ja gewesen; dieser Ball, ein Glanzpunkt ihres Lebens! .Und nun leb wohl Du schönes Polenktnd!* ries sie und fast höhnisch lächelte sie ihr Spiegelbild an, indem ste die Mütze vom Kopf riß, und dann legte ste ein Stück nach dem andern ab und begab sich zur Ruhe.
„Noch bin ich frei, noch ist Carneval/ murmelte sic schon halb im Schlaf; im Traume aber erschien ihr der Commerzienrat in Sack und Asche gehüllt, und ich bin der Aschermittwoch, dein Aschermittwoch, raunte er ihr geheimnisvoll zu und Deine Jugend gehört mir.*
10.
„Nun?* fragte Herr Axhausen am nächstem Morgen, als seine schöne Tochter ihm den Thee bereitet, „wie war eS, erzähle!*
Man sah e» Carla kaum an, daß sie die Nacht durchtanzt, so blühend und frisch erschien ste, sie befaß die Spannkraft elastischer Naturen und gehörte zu den Menschen die ihre Tage ausnutzen, nicht grade durch Pflichttreue und Arbeit, nein dazu war ste nicht veranlagt, ihr Lebenszweck war, sich da» Leben zu veschönern, und Genüsse aller Art zu verschaffen.
Mit den geringen Mitteln, die ihr zu Gebote standen, wußte ste immer einen gewissen zierlichen Comfort zu erzielen; der FrühstückSlisch war aufs zierlichste gedeckt, und ste selbst sah allerliebst aus in dem dunkelblauen Morgrnrock, dem weißen Schürz- chen und Häubchen. Die Helle Morgensonne flutete in das Zimmer, das noch etwas phantastischer ausgeputzt war als die Wohnung von Brenkens.
„Ich habe Deine Wünsche beherzigt/ begann Carla jetzt ihren Bericht, „der Herr Commerzienrat ist Feuer und Flammen und wird sicher nächstens als Freier hier erscheinen/
„Ah wirklich, nun ich wußte eS ja, daß Du mein verständiges Kind bist und Du wirst eS auch nicht bereuen, auf Deinen alten erfahrenen Vater gehört zu haben. Dein Verehrer der Student war wohl nun sehr unglücklich?"
,O noch glaubt er an mich, und so lange es irgend angeht, soll eS auch so bleiben jede Stunde der Freiheit die mir noch vergönnt ist, will ich in seiner Gegenwart genießen, Du würdest mich verstehen, hättest Du ihn gestern Abend gesehen in seiner Lohen- grin-Gestalt er sah bildhübsch aus. Wir haben den Co'.illon zusammengetanzt, eS waren die seligsten Slunven des Balle». Es ist doch etwas herrliches um solche fiöh- licht Jugend, die noch den vollen Glauben an das Glück hat I*
(Fortsetzung folgt.)
Humoristisches.
(Finanzoperation). Fritz (der einen Pfennig gefuuven hat, beim Kaufmann): „WaS giebl'S bei Ihnen für einen Pfennig?" — Kaufmann .Entweder drei Murmeln oder zwei Schieferstlfte oder ein paar Stangen Süßholz." — Fritz nach kurzem Ueberlegen): .Dann geben Ste mir einen Murmel, einen Schieferstlft und für das übrige Geld Süßholz !*
(Pech). Arzt (zu einem Studenten): „Sie sind jetzt als völlig geheilt zu betrachten und können nun wieder Bier trinken, so viel Sie wollen !" — Studios: Ach, lieber Doktor, was nutzt mir da», ich kriege doch nirgendswo mehr gepumpi l*
.'. (Das Interessantere). Papa: „Karl- chen der Siorch Hai dir soeben ein Brüderchen gebracht. Willst du eS sehen?* — Karlchen: „Nein, aber den Storch.*
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