Gin Wcrlerherz.
Roman in Origtnalbearbeitung nach dem Englischen von Clara Rheinau.
1«) (Nachdruck verboten.)
„Er ist von der Brücke in die Schleuse gefallen."
„O Friede!! — mein armer lieber Friede! l" rief das junge Mädchen in gellenden Tönen und stürzte an Nord vorüber, den Gartenpfad entlang. Ihr Schrei hotte einen Diener herbeigelockl, der bleich vor Angst in das Gesellschaftszimmer trat. Es war der Mann, der Frank Nord an diesem Abend gesehen. „Was — was ist geschehen?" stotterte er hervor.
„Holen Sie eine Mairatze und tragen Sie dieselbe an den Fluß hinunter. Ihr Herr ist verwundet. Machen Sie nicht so viel Lärm — Sie werden Fräulein Elfte auswecken. Mein Name ist Nord und ich logiere in dem Wirtshaus zu Woiston, falls
man mich gebrauchen sollte."
Und somit hatte Frank Nord seine Pfiicht erfüllt und entfernte sich langsam, wohl wissend, daß Niemand seiner bedürfen, Niemand ihn vermissen werde.
9. Kapitel.
Frank Nord hatte vollkommen Recht. Niemand sandte nach ihm oder hielt eS der Mühe wert, ihn von Friedrich Derings Befinden in Kenntnis zu setzin. Bisher hatte Nord nur den Feind in ihm gesehen, der
ihm noch den Weg zu seiner Tochter ver
sperre; als er aber nach Wolston zurückgekehrt war und das Geschehne noch einmal überdachte, da that es ihm leid, nicht in Wolstonhaus geblieben zu sein, um zu hören, ob Dering schlimme Verletzungen davongetrogen , ob sein Leben in Gefahr sei. Er Verbrachte eine sehr unruhige Nacht. Die Erinnerungen an die wilden Blicke, welche der Verwundete ihm zugeworfen, an die Anklage, die der Schmerz und die Furcht ihm erpreßt hatten, verließ ihn keine Minute und scheuchte den Schlaf von seinen Augen. Ihm war bitteres Unrecht geschehen, aber dennoch hoffte er, am Morgen befriedigende Nachrichten über den Zustand seines Gegners zu hören. Aber stall dessen verbreitete sich schon in aller Frühe die Kunde in Wolston, daß Friedrich Dering sich sehr schlimm befinde. Er hatte viele innerliche und äußerliche Verletzungen erlitten, und man hatte bereitts nach Londoner Aerzten telegraphiert, damit diese mit Doktor Kennet, der sich noch in Wolstonhaus befand, konsultieren sollten. Dering war ein schwerer Mann, und der Sturz in die Tiefe zwischen die dort ankernden Boote konnte ihm das Leben kosten. Daß hier kein Unfall, sondern ein Verbrechen vorlag, stand bei den Leuten in Wolston fest. Während der pflichtvergessene Wärter sich bei einem Glase Bier gütlich gelhan, mußte Jemand in verbrecherischer Absicht die Brücke geöffnet haben, und die düsteren drohenden Blicke, welche Frank Nord folgten, ließen keinen Zweifel, auf wen der Verdacht sich gelenkt hatte.
Frank Nord hatte bei dem Schiffer Robert Schmitt nicht zu viel behauptet — er war noch wohlbekannt im Dorfe Wolston, wenn auch nur wenige günstig von ihm sprachen. Zu Lebzeiten seines Vaters, der allgemein als ein vermögender Mann galt, war Frank ein heiterer, lebensfroher, aber
ziemlich leichtsinniger junger Bursche gewesen; aber als er nach dessen Tode sich nun im Besitze weniger Tausend Thaler, des kleinen SchilshauseS und einigen alten Mobiliars fand, war er ein klein wenig ruhiger geworden. Gleichzeitig mit Friedrich Dering bewarb er sich um die Gunst eines der schönsten Mädchen der Grafschaft und ging als Sieger aus dem Wettstreite hervor, nachdem dieser viel böses Blut bei den Nebenbuhlern gemacht hatte. Als Ehemann erwarb sich Nord allgemeine Achtung. Da starb seine Frau, und die kleine Elsie hätte der Trost und die Freude ihres Vaters werden können, wäre er nur mehr wie andere Menschen gewesen. Aber er ertrug seinen Verlust nicht mit christlicher Ergebung; er lehnte sich auf gegen ^die Hand, die ihn so schwer getroffen, und überließ sich einer Verzweiflung, die Andere in Schrecken setzie. Solch' leidenschaftlichen Ausbrüchen folgten dann häufig Anfälle tiefer Reue, und eines Morgens war er aus dem Dorfe verschwunden, nachdem er seiner Schwester die Erziehung seiner kleinen Tochter warm an's Herz gelegt hatte. Seitdem waren lange Jahre vergangen; seine Schwester halte sich verheiratet und war gestorben, seine Tochter war zur Jungfrau herangewachsen. Und nun kehrte er plötzlich zurück, ein finsterer, unheimlich aussehcnder Mann, aus dessen funkelnden Augen eine unzähmbarr Wildheit sprach. Und am Tage seiner Heimkehr hatte eine boshafte Hand die Brücke geöffnet und einen Menschen an die Schwelle des Grabes gebracht. Warum sollte es nicht dieser Frank Nord gewesen sein, von dem Niemand etwas Gutes zu sagen wußte? Hatte nicht der Verunglückte selbst ihn des Verbrechens beschuldigt? Hatten nicht der Fährmann Robert Schmitt von Chestwich, wie der alte Martin, die beide schon früh nach der Unglücksstätte gekommen, von Frank Nords Gehässigkeit, seiner Wut und Erregung gegen Herrn Dering gesprochen? War nicht zwischen Frank Nord und seinem früheren Gegner fast ein Streit entstanden in Wolstonhaus ? All' diese Thalsachen ließen nur einen Schluß zu, und ein schwerer Verdacht lasteie aus dem Heimgekehrten.
Dieser war sich dessen wohl bewußt, aber er ertrug das Flüstern und Zischeln der Leute mit großem Gleichmut. Es war von jeher sein Loos gewesen, beargwöhnt zu werden; ihm lag nichts an der guten Meinung seiner Umgebung, hatte man doch selbst den besten Handlungen seines Lebens ein schlimme Absicht unterlegt. Was diese Fischer und Bauern von ihm dachten, kümmerte ihn nicht einen Augenblick,, und Dering selbst würde bei klarer Besinnung ihm ohne Zweifel Gerechtigkeit widerfahren lassen. Er konnte warten; er hatte sein ganzes Leben auf Gerechtigkeit gewartet, und wenn nicht mehr hier auf Erden, jo würde sie ihm doch einst droben im Himmel zu teil werden, hoffte er.
Der Wirt war nicht mehr so freundlich gegen ihn, als er gewesen, und der Kellner ließ ihn nicht mehr aus den Augen, nachdem er Morgens von der Besichtigung der Brücke zurückgekehrt war. Er sah eS wohl — Alle waren gegen ihn; aber mochte dem so sein — er hatte Anderes, Wichtigeres zu bedenken. Vor allem weilten seine Gedanken bei Elfte, die er dem schützenden Obdach, das sie in Derings großartigem Heime ge
funden , entreißen wollte. Als am Nachmittage die Kunde in das Dorf gelangte, daß die berühmten Londoner Aerzte den-Zu- stand deS Verwundeten sehr ungünstig bk« urteilten-, schrieb er nur einige Zeilen an seine Tochter und bat sie, ihre Entscheidung betreffs der Erfüllung seines Wunsches aufzuschieben, bis Herr Derring sich wieder besser fühle und dessen Schwester sie eher entbehren könne, als in diesen Tagen der Angst und Sorge. Er unterschrieb sich: „Dein liebevoller Vater, Frank Nord" und beschloß, den Brief persönlich ,in Wolstonhaus abzu- liefern, um zugleich das Neueste über Derings Befinden zu erfahren. (Forts, folgt.)
Thaler und Pfennig.
„Leben und leben lassen" heißt der Leitspruch jedes anständigen Geschäftes. Leider zählen aber nicht alle zu dieser Kategorie, und leider giebt es gar viele Neider, welche mit scheelen Augen die von Tag zu Tag steigende Verbrauchsziffer des so vorzüglich bewährten und vieltausendfach erprobten Milch- und Mastpvlvers „Bauernfreude" aus der chemischen Fabrik des Herrn Th. Lauser in Regensburg mit ansehen. Dieser — man kann wohl sagen — unerreicht dastehende Erfolg, die glänzenden Anerkennungen, welche von hochangksehenen Landwirten der „Bauernfreude" ständig zureil werden, machen diese wackeren Leute ganz suchswild. In einer ergebenen urteilslosen Pnsse verbreiten sie daher ihre „Aufklärung", und um dem ganzen Machwerk die Krone aufzusetzen, kolportieren sie jetzt noch einen gelben, also offen den Neid verkörpernden Waschzettel, in dem sie die „Bauernfreude" heradzuwürdigen suchen. Landwirte, hütet Euch vor diesen sogenannten Aufklärungen! Wenn Ihr ihnen folgt, schädigt Ihr Euch auf die schwerste Art und Weise. Man unterschiebt der „Bauernfreude" eine falsche Zweckbestimmung. Man will sie plötzlich zu einem Futtermittel stempeln! Das ist „Bauernfreude" aber nicht. Sie ist vielmehr ein Milch- und Mastpulver, das die Verdauung regelt, die Ernährung befördert, die Leistungsfähigkeit aller Tiere erhöht und die Futterstoffe richtig ousnützen hilft. Wer schnell fette Schweine haben, mehr und bessere Milch erzielen, wer sein Vieh rasch heranwachsen lassen und eS ge» sund und kräftig erhallen will, der verwende „Bauernfreude". Nur durch Inanspruchnahme dieses Präparates wird er aus seinem Viehstand den denkbar reichsten Erfolg erzielen. Auf wen aber die „Aufklärungen" gewisser Leute, aus denen nur Neid und Haß sprechen, Eindruck machen, nun gut, der lasse die Hände davon. Er spart dann an Pfennigen, dieweil ihm die Thaler davonrollen.
Kwmoristisches. (Ausreden lassen.) „Mein Fräulein, ich lieb' Sie . . „O mein Herr, Sie wissen wohl nicht, daß ich ganz arm bin?" — „Sie ließen mich nicht auSreden; ich wollte sagen, ich liebe Sie nicht ..." — „Schade, ich hätte gern meine 10 Millionen mit Ihnen geteilt!" — „Sie ließen mich wieder nicht zu Ende sprechen; ich meinte ich liebe Sie nicht ihres Geldeswegen." — „O, das ist hübsch dou Ihnen; cs war ja bloS ein Scherz von mir, das mit den zehn Millionen: ich bin ganz arm!"
Druck mW Verlag »ou Beruh. Hofmaun m W^-da«.