Gin Watsrherz.

Roman in Originalbearbeitung nach dem Englischen von Clara Rheinau.

76) (Nachdruck verboten.)

,Ja, schon fünfzig Mal. Ich mag es nicht noch einmal hören. Ich bin Deiner Geschichten müde, wie Deiner selbst," sagte Frau Baretti, ihre Schulter mit der Hand reibend. Fast hatte es den Anschein, als ob Frau Baretti ihren Gatten herausfordern wolle, denn sie kannte sein heftiges Tempara- mcnt aus langer Erfahrung und hätte wissen müssen, daß sie ihn mit ihren trotzigen, ver­ächtlichen Worten auf's Aeußerste reizen würde. Hatte sie dies beabsichtigt, so war cS zu ihrem eigenen Schaden ihr gelungen. Eine Sekunde später lag sie auf dem Boden, mit dem Kopfe auf dem eisernen Feuergitter, und Paulo stand wie ein Dämon, blaurot vor Wut, da­neben.

An allen Glieder zitternd trat Eiste ein. Was ist vorgefallen?" fragte ste ängstlich.

Sehen Sie nach dieser Närrin, Mäd­chen," ries Paul».Sprengen Sie ihr doch Wasser ins G-sicht schütten Sie die ganze Flasche über ste thun Sie irgend etwas. Ich gehe aus." Er verließ das Zimmer, und die Thürc siel dröhnend hinter ihm ins Schloß. Als er gegangen war, schien sich Elfte sehr klar der erhaltenen Anweisungen bewußt zu werden, denn ste neigte sich mit dem Wasser­glas über Frau Baretti und erhob ihren Kopf ein wenig. ,O, lassen Sic mich in Ruhe!" sagte diese matt.Ich erhole mich schon wieder. Sie können mir nicht helfen." Sie stieß Elste in barscher Weise von sich und kauerte auf dem Kaminteppich, stumpf vor sich hinbrütend.Ich glaube, das war der letzte Tropfen, der den Eimer überlaufen machte," murmultc ste.Ich sagte, ich würde mich an ihm rächen, wenn er mich noch ein­mal schlüge und ich will eS thun." Ein so elendes Geschöpf ist deö Lebens nicht wert." Ste blickte jetzt auf Elste, als ob ste eine Antwort von ihr erwarte, aber das arme Kind betrachtete ste nur traurig und voller Mitleid.Gehen Sie zu Bett Mädchen," schrie Frau Baretti ste plötzlich an,ich kann Sie nicht mehr sehen ich hasse sie. Sie sind schuld an all' diesem Ungtiück, gehen Sie l" Elste schrack zurück, als ob sie sich fürchte, antwortete aber nichts.Packen Sie sich, Mädchen, Wenns gefällig ist," rief dir Frau mit zunehmender Wut.Gehen Sie zu Ihrem Bater auf dem Loulvvarä äsr Italiens!; fragen Sie in jedem Haus nach Frank Nord, bis Sie ihn finden. Mir ist's einerlei, wohin Ste gehen."

Soll ich nicht hier auf ihn warten?" fragte Elste.Kommt er also nicht hier­her?"

,O über das dumme, erbärmliche, ver­rückte Frauenzimmer l warum stirbt nicht?" rief Frau Baretti wild.

Elste setzte sich nieder und fing an, sich wieder mit ihrer farbigen Wolle zu beschäf­tigen; die Frau auf dem Kamint'ppich nahm keine Notiz mehr von ihr, sondern blickte mit finsterer Miene vor sich hin. Nach einer Weile erhob ste sich aus ihrer unbequemen Stellung, goß sich etnLiqueurglaS voll Brandy ein und leerte zur Stärkung ihrer er­schütterten Nerven; dann nahm ste an dem Tische Platz, und ein langes Schweigen trat ein. Endlich streckte ste die Hand abermals

nach der Brandyflasche aus, mit einem ver­stohlenen Blick auf Elste verbarg ste die Flasche rasch in den Falten ihres Kleides und schlich sich leise aus dem Zimmer. Vor der Thüre stellte sie die Flasche auf einem kleinen Tischchen nieder, zog ein Gläschen aus der Flasche und betrachtete dessen Inhalt beim Scheine der Gasflamme, Wieder trat eine lange Pause ein, ehe Frau Baretti mit fester Hand das Gläschen in die Brandy­flasche Paulo'S entleerte und diese dann mit unheimlicher Miene betrachtete. ES war zu dieser schrecklichen That gekommen, und die unglückselige Frau führte ihren verzweifelten Entschluß mit entsetzlicher Kaltblütigkeit aus. Sie vermochte Paulo'S Mißhandlungen nicht mehr zu ertragen und sah nur auf diese Weise eine Rettung aus der Hölle, die er ihr bereitete.So," sagte ste endlich. Sie hatte das kleine Gläschen, das sie schon vor Monaten gekauft, bei Seite gestellt und be­trachtete den Brandy immer noch mit kriti­schen Blicken, als Elste ihren Arm berührte und langsam fragte:WaS ist dies?"

Frau Baretti verlor diesmal ihre Fassung und vermochte nur mit heiserer Stimme zu erwidern:Es ist Brandy. WaS sollte es sein? Ich machte eS ihm nach," fügte ste mit hartem erzwungenen Lachen bei.

Und dies?" fragte Elfte, das kleine Gläschen berührend.

O rühren Sie dies nicht an l Das gehört mir."

Gift!" flüsterte Elste.Leugnen Sie eS nicht es ist Gift.

Geben Sie mir das Gläschen her l rief Frau Baretti zornig.Sie sing ganz verrückt heute Abend, Mädchen."

Nein, Frau Baretti, ich bin nicht ver­rückt," war die ruhige Entgegnung.Seit Wochen schon, Gott sei Dank, ist mein Geist wieder klar."

Nicht mehr verrückt Sie?"

Frau Baretii'S Finger verloren ihren Halt, und die Brandyflasche lag in taufend Stücken zerbrochen zu ihren Füßen auf dem steinernen Boden.

41. Kapitel.

Frau Baretti war aus Elste'S Eröffnung vollkommen unvorbereitet gewesen, und die Heber raschung drohte ihr fast den Atem zu rauben. Sie fühlte sich einer Ohnmacht nahe und empfand eine unbestimmte Angst vor der Gefahr, die ste sich selbst heraufbeschworen. Sie Ste sind nicht mehr irrsinnig!" murmelte ste mit erstickter Stimme;wie kommt dies? Warum haben Sie mir dies vorenthalten mich die ganze Zeit getäuscht und betrogen?" fügte sie vorwurfsvoll bei.

Ich werde eS Ihnen erzählen, sagte Elste und trat in das Zimmer zurück. Frau Baretti folgte ihr willenlos, so sehr fühlte ste sich in der Gewalt deS schwachen Mädchens vor ihr in ihrer Gewalt, wenn Elfte wirklich gesund, wenn es nicht eine vorüber­gehende krampfhafte Anstrengung ihres kranken Geistes war, wie ste noch immer hoffte.Sie sind irrsinnig, Elste," sagte ste sogar, als das junge Mädchen bleich und gedankenvoll, mit gefalteten Händen vor ihr saß;Ste haben sich dies alles nur eingebildet. Das sind neue thörichie Gedanken, die in Ihrem kranken Hirn entstanden sind."

Nein e« ist nicht so," versetzte Elste ruhig;um Ihretwillen, L>ie Arme, könnte ich fast wünschen, Sie hätten Recht, odschon

ich Gott danke für meine Wiederherstellung'*

Auch ich danke Gott dafür," sagte Frau Baretti mit erzwungenecr Freundlichkeit, welche von ihrer nervösen Erregung seltsam abstach; seit Wochen habe ich eine Veränderung an Ihnen bemerkt und hoffte, daß ste gesund würden. Wie froh bin ich darüber!"

Elste erwiderte nichts und wieder schwankte Frau Baretti zwischen Zweifel und Hoffnugen. Wen» Elste nur erregt werden, ste wild an« blicken und Verraten würde, daß ste den Vor­fall mit Brandy wieder vergessen hätte, wenn ste nur irgend etwas thun oder sagen würde, anstatt sie mit diesem traurigen Ernste fort­während anzuschauen.

(Fortsetzung folgt.)

Verschiedenes.

Doktor und Pfarrer. Das illustrierte JnSbrucker HalbmonatsblaitDer Scherer", mit Rücksicht auf den Ort seiner Ver­öffentlichung und die Leidenschaftlichkeit der FrrihcitStendenzen die merkwürdigste Erschein­ung der österreichischen Publizistik, veröf­fentlicht in seiner neusten Nummer folgende Schnurre im tiroltschen Dialekt:

Weilst gar a so nette G'schichterlri bringst von de Pfarra, woaß t Dir a oani. In aran Ort bei uns herin in de boarischen Berg' iS a Docta, a recht a g'scheidta Mo', abe zwoa Sacherln Hot a, de ko' er scho gar net auSsteh'n. ErschtenS bal er an geistlinga Herr blos riacht, gift a ste damisch, wennst am z'weng'n kravkjn Viech frogst, ko'st an narrisch macha. Woast er iS halt an g'stu- dierta Menschendocta.

Also da Pfarra von demselbinga Ort, der Hot dees natürli g'wußt und Hot a Klamper! o'g'henkt, wo's nur grob a Bisserl ganga iS. Amal in da Fruah kimmt d'Pfarrköchin und sagt:O mei, o mei Hochwürden Herr Pfarra, d' Goaß iS krank, ste mag nimma sauf'n."

Lacht da geistlinga Herr u. sagt:Nimm'S glei de Goaß und geh' zu'n Herrn Docta damit, der wird scho a Mittel wissen, der gor g'scheit Mo, und an recht schöna Gruaß von mir dazu« I"

D' Köchin geht, und da Pfarra Hot st närrisch g'freut, weil er au Docta oans auö'« g'wischt Hot. ES geht net lang her, ktmMt d'Köchin mit da Goaß und fangt a':

Hochwürden Herr Pfarra, i trau ma'S net ausricht'n, was a g'sagt hat."

Nur raus mit da Sprach," lacht da Pfarra,wenn er ste ara Bissel gift hat'."

Ja mei, sagt' d'Köchin, i trau ma'S halt net, er hat' g'sagt er hat' g'sagt sagst an recht freundlinga Gruaß an Dein' Hochwürden, Hot er g'sagt, und er sollt seiner Goaß beim Boda a Plat'l scherr'n laß'n, nach» sauft'S wia oa Pfaff."

(Unfreiwilliger Humor.) DerWürz­burger Gcneralanzrtgcr" schreibt unterm 17. Juni dieses Jahrs: Eine geistesbeschränkte Frau in Rothenbuch brachte sich vor einigen Tagen so schwere Brandwunden bei, daß ste, ohne ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, starb.Das war nicht recht von der Frau l (Gemütlich.) Hausfrau (hat einem Bettler Essen gereicht):Nun, wie hat »S Ihnen geschmeckt, lieber Mann?" Bett­ler :Danke, sehr gut, was haben Sie denn morgen?"

AHaMon. Druck und Verlag von Beruh. Hosmaon i« WUtzhatz.