Stadt disloziert werden. Die Japaner und Oestereicher bleiben in Peking. Graf Wal« dersee sagt, die Verteilung werde Unruhen Vorbeugen. In Tientsin sind zwischen Engländern und Russen Reibereien wegen eines Landsitzes entstanden, der seit Jahren der Eisenbahngescllschast gehörte, von den Russen ober als Teil ihrer neuen Konzession in Anspruch genommen wird. Der Betriebsleiter der Eisenbahngesellschaft begann hier eine Ausweichstelle avzulegen, wurde aber von den Russen daran gehindert. Hierauf wandte er sich an die englische Oberleitung in Peking, welche erwiederte, er könne mit dem Bau fortfahren und wenn nötig bewaffnete Macht gebrauchen. Der russische General Wogock erhob Einspruch dagegen und sagte, dies wäre nicht geschehen, wenn die Russen dieselbe Truppenzahl zur Stelle gehabt hätten wie die Engländer. Er wandte sich hierauf an den russischen Gesandten in Peking.
— Brüssel. Präsident Krüger erfährt, daß Steijn, Dewet, Schalk Burger und Reitz sich ebenso, wie er selbst, durchaus jedem Friedensschlüsse wiedersetzen, welcher nicht die vollständige Unabhängigheit der beiden Re.
publiken gewährleistet; sollte Botha andere Bedingungen aunehmen, so würde sich die Transvaal-Regierung, die sich zur Zeit in Lydenburg befindet, gezwungen sehen, den Oderkommondeur zu desavouieren und Dewet , sowie die anderen Generale zu beauftragen, die Feindseligkeiten fortzusetzen.
— Kapstadt. Die Buren haben zu Sheldou, 200 Kilometer von Port Elizabeth, die Eisenbahnschienen in die Luft gesprengt, die TelegraphendrUte zerschnitten und die Eisenbahnstation selbst auSgeplündert; dann wurden sie nach Osten hin Vertrieben.
Berlin, t4. März. In der gestrigen Burenversammlung verlas der Buren-Kom- mandant Dewet folgende Depesche des Buren- Kommandanten Reinhardt: BothaS Unterhandlungen sind kein Beweis dafür, daß Botha irgendwie zu diesen Unterhandlungen gezwungen war. Die Afrikandersache steht gut, Dewet ist frei, Delareys Position im Westen ist sehr stark. Wenn BothaS Position nicht unhaltbar gewesen wäre, hätte Kitchener nicht Unterhandlungen angeboren, sondern Unterwerfung gefordert. — Die Versammlung dauerte lange nach Mitternacht noch fort. Nach derselben wurde eine Sympathie-
Depesche an den Präsidenten Krüger gesandt.
London, 14. März. Das Kriegsamt ha! dm Militärbehörden in Kapstadt befohlen, vorläufig keine Buren-Gefangenen mehr nach St. Helena und Ceylon zu entsenden.
London, 14. März. Die Regierung wies Sir A. Milner an, Botha, mit dem wegen der Einstellung der Feindseligkeiten verhandelt wird, weitcrgehende Zugeständnisse zu machen unter der Bedingung des sofortigen Friedensschlusses, damit England angesichts der drohenden Wendung der Lage in Ostasten frei Hand bekomme.
Kapstadt, 15. März. Die Pest breitet sich in ernster Weise aus. Die Behörden machten den Vorschlag, die Truppen in Lagern und Kasernen zu konsignicren. Gestern sind 4 Europäer und 8 Eingeborene an der Pest erkrankt; bis jetzt sind 37 Personen an der Pest gestorben. Es wird eine allgemeine Impfung vorgcnommen. In MalmeSberg kommen ebenfalls Pestfälle vor.
.-. (Nie verlegen.) Förster: „Ei, Herr Leutnant haben auch 'mal vorbeigeschoffen?" Leutnant: „Jott, nur zum Tröste für üb. rige Schützen."
Gin Wnterherz.
Roman in Ortginalbearbeitung nach dem Englischen von Clara Rheinau.
St) (Nachdruck verboten.)
„Mein Prinzipal war der Sachverwalter Deines Vaters, welcher unbedingtes Vertrauen in ihn setzte und ihm seine wichtigen Dokumente, sowie eine beträchtliche Anzahl ausländischer Staatspapiere, besonders türkische, in Verwahrung gab. Dein Vater spekulierte stark in türkischen Aktien — wenige Tage vor seinem Tode legte er den größten Teil seines Vermögens darin an. Sie waren sicher und leicht verkäuflich. Dein Vater wollte sie Dir testamentarisch vermachen; mein Prinzipal hatte das Testament bereits entworfen. Die Papiere hatten einen Wert von 100 000 Thalern, und als Dein Vater tot war und mein Herr ebenfalls und Niemand zu wissen schien, daß der alte Nord außer einer kleinen Summe bei seinem Bankier und dem Häuschen in Wolston noch etwas besessen habe — da schwieg auch ich darüber, aus Angst, Dein Reichtum könne dich der Hand Elste's sicher machen. Als Du dann Elfte heiratetest, schwieg ich aus Haß, und als Du ärmer wurdest, frohlockte ich über mein Geheimnis. Dann wurde ich selbst arm und verkaufte einige der Papiere; Elfte starb — und Du gingst fort nach Central-Amerika, wo Du ein Mann wurdest, dem jedes Mittel recht war, seinen Zweck zu erreichen."
„Das wurde ich nicht," sagte Nord ruhig.
„ES thut nichts zur Sache; ich hielt Dich für hart und tyrannisch und war überzeugt, daß Du Rache an mir nehmen würdest, wenn du alles wußtest. Ich hatte mit Deinem Gelbe glücklich spekuliert und hätte Dir dein Eigentum zurückgestellt und Deine Verzeihung erbeten, wäre ich dieser nur sicher gewesen. So aber zog ich es vor, nach besten Kräften Deine Familie zu entschädigen: denn ich hattte Gewissen — wirklich, ich fühlte es, — und war sehr unglücklich. Deine Schwester kämpfte mit der Not; tch außte
eS und bol ihr leihweise eine Summe an. Sie war dankbar für mein Anerbieten, schlug eS aber auS. Ich lernte sic näher kennen und schätzen, ich heiratete sie und war glücklicher, als ich eS verdiente, mit meinem guten treuen Weibe. Deine Tochter wurde die meinige, und ihre große Liebe für mich, die ich anfangs als eine Marter empfand, wurde schließlich mein einziger Trost auf Erden. Wir waren alle in schrecklicher Angst vor Dir, aber nach der Revolution in Alsako, wo Du Deines Amtes entsetzt wurdest und aus der Stadt entflohest, warst Du plötzlich für uns verschollen."
„Ich entfloh nicht," sagte Nord, der nur zu seiner eigenen Verteidigung das Wort ergriff- „Der Anführer der Revolutionäre verbreitete das Gerücht, ich sei geflohen, und steckte mich für Jahre in Gefängnis. Als ich frei kam, hatten die meisten mich ganz vergessen. Doch fahre fort —Du verlangst nicht, von mir zu hören."
„ES kam mir in den Sinn, daß die Liebe Deiner Schwester und Tochter mein Schutz sein würden, wenn Du zurückkommen und alles entdecken solltest. Deine Schwester starb, mir vertrauend, und Eiste fing an, mich Vater zu nennen. Ich fühlte auch eines Vater« Liebe für sie — sie war mir weit teurer, als Lena mir je gewesen — eine leidenschaftliche Liebe, die ihr den ersten Platz in meinem Herzen gewann, als sie von Tag zu Tag ihrer Mutter ähnlicher wurde. Und ich war dankbar für ihre Zuneigung ; als Du zurückkehrtcst, galt mein erster Gedanke Elftes Glück, welches ich an Deiner Seite in Gefahr wähnte. Ich konnte mich nicht von ihr trennen und wollte Dich gestern abend aussuchen, um Dich mit einer großen Summe zu bestechen, das Land zu vertasseu, ohne unS Eiste zu rauben. Es waren Deine eigenen 100000 Thaler," fügte er stöhnend bet, „so hätte ich mein Gewissen beruhigt und Elfte vor Dir errettet."
„Und Elfte vor mir errettet l" wiederholte Frank Nord.
„Und später Ersatz geleistet, indem ich ihr all' mein Geld ve rachte," sagte Dering.
„Ich habe es gethan, eS schien mir gerecht."
„Von Anfang bis zu Ende sehe ich keine Gerechtigkeit hierin." entgegnete Frank Nord langsam. „Ich sehe Dich ankämpfen gegen das Rechte und frage mich, was wohl geschehen wäre, hätte Dich nicht so plötzlich dieser Unfall niedegeworfen; aber die Gerechtigkeit von oll' diesem ist mir nicht einleuchtend."
„So willst Du mir nicht vergeben rief Dering. „Ich dachte es — tch wußte eö, daß Du erbarmungslos sein würdest."
Nord erhob sich und legte seine Hand auf die des Sterbenden.
„Ruhe in Frieden, Friedrich Dering, wenn meine Worte Dir Frieden oder Dich der göttlichen Vergebung sicher machen können?'
„Ich danke Dir, ich dank- Dir — sie können es."
„Also meine Verzeihung für alles Vergangene."
Dering dankte von Neuem und fühlte einen herzlichen Druck von der Hand des ehemaligen Feindes.
„Und für alles Zukünftige denke an ihn, der allein das Unrecht vergeben kann," sagte Nord feierlich. „Auch ich bin nur ein armer Sünder, der mühsam vorwärts strebt und schwer hetmgesucht ist."
„Es ist sonderbar I" keuchte Dering.
„Was ist sonderbar?"
„Dich so sprechen zu hören, Frank."
„Ja, es ist nicht der Mann, vor dem Du Dich so lange gefürchtet hast," sagte Nord traurig, „und es ist eine seltsame Zeit in der wir leben."
„Willst Du schon Weggehen?"
„Ja, dies war eine aufregende Unterredung für Dich, und Du bist ermüdet."
„Du hast mir sehr glücklich gemacht, Frank," sagte der Sterbende, und Thränen entströmten seinen Augen.
„Morgen werde ich Dich wieder besuchen," versetzte Nord.
(Fortsetzung folgt.)
«ebaktiov. Druck and Verlas von Seruy. Hofmans irr Wittbsb.