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Stuttgart, 27. Mai. Das Ministerium des Innern hat in einem Erlaß die Ober­ämter und OrtSvorstehcr beauftragt, bei jeder sich darbielenden Gelegenheit den Landwirten die Versicherung ihrer Felderzeugniffe gegen die überall im Lande drohende Hagelgefahr dringend zu empfehle». Dabei wird darauf hingewiesen, daß die Norddeutsche Hagelver­sicherungsgesellschaft in Berlin auf Grund der von dem württembergischen Staat mit ihr abgeschlossenen Uebereinkunft verpflichte! ist, die Feldfrüchtc sämtlicher verstcherungS- suchender Landwirte in Württemberg gegen Hagelschaden in Versicherung zu nehmen und daß die württembergischen Landwirte, wenn sie der norddeutschen Hagelvrrstcherungsanstalt bettreten, infolge der Uebernahme der Ver­pflichtung zur Nachschußleistung auf dieStaats- kasse durch die Zahlung des Zuschlags von 30 Prozent zur Vorprämie an den staatlichen HagelverstcherungSfonds von der Gefahr einer Anforderung einer Nachschußprämie unbedingt befreit, also gegen feste Prämien versichert seien.

Der Vorstand des Württ. Obstbau­vereins hat im Monat Mai durch dieZen- tralvermittlungöstelle für Odstverwertung" von den sür den Kirschenhandel in Frage kommenden Gemeinden Auskunft über die Aussichten der Kirschenernte erbeten. Nach den eingelaufenen Berichten zu schließen, stad die Aussichten bis jetzt günstig. Die Reif- der Frühkirschen dürfte spätestens Anfangs Juni zu erwarten sein.

Ludwigsdurg, 29. Mai. Gestern nach­mittag sind bei de; Außenarbsit dahier die beiden Zachthausgefangrnen Johann Adam Ehrmann, lediger Toglöhner von Wiblingen (Laupheim), 34 Jahre alt, sowie der 31 Jahre ledige Schmied Karl Hnzner von Allersberg (Günzenhausen), in der Sträfltngs- kletdung entwichen. Beide sind gefährliche Diebe.

Heilbronn, 28. Mai. Belm Baden.im städtischen BadplatzNeckarhalde" ist heute nachmittag der 21jährige Telegraphist Wilh. Habel ertrunken.

Honau, 26. Mai. Am Pfingstsonntag fand hier in der großen, schönen, neuerbauten Spielhalle die Erstaufführung des Lichten» stein-Spieles statt. Das Splel schließt sich in allen seinen Teilen der Hauff'schen Sage Ltchtenstetn" an und führt in 9 Vorgängen die Sage, dramatisiert von Rudolf Lorenz, Halle a. S. dem Zuschauer vor Augen. Dt- Spielhalle ist luftig und geräumig und faßt 1700 Sitzplätze; es können die Stehplätz' eingerechnet, über 2000 Personen unlerge- bracht werden. Der Platz ist wunderschön neben der kristallklaren rauschenden Echatz im Angesicht des Schlosses Lichtenstein gelegen. Die Milwirkendcn sind fast alle auö dem Echatzthaie und sehr schön kostümiert. Es Wird gut gespielt und die Spielenden sind in der ganzen Halle überall gut verständlich. Die Dauerder Aufführung beträgt 4 Stun­den. Vor der Sptelhalle befinden sich aus großen mit Fahnen und Wimpel geschmückten Festplatz riesige RestaurationSzelte, wo es Er­frischunge naller Art giebr.

Tübingen. Die ordentlichen Schwur- gerichissitzungen des II. Quartals sind am 17. Juni zu eröffnen. Zum Vorsitzenden ist ernannt worden Landgerichtsrat Dr. Kapff.

Kilchberg. 26. Mai. Am 23. ds., nach­mittags gegen 8 Uhr, wurde, laut,Tübinger

Chronik," hier ein Erdstoß verspürt, bei dem das Geschirr in der Küche klirrte und Kranke in ihren Betten durch plötzliches Zittern der Betten nicht wenig erschreckt wurden. Auch wollen Einzelne ein dumpfes Rollen im Erd- inner« wahrgenommen haben.

Ulm, 28. Mai. Der 2. Gewinn der Zimmernlotterie (7000 ^) fiel einigen hies. Arbeitern, darunter ein 70jähriger Mann, zu.

Ulm, 28. Mai. (Erwischt.) Die am 24. Mai aus dem LandeSgefängniö Hall aus- gebrochenen Verbrecher Bromm von Deggingen und Sauter von Walds« sind gestern mittag In Nru-Ulm festgenommen worden. Sie wurden von einigen Gipsern, mit denen sie früher zusammengearbeitet hatten, erkannt und der Polizei gemeldet. Bromm hatte noch 5 Jahre und Sautttr 18 Monate Gefäng­nis abrusitzen.

Tettnang, 27. Mai. In Kehl-!« wurde am Pfingstfest während des Gottesdienstes im Pfarrhaus ein Einbruch verübt und dem Vikar seine ganze Barschaft gestohlen. Vom Thäter hat man di- jetzt keine Spar.

Pforzheim, 25. Mai. In Erstngen ist vergangene Nacht ein Kirchenraub verübt worden. Gestohlen wurde ein wertvolles silbernes Kruzifix, sowie der Inhalt der Opferbüchse. Anhaltspunkte über den oder die Thäter sind noch nicht vorhanden.

Wilhelmsdorf, 25. Mai. Unter qual­vollen Schmerzen starb heute ein 2jähriges Kostkinf, das vorgestern in einen mit sieden­dem Wasser gefüllten Zuber gefallen war.

Jngelfingen, 25. Mai. Heute nachmittag 4 Uhr schlug in unserer Teilgemeinde Bo- bachöhvs während eines starken Gewitters der Blitz in die Doppelscheuer des Friedrich Dietz und Georg Hasenfuß. Hasenfuß, dessen zwei Kinder und ein Knecht haben gerade Dach­platten in der Scheuer nachgeschobcn, damit es nicht in die Fruchtböden der Scheuer hcr- einregne. Der Blitzstrahl hat den etwas von den anderen Personen entfernt gewesenen 13jährigen Sohn des Hasenfuß niederge­schlagen. Der Knabe kam in den Flammen um. Den anderen Sohn des Hasenfuß rettete dessen Knecht, während der Vater mit eigener Lebensgefahr und Davontragung von erheb­lich-« Brandwunden vergebens versuchte, seinen 13jährigcn Sohn noch zu retten. Die beiden Scheuern, 1 Holzschuppen, 1 Brennerei und 1 Waschhaus brannten auf dem hochgelegenen Hofe total nieder. Beim Ausbruch des Brandes waren die meisten Landwirte des Weilers auf dem Felde. Denselben, sowie den herbci- gerufenen Feuerwehren von Cnesbach, Crispen- hvfen, Diebach und Jngelfingen ist es zu verdanken, daß die nahen Wohnhäuser der beschädigten Gutsbesitzer noch gerettet wurden. Die Beschädigten sind mäßig versichert. Die Familie des Hasiniuß wird sehr bedauert.

Aschaffenburg, 27. Mai. Im benach­barten Grvßwallstadt wurden 3 Spengler, welche während eines Gewitters unter eine Blechhütte flüchteten, vom Blitze erschlagen.

Die Absperrung während der Metzer Kaisertage w-r diesmal ganz außergewöy»- iich streng. Sämtliche in Straßburg und Mühlhausen entbehrliche SchutzmannsLasi und die berittenen Gendarmen aus ganz Loth­ringen waren nach Metz kommandiert. Über­all wurde innerhalb der Stadt das Publi­kum auf den freien Plätzen ans 4050 Nieter Entfernung zurückgehalten; die engen Straßen wurden ganz gesperrt und stellenweise

mußten THÜren und Fensterläden geschloffen bleiben. Außerhalb der Stadt ritten Dragoner- Abteilungen vor und hinter dem und teil­weise neben dem kaiserlichen Wagen und es wurde im stärksten Trabe gefahren, so daß der Kaiser in der Staubwolke kaum zu er­kennen war. Es sollen zahlreiche Verhaft­ungen von Verdächtigen wohl meistens Taschendiebe, die die Maimeffe so wie so alljährlich anlockt stattgefunden haben.

Berlin, 24. Mai. Dem Berliner Be- zirkSvercin gegen den Mißbrauch geistiger Getränke ist kürzlich aus dem Geheimen Zi- viikabinett des deutschen Kaisers ein Schreiben zugegaagen, in welchem cS heißt:Seine Majestät der Kaiser und König haben von der Thätigkeit des BeZirksvercinS und der Be­gründung einer Trinkerheilanstalt bei Fürsten­walde mit Befriedigung Kenntnis zu nehmen und dem Bezirks^verein ein einmaliaes Gna­dengeschenk von 1000 ^ aus Allerhöchst ihrer Schatulle zu bewilligen geruht."

Berlin, 25. Mai. Heute wurde ein großer Postraub verübt. Acht öffentliche Postkasten wurden aufgebrochen und über 1000 Briefe gestohlen.

Berlin, 25. Mai. Die in Ostasten be­findliche Ltntenschtffsdtvision, bestehend aus Kurfürst Friedrich Wilhelm",Branden­burg",Weißenburg",Wörth",Heia" erhilt telegraphisch den Befehl, die Heimreise anzutreten.

Middelburg, 25. Mai. Die Buren brachten in der Nähe der Station Goodwan einen Lastzug zum Entgleisen. Der Loko­motivführer wurde gelötet, der Heizer der» wundet. Die Buren wurden verjagt, bevor sie sich noch in den Besitz der Vorräte setzen konnten. Der Bruder des Burenkomman- danlen Viljoen ist gefangen genommen.

London, 28. Mai. Lord Kitchener mel­det aus Pretoria: Seit dem letzten Tele­gramm über die Verluste der Buren wurden 63 Buren getötet, 36 verwundet und 267 gefangen genommen, 83 ergaben sich. 246 Gewehre, .viele Munition und 179 Wagen, sowie eine Anzahl Pferde und anderes Vieh wurden erbeutet.

Brüssel, 29. Mai. Amtlich wird vom Haag gemeldet: Nach einer Depesche vom 25. d. M. errangen die Buren bei Kalkhenves, in der Nähe von Pretoria, unter Bevers einen großen Sieg über die Engländer. Letztere verloren 49 Tote, 159 Verwundete, 600 Gefangene und sechs Geschütze.

Varzin, 30. Mai. Oberprästdent Graf Wilhelm v. Bismarck ist heute früh nach kurzem Leide» hier gestorben. (Wilhelm, Otto, Aibrccht Graf v. Bismarck, Sohn des Reichskanzlers Fürsten Otto v. Bismarck, geb. zu Frankfurt a. M. 1. August 1852, Kgl. preußischer Oberplästdent der Provinz Osipieußm und Majorca la ouits der Ar­mee, vermählt am 6. Juli 1885 mit Sibylle v. Arnim, geb. 2b. Februar 1864. 4 min­derjährige Kinder.)

Die gesamte Bemannung der Aacht des Kaisers, derHohcnzoUern", ist mit Slrohhüirn nach englischem Muster versehen worden. Diese Hüte sind so weit im Nacken zu tragen, daß das Stirnhaar sichtbar bleibt.

(Auf der Vizinalbahn.) Passagier: (ungeduldig):Donnerwetter, warum fährt denn der Zug auf einmal gar so langsam?" Schaffner:Ja, wissen S', damit sich der Zugführer nicht schneidet ... der ra­stert stch gerades"