Entdeckt.

Kriminal-Erzählung von C. v. WolsShage». 1) (Nachdruck verboten.)

Nirgends in Deutschland wird die Car- nevalszrit so lustig begangen, als in der Rhetnstadt, in welcher vor mehr als dreißig Jahren diese Geschichte spielt. Ein Freuden­rausch scheint dann die ganze Bevölkerung ergriffen zu haben; auf den Straßen wim­melt es von originellen Masken, welche lose Scherze treiben. Aber die Rheinländer sind gemütliche Menschen; selten ereignet sich ein Exzeß und meistens nur bei Ausländern. Bekannt wurde das im Nachfolgenden er­zählte Ereignis durch gerichtliche Verhand­lungen , die durch ein tragisches Nachspiel bekannter werden sollten, als es sonst wohl der Fall gewesen wäre.

In der Zollcngaffe stand ein dreistöckiges Haus, in dessen Erdgeschoß sich ein präch­tiger Juwelierladen befand, über dem der NameAlexander Mixin, Juwelier," prangte.

Herr Alexander Mixin war ein ältlicher Mann von sechzig Jahren, nicht unansehn- lich, noch sehr rüstig, klug und unternehmend; es verlautete, er sei in seinem Geschäfte ungemein tüchtig, er galt für sehr redlich und Kinder belaß das Ehepaar Mixin nicht, deshalb hatte der Hausherr eine Ge­sellschaftsdame für seine Gattin engagiert, ein Fräulein Jllona PintaS, welche ihrer Herrin treu ergeben war. Dieses Fräulein besaß eine Freundin, Ada Mislow, eine Sängerin, welche bei einem alten Fräulein, Babette Häubchen, wohnte. Häufig besuchte Jllona PintaS ihre Freundin und Lands­männin Ada Mislow, und so wurde sie mit Babette Häubchen bekannt und vertraut.

Schon fast einen Monat vor dem dies­jährigen Maskenfeste klagte Jllona ihrer Herrin, daß sie des öfteren von einem etwa 25 Jahre alten Herrn verfolgt werde, wenn sie zu Ada Mislow gehe.

Ach," lachte Frau Senta darauf,ist er hübsch? Spricht er Dir von Liebe?

Jllona errötete.

Nein," gab sie zurück;das ist eS ja eben, was mich verdrießt! Er steht mich forschend an und verfolgt mich bis hier vorS HauS, aber reden thut er kein Wort!"

Ein sonderbarer Liebhaber! Wie steht er denn aus?"

«Hübsch l"

Und sie beschrieb ihn genau. Frau Senta erblaßte.

Sieht er wie ein Künstler aus?"

Ganz recht; ich habe gleich gedacht, er müsse ein Maler sein!"

Frau Senta wurde sonderbar einsilbig und fragte nicht mehr.

Eines Tages kam Jllona von einem derartigen Besuche heim, erregt, glühlend:

Heut hat er mit mir gesprochen, Senta!" Wenn sie allein waren, dutzten sich die Beiden.

Wirklich?'

Und mir etwas gegeben I"

»Zeige!"

Nun brachte Jllona einen Brief hervor:

Er ist an Dich!"

Unmöglich l"

Sie nahm ihn aber doch und er­blaßte sehr, sobald sie die Adresse gelesen. Daun faßte sie sich:

Jllona, liebst Du mich?"

Von Herzen I Du weist es ja l"

So schwöre mir, daß Du dieses Ge­heimnis niemand verraten willst, zurrst nicht m-inem Manne!"

Ich schwöre es!"

Du sollst später alles erfahren!"

Sie nahm nun den Brief und las ihn, zerriß ihn dann in Otome und warf sie in den Ofen.

Ich werde ihm nicht antworten, Jllona!"

Aber wer ist er denn?"

Da sah Frau Senta sie fest an:

Wisse, Mädchen, es ist mein früherer Verlobter I Aber er war arm und ich mußte um meinen Vater zu retten, meinen Gatten heiraten I"

Ah, jetzt verstehe ich!"

Gut, ich antworte ihm nicht!"

Arme Senta!' streichelte Jllona sie.

Ja, Kind, das war vordem, ehe Du zu uns kamst! Mein Herz blutete aber ich konnte nicht anders! Wenn ich freilich ge­wußt hätte, daß mein armer Vater drei Wochen nach meiner Hochzeit sterben mußte, so hätte ich vielleicht anders gehandelt l"

So liebst Du ihn noch?"

Frau Senta blieb ihr die Antwort schul­dig; Jllona fragte aus Diskretion nicht weiter darnach.

Einige Tage vor der Eröffnung des CarnevalS trat ein Fremder in den Laden Alexander Mixin'S. ES war ein junger, schlanker Mensch, gekleidet wie ein Maler. Er forderte Ringe zu sehen. Da trat Fran Senta in den Laden und grüßte, blieb aber mit erschrockenem Gesichte stehen. Da schob ihr der Fremde blitzschnell einZ-ttelchen zu. Mixin, der aus einem Spiegelschranke Ringe hervorholte, bemerkte es, sagte kein Wort, sah sich aber den Fremden scharf an. Dieser kaufte einen der Ringe, zahlte und ging. Frau Senta hatte den Laden schon verlassen. Kaum war Alexander Mixin allein, so mur­melte er:

Irrte ich mich? Reichte ihr der Fremde wirklich ein Zettclchen? Ich muß Obacht geben I"

Mixin war entsetzlich eifersüchtig, obwohl dazu bisher noch kein Grund vorhanden ge­wesen.

Mit einem Ruf des Triumphs bückte er sich dann plötzlich, indem er halblaut, wie eS seine Art war, sagte:

Ha, da, liegt eS, daS Zettclchen! Sie hat es aus der Tasche verloren l"

Er hob es auf und las:

Am ersten CarnevalStage 7 Uhr in der Palette. P."

Ha!" murmelte er nochmals.Also

ein Einverständnis! Warte, Du Tugend­spiegel !

Aber mit der Schlauheit des Instinktes Eifersüchtiger legte er das Zettelchen wieder auf die Erde und verließ den Laden.

Er trat in das Wohnzimmer, seine Gattin saß am Kaffeetische und schien unruhig.

Vermißte sie das Zettelchen?"

Wo bleibt Jllona PintaS?" fragte der Hausherr.

Ich weiß nicht!" entgegnete Frau

Senta.

Klingelte es nicht im Laden?"

Er setzte sich gravitätisch an den Tisch.

Ich hörte nichts l Bitte, siehe nach, Senta l" Bei sich dachte er:

Sie will nach dem Zettelchen sehen!

Gut!"

Frau Senta ging in den Laden, sah den weißen Papierstreifen und steckte ihn rasch in den Busen, dann schellte sie, auf den Flur tretend, der Gesellschafterin, die gleich darauf eintrat.

Da sprang Mixin auf:

Teufel, meine Schlüffe! ließ ich im Ringespind stecken."

Sprach'S und eilte in den Laden.

Fort I" sagte er dann und kehrte lachend zurück:

Folgen deS Alters, suche die Schlüssel und habe sie, weiß Gott, in der Tasche I"

Senta lachte; ihre Befangenheit war verschwunden.

(Fortsetzung folgt.)

Verschiedenes.

An alle Christiane. Die kürzlich aus Schierstein bei Wiesbaden an alle Vor- namensvettern des tapferen BurenführerS Christian Dcwet ergangene Anregung zu einer Ehrenstiftung für diesen ist auf frucht­baren Boden gefallen. Aus allen Teilen Deutschlands, auch schon auS Italien und Belgien, sind bei der Schiersteiner Zeitung und bei Herrn Christian Schneider Geld­beiträge eingelaufen. Ein preußischer Haupt­mann begleitete seine 10 Mark-Spende mit folgenden Worten:Ich heiße zwar nicht Christian, möchte aber bei der Ehrung für den Blücher der Buren nicht fehlen. Möchte der tapfere Dewet das erreichen, was Jeder, der das Herz auf dem rechten Fleck ha», wünscht, ein freies Burenreich auf lange Zeit."

Burenreliquen uuter dem Hammer. Man schreibt aus London: Dieser Tage versammelte sich eine zahlreiche Menge zu der Auktion bei Strvenö, in der ein seidener Cylinderhut Ohm Krügers unter den Hammer kommen sollte. Der Hut, der etwa 40 Jahre alt ist und innen den von Krüger, selbst mit Bleistift geschriebenen Namenszug trägt, ist von ihm, wie ein beiliegendes Zeugnis bekundet, auf seiner Farm in Rustenburg getragen worden. Er erzielte 500 Eine Pfeife KrügerS, auf der eins seiner eigenen Threepenny-Stücke eingelegt war, erzielte 182 eine Photographie mit Unterschrift 50 Mark. In derselben Auktion wurden 6 Burenfahnen, die während des Krieges in Gebrauch waren, für 150 verkauft. General JobertS Uhr, die er während der Belagerung von Ladysmith getragen hatte, brachte 110 Am interessantesten war vielleicht ein von Burenfrauen angefertigtes Bandelier, das rund herum mit Medaillen verziert war, die von den Uniformen bri­tischer Soldaten genommen waren. Dasselbe wurde für 45 ^ versteigert.

Nicht nur das Fleisch, auch das Bier kann als Maßstab des Volkswohlstandes betrachtet werden. Je mehr Fleisch, oder je mehr Bier das Volk verbraucht» in desto bessern wirtschaftlichen Verhältnissen befindet es sich. Im Jahre 1880 entfiel auf jeden Deutschen ein jährlicher Biervcrbrauch von 34 Litern, im Jahre 1899 aber von 125 Litern.

En selten anzutreffendes Brautpaar schloß vor dem Standesamte in Itzehoe den Bund fürs Leben. Beide Brautleute zählen nämlich zusammen 145 Jahre. Der unter­nehmungslustige Bräutigam steht im 76., die junge Frau im 71. Lebensjahre.

Re-aktto«, Druck und Verlag von Beruh. Hofmau» in Wtldbad.