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Des Lebens Anker
Original-Novelle von Carl Caffau.
3) (Nachdruck verboten.)
Mit einem Satze war er neben ihr und leicht wie eine Feder hatte er sie emporge- hoben und an den Strand gesetzt. Dann ein Stoß und er glitt in die schäumenden Wogen hinein. Heftiger schnob der Wind und Ebba fühlte trotz des Juli EiseSkälte sich durchdringen und durchschauern; sie floh dem Hause zu. Leise bewegten sich dabei ihre Lippen zum Gebet. Galt es Erich in den Fährnissen des Sturmes? Vom Trep- penhause sah sie seine schlanke Gestalt im Kahn, mit welchem er geschickt den Sturzwogen auSwich. Wie er das Fahrzeug sicher lenkte I H?i, jetzt landete er und dahin eilte er, der Haupstadt zul-
Beruhigt kehrte sie zu den Kindern zurück. Kaum eine und eine halbe Stunde später langte Erich mit Dr. Holm an.
Der Arzt schüttelte den Kopf über den Zustand der Kleinen.
Es folgten jetzt schreckliche Tage und schreckliche Nächte; die Kinder wurden kränker und kränker. Ebba wich nicht von ihrem Bette, Erich ging ob und zu, des Nachts aber nahm er Ebbas Platz an den Betten der Kleinen ein, bediente sie und — grübelte über die Zukunft nach. Auch die Regungen deS menschlichen Herzens überdachte er und gerade jetzt kam auch ein Brief von Cornelie an. Sonderbar, ihr Bild mar vor demjenigen Ebbas in ihm verblaßt; der Brief blieb 2 Tage unerbrochen liegen.
In der siebenten Nacht war der Zustand LeonorenS bedenklicher. Erich eilte zu Ebda und weckte sie, ihr zugleich den Verlust jeder Hoffnung aus Besserung auf das schonendste mitteilend. Ebba hatte sich angekleidet nie- dergelegt; mit einem Schrei sprang sie aus und eilte an die Betten der Kinder.
In dieser ganzen Zeit hatte Ebba Erich mit tödlicher Kälte behandelt, die ihn lief verletzte, obwohl er sich sagen mußte, daß er mehr als eine solche Behandlung verdient habe. Wußte Ebba etwas von dem Ausruhr seiner Seele? Durchschaute sie seines Herzens Regungen? Ach was, Ebba war und blieb geistlos, ei)i kaltes Marmorbilv ohne GesühlSwärmc I Wie anders war da Cornelie mit ihrer üppigen Gestalt ihrem warm pulsierenden Blute! Aber wie, wenn das, was er für Liebe hielt, nur Sinnlichkeit war? — Erich war bisher keusch durchs Leben gegangen, man sagte ja überall, daß einH tolle Zeit einmal für jeden Mann käme! — Jetzt Hütte er Corneliens Brief auf keinen Fall lesen können, jetzt gehörte er den kranken Kindern, der leidenden Gattin! Besonders zog ihn Ebbas kühles Benehmen an, wie ihn früher ihr Entgegenkommen fast abge- stoßen, wie ihm ihre liebevolle Fürsorge oft sogar lästig gewesen war.
Inzwischen hatte Waldemar Dr. Holm herbeigeholl. Gerade ging die Sonne am Himmel goldig auf, als die Krisis eintrat. Der Arzt nichts versäumt, aber LeonorenS schwächlicher Körper konnte der Fieberglut nicht länger widerstehen; ehe die Tageskönigin sich im vollen Strahlenglanze zur Höhe des Himmels erhob, hatte Leonore ihre Seele in die Hände Gottes zurückgegeden und ein Engel trug stk zu den seligen Höhen des Friedens.
Am andern Morgen saß Ebba still weinend bet der Leiche, ein Heft mit Gedichten war auf die Erde gefallen. Während Dr. Holm nach Rolf sah, suchte Erich seine Gattin auf. Leise trat er ein, hob den Band empor und las:
In den Sternen wohnt der Frieden, Der der Erde nicht beschieden,
Frieden füllt den hehren Kreis,
Wo die Sterne zieh'n ihr Gleis;
Wer den Frieden will erjagen,
Laß von seinem Engel tragen Sich zum gold'nen Sternenschein,
In den Himmel, klar und rein l
Hier auf Erden heißt es streiten, Kämpfen kühn für Einigkeiten,
Ohne Streit ein Himmel nicht,
In der Sterne gold'nem Licht!
Ohne stet'geS Geistesringen
Kannst Du nicht zum Frieden dringen,
Willst zum Himmel Du hinein,
Mußt Du erst geläutert sein!
LSut'rung folgt auf heiße Tage,
Ruh' ans Arbeit, Freud' auf Plage, Darum thu' still Deine Pflicht,
Durch die Nacht geht es zum L'cht l
In den Sternen wohnt der Frieden, Darum schaue stets hienieden,
Zu dem Meister droben auf,
Welcher lenkt der Sterne Laus!
Einst wird auch nach diesen Tagen Dich dorthin Dein Engel tragen,
Daß Du in der Sterne Schein Gehst zum ew'gen Frieden ein I
Stumm näherte er sich der kleinen Leiche und betrachtete sie blutenden Herzens, dabei murmelte er:
„So ist der Mensch! Eine Blume, blüt und welkt er in einem Atem I Wie manche Knospe schon stirbt ab, ehe sie sich einmal entfaltet!"
Er seufzte tief auf.
Da sprach Ebba geisterhaft leise:
„Und sie sollte mein Trost sein, wenn Du, Erich mich verlassen würdest l"
Er schrack zusammen und cntgegnete: „Ich Dich verlassen, Ebba?"
Sie nickte:
„Ja, bei einer Scheidung fallen die Töchter der Mutter, die Söhne dem Vater zu!"
„Aber wer spricht von einer solchen Scheidung, Ebba?" fragte er angstvoll.
Da hob sie die Augen auf, die so seelen- voll blicken konnten:
„Erich, Erich, weißt Du. nicht, daß deS Weibes Liebe sein ganzes Leben ist? Hast die Scheidung geistig nicht schon vollzogen? Denke an die Neptunsgrotte I
Da überflutete ihn, den strengen Richter anderer, die Röte der Scham und in diesem Augenblicke erlosch CornelienS verführerisches Bild in seiner Seele vor dem Anblick dieser blassen, leidenden, geduldig tragenden Frau. Was sollte er sagen, womit sich euischul- digen? Er hatte das beste Herz der Welt schändlich gekränkt und verletzt!
Gesenkten Hauptes stand Erich da, keines Wortes der Entschuldigung mächtig; nur zögernd kam es mit einem Blick auf die kleine Leiche über seine Lippen:
„Läge ich an ihrer Stelle da, so wärm alle Wirrnisse geschlichtet."
(Fortsetzung folgt.)
Verschiedenes.
— Die Lüge von Mayerling. Vor einiger Zeit erschien in Paris die Enthüllung einer Prinzessin OdcScalchi, geborenen Gräfin Zichy, über Kronprinz Rudolfs Tod, welche die Runde durch fast alle Blätter Europas machte. Nach derselben wäre Rudolf einem Racheakt seiner Geliebten, der Baronesse Mary Vetsera, zum Opfer gefallen, nachdem diese sich vergeblich bemüht hatte, den Kronprinzen, der sich von ihr abgewandt hatte, umzustimmen. Diese sensationelle Version fand vielfachen Glauben, weil sie scheinbar Manches erklärlich machte, was dem ferner Stehenden bis dahin unbegreiflich erschienen war. Nunmehr aber veröffentlicht Ernst Edler von der Planitz, der bekanntlich auf dem Gebiete der Kronprinz Rudolf- Literatur seit Jahren die erste Stelle einnimmt und nicht nur in Fachkreisen als zu» verlässigster Biograph Rudolfs, sondern auch auf Grund seiner vielfachen Publikationen als best informiert über die Katastrophe gilt, eine ungemein scharfe Gegenschrift unter dem Titel „Die Lüge von Mayerling" (Verlag von A. Pichler u. Co., Berlin), in welcher er Zug um Zug die Behauptungen der Odeö- calchi widerlegt und als phantastevolle Com- binalionen entlarvt. Dieses neue Kronprinz Rudolf-Buch, an dessen Schluß der Autor die Prinzessin zur Beweiserbringung ihrer unmöglichen Geschichten in einem offenen Brief vor aller Welt auffordert, ist gleichbedeutend mit der völligen Vernichtung ihrer sensationellen „Enthüllung" durch welche daS Andenken Rudolfs so gut wie zerstört schien. Es steht außer aller Frage, daß Planitz die schlagendsten Belege und ein erschöpfendes Quellenmaterial über die Katastrophe zur Verfügung haben muß, um diese Herausforderung wagen zu können. Seine scharfsinnige Schrift ist darum auch eine glänzende Ehrenrettung des verstorbenen österreichischen Thronerben, an welcher besonders die Völker seines Hauses ein berechtigtes Interesse haben dürften. Da das Werk außerdem eine Meng« neuer Details über das Drama von Mayerling beibringt, die bisher in der Oeffentltch- keit nicht bekannt waren, so ist diese Widerlegung zugleich eine höchst interessanter Beitrag zur Geschichte deS JahreS 1889. ES ist leicht zu ersehen, daß sich der Verfasser bei seinen Ausführungen auf Informationen stützt, die direkt aus erster Hand (allem Anschein nach aus dem Hause der unglücklichen Baronesse Mary von Vetsera selbst) stammen müssen; denn seine Vertrautheit mit den die Katastrophe begleitenden Verhältnissen, ist eine ganz überraschende. Nach Planitz' Darlegung kann es als erwiesen betrachtet werden, daß die Katastrophe nicht einem Racheakt, sondern einzig einem seelischen Konflikt entsprang, wie die Geschichte nur wenige kennt.
(Ursache und Wirkung ) Besucher: „Hat ein Sturm all' diese Bäumchen und Streicher geknickt?" — Park-Aufseher: „O nein! — unser Herr lernt'S Radfahren,"
.. (Der Schreihalz) Menagerie-Besitzer (zum Ausrufer): „Seien Sie mal einen Augenblick ruhig, Müller, die Herrschaften wollen die Tiere brüllen hören!"
Redaktion, Druck und Verlag von Beruh. Hofmau« tu Wildbad.