Die Unruhe« in China.
— Die Verlustliste Nr. 2 der d.m ost« astatischen Expeditionskorps mit Tod abge. gangenen enthält die Namen von 2 Wärt- tembergern: Oberbootsmannsmaat auf E. M. S. „Hansa" Gustav Uhlmawi aus Heilbronn, schwer verwundet, Schuß durch das Kniegelenk, gestorben 10. Juli; Seesoldat beim 2. Seebataillon Georg Eckert aus Ulm, am 18. Oktober a» DarmtyphuS gestorben.
Berlin, 28. Dez. Gencralfeldmarschall Graf Waldersee meldet aus Peking: Nach Eintreffen sämtlicher Bataillone der ersten Brigade habe ich dieser die vom Kaiser verliehenen Fahnen übergeben. Im Anschluß daran fand eine Parade der deutschen Garnison in Anwesenheit der Generale Lcnne- wilsch, Nawaguli, Chaffee, der Führer der Italiener und Oesterreicher statt. Gaselec und Voyron ließen sich durch Offiziere vertreten. Die Amerikaner, Oestereicher, Italiener und Russen entsandten Truppenabteilungen.
London, 29. Dez. Der „Standard* melvet aus Schanghai vom 28.: Privatmeldung aus Scheust zufolge ernannte dir Kaiserin, als der Hof sich in TayeMu auf- hielt, einen 15jährigen Knaben mit Namen Tungshu heimlich zum neuen Kaiser. In dem betreffenden Ernennungsakte war das Verbot enthalten, die Nachricht von der Thronbesteigung deS neuen Kaisers zu veröffentlichen. Der neue Kaiser wurde in der kaiserlichen gelben Sänfte nach Singanfu gebracht. So erklärt eS sich, daß Kaiser Kwangsu die Erlaubnis erhielt, nach Peking zurückzukehrcn. Der Kaiser Kwang-u hat seinen Freunden von der Resormpauei die Mitteilung gemacht, daß er nach Pek ng zu- rückk-hre und um ihre Unterstützung bei der Leitung der Regierungsgeschäfte nachsuche.
London, 28. Dez. Ein in den Abendblättern abgedruckteS Telegramm aus Schanghai berichtet: Der aus der Fahrt von Jl- schang im Nangisekiong nach Tsckungk.ng befindliche neue deutsche Dampfer „Suihstang" scheiterte 60 Meilen von Jtschang und dürste vollständig verloren gehen. Die an Bord befindlichen Personen mit Ausnahme des Kapitäns wurden gerettet.
Schanghai, 29. Dez. Reutermslduug. Hier umlaufenden Gerüchten aus chinesischer Quelle zufolge hat ein hoher Beamter von Singanfu nach Schanghai telegraphiert, daß die Frtedcnsbedingungen dem Kaiser und und der Kaiserin unterbreitet worden seien und daß diese beschlossen hätten, die Bedingungen anzunehmen. Die Mitteilung bedarf natürlich der Bestätigung und findet hier inzwischen wenig Glauben.
R « n d s ch a «.
Stuttgart, 29. Dez. Der „StaatS-An- zeiger" veröffentlicht folgende königliche Verordnung , betreffend die Einberufung der Ständeversammluug. Wilhelm II., von Gottes Gnaden König von Württemberg. Nach Anhörung unteres Slaalsministerinms haben wir beschlossen, die Ständev-rsamm- luvg auf Dienstag, den 15. Januar 1901 zur Eröffnung des neuen Landtags in unsere Haupt- und Residenzstadt Stuttgart rinzu- beruseu. Wir befehlen demnach, daß die Mitglieder der beiden Kammern am Montag den 14. Januar 1901 sich in S uttgarl rinfinden und bei dem ständischen Ausschuß
legitimieren. Unser Ministerium deS Innern ist mit der Bekanntmachung und Vollziehung dieser Verordnung beauftragt. Gegeben Stuttgart, 28. Dezbr. 1900. Wilhelm. Schott v. Schottenstein. Pischek. Breitling. Z-Yer. v. Soden. Weizsäcker.
Winnenden, 28. Dez. Gestern Abend 8 Uhr brach in dem hiesigen Elektrizitätswerk auf bis jetzt unermittclte Weise Feuer aus, welches in kurzer Zeit das Gebäude bis auf die Grundmauern zerstörte. Der Betrieb der Lichtcrzeugung dürste jedoch nur eine Unterbrechung von 4—5 Wochen erleiden.
— Ein merkwürdiges Duell. Dieser Tage fand zwischen zwei Bäckerlehrlingen von Deggendorf ein Pistolenduell statt. Mit geladenen Flaubert-Pistolen traten die Duellanten sich gegenüber. Gleich nach dem ersten „Kugelwechsel" war der eine der Duellanlen kampfunfähig geworden, denn eS ging ihm der Schuß des G-gners direkt in den Mund, so daß ihm zwei Zähne eingedrückt wurden, die sich gleich dem Projektil in bas Fleisch der Zunge eingegraben hatten, von wo sie auf operativem Wege entfernt werden mußten. Die Bäckerjungen thäten wirklich besser, sich in ihrem Gewerbe als Sch'rßer nützlich zu machen-
— Der noch junge Verein Mainzer Buchdruckereibesttzer hat die Einführung eines Minimaltarifrs für Druckarbciten beschlossen und in l iner in den Tagesbtättern veröffentlichten Bekanntmachung der sämtlichen in Betracht kommenden Mainzer Buchdruckcieien wurde infolge der allgemeinen Steig« ung der Materialien rc. eine entsprechende PieiS- erhöhung für alle Drucksachen ongekünbigt. Auch dt- ZeitungSvcrleger haben in einer Zusammenkunft beschlossen, einen Aufschlag auf die Inseratenpreise eintreten zu lassen. Auch wurde beschlossen, gegen die Couvcrt- fabriken, welche den Druck vou Couverts zu einem Schleuderpreise offerieren, wodurch die Druckereien den Papierhandlungen gegenüber nicht mehr konkurrenzfähig sind, vorzugehen und den Deutschen Buchdruckcrverein dafür zu interesstcren.
— (Eine Hochzeit mit Hindernissen.)
wurde jüngst in einer Ortschaft bet Nord- Hausen gefeiert. Als nämlich alle Fleischtöpfe in der Hotclwtrtschaft, in welcher die Hochzeit gefeiert werden sollte, voll waren, kam der Gerichtsvollzieher und pfändete die sämtlichen, zur Bestreitung der Hochzeit vom Wirt angeschafften Eßwaren. Infolgedessen konnte das Mittagessen erst nach -Wiedereinlösung der Waren um 7 Uhr abends stattstnden.
— Die badische Anilin- und Sodosabrik in Mannheim ist eine Stadt für sich. Sie beschäftigt jetzt 500 Beamte und 6000 Arbeiter. Soeben hat sie ein für dieselben erbautes G-sellschaftshaus auf dem HemShos eröffnet.
— Aus den bad. Bahnen hat man jetzt Geschwindigkeitsmesser eingeführt. Diese auf den Lokomotiven angebrachten Apparate geben ein Glockenzeichen, sobald der Führer die vorgeschriebene Geschwindigkeit überschreitet. Auch kann man an ihnen im Fall eines Unglücks nachträglich feststellen, mit welcher Geschwindigkeit der Lokomotivführer gefahren ist-
— Acht arme Ladenmädchen in einem großen Mainzer Modewarengeschäft gewannen miteinander 34 000 Die Mädchen waren
überglücklich, als ihnen der große Gewinn auSkezahlt wurde.
Colmar, 26. Dez. Wegen unerlaubten WcinverkaufS über die Straße in wiederholtem Rückfall wurde eine wohlhabende Schlettstadter Bürgersfrau von der hiesigen Strafkammer zu 2000 ^ eventuell fünf Monaten Gefängnis verurteilt.
— Der Kronprinz und das Orchestrion. Bei einem Jagdausflug frühstückte der Kronprinz mit seinen Begleitern in einem mitten in der Forst gelegenen Wirtshause. Dort befindet sich in der Gaststube ein großes Orchestrion, auf dem sich die fröhliche Gesellschaft einige Stücke Vorspielen ließ. „Nun wollen wir auch tanzen" meinte der Kronprinz, doch da stockte plötzlich das Spielwerk. Der Kronprinz, der gesehen hatte, wie die WirtStochter auf die Feder drückte, ließ das Orchestrion wieder spielen, als er eS dann aber nochmals aufziehen wollte, faßte ihn die WirtStochter am Aermel und sagte: „Ne, ne, ne, det jeht nich immer so, da müssen Sie erst eenen Groschen rinstecken." Der Kronprinz lachte laut auf und meinte: „Das ist ja reizend, hier gefällt es mir, hier muß ich meinen Vater mal herbringen."
— Eine schöne Rechnung wurde einem Hutmacher in Müttersholz ausgestellt. Er hatte einem Kaufmann einen Hut für 9 -/A verkauft,-ohne gleich Bezahlung zu erhalten. Als der Käufer fallierte, meldete der Hutmacher seine Forderung bei Gericht an und erhielt darauf folgenden Bescheid: Ihre Forderung beträgt 9 Davon erhalten Sie aus der Konkursmasse 1,77 Prozent gleich 16 davon gehen ab: Für Portoauslagen 10 und für Bestellgeld 5 sodaß dem Gläubiger 1 verbleibt. Der biedere Hutmacher soll sich verschworen haben, nur noch gegen Bar zu liefern.
— In Butzbach in Hessen haben sich der Fabrikbesitzer K. und seine Frau erschaffen, eine Stunde nachdem ihr einziger Sohn, ein Sudent, an der Schwindsucht gestorben war. Auf einem Zettel war bemerkt, daß sie ohne ihr Kind nicht länger leben wollten. Vor einigen Jahren hatten sie auch eine Tochter an der Schwindsucht verloren.
— Im Liebesraus. Zu einem Attentat an ihrem Geliebten hat sich die 40jährige Händlerin Werner in Hamburg hinrrißen lassen. Das Paar war in einer gemeinschaftlichen Wohnung beisammen, als eS, stark angetrunken, in Streit geriet. Plötzlich ergriff die Werner eine Petroleumkanne und goß ihren Inhalt auf den ahnungslos auf dem Sopha Sitzenden, dann zündete sie die Flüssigkeit an. Auf die Hilferufe deS Bedauernswerten eilten Nachbarn herbei und bewahrten ihn, indem sie feuchte Decken auf ihn warfen, vor dem Verbrennen- Die mit in Brand geratenen Möbelstücke mußte die schnell herbeigerufcne Feuerwehr retten. Der „glückliche Bräutigam" liegt jetzt in bedenklichem Zustande im Krankenhause, während seine — heiße Verehrerin bereits hinter Schloß und Riegel sitzt.
— Der Nordpolheld der Zukunft, Kapitän Baldwin, befindet sich gegenwärtig in Europa, um Vorstudien für sein Unternehmen zu machen und die Ausrüstung zu beschaffen. Baldwin ist der Leiter der von dem Millionär Ziegler veranlaßten Nordpolar-Expedition, der sich hat verpflichten müssen, entweder den Pol zu erreichen oder sich nie wieder in seinem Vateriande blicken zu lasten.