Gin Waterherz.

Roman in Originalbearbcitung nach dem Englischen von Clara Rheinau.

38) (Nachdruck verboten.)

Dann verbiete ich die Heirat!* rief er, mit einem Satz auf die Füße springend und hastig hin- und h-rhinkend.Ich protestiere gegen ein so ungeheures Opfer einen so ungerechten Vorschlag einen so listigen Plan, einen unschuldigen Jüngling einzu­fangen. Ich spreche stets sogleich meine Meinung aus Paulo Barettt ist ein Mann der stets frei alles heraussagt und ich sage, beim Himmel, ich werde es nicht dul­den!* Er stampfte den Teppich im Gehen; er schlug im Vorübkrgehen mit geballter Faust auf die Tische; er v-rgaß Zeit und Ort und die ihm gegenübelstehende Dame und wütete über die Ungerechtigkeit, die ihm und seinem Jungen durch diese schlau ausgedachte List wiederfahren sei.

Es steht Ihrem Sohne zu, seine Lage zu berücksichtigen,* sagte Helene.Er ist alt genug, um selbst zu urteilen.*

Ich schwöre, daß ich es nicht dulden werde I* ries Baretli.Der alte Dering versprach ihm hunderttausend Thaler am Hochzeitstage seiner Nichte. Warum suchen Sie mir das zu verheimlichen?*

Sie sind in vielen Dingen gut unter­richtet, wie ich bemerke,* sagte Helene.Dock, wer hat Ihnen dies gesagt?* Sie war so rasch und geräuschlos an seine Seite h-ran- gekommen, daß ihm Plötzlich die Stimme versagte, als sie seinen Arm berührte.

Wer eS mir gesagt?* stotterte er. Ei, wer anders, als Antonio selbst? Es war keine besonders große Mitgift für Elfte Nord, und Antonio war nicht zufrieden da­mit; ich riet ihm jedoch zu, sich zu begnügen. So ich gestehe es zu zu; und nun lösen wir die Verlobung, und ich nehme meinen Jungen fort von hier. Wir werden nie Tonyl* brüllte er plötzlich laut hinaus, als er seines Sohnes ansichtig wurde, der unbe­merkt mit Elste durch die Glasthüre einge­treten war,Gott segne Dich mein Junge! Ich bin gekommen, um Dich vor diesen Leuten zu erretten.*

Mit starrem Entsetzen waren Antonio und Elste seit einigen Sekunden Z ugcn der widerlichen Szene gewesen, und Elste um­klammerte fest des Verlobten Arm. Als Paulo sich fttzt seinem Sohne näherte, vor Erregung an allen Gliedern zitternd, den Kopf zurückgeworfcn, die weißen Zähne fletschend und die Hände zur Begrüßung ausgestreckt, da war cS wie eine Wiederhol­ung jener Nacht, da er, ein echter Vagabund, aus den Binsen hcrvorgekrochen kam.

Zurück, Elender!* herrschte Antonio ihn an;komme nicht in meine Nähe!"

Paulo Barett! stand wie angewurzelt an der Stelle und blickte auf seinen Sohn. Seine Brust hob und senkte sich krampfhaft, seine Hände hallten sich, und eine finstere unheilbrütende Wolke verdunkelte den Aus­druck wilder Freude, der vorher auf seinem leidenschaftlich verzerrten Gesichte aufgetaucht war. Der ganze Kopf sank mehr zwischen die Schulter herab, und über die kleinen dunklen Augen legten sich die schwarzen bu­schigen Brauen. Paulo Baretti war wieder sein altes Ich.

Elender," murmelte er,er sagt Elen­der !*

22. Kapitel.

ES war eine seltsame Lage für die vier Personen, welche sich in dem großen Gesell- schaftszimmer von Wolstonhaus gegenüder- standen, aber Elste Nord litt am meisten bei diesem unerklärlichen Aufritt. Die An­wesenheit des unheimlichen Fremden, die schrecklichen Worte, welche über seine Lippen gekommen, ließen sich mit der Wirklichkeit gar nicht in Einklang bringen. Kaum eine Minute zuvor hatte Antonio ihr von seiner Liebe, von seinen Hoffnungen auf die Zukunft gesprochen; er hatte ihr gesagt, daß er durch ihr Vertrauen beglück», mit unerschütterlichem Mute allen Wechselfällen des Lebens ent­gegensehe und mit sicherer Zuversicht bessere Zetten für sie beide erwarte. Welches war nun der Traum? welches die Wirklichkeit? Elste war bestürzt; hatte nicht dieser düstere Mann von gewinnsüchtigen Berechnungen ge­sprochen , die sich an ihre Person geknüpft hatten und von feiner Kittern Enttäuschung, daß sie arm und mittellos war? In ihrer schmerzlichen Verwirrung wandte Elste sich nicht zu Helene, sondern schmiegte sich nur fester an Antonio.Dein Vater?" fragte sie endlich.

Ja, dies ist mein Vater,* versetzte An­tonio in hartem Tone; Du hast mich schon früher von ihm sprechen>"n Du weißt wie ich von ihm denke Du siehst, was er ist." Er machte keinen Versuch, seine Stimme zu dämpfen, und die Geringschätz­ung, welche daraus sprach, schien Paulo Ba- retti einzufchüchtern.

Was bedeutet dies?" fragte Elste in erregtem Flüstertöne. Weder Paulo Baretti noch sein Sohn Antonio versuchten, eine Er­klärung avzugeben; Helene war es, welche Etsie'S Frage beantwortete.

Es bedeutet dies, Elste," sagte st-,oder ich müßte mich abermals kläglich täuschen: diese beiden Herren haben sehr viel an Dein Geld, sehr wenig an Deine Person gedacht.*

Und dies von Ihnen, Feäulein Dering I" rief Antonio mit Staunen;noch allem, was wir gesprochen waö ich Ihnen zu beweisen gesucht habe?*

Nach allem, was Ihnen zu beweisen mißlungen ist, trotz Ihrer Schlauheit und meiner Bereitwilligkeit, das Beste von Ihnen zu glauben. Sie sagten, daß Sie und Ihr Sohn auf hunderttausend Thaler mit der Hand Elftes rechneten," wandte sie sich plötz­lich zu dem älteren Baretti,ist dies wahr?"

Ja, leider ist'S wahr," versetzte der Vater kurz.

Kann der Sohn es leugnen oder nicht?" fragte Helene.

Ich kann mich nicht einem Kreuzver­höre unterziehen," antwortete Antonio.Ich bestrette Ihr Recht, Fräulein Dering, mich abermals zu beargwöhnen."

Sie rechneten ans hunderttausend Thaler mit Elste Nord; eS war diese Summe, welche sie verlockte Ihr eigener Vater sagt es und nicht die Liebe dieses unschuldigen Kindes. Sie waren nicht damit zusrieden, an dem Abende, da sie Ihren Anirag stellten. Bestreiten Sie mein Recht, oder nicht, aber antworten Sie, mein Herr."

Antonio Baretti überlegte eine Weile: er war bestürzt; er sah feinen Weg nicht vor sich. Hätte er nur schon früher erklärt,

was ihm jetzt unmöglich geglaubt werden würde l Hätte er nur gestanden, daß er auf Abwegen gewesen, aber bereut und für die Zukunft nur an ein Glück an Elste'S Seite gedacht habe!

Antonio," sagte eine leise süße Stimme neben ihm,Du kannst Ihnen antworten, ich weiß eS.*

Du glaubst an mich Du vertraust mir noch, Elfte?"

Ja, Antonio.*

Ich danke Dir," versetzte dieser, ihre Hände zärtlich in den seinen drückend;so ist die Schlacht noch nicht verloren. Diesen beiden soll nicht alles nach Wunsch gehen, so lange Deine Liebe mir Kraft verleih!.*

Er sprach, als ob Paulo Baretti und Helene Dering Verbündete seien, und Helene wurde bleich vor Aerger oder aus Angst um Elste und preßte ihre Hände auf die klopfen­den Schläfen, wie um ihre Gedanken gewalt­sam zu sammeln.Sie Sie haben noch nicht geantwortet," rief sie erregt.

Meine Antwort auf jede Frage, die man an mich richten kann, ist, daß ich dieses Mädchen liebe," sagte Antonio, Elste um­schlingend.Jener Mann, der mich wie ein böser Geist verfolgt, und Sie, die als meine Feindin und Anklägerin gegen mich auftreten, haben kein Recht, Mißtrauen zwi­schen Elste und mich zu säen. Wir haben Vertrauen zu einander; seien Sie barmherzig und suchen Sie es nicht zu stören." Er hatte mit großem Stolze gesprochen, aber bei seinen letzten Worten blickte er fast flehentlich auf Helene. Er fürchtete die Eröffnung, die sie machen konnte, und Helene hatte allen Glauben an ihn verloren; für ste war er nur noch ein schlauer Abenteurer, der seine Rolle mit viel Geschick durchgeführt und sie alle getäuscht hatte. Um jeden Preis, selbst um den ihrer Selbstachtung, mußte ste ihn entlarven; um Elstes willen, um Frank Nords willen und ohne Rücksicht auf ihre eigene frühere Schwachheit.

Ihre Bitte kommt zu spät," sagte ste kalt.Ihre Gründe für Ihre Anwesenheit hier schienen mir stets zweifelhaft, und ich weiß nun, daß mein Verdacht begründet war. Elste, jener Mann beantwortet meine Frage nicht; ich sehe alles klar. Ich glaube an des Vaters Enttäuschung über Deine Mittel­losigkeit, an des Sohnes schlaue Berechnung, die ihn zu Deinem Bewerber machte."

Du bist ungerecht, Lena," sagte Elste leise.

Ungerecht!" rief Helene,und Du fandest stets eine Freundin, eine Schwester an mir I Du bist grausam gegen mich, Du täuschest Dich in ihm."

Können wir dies Alles nicht ruhig be­sprechen?" fragte Paulo Baretti mit leiser, dumpfer Stimme, ohne die Augen zu er­heben,und uns verständigen, was am besten ist für ste, für Tony und für mich ? Können wir nicht*

Mische Dich nicht in diese Sachen l" herrschte Antonio ihn an.Ich wüßte von keiner Verständigung, die notwendig wäre. Verlasse augenblicklich dieses Haus."

Dies Haus verlassen auf Deinen Wunsch I* rief Paulo nun seinerseits zornig.Nein, das thue ich nicht. Auf Deinen Wunsch kam ich hierher!

Lügner!"

(Fortsetzung folgt.)

«rdakttou, Druck und Verla, von »«ruh. Hofmauu tu Wtldhah.