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Gin WaterHerz.
Roman in Originalbearbeitung nach dem Englischen von Clara Rheinau.
11) (Nachdruck verboten.)
„Es ist am besten so — gewiß eS ist am besten," murmelte sie wiederholt, als ob Zweifel in ihr ousgestiegen, die sie energisch zu unterdrücken suchte. Dann sank sie verzweifelt zu Boden und vergrub ihr Gesicht in den seidenen Polstern des RuhcsesselS.
„Wie, Helene, was bedeutet dies?" rief ihr Bruder Friedrich, der ruhelos im Garten sich ergangen hatte, zu dem geöffneten Fenster herein.
Sie sprang hastig auf, einen Schrei unterdrückend, und fuchtc schwankend nach einer Stütze, um nicht nmzustnken.
»Ich — ich muß eingeschlafen sein, Friedrich. Welch' ermüdender Tag dies heute war I" sagte sie, ihre Augen reibend.
»Ist Dir etwas zugcstvßen?" fragte Dr- ring.
„Nein — was sollte mir zugestoßen sein?"
„Nichts, wie ich hoffe; aber ich sah Dich nie in solcher Verfassung, Helene."
„Und wirst mich auch nie mehr darin sehen, Friedet. Aber die Leute blieben so lange, und die ganze Zeit über plauderte Eiste mit mir."
„Ah Eiste; hat sie Dir gesagt —"
»Ja, sie sagte mir Alles," unterbrach ihn Helene. „Wir sahen es voraus — sie passen zu einander- ES wird eine glückliche Ehe geben. Gute Nacht, Friedet."
Sic war bereits an der Thür, als er nochmals ihren Namen rief.
„O, was willst Du nur?" war die aufgeregte Frage.
„Mache doch die Runde durchs Haus, während ich hier draußen noch meine Zigarre rauche, L-na. Sorge, daß Alles gut verschlossen wird, ich kann mir mit meinem Drücker dann später öffnen."
„Du willst noch ausgehen, Friede!?"
„Ja — nur für eine kleine Weile. Ich werde bald wieder zurück sein."
„Du hast einen besonderen Grund, so spät auSzugehev, Friedel," sagte seine Schwester, ihn scharf fixierend; „es ist ganz außergewöhnlich bei T»r."
„Dies war ja auch ein außergewöhnlicher Tag, und ich kan» nicht ruhen. Mir scheint, ich werde ein Fieber ober sonst eine Krankheit bekommen."
„Wohin willst Du gehen?" fuhr Helene fort.
„Ich will Frank Nord aufsuche,, und und ihm diese Verlobung melden."
„Zu dieser Stunde! Friedel, Du muß! von Sinnen sein. Es ist zwölf Uhr vorüber."
„Er hat so wenig Ruhe als ich, Lena, und wir beide können die Sache besprechen, mag es nun in der Schenke oder sonstwo sein."
„Ich glaubte, Du hättest Furcht vor ihm?"
„Nicht im Geringsten, Lena. Der arme Frank thut mir nichts zu Leide. Ich will ja sein Freund sein — sein bester Feund, Leuchen; ich will mit ihm sprechen, wie mit einem Bruder, will ihm sagen, was seine Schwester Sophie sprach, und — und — all dies. Und dann erzähle ich ihm von
Elstc's Verlobung und sage Ihm, baß ich, falls er ohne sie Weggehen würde, sehr nobel handeln und ihm eine große Summe auS- werfen würde, bis ich sterbe, oder bis er stirbt. Ich möchte wissen, wer von Beiden zuerst abberufen wird?"
„Friedel," sagte Helene, besorgt auf ihn zutretend, „Du bist nicht in der Verfassung, heute Abend noch auszugehen, Du hast mehr getrunken, als Du vertragen kannst, ich sehe eS deutlich."
„Du stehst gar nichts dergleichen, Lena; Du machst Dich lächerlich, wenn Du mich Hofmeistern willst — ein Mädchen von Deinem Aller! Ich habe Frank Nord gern — er war stets ein ehrenhafter Mann, nur heftig, und ich kann ihm vertrauen; ich möchte ihn sehr gerne heute Abend noch sprechen, um ganz ruhig, ganz freundschaftlich mit ihm zu unterhandeln. Ich werde nicht lange bleiben."
Nach dieser abermaligen Versicherung wandte Dering sich zum Gehen und schritt in der früheren unsicheren Weise um das HauS herum auf den breiten Kiesweg, der auf die Wolstoner Landstraße auSmündete.
.7 Kapitel.
Auch Antonio Barelti schien gleich den Anderen von einer fieberhaften Unruhe erfaßt, als er an diesen Abend von seiner jungen Braut sich getrennt hatte. Anstalt auf dem gewöhnlichen Wege das HauS zu verlassen, ging er den Garten entlang bis zu dem ländlichen Ruhesitz, wo er Elfte seine Liebe gestanden, und blickte über den Broad hinaus, der wie eine silberne Tafel im Mvndenscheine schimmerte.
Eine kleine Strecke entfernt lag die „Elfte" vor Anker; ein rotes Licht schimmerte am Maste; aber die Mannschaft muste abwesend oder in Schlaf gesunken sein, denn von Ba- relti'S wiederholten Zurufen wurde auf der Jacht nicht die geringste Notiz genommen.
Aergerlich über diese Versäumnis, setzte er sich auf die Gartenbau! nieder, und eine Flut von Verwünschungen entströmte seinen Lippen. Dann sprang er plötzlich auf, setzte ungestüm über dte Einzäunung deö Gartens und eilte raschen Schrittes dem Teiche zu, der einem älteren oder weniger gewandten Manne jedes weitere Vordringen unmöglich gemacht hätte. Er maß die Entfernung, die ihn von der anderen Sette trennte, mit den Augen, trat einige Schritte zurück und setzte mit einem mächtigen Sprunge über den Teich, gerade zwischen den Binsen drüben zur Erde kommend und durch das Geräusch Jemand aufschreckend, der dorten gelauert halte und nun landeinwärts weiterschlich. Anionie blieb stehen und lauschte.
„Wer ist da?" rief er laut.
Er erhielt keine Antwort und schritt furchtlos nach der Stelle, wo die Binsen noch im- nnr in Bewegung waren.
„Ist eS einer von Euch betrunkenen Tagedieben, die mich soeben nicht rufen hörten, so komme «r heraus, oder er wird in den Fluß fl'egen," rief er abermals.
Bei seinen letzten Worten teilten sich die hohen.Binsen, und eine plumpe Gestalt näherte sich mit schweren aber zuversichtlichen Schritten dem jungen Barelti, der in seiner ersten lleberraschung etwas zurückwich. Es war ein kleiner untersetzter Mann mit einem rauhen, schwarzen Sloppelbart in dem breiten, plum- p-n Gesichte, dessen Ausdruck nicht geradezu
den einnehmendsten gehörte. Mit den im Mondscheine glitzernden Augen und Zähnen — denn der Mund hatte sich zu einem häßlichen Grinsen verzogen — und den Lumpen, die für ein menschliches Wesen kaum eine genügende Bekleidung abgaben, sah er nicht wir ein Mann aus, dem ein furchtsamer Reisender gerne an solchem Orte und zu solcher Stunde begegnen würde. Aber Antonio Barelti, besaß starke Nerven und trotz seiner anfänglichen Ueberraschung stand er kühl und selbstbewußt, als er den Mann erkannt hatte.
„Tony," sagte dieser, „endlich also!"
Er streckte die rechte Hand aus, von welcher der zerrissene Rockärmel zurückgestreift war, und Aoionlo ergriff sic, war eS nun als Zeichen der Freundschaft zwischen ihm und dem Vagabunden, oder als eine Form, die sich nicht umgehen ließ.
(Fortsetzung folgt.)
Verschiedenes.
— Ein Haus von Schlangen angegriffen. In einem Hause nahe dem Orte Llanelly in SüdwaleS stellte sich kürzlich, wie dem „Zologiä" mitgetcilt wird, ein merkwürdiger und etwas unbehaglicher Besuch ein, bestehend in einer ganzen Herde von Schlangen. Sie krochen über den Fußboden, lagen zusammengeringelt auf den Schränken und Wandbrettern, während einige besonders unternehmungslustige Reptilien sogar die Stufen der Treppe auswärts klommen und es sich in den Schlafzimmern bequem machten. Die Bewohner deSHaufeS erklärten den unangenehmen Gäste selbstverständlich einen erbitterten Krieg, aber dte Zahl der Schlangen schien unerschöpflich, obgleich an einem einzigen Tage nicht weniger als 22 getötet wurden. Eine Gefahr war weiter nicht vorhanden, da dte Tiere zu der harmlosen Art der Ringelnatter gehörten. Bet genauerer Untersuchung wurden in einer Mauer des Hauses 40 Nester nebeneinander gefunden, jedes mit 30 Eiern die sich sämtlich in dem letzten Stadium der Bebrütung befanden. Außer den ausgewachsenen Tieren war also auf einem Raum von wenigen Quadratfuß für einen Nachwuchs von 1200 Jungen gesorgt, so daß der Aufenthalt in dem Hause wenige Wochen später im höchsten Grade ungemütlich geworden wäre.
Kindermund. Der kleine HanS, der die erste Klaffe der Volksschule besucht, hat wegen feiner allzugroßen Lebhaftigkeit in der Schule schon öfters nachsttzen müssen. Vor kurzem wurde er wiederum statt um 12 Uhr erst um 1 Uhr entlasten. Kaum hat er vaS Schulgebäude verlassen, da begegnet ihm seine Tante, die ihn vorwurfsvoll fragt: „Nun HanS, hast tu schon wieder nachsitzen müssen, weil du so spät aus der Schule kommst?" — „Nein, Tante" irwiederte der Kl« ine prompt, „Nachfltzen habe ich nicht müssen; ich bin nur später fvrtgegangen, weil eS da — wärmer ist!"
— Trab-Trad l Eine sehr interessante Entdeckung machte dieser Tage ein Herr in eimm Kölner erstrangigen Restaurant, als er in den dort aufgelegten Journalen herum» blätterte. Er fand zwischen den Blättern »ine Rechnung über — sage und schreibe — 350 ^ Pferdefleisch. Da ahnt man, wo so manche Rostnante ihre letzte Ruhestätte finden mag l
M-aktion, Dmck und Verla, von ver »h. Hof«,«» io, Mttbad.
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