Kin WaterHerz.
Roman in Originalbearbeitung nach dem Englischen von Clara Rheinau.
82) lNachdruck verboten.)
Von der Sehnsucht nach seinem Kinde getrieben, eilte Frank Nord ohne Aufenthalt nach der Vorstadt St. Honors, denn er wußte Antonio gut geborgen unter den Hin« den der Aerzte. O, wenn er nur Elfte finden und sie mit sich zurücknehmen könnte in sein trauriges Heim, wie glücklich würde er von diesem Tage an sein! Er fand das Haus, weckte den Portier auf, eilte die Treppe hinauf und durch die unverschlossene Thüre auf einen Vorplatz, wo eS sehr stark nach Brandy roch und der Boden mit Glasscherben bedeckt war. Alle Zimmer waren leer, keine liebende Tochter eilte ihm entgegen, und als er bestürzt die Treppe wieder hinabging, hörte er von einer alten Frau, die ebenfalls im Hause wohnte, daß die Damen Im ersten Stock sich vor einer Stunde entfernt hätten. „Abermals verloren I' rief der unglückliche Vater. „Wäre es möglich, daß Baretti mich dennoch irregeführt hätte?"
Aber das Ende der langen, qualvollen Ungewißheit stand nahe bevor und brachte dem Exprästdenten von Alsako größere Freude, als er in seinen kühnsten Träumen zu hoffen gewagt hatte. Elfte befanv sich bereits in seiner eigenen Wohnung, und als er traurig die Treppe hinausschrttt, empfing sie ihn mit auSgebreiteten Armen, dir Augen voll Thrä- nen, Liebe und Sorge in jedem Zuge ihres zarten GestchtchenS.
„Endlich!" sagte sie, als zum ersten Male seit sechszehn Jahren des Vaters Arme sie zärtlich umschlangen.
,Ja, endlich und für immer, mein Kind," versetzte der Oberst, einen Kuß auf die Stirn seiner Tochter drückend.
„Nun giebt cS keine Trennung, kein Mißtrauen mehr zwischen uns," sagte Elfte; „nun bleibe ich bei Dir, um Dich zu lieben, für Dich zu sorgen, Vater, bis an'S Ende meines Lebens."
Frank Nord schob Elfte einen Schritt von sich weg und blickte forschend in ihre Züge. „Du bist wohler, Kind, als ich Dich zu finden erwartet halte."
«Ich bin ganz wohl lieber Vater, und wie mir scheint, etwas kräftiger. Die ganze Vergangenheit ist wie ein schwerer Traum für mich."
Dem Himmel sei Dank l" murmelte der Oberst mit einem Aufblick nach Oben.
„Aber wir vergessen Antonio," erinnerte Elfte leise; er schläft jetzt und wird genesen, wie die Aerzte sagten. Wie ist eS gekommen, daß er verwundet in jenem Zimmer liegt, der Arme?"
„Du sollst es sogleich erfahren," sagte Nord und gedachte der Freundin, deren Elfte noch nicht Erwähnung gethan.
„Wir müssen Fräulein Dertng sofort wissen lasten, daß Du gefunden bist, Elfte."
„O die arme Lena I Was mag sie die ganze Zeit über in Wolston gethan haben? Werden wir nach England gehen, und sie aussuchen?"
„Nein," versetzte Nord nach kurzer Ueber- ltgung; „wir beide werden reisen und uns von alten und neuen Freunden fern halten. Du hast mir versprochen, mich nicht mehr
zu verlassen, wie Du weißt," fügte er in nervöser Erregung bei.
„Nein, nie mehr in meinem ganzen Leben, bestätigte Elfte.
An jenem Morgen trug der Telegraph die lang und heiß ersehnte Nachricht in das große weiße Haus nach Wolston am Broad: „Elfte ist gefunden und befindet sich wohl." Nach wenigen Tagen folgte dem Telegramm ein Brief deS Obersten. Er enthielt viel Neues für Helene Dering, aber er sprach nichts von einer Rückkehr nach Wolston, wie ste so sehr gehofft hatte. In einer Nachschrift deutete Elfte ihres Vaters Absicht an, mit ihr auf Reifen zu gehen, und Helene sagte sich seufzend, daß die Zeit sie nur noch weiter von einander entfernen anstatt zusam« menfäbren würde. Für Frank Nord und feine Tochter begann nun ein neues Leben voll Liebe und Vertrauen; für ste blieb die Einsamkeit, die ste selbst verschuldet und der ste nicht mehr entrinnen konnte. Sie hatte sich gelobt, ihr Leben der Begründung einer glücklichen Zukunft für Frank Nord zu wid- men; aber das Glück war ohne ste gekommen und ihre Aufgabe in diesem Leben beendet.
45. Kapitel.
Antonio Baretti'S Genesung machte unter sorgfältiger Pflege langsame Fortschritte, und ehe der Sommer zu Ende ging, war er völlig wiederhergestellt. ES war im August, als er selbst sich wieder im Besitze seiner alten Kräfte erklärte — gerade ein Jahr, nachdem er in Wolston bet der Regatte den Sieg davongetragen und Frank Nord zum ersten Male seinen Geburtsort ausgesucht hatte. Welch inhaltsreiches Jahr war dies gewesen I Wieviel Leid und Trauer hatte er selbst über andere gebracht! Ein Rückblick auf seine Vergangenheit war stets schmerzlich für Antonio, und wenn auch die Zukunft dem jungen Komponisten verheißungsvoll winkle, so fühlte er sich doch gegenwärtig nichts weniger als glücklich. War auch Frank Nord immer gleich gütig und liebevoll gegen ihn, verkehrte auch Elfte wie eine Schwester mit dem jüngeren Freunde ihres Vaters, so lag doch ein schwerer Druck auf Antonios Gemüt. Die bevorstehende Trennung, die seit mehreren Tagen auf dem Korridor stehenden gepackten Koffer ließen ihn nicht zur Ruhe kommen. Antonio mit der Liebe eines Sohnes an dem Obersten, und eS schmerzte ihn, daß dieser seine Abreise von Paris herbeizusehnen schien. Natürlich nahm Elfte den erste» Platz in ihres Vaters Herzen ein, aber Antonio hätte gerne gesehen, daß Nord nur mit Betrübnis die Bande zerschnitten hätte, mit welchen das Schicksal sie aneinandergefesselt. Des Obersten Glückwünsche zu den schönen ZukunftsauSstchten, welcher der glänzende Erfolg seiner Operette ihm eröffnet, nahm er sehr gelassen entgegen; er vermißte zu schmerzlich einen wehmütigen Klang in des alten Freundes Stimme.
Die französische Regierung hatte natürlich keinen Wert darauf gelegt, daß Paulo Ba- rettt bei seiner abscheulichen That einen Irrtum begangen, oder daß Oberst Nord und Antonio nur sehr widerwillig« Zeugen waren, und die Beredtsamkeit seines Anwaltes konnte Paulo nicht vor der Galeere retten. Sein Anwalt sprach zwar sehr viel von dem Unrecht, das sein Klient erduldet, von derTy- ranne, die man gegen den Unglücklichen ausgeübt, als Oberst Nord noch Präsident von
Alsako war; er erwähnte des Kummers, der deS Armen Gemüt bedrückt und ihn zu Hand» lungen verleitet hätte, für die er kaum verantwortlich zu machen wäre; er führte an, daß der eigene Sohn den Vater in der Stunde der Not verlassen hätte, daß seine Lebensgefährtin seinen liebenden Armen entflohen sei — aber olles blieb ohne Wirkung auf jene, welchen die Entscheidung über das Geschick des Gefangenen zustand. Der Anwalt vergoß Thränen über den Schluß seiner Rede, und Paulo weinte mit ihm; aber der Gerichtshof war unerbittlich und verhängte eine schwere Strafe über den Verbrecher. Paulo erhielt die Erlaubnis, vor seiner Abfahrt nach Toulon seinem Sohne Lebewohl zu sagen. ES war eine seltsame Begegnung zwischen den beiden Barettis, denn Paulo hatte selbst jetzt noch Vorwürfe für den Sohn. Er war nicht in jeder Hinsicht sein altes Selbst; aber die Last, die Antonio'S Wiedergcnesung ihm vom Gewissen genommen, übte keinen guten Einfluß auf ihn aus. Er freute sich, daß er seinen Sohn nicht ermordet hatte, aber in Bezug auf Frank Nord schien kaum das gleiche Gefühl bei ihm vorzuhcrrschen. Dem Oberst schrieb er alles Unglück zu, das ihn betroffen und das er nicht bereits Antonio zur Last gelegt hatte. „Ihr beide habt mir eine schöne Suppe eingedrockt," murrte er, mit dem rauhen Aermel seiner Jacke sich die Augen wischend.
„Tadle weder ihn noch mich," sagte Antonio ernst; „denke lieber an Dein verfehltes Leben und freue Dich, daß Dir Zeit geblieben zu sühnen und zu bereuen."
„Ich könnte nicht sagen, daß ich Verlangen nach einer Predigt von Dir hätte, Tony; Manches »Hut mir leid — zum Beispiel, daß ich in'S Gefängnis wandern muß."
„Vielleicht werden wir einander Wiedersehen. Gehe in Dich, Vater, verlasse den Kerker als ein besserer Mensch, als ein Mensch, dem ich Vertrauen kann, der sein Unrecht einsieht und bereut, und ich werde Dich Nicht verlassen." ,
„O, ich weiß schon, was du in diesem Falle thun würdest," rief Paulo spöttisch; mich an irgend einen verwünschten Hafenplatz Hinschleppen uud Dich wegschleichen, sobald ich Dir auf einem absegelnden Dampfer den Rücken gekehrt hätte. Hättest 'Du mir nicht früher schon diesen Streich gespielt, so wäre ich ein anderer Mann geworden — eine Ziede der Gesellschaft."
(Fortsetzung folgt.)
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