Gin WaterHerz.

Roman in Ortginalbearbeitung nach dem Englischen von Clara Rheinau.

71) (Nachdruck verboten.)

Sie vergessen, Oberst, daß mir lein Vermögen zugrfallen ist."

Mein Heim ist das Ihrige, bis wir Eiste auffinden. Ich kann nicht allein sein; Sie sind mir wie ein Sohn gewesen, Tony."

Ja, aber"

Keine Ausflüchte l" rief Nord, den sein unerwarteter Glücksfall in sichtliche Aufreg­ung versetzte.Wenn ihre kleine Oper erst ihr Glück macht, so werden auch sie Ihr Glück machen. Geniale Komponisten können sich in Paris rasch ein Vermögen erwerben."

Die ganze Sache ist abermals aufge- schoben bemerkte Antonio traurig.

Für eine Weile nur. Was bedeutet eine kleine Enttäuschung für einen Genius wie Sie?"

Sie spotten meinerI" rief Baretti vor­wurfsvoll.

Im Gegenteil, mein Junge; ich möchte Ihnen nur frischen Mut machen, Ihnen vorwärts helfen, wie Sie mir geholfen haben, bis die kleine Dering ihre Stelle ein­nahm. Ah, jene kleine Dering I Ich muß heute Abend genau berechnen, was ich ihr schulde. Ich verlangte eine Aufstellung ihrer Ausgaben, ehe sie wegging. Die Nords mögen nicht in der Derings Schuldbuch stehen sie mochten eS nie. Ich möchte nur , wissen, wo sie die Notizen hingelegt hat."

ES gehört ihr mit Recht. Sie brauchen nicht gar so rücksichtsvoll gegen ihre Gefühle zu sein," versetzte Nord.Welche Befugnis hatte sie, meine Dokiorsrechnungen zu be­zahlen und Hofärzte hierherzurusen und dies Zimmer wie einen Palast für mich auSzu- statten ? Ich habe eS nie von ihr verlangt. Es gleicht ganz ihrer"

Güte," vollendete Antonio, als der andere noch rechtzeitig ein undankbares Wort unter­drückte, das ihm schon auf den Lippen schwebte.

Ja, Güte," sagte er;schließlich war eS auch nichts anderes, obgleich sic mich in Verlegenheit setzte und ich froh war, sie loö- zuwerden nicht wahr, Tony."

Sie haben eS wenigstens mehrmals ge­sagt."

Und ich werde ihr jeden Pfennig der Schuld zurückzahlen; zwölf bis vierzehnhundert Thaler waren cs, wir ich mich erinnere," rief er, unter den Papieren in seinem Pulte wühlend;ich kann das Papier jetzt nicht finden. Was sind vierzehnhundert Thaler für einen Man» wie ich, den Besitzer von hundert und so und so viel tausend Thalern? Ich habe hiervon eine Aufstellung wenn ich nur gleich wüßte, wo."

Als er etwas ruhiger geworden war, fand er auch richtig HelenenS Aufzeichnung, die sie auf sein dringendes Verlangen abgefaßt, ohne jedoch sehr gewissenhaft damit zu Wege zu gehen. Wenige Tage später erhielt sie ihr Guthaben und einen freundlichen Brief, der sie vollkommen befriedigte. Frank Nord schrieb von seinen guten Nachrichten aus Alsako, teilte ihr seine neue Adresse mit er hatte eine Wohnung auf dem Boulevard der Italiener bezogen sprach von Neuem scnc Hoffnung aus, Elfte wtederzufinden, und deutete nur in wenigen Worten an, welche Qual ihm

die fortgesetzte Ungewißheit über baS Schicksal seines KtndcS bereite.

Helene beantwortete dieses Schreiben sehr bald; auch sie sprach von Elfte und berichtete daß ihre Kundschafter noch allenthalben nach der Verlorenen suchten. Auch sie -hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben; eS war nur ihr altes unthätigeS Leben in Wolston, das sie so unglücklich machte.

Trotzdem wird sie nicht hierher zurück­kehren," bemerkte Nord, seinen langen Bart dnrch die Finger gleiten lastend:Sic be­greift dies, denke ich." Begriff er selbst es denn, daß er sie immer noch vermißte, selbst in seinem neuen großartigen Heim? Kaum: denn er glaubte stets, er befinde sich am wohlsten allein mit seinen Gedanken, die ihm doch niemals Trost und Erheiterung brachten.

Enndlich erhielten diese vorübergehende Auffrischung durch Antonio'S Ankündigung, daß der Tag für die erste Aufführung seiner Operette nun für die allernächste Zeit fest bestimmt sei. Den jungen Komponisten über­fiel jetzt plötzlich eine bange Verzagtheit um den Erfolg seines Werkes, und Nord er­mutigte ihn nach besten Kräften.Haben Sie nur Vertrauen in ihr Können, lieber Junge," sagte er freundlich;Sie haben ge- wiß etwas Tüchtiges geleistet. Ich war einst ein großer Musikfreund, und kein so übler Kritiker nach meiner Weise. Hier ist ein Plano; geben Sie mir eine Idee Ihres Themas."

Antonio öffnete bereitwillig das Instru­ment, setzte sich nieder und spielte einige der hauptsächlichsten Stücke, während Nord am Fenster saß und unverwandt auf die Straße hinunterblickte. Ist das Alles?" fragte er, als die Musik aufhörte.

Alles, was ich eben zu stände bringe, Oberst; je näher der Tag kommt, desto ner­vöser und aufgeregter werde ich."

Es ist das Geschick der Komponisten," bemerkte Frank Nord belehrend.

Und was halten Sie davon? Ist es ein guter Anfang? eine Staffel aufwärts an der großen Letter?"

-Ja-"

Sie glauben eS Sie glauben es wirklich?"

Ich würde dies nicht sagen, wenn ich anderer Ansicht wäre, Antonio. So weit mein Urteil von Wert ist, glaube ich, daß Sie Erfolg haben werden. Es ist Macht und Leben in dem Thema."

O, wenn Sic Recht hätten ! Sie wer­den doch der Aufführung beiwohnen, um mir Beifall zu klatschen und mich auf dem Heim­wege zu stützen, wenn eS mißlingt? Ich erinnere mich nicht, je zuvor eine solche Angst gefühlt zu haben."

Ich kenne daS Gefühl, Junge. Vor Jahren, als ich um die Präsidentschaft von Alsako kämpfte, war ich ebenso nervös, wie Sie es heute sind. Es ist ein gutes Zeichen, daß es Ihnen Ernst mit der Sache ist."

Und Sie werden kommen?"

Ja; dieses eine Mal selbst in ein französisches Theater."

Als der wichtige Abend herankam, hielt Frank Nord sein Wort. Antonio hatte ihm eine Loge angcboten, aber mit einem Anfluge seines alten Stolzes lehnte er die Ehre ab und nahm sich selbst eine solche. In voller Toilette begab er sich in das Theater, was großes Aufsehen bei den Bediensteten erregte.

DaS war ein englischer Mylord darüber waren sic einig; außer seiner Kleidung stem­pelte ihn auch seine ganze vornehme Haltung, sein ernstes gedankenvolles Antlitz unzweifel­haft zu einem solchen.

An demselben Abende, etwa fünf Minuten, nachdem der Vorhang aufgcgangen, wurde die Frank Nord gegenüberliegende Loge von einem Herrn und zwei Damen eingenommen von Herrn und Frau Paulo Baretti und Elfte Nord von Wolston. (Forts, folgt.)

Verschiedenes.

^ Ein Mißverständnis. Di- Münchener Jugend erzählte vor einiger Zeit folgendes Geschichtchen:Die Inhaberin einer Frem- devpension in einem bekannten Kurorte er­hielt im vorigen Jahre ein Schreiben aus England, worin eine Miß Brown sich nach den Verhältnissen der Badestadt und insbe­sondere ihrer Pension erkundigte; letztere sei ihr von Bekannten empfohlen worden und sie sei nicht abgeneigt, für längere Zeit dort Aufenthalt zu nehmen, d. h. wenn ihre Fragen zufriedenstellend beantwortet werden könnten. Eine Hauptbedingung sei die b queme Lage des 6. Umgebende Antwort dringend erwünscht. Frau X., die PensionSbesttzerin, hatte nun merkwürdigerweise noch nie gehört, daß man in England und wohl auch anderswo, mit jenen ominöse Buch­staben zu bezeichnen pflegt:Die einsame Klause stillberühmt im ganzen Hause." Sich bei jemandem zu crlündigen, dazu war sie zu eitel , denn sie hielt sich für ge- wvlttg intelligent und verlegtesich deshalb aufs Nachdenken. Sie glaubte auch bald das richtige gefunden zu haben. Englän­der sind gewöhnlich sehr religiös, sagte sie sich; gewiß will die Dame, die alt und kränklich zu sein scheint, wissen, ob sie nicht zu weit zur Kirche zu gehen hat. Aus Vor­sicht sah sie noch einmal in einem alten Lexikon nach, wieKirche" auf englisch heißt. Richtig, das Wort fing mit C. an, da war ja gar kein Zweifel mehr. Nachdem Frau L. also die übrigen Fragen der Miß beant­wortet hatte, fuhr sie in dem Briefe fort: Ich bin sehr glücklich, Ihnen Mitteilen zu können, daß sich ein reizendes Tempelchen ganz in der Nähe befindet, das sich von meiner Wohnnng ganz bequem in fünf Mi» nuten erreichen läßt. Dasselbe ist aber na­türlich nur Sonntag geöffnet und da der Andrang sehr groß ist, muß man früh gehen, um sich einen Platz zu sichern, worauf ich Sie jetzt schon aufmerksam mache." Die Antwort der Miß erfolgte auch wieder um­gehend und lautete höchst entrüstet. Sie finde diese Zustände haarsträubend und verzichte darauf, zu kommen. Frau L. machte große Augen und erkundigte sich nun doch nach­träglich nach der Bedeutung der mysteriösen Buchstaben. Die Lacher hatte sie natürlich auf ihrer Seite."

100 000 Francs Mitgift für ein Rie- seabrantyaar. Graf Pierrccourt aus Paris hat 100 000 Francs Aussteuer für ein voll­kommen gesundes Riesenbrautpaar ohne Unter­schied der Nationalität auSgesetzt. Dieser Preis soll jetzt Ende Juli zur Verteilung gelangen. Als Bewerber traf aus Sout­hampton ein 2 Meter 20 Centimeter hoher Engländer ein, aber ohne Braut. Er hofft nämlich bis zum Termin die passende Ge­fährtin zu finden.

Sirbakito», Druck und Verlag von Beruh. Hosmaunin WUbbad.