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— Einen für Vertragspflichtige weibliche Personen beachtenswerten Vorschlag macht der Landrat des Kreises Güttingen in einer Bekanntmachung, in der er u. o. auSsührt: In letzter Z-it mehren sich die Fälle, daß weibliche Personen nach ihrer Verheiratung gemäß § 42 des JnvalidenverficherungSgesetzes auf Erstattung der Hälfte d'r für sie geleisteten Beiträge zur Invalidität- unv Altersversicherung ontragen. Sie erhalten dann zwar eine Summe von 20 bis 30 ^ aus- bezahlt, verlieren aber damit alle weiteren Ansprüche an die Versicherungsanstalt auf Invaliden- und Altersrenten, die sie sich durch freiwillige Fortsetzung des VersicherungSver- hältnisies durch jährliche Verwendung von nur 10 Marken zu 14 ^ erhalten linnen. Durch die Aufwendung von nicht einmal '/» pro Tag könnten sich die weiblichen Personen den Aufpruch auf Alters« und Invalidenrente, die jährlich über 115 und nach Umständen mehrere 100 ^ betragen kann, sichern- Es ist daher allen weiblichen versicherten Personen, die nicht durch ihre Verheiratung in völlig gesicherte Verhältnisse kommen, dringend anzuraten, daß sie nicht die Erstattung der für sie verwendeten Marken verlangen, sondern daß sie das Versicherungs- Verhältnis durch freiwillige Forlversicherungen aufrecht erhalten. Tritt dann die Invalidität ein, so sind sie wenigstens vor äußerster Not geschützt und brauchen nicht der Armenpflege der Gemeinde anheim zu fallen; erreichen sie das 70- Lebensjahr, so erhalten sic durch die Altersrente schon in einem Jahr die ganze Summe ersetzt, die sie zur Fortverstcherung aufgewandt haben.
Frauenalb, 15. Juni. Ein geriebener Hochstabler mit feinsten Manieren und tadellosem Auftreten beehrte in letzter Z-it unsern Kurort. Im Gasthaus zum „König von Preußen", nahm der Herr Quartier. Nach einem Aufenthalt von etwa drei Wochen, während welcher Z-it sich seine Z-che schön abgerundet hatte, fühlte er das Bedü fnis nach Luftveränderung und verduftete in der Richtung nach dem Murgthal. Man w tlerte aber Verdacht, reiste dem lockeren Vogel sofort nach und traf den Ausreißer in Gaggenau, wo er sofort in polizeilichen Gewahrsam verbracht wurde. DaS Verhör ergab, daß die Polizei cs hier mit einem längst steckbrieflich verfolgten, aber bisher vergeblich gesuchten Verbrecher zu thun hotte.
Eßlingen, 18. Juni. Der erste Gewinn des Stuttgarter RennvereinS mit^ 15 000 fiel einem hiesigen Geschäftsmann zu.
Kirchheim u. T-, 19. Juni. Kürzlich starb hier eine ältere Büglerin, von der allgemein angenommen wurde, daß sie in bescheidenen Verhältnissen gelebt habe. Zum großen Erstaunen .fand das Waisengericht bet der Untersuchung des Nachlasses in der Bettlade Wertpapiere im Betrag von 30 000 und später nochmals 12 000 ^ also zusammen 42 000 Mark.
Vom Oberland, 20. Juni. Manche Mark, die zu einem guten Zwecke verwendet werden könnte, geht dadurch verloren, daß man scheinbar wertlose Gegenstände, wie Zigarrenspitzen, alte Schreibhefte und Akten rc. nicht sammelt. Was hier Großes, ja Staunenswertes geleistet werden kann, zeigt klar und deutlich der Sawmelverein der Diözese Mlknburg. (Vorstand Pfarrer Keilvach in.
Oesfingen, Station Fellbach.) Derselbe verzeichnet unter seinen Einnahmen pro 1900 beispielsweise als Erlös von Zigarrenspitzen die respektvolle Summe von 421 ^ 60 Pfennig, von Staniol 564 ^ u. s. w. Gewiß dürfte es manchen Sammler und auch solche, die es werden wollen, interessieren, zu erfahren, welche Preise für derartige Sam- melgegenstände bezahlt werden. Man bezahlt per Kilo feines Staniol 2.40 für solches von Flaschen 44 Blei 40-^, altes Messing 85 ^s, Zigarrenspitzen 1.20^6, Briefmarken mit Papier unsortiert 40—80 ^f, württ. gewöhnliche kursierende Marken per 1000 Stück ^ 1-20 bis 1.70. altes Papier (Abfälle jeder Art) 5 ^s, alte Schreibhefte und Akten 8 Korke, durchbohrte 10 .»s, undurchbohrte 60 Champagner- korke 60
Vom Feldberg, 19 Juni. Der Feldberg, das Herzogenhorn, sowie der Blößling sind völlig mit Schnee bedeckt. Gestern hatten wir 5, heute früh 3 ° L. Wärme.
Erfurt, 17. Juni. Gestern vormittag wurden in Gera unterhalb der Schleusen die znsommengebundenen Leichen eines Mannes, einer Frau und eines Kindes aufgefundcn. Dieselben wurden als die bisher in Erfurt wohnhaften Buchhändler Prppeler, dessen Frau und Kind erkannt, welche seit einigen Tagen verschwunden sind. Nahrungssorgen haben sie in den gemeinsamen Tod getrieben.
— Zur Linderung der Futternot hat der preußische LandwirtschaftSmmister in einer Verfügung die königlichen Regierungen angewiesen, das Vieh der Waldanwohncr in diesem Jahr nach Möglichkeit zur Waldweidenutzung zuzulassen. Die Verfügung bestimmt ferner, daß ausnahmsweise auch eine Einmiele für einzelne Monaie gestaltet werden kann und daß dann das monatliche Weidegrld auf ein Sechstel des für die ganze Weidezeit geltenden Satz-S bemessen werden soll. Bei vorliegender Bedürftigkeit sind die tagSmäßigen Wetdegeldsätze nach dem Ermessen der königlichen Regierung bis auf die Hälfte zu ermäßigen.
— Neue Reichskassenscheine. In der Reichsdruckerei zu Berlin ist man zur Zeit mit den letzten Vorbereitungen für den Druck neuer Reichskassenscheine beschäftigt und zwar solcher zu 5 und 20^ Für diesen Zweck waren bekanntlich in den Etat als einmalige Ausgabe 140 000 ^ eingestellt worden. Mit dem Druck der neuen Reichskassenscheine wird nach dem durch die Affaire Grünenthal herbeigeführten neuen Kontroll-Verfahren begonnen werden, so daß die Ausgabe der neuen Scheine noch vor Jahresschluß zu erwarten steht.
— Weil sie einen andern liebte. Die 19jährige Tochter eines reichen Wirtschafte« Pächters in München sollte Hochzeit haben. Hie wollte aber von dem ihr aufgezwungenen Bräutigam nichts wissen, hatte wohl das Bild eines andern ihren Eltern nicht genehmen Mannes im Herzen. Sie reiste nun nach Partenkirchen, ging zur Partnachklamm und stürzte sich hoch vom Pfad, der durch die Klamm geht, in die reißenden Fluten tief unten, wo sie den Tod fand.
Paris, 17. Juni. Dem „TempS" zufolge ergab die am 24. März stattgehabte Volkszählung, daß die Bevölkerung Frankreichs sich auf ca. 38 600 000 Seelen stellt- Dte Einwohnerzahl nahm in allen Departements gh, ,n welchen sich keine großen Städte
befinden. Die Zunahme der Bevölkerung seit 1896 betiägt ungefähr 300000Seelen. Dieser Zuwachs ist wahrscheinlich der Fremdenein- wanderung zu verdanken. DaS deutsche Reich hatte am 1. Dezember 1900 eine Bevölkerung von 56 345 014 Personen. In den letzten 5 Jahren ist die Reichsbevölkerung um 4 065 113 oder 7,78 Prozent gewachsen.
Haag, 17. Juni. Die niederländische Regierung halte bei der englischen Regierung Schrille geihan, um diese zu ersuchen, die Sendung von Lebensmitteln, Kleidung u. s. w. nach Südafrika für di« Frauen und Kinder in den Burenlagern hat nunmehr von der englischen Regierung eine in dieser Hinsicht befriedigende Erklärung erhalten.
— Freifrau v. Kettelcr, die Witwe des in Peking ermordeten deutschen Gesandten, wird demnächst zu einem längeren Aufenthalt tu dem badischen Luftkurort St. Blasien ein- treffcn.
— Die Engländer scheinen sich selbst in den Städten von Transvaal nicht mehr sicher zu fühlen. Da einzelne Einwohner, welche den Neutralitatseid geleistet haben, versucht haben sollen, sich den kämpfenden Buren anzuschließen, so hat, wie dem Bureau Reuter aus Pretoria telegraphiert wird, die Regierung befohlen, daß fortan die Hausbesitzer in allen Städten von Transvaal verpflichtet sind, an ihren nach der Straße gelegenen HauSthüren eine Liste der Insassen ihrer Häuser auszuhängen, wobei die Hausbesitzer für die Anwesenheit der Bewohner verantwortlich gemacht werden; jedenfalls muss n sie eine befriedigende Erklärung sür die etwaige Abwesenheit derselben geben können. Alle Nachtpässe werden wiederholt abgeschafft, außer für Konsuln, Offiziere und RegierungS- beamte.
Kapstadt, 20. Juni. Die vom „Cape Argus" veiöffentlichte Schilderung des Kampfes bei Vlackfontein besagt: Die Buren beschossen die Engländer eine Weile mit erbeuteten englischen Geschützen. 6 Granaten trafen D>x» sons linken Flügel. Später wurden die Geschütze von den Briten wieder genommen. Das Derbyshireregiment griff die Buren mit dem Bajonett an. Die Buren flohen. Ihr Gesamtverlust wird auf 60 Tote und Verwundete geschätzt.
— In Reading, Pensylvanicn, hat der 60jährige Orispsarrer ohne jede fremde Handreichung und Beihilfe ein kleines Gotteshans aufgeführl. Er schachtete nicht nur die Grundmauern aus und fügte Stein auf Stein bis der Bau vollendet war , sondern verrichtete auch die Maler-, Glaser-, und Klempnerarbeiten mit eigener Hand. Er deckte sogar die noch immer 6000 ^ betragenden Baukosten aus seiner eigenen Tasche.
— Ein künstliches Bein als Ehescheidungsgrund. Vor dem Chicagoer obersten Gerichtshöfe schwebt augenblicklich ein seltsames Ehescheidungsverfahren. Eine Frau hat nämlich die gerichtliche Trennung von ihrem Manne verlangt, weil er ein hölzernes Bein hat. Als ste sich mit ihrem jetzigen Gatten verlobte, erklärte der Bräutigam auf ihre Frage, warum er hinke, er habe sich eine Verletzung am Knie zugezogen, die jedoch bald heilen werde. Nach der Hochzeit jedoch bemerkt sft, daß ihr Mann ein künstliches Bein habe. Diese Vorspiegelung falscher Thatsachen kränkte die Dame sosehr, daß ste die Gerichte anrief, damit diese ste von dem Manne mit dem hölzernen Beine befreien.