Gin WaterHerz.
Roman in Originalbearbeitung nach dem Englischen von Clara Rheinau.
111) (Nachdruck verboten.)
«In Zukunft werden wir bessere, treuere Freunde sein, wie ich hoffe. Und für die Vergangenheit, — die ganze Vergangenheit, von der letzten Trennung in Wolflon an bis zum heutigen Tage, meinen Dank — liebe Lena/'
Dies waren seine ersten freundlichen Worte, und sic raubten Helene vollständiger ihre Fassung, als alles, was er vorher gesprochen. Die Thränen strömten ihr ans den braunen Augen, und sie wandte sich ab, um den Oberst sie nicht sehen zu lassen. „Ich habe Sie arm gemacht, das ist Alles," flüsterte sie.
„Unsere Lage kommt zwischen uns nie in Betracht, sagte er; „und jener Wechsel — mein Kind, sehen Sie, was Sie gethan haben!"
In ihrer Erregung hatte Helene den Wechsel vom Tische ausgenommen und ganz unbewußt in kleine Stücke zerrissen. „O, was liegt daran," bemerkte sie kurz.
„Ich werde einen andern schreiben." Der Oberst zog ein Checkbuch aus der Tasche und ergriff die Feder. Helene stand an seiner Seite und hielt seinen Arm zurück, ehe er einen Buchstaben geschrieben. „Wenn unsere Lage nie zwischen uns in Betracht kommt, sagte sie nun sehr fest, „warum suchen Sie mich durch all' diese Reden über das leidige Geld zu demütigen? Warum erwarten Sie, daß jedes Opfer nur von ihrer Seite komme? Ich rief den Himmel zum Zeugen, daß ich Ihre frühere Rücksicht für mich, Ihre Schonung sür meinen Bruder vergelten wolle — aber Sie zwingen mich, meinen Schwur zu brechen. Haben Sie ein klein wenig Erbarmen mit einer Frau, die schwächer ist, als Sie I"
„Ihren Schwur ? O, Lena, ist es dies ? Das erklärt mir Vieles." Erriet er in diesem Augenblick ihr Geheimnis oder hatte er es am vergangenen Abende, lange zuvor, bereits erraten? Gott weiß eö, wann ihm die Wahrheit vor Augen trat, denn er war sehr zurückhaltender Natur. „Sie müssen mich diesen Wechsel noch einmal schreiben lassen," sagte er.
Helene erhob flehend ihre Hände, als ob sie den Himmel bitten wolle, den Eigensinn dieses Mannes zu sehen, und zu verzeihen; bann sank sie langsam und erschöpft in ihren Stuhl zurück.
Frank Nord schrieb seinen Wechsel mit heftig zitternder Hand und machte seltsame Malereien, die seinen Bankier überrascht haben würden; er ließ einen riesigen Tinten- kleks auf seine Unterschrift fallen und warf seine Feder wild über die Tischdecke; dann präsentierte er Helene daS halbverwischtc Blatt. „Wollen Sir ihn jetzt nehmen?"
Helene rührte sich nicht. Eie war des Streites müde geworden und verhielt sich schweigend.
„Wollen Sie mich dazu nehmen, Lena?" fragte er mit leiser Stimme.
Sie blickte auf, kaum ihren Ohren trauend; ein leichter Aufschrei ertrang sich ihren Lippen, und sie wandte sich heiß crötend ab.
„Wollen Sie mich zu diesem Wechsel nehmen und damit jedem Streite ein Ende machen,
Lena? Mich nehmen mit meinen einundvierzig Jahren, aber mit einem Herzen, daS noch sehr jung und frisch, und so voller Liebe für Sie ist, daß es mir ewig ein Rätsel bleiben wird, wie ich diese so lange verbergen und mich selbst so gründlich täuschen konnte. O, Lena, ich habe Sie erschreckt und erzürnt durch meine Verwegenheit — durch mein ehrgeiziges Verlangen, eine schöne, reiche, um siebzehn Jahre jüngere Dame als Gattin heimzuführen. Vergeben Sie mir — bemitleiden Sie mich — versuchen Sie sich vorzustellen, ob eS Ihnen nicht möglich wäre, mir Ihre Hand zu reichen und mit der Zeit mich ein wenig lieben zu lernen — weisen Sie mich nicht zu rasch zurück."
Frank Nord war ein gereister Mann von reicher Welterfahrung und einer Verstandesschärfe und Urteilskraft, die ihn in Alsako berühmt gemacht, aber die Unbegreiflichkeit dieses Frauenherzens konnte er nicht durch- dringen. Er glaubte sich schließlich dennoch in ihr getäuscht zu haben, und ihre Thränen ihr Schluchzen bestärkten ihn in dieser Meinung ; sie hatte ihn wohl nur als einen Vater, einen väterlichen Freund, einen Wohl, thäler geliebt, und er hatte ihr Benehmen ganz falsch gedeutet. „Ah ! ich sehe, daß ich Sie sehr betrübt habe, Lena," sagte er, sich über sie neigend; „doch denken Sie nicht mehr daran, — oder vielmehr nehmen Sie eS sich zu Herzen als eine Lehre, keinem Manne zuviel Hochachtung zu bezeugen. Ich war so lange von der Achtung der meisten Leute ausgeschlossen, so lange Mißverstanden, daß eine gefährliche Schmeichelei für mich darin log, mich von Ihnen über meinen Wert erhoben zu sehen. Ich hatte Ihnen nichts dagegen zu geben, Lena, nichts, als meine Liebe sür Sie. Habe ich Sir, selbst iür eine Antwort zu tief beleidigt?"
„Nein, o nein, — es ist nicht das," sagte Lena, hastig die Thränen aus ihren Augen wischend; „ich bin nicht betrübt — nicht beleidigt — nur sehr, sehr glücklich I"
„Lena — Du liebst mich?"
„Ol Frank Nord, seit so langer Zeit, daß ich nie den Mut haben werde, zu gestehen, wie lange," murmelte sie, ihr Gesicht an seiner breiten Brust verbergend, als er die Braut in seine Arme schloß.
Dies war das Ende der geschäftlichen Abmachung, welche Helene so sehr gefürchtet hatte — zwischen Lena Dering und Frank Nord gab eS keine Streitigkeiten mehr. Es war ein Frtedensjchluß, der langer Zeit zu seinem Zustandekommen bedurfte, aber auch für immer dauern sollte.
Der Tag ist herrlich; goldener Sonnenschein liegt über der Erde, und die noch in Barstost verweilenden Badegäste freuen sich des prächtigen Herbstwetters, als Frank Nord mit Helene der Esplanade zuschreitet. Sie sind sehr glücklich, die Beiden, und Frank Nord'S Antlitz war selbst in der Jugend nicht so schön und strahlend, wie jetzt im reifen Mannesalter. Er hat sich verjüngt seit dem Morgen, oder war es der ernste strenge Ausdruck, der ihn seither älter als seine Jahre gemacht hatte? Eiste erhebt sich rasch von ihrer Bank, als sie das stattliche Paar sich nähern steht, und ließt vielleicht daS ganze Geheimnis in ihren glückstrahlenden Mienen, ehe nur eine Silbe gesprochen wird. „Nun, so sind denn endlich die Geschäfte er- lcdigt?" fragte sie; und wir werden nichts
mehr von Geldsachen, Abrechnungen und
türkischen Wertpapieren hören?"
„Nein, mein Kind, nichts mehr hiervon. Lena und ich sind ganz einig geworden."
Eiste bemerkte den Blick, den er mit Lena auStauscht, und ruft lächelnd: ,O, Vater, ich errate es I Lena will mich aus Deinem Herzen verdrängen I"
„Und Du bist nicht eifersüchtig, Kind?" fragt der Vater, sie zärtlich bei der Hand fassend, „nicht zu dem Wunsche geneigt, daß ich mich mit Deiner Liebe begnügt, nie an eine Wiedervermählung gedacht hätte.?"
„Eifersüchtig! o, Vater, wie wenig Du mich kennst I Ich freue mich ja so sehr über Dein Glück, und ich weiß, daß Keines von Euch Beiden eine bessere Wahl hätte treffen können." Elsie wendet mit Ihnen um und gehl an ihrer Seite die Esplanade entlang, im Stillen verwundert, wie dies so rasch zu Stande gekommen, aber bescheiden wartend, bis Lena oder ihr Vater die ersehnte Aufklärung geben. Da taucht in der Ferne Antonio Baretti auf, um den vierten im Bunde zu machen. Elsie erblickt ihn zuerst, aber der Oberst wird erst auf ihn aufmerksam, als er sein Kind plötzlich die Farbe wechseln steht.
„Antonio spricht davon, übermorgen nach Paris abzureisen," sagte er in leisem Tone. „Soll ich ihn nicht lieber zum Bleiben auffordern ?"
„Zum Bleiben ? Unter keiner Bedingung Vater?" war die stolze Entgegnung.
„JL möchte auch Dich glücklich sehen, mein Kind; laß auch Du diesen Tag zum Wendepunkt in Deinem Herzen werden. Er ist Dir treu geblieben, ich weiß es, und Du auch ihm, wie ich glaube."
Elsie erwidert nichts, sondern schlägt heiß errötend die Augen nieder. Der Vater errät, was in ihrem Herzen vorgeht; er steht die Schranke gefallen zwischen Elsie und Antonio und fühlt sich beseligt durch den Gedanken, daß ein einziges Band der Liebe Alle umschlingt, die seinem Herzen teuer sind.
— Ende. —
Verschiedenes.
— Wer aus seine Gesundheit achtet, der sollte den allzu häufigen Genuß von Bohnenkaffee vermeiden. Aber was soll man als Ersatz dafür nehmen? Diese Frage beantwortet Frau Lina Morgenstern, eine bekannte Autorität in allen wichtigen Frauenfragen :
„Da ich es mir nun seit Jahren zur Aufgabe gemacht habe, die Ernährungsfrage durch praktische Versuche zu fördern, prüfe ich auch die unzähligen Kaffee-Surrogate und fand, daß Kathreiner'S Malzkaffe«, der sich in den letzten Jahren als Ersatz sür den Bohnenkaffee immer mehr Bahn gebrochen hat, wirklich höchst empfehlenswert ist, wenn man ihn richtig zu bereiten versteht.
Daß meine Meinung nicht vereinzelt da- stcht, zeigt das Urteil vieler Aerzte, hervorragender wissenschaftlicher Autoritäten, ja selbst von Potentaten, welche es nicht verschmäht haben, dem Kalhreiner'schen Malzkaffee näher zu treteten.
«»»aktion. Druck und »«kg von vernh. Hosmann io Wtldbab.