24.: Die Franzosen stießen am 22. dS. östlich von Tschi-Tschou (?) zwischen Peking und Partingfu auf angeblich 8500 Mann chinesischer Truppen mit Artillerie. Die Chi­nesen flohen nach großen Verlusten und unter Zurücklassung von 5 Fahnen und 4 Ge­schützen in der Richtung auf Kuanhsten. Es handelte sich vermutlich um einen neu ge­sammelten Rest von schon zersprengten Chi­nesen.

London, 26. Dez. Die Blätter melden unterm 24. aus Peking: Wie Missionare berichten, haben die Boxers am 21. in einem Ort 35 Meilen östlich von Peking 12 Ka­tholiken ermordet; 8 verbrannten in der Kirche. Die Militärbehörden haben die Ver­folgung der Sache in die Hand genommen.

Peking, 26. Dez. (Agencc Havas.) Die Chinesen griffen eine französische Truppen­abteilung in der Umgebung von Tschi-Tschou (?) im Süden von Partingfu an. General Bailloud schlug sie nach heftigem Kampfe, nahm die Stadt ein und steckte sie in Brand. Die Chinesen verloren etwa 1000 Mann; die Franzosen hatten keine Verluste.

London, 26. Dez. DerStandart* meldet unterm 24. ds. aus Schanghai: Hier eingegangenen Nachrichten zufolge hat die chinesische Regierung die Prinzen Tuan und Tschwang an der Grenze von Schansi und Schensie Verhaftet: Nutzsten erhielt den Be­fehl nach Singanfu zurückzukehren, wie man glaubt, zum Zwecke der Bestrafung. Hier­aus schließt man, daß die Regierung bereit sei, die Forderungen der Mächte zu be­willigen.

London, 27. Dez. Eine Pekinger Mel­dung derMorningpost" besagt, daß die Deutschen auf dem Rückwege von Paolingfu die Städte und Ortschaften rücksichtslos be­straften , welche vor kurzem von General Richards»» auf Grund einer Abmachung mit Waldersee aufgesucht wurden und welche die von Richardson getroffenen Vereinbarungen völlig unbeachtet ließen.

Rundschau.

Stuttgart, 22. Dez. Die Volkszählung hat für Württemberg lautStaatsanzeiger* 2 165 765 Personen ergeben. DaS ist eine Zunahme von von 84 614 Personen.

Oberreichenbach. Am letzten Sams, tag abend zwischen 6 und 7 Uhr wurde auf der Straße zwischen Hirsau-Oberreichen­bach ein von Pforzheim kommendes Butter- weib von einem Handwerksburschen ange­fallen und ihr das Geld abverlangt. Sie erwehrte sich seiner und stieß ihn zweimal von sich, daß er beinahe über die Böschung stürzte. Erst als er zum M sstr griff und behauptete, er wisse, daß sie Geld habe, rief sie um Htlse und als er merkte, daß noch Leute im Walde seien, ließ er von ihr ab und suchte das Weite. Im Löwen hier, wo er über­nachtete, wurde er von einem Calwer Land­jäger verhaftet.

Balingen, 20. Dez. Ein schweres Un­glück ereignete sich hier gestern abend. Beim Spannen des SeileS über einen Strohwagen stürtzte ein verheirateter Mann aus Geislingen rücklings vom Wagen und brach das Rück­grat, so daß daß der Tod nach kurzer Zeit eintrat; eine Gattin und vier unmündige Kinder trauern um ihren Ernährer.

Rottweil, 21. Dez. Von einem unge» amtlichen Erlebnisse auf der Eisenbahn wird

hier folgendes erzählt: Ein Herr haste in einem Koupee eine reizende Reisegefährtin angetroffen, mit der er sich aufs beste unter­hielt, als ein Bäuerlein einstieg, das neben der Dame Platz nahm, nachdem es etwa sechs bis acht Körpe m>d Pakete, darunter auch einen mit Papier verschlossenen Topf, teils unter und über seinem Platz, teils unter und über den zwei Reisenden untergebracht hatte. Auf seinem Platze macht« er stchs dann recht bequem, verzehrte ein Paar Saiten­würstchen , die er mitgebracht hatte, wischte sich hernach die Finger am Fensterricmcn ab, zog seine Pfeife heruS und fing an, seineblauen Husaren" zu rauchen, nicht ohne zwischen je zwei Rauchwolken, die er blies, zur Abwechslung auf den Boden zu spucken. Der Herr war erbost über diesen unangenehmen Eindringling. Aber sein Zorn verwandelte sich in Besorgnis um die junge Dame, als sie sich einige Stationen später plötzlich unwohl zu fühlen schien. Sie wurde bleich, bis sich auf die Lippen und fing end­lich an, kramphaft zu schluchzen.Aber, mein Fräulein, was ist Ihnen? Kann ich etwas für Sie ihun ? Soll ich ...." Nein, nein, danke" sagte sie und wurde wieder ruhiger. Bald aber brach sie in lautes Jammern aus. Der Herr war eben­so trostlos über ihre Lage, als das Bäuer­lein gleichgültig. Zuletzt that sic wie ver­zweifelt, riß ihr Köfferchcn herunter, stürtzte, jeden Beistand des Herrn ablehnend, bei der nächsten Station aus dem Waggon und ver­schwand im Gedränge. Lange noch saß der Herr da und konnte die Gedanken an seine Reisegefährtin und ihren plötzlichen Jammer nicht los werden, als auch das Bäuerlein sich anschickte, auszusteigen. Schon war er mit seinen sieben Sachen glücklich draußen, als er noch einmal zurückkam mit dem Topf in der Hand, dessen Papicrverschluß eingedrückt war. Er stieg auf die Bank, kroch darunter, spähte brummend in alle Ecken.Aber was suchen Sie denn, zum Kuckuck?" rief der Herr.Was ich suach? Blutegel haun i gjhet in dem Hafe, und die Luder semmer älle durchganga !"

Friedrichshasen , 23. Dez. Die Z-p- pelinsche Ballonhalle sitzt immer noch bei Manzell fest. Verschiedene Gerüchte sind im Umlauf. In der letzten Zeit wurden neue Windflügelschrauben am Ballon angebracht, und während mehrerer Stunden des Tages wurden mit demselben Experimte angestellt. Nun sind die Abändcrungs- und Verhcsser- ungSarbeiten eingestellt. Die alte Aktienge­sellschaft ist in Auflösung begriffen und ge. stattet mit Beginn nächster Woche dem Pu­blikum den Eintritt in die Halle. Graf Zeppelin Hai schon sehr viel man spricht von 150 000 von-seinem Vermögen

in das Unternehmen gesteckt und die Rück­sicht auf seine Familie verbietet ihm weitere Inanspruchnahme. Wie dessen Konstanzer Vortäge beweisen, hofft v. Zeppelin immer noch, eine neue Aktiengesellschaft zusammen­zubringen oder auf die Hilfe der Militär­verwaltung, doch bis jetzt mit wenig Erfolg.

Ein Pforzheimer Metzgermeister em­pfing einen der bekannten spanntschen Schwin« velbriese. Der Briefabsender Luis Casanar in Valencia schreibt, daß er eine Kriegskasse mit 675 000 Franken vergraben habe und daß er dem Empfänger des Briefes hiervon 225000 Franken geben werde, wenn er ihm

eine größere Summe Gelb sch!cke ober das Geld selbst bringe, zur Deckung der Kosten der Ausgrabung des Schatzes. Es fallen zwar nur die Allerdümmsten auf einen solchen Schwindel herein, doch seien auch st« hier­mit noch besonders gewarnt.

Mühlacker, 24. Dezbr. Gestern Abend brach in dem Dachstuhl der bekannten Groß­brauerei L. in Dürrmenz Feuer aus. Durch rasche Hilfe war eS möglich, das Feuer zu hemmen, so daß nur der obere Teil des Hauses abbrannte. Der Schaden ist groß, Betrieb aber nicht gestört.

Der Kaiser hat di« vom Professor Doepler d. I. entworfenen Zeichnungen für die Jubiläums-Münzen, die aus Anlaß der Feier des zweihundertjährigen Bestehens des preußischen Königreichs ausgegeben werden sollen, genehmigt. ES ist schon mit der Prägung dieser Münzen, die nur in der Form von silbernen Fünf- und Zweimark­stücken hergestellt werden sollen, begonnen worden. Vor dem 18. Januar 1901 dürfen die Münzen nicht zur Ausgabe gelangen.

Paris, 24. Dez. Der deutsche Kaiser verlieh dem Fürsten Münster, der heute seinen 80. Geburtstag feiert, bei seinem Rück­tritt die Brillanten zum Schwarzen Adler- Orden.

Ouellendors b. Cöthen, 22. Dezember. Generalfeldmarschall Graf v. Blumenthal ist in der vorige» Nacht gestorben.

London, 24. Dez. Eine Depesche Kit- cheners aus Pretoria vom 22. Dezember meldet: Soweit es möglich ist, sich eine Ansicht zu bilden, glaube ich, daß die Vor­wärtsbewegung der Buren in der Kapkolonie gescheitert ist. Unsere Truppen umgehen beide Burenkommandos. Eine weitere Abteilung ist in der Bildung begriffen, welche sofort abgesandt werden soll. Die Buren finden nicht viel Unterstützung in der Kapkolonie. Dewet befindet sich in der Nähe von Sene« kal. General French meldet, er sei mit den Kommandos von Beyer und Delarey in den letzten zwei Tagen südlich von MagalieSberg zusammengetrosfen und in der Verfolgung deS Feindes begriffen, der große Verluste erlitten habe. Kommandant Krause und andere Buren sind gefangen.j

London, 26. Dez. Reuter meldet auS Cradock vom 25. ds.: Eine Truppenab­teilung mit 7 Geschützen Vertrieb am 18. ds. die Buren auS den Bergen 11 Meilen nordwestlich von Stetjneburg. 4 Engländer wurden verwundet. Die Buren, welche ver­schiedene Tote zurückließen, zogen sich in die Zoursberge zurück, wo sie am 24. dS. noch versammelt gewesen sein sollen, ohne Aus­sicht, sich durchzuschlagen. Die Engländer besetzten am 19. dS. Steijnsburg.

London, 26. Dez. DieMorning Post" meldet auS Kapstadt vom 24.: Im Di­strikte Phillipstown schlossen sich etwa 1500 Holländer den in die Kapkolonie eingerückten Buren an.

Johannesburg, 27. Dez. Reutermeld­ung vam 25.: Lord Kitchener erließ eine Kundgebung, wonach allen BurgherS, die sich freiwillig ergeben, gestattet wird, mit ihren Familien in den Lagerplätzen der R - gicrung zu leben, bis die Kriegslage eine solche geworden ist, daß sie zu ihren Heim­stätten zurückkehren können. Alles Eigentum soll geschont, und was requiriert ist, bezahlt werden.

Arhaktivu, Druck und Verlag von Beruh. Hofmanu in WUVSat,