wo ihm befohlen, kam aber aus dem abge­schlossenen Raum so lange Zeit nicht mehr heraus, daß diese Verzögerung den Herren der Wahlkomission stark auffiel; sie sagten unter sich:Was thut denn der so lange da drinnen!" Endlich kam der Wähler heraus, jedoch, was noch stärkeres Aus­fallen erregte, ohne Wahlcouvert! ohne Stimmzettel I Auf die erstaunte Frage des Vorsitzenden:Wo hast du denn das Couvert mit dem Stimmzettelerklärte der BürgerS- sohn:Durch d' Wand durch haben g'steckt, da draußen auf der andern Seite muß er liegen I" Und so war es. Unter Begleit­ung der höflichen Polizei holte er den Wahl­brief vor der spanischen Wand draußen weg und übergab ihn dann erst richtig der Wahl­urne zur allgemeinen Heiterkeit.

Maulbronn, 20. Dez. Eine nette Faß geschichte hat der diesjährige gesegnete Herbst in Schmie gezeitigt. Ein biederer Hand­werksmeister ließ ein großes Faß machen. Aber bei der Ablieferung ging es nicht zum Keller hinein. Es mußten deshalb die Thür- pfosten entfernt werden. Als der Mann dann den Most in daS Faß einfüllen wollte, merkte er erst, daß das Faß an die Decke oben streifte und man daher mit keinem Ge­fäß an die Füllöffnung kommen konnte. Aber er wußte sich zu helfen. Er ließ einfach ein Loch in den Küchenboden machen, führte ein Rohr in das Faß und ließ auf diesem Wege den Most in das Faß gelangen. Jetzt fehlt nichts mehr, als daß er sich in durstigen Stunden in die Küchen setzt und einen Schlauch durch das Loch HInunterfenkt, um sich daS Kellersteigen zu ersparen.

Der fürstlich Fürstenbergische Wild­park bei Donauefchingen scheint reich besetzt zu fein. Es wurden in den letzten Tagen 179 Stück Damwilv erlegt. Bei den weiteren Jagden ver letzten Wochen wurden nicht weniger als 80 Füchse abgefchoffin.

Ein Frankfurter Metzger­meister hatte eine große Quanität pracht­voller Blutwürste fabriziert. Als dieselben fix und fertig und bereits gekocht waren, bemerkte er zu feinem größten Schrecken daß er feinen Ehering nicht mehr am Finger hatte. Derselbe muß ihm bei der Arbeit vom Finger gerutscht und in eine der Würste geraten sein. Aber nun war die Frage: in welches der vielen schwarzen glänzenden Exemplare? Dies ließ sich trotz des eifrigsten Befühlens infolge des gekochten Zustandes leider nicht mehr feststellen. Jetzt war guter Rat teuer. Da cntsann sich der schlaue Metzgermeister der Entdeckung des großen Würzburger Gelehrten und rasch entschlossen trug er die ganze Auflage Blutwürste in den Physikalischen Verein, wo man seinem Anliegen, die Würste mit Röntgenstrahlen zu durchleuchten, wohl unter großer Heiter­keit, doch mit Bereitwilligkeit entgegenkam. Nachdem einige Ausnahmen ohne Erfolg ge­macht waren, fand man endlich den Ring in einen umfangreichen Blutmagen gebettet. Die Kosten der Untersuchung betrugen 4 die jedoch dem Meister, als ec sich anschickte, zu zahlen, erlassen wurden. Aus Dankbarkeit beglückte er aber verschiedene Bedienstete mit je einem Ex-mplar seiner Würste.

Eiu Wachtposten erschossen. Die Spandaucr Korr." meldet: In letzter Nacht erschoß ein Wachtposten an den Kriegs- Pulver-Magazinen zu Nieder-Neuendorf einen

anderen Wochtsoldaten. Der traurige Vor­fall geschah infolge eines Irrtums des Schießenden. Die Soldaten gehören beide dem Garde-Grcnadier-Regiment Nr. 5 aus Spandau an. Nach einer anderen Meld­ung waren morgens zwischen 4^/« und 5 Uhr der Gefreite M. von der 7. Kompagnie und Grenadier K. auf Posten. Elfterer soll sich in auffallender Weise genähert und allerlei Laute von sich gegeben haben, so daß K. glaubte, man wolle ihn überfallen. Als die Gestalt auf seinen vorschriftsmäßigen Anruf nicht stand, gab er Feuer. Der Un­glückliche brach zusammen und starb auf dem Wege zum Lazareth. Der bedauernswerte Schütze wurde in Untersuchungshaft genom­men. Nach einer dritten Lesart wollte ein Mann einer Patrouille bei dem Rund­gang zwischen den verschiedenen beidenPul- vermagazinenen ausgestellten Posten einen der wachthabenden Soldaten necken. Der Wacht­posten, der die Patrouille bei der Finsternis nicht erkennen konnte, rief den Soldaten mehr­fach an und gab dann einen Schuß ab, der den Mann in die Brust traf und den augen­blicklichen Tod zur Folge hatte.

Am Jahrestage von Colenso. Der Krieg soll zu Ende sein und dabei befindet sich heute Transvaal fast ganz in der Ge­walt der Botha'schen Heerschaaren, während der Oranje-Freistaat zum größeren Teile durch die kühnen uud überraschenden Operationen DcwetS bcherrt wird. Die englische Feld­armee ist durch die Buren beinahe voll­ständig in die Defensive gedrängt worden und zieht sich dementsprechend in den wenigen, ihr noch unbestritten zugängigen größeren Städten zusammen. Die Bahnlinien nach der Delogoabai, nach Natal, der Kapkolonie, nach Kimberlei, Ladybrand u. s. w. sind unterbrochen oder werden von den Buren beherrscht und besetzt gehalten, so daß es heute dem Lord Roberts einfach unmöglich sein würde, von Prätoria aus selbst auf Umwegen, wie er es fitzt thalsächlich zu seiner Sicherheit thun mußte, an die Küste zu ge­langen. Die in Bloemfontein und Prä­toria zusammenlaufenden Heerstraßen mit ihren militärischen Stützpunkten und Ver­teidigungslinien sind wie die Bahnlinien für die Engländer durchweg unsicher oder abge- schnittcn, eine ganze Reihe kleinerer Garni­sonen, ist nach und nach wieder geräumt worden und General Kitchenrr sammelt seine besten Truppen, soweit sie anderswo entbehr­lich sind, zwischen Bloemfontein und Kron- stad um in aller Eile eine Verteidigung-, linie gegen die sorgfältig vorbereiteten und für das englische Hauptquartier anscheinend wieder einmal überraschend ausgeführten Unter­nehmungen des General-Kommandanten Bvlha zu schaffen. DaS Ergebnis der für die englischen Truppen in allen Teilen des Krieg­schauplatzes ungünstigen Lage ist eine tiefe Niedergeschlagenheit in England, eine hoch­gradige Gereiztheit in der Presse nnd im Publikum, eilige und überstürzte Minister- räte und fieberhafte Thätigk-it im KriegSamtc. England könnte noch mindestens ein ganzes Armeekorps mehr in Afrika verwenden", aber woher es nehmen? Das Geld zur Fortsetzung des Krieges ist vom Parlamente bewilligt," aber wo die Soldaten finden? Elend und Not und Verlegenheit an ollen Ecken und Enden Niederlagen und Schlappen: alles das ist das Ergebnis

am Jahrestage von Colenso* aber der Krieg ist zu Ende!"-

London, 20. Dez. Ein Telegramm Lord Kitcheners aus Prätoria vom 19. Dezember meldet: Eine Burenabteilung von 5800 Mann ging bei Rhenosierhock über den Oranje- fluß. Weitere Abteilungen sollen in der Nähe von Sandrift den Fluß überschritten haben, britische Truppen folgen ihnen. Kitchenrr sandte eine beträchtliche Abteilung berittener Mannschaften ab, welche sie zu umzingeln suchen.

London, 20. Dezember. Nach einer De­pesche der Abendblätter ist das Eindringen der Buren in die Kapkolonie in weiterer Ausdehnung begriffen. Die Buren halten den Bezirk von ColeSberg besetzt. Gestern früh wurde nördlich von KrügerSdorp ein heftiges Geschühfeuer gehört.

Kapstadt, 21. Dez. Reutermeldung. Die Lage in der Kapkolonie wird ernster. ES wird geschätzt, daß 2000 Buren über den Oranjefluß in die Kolonie eindrangen. Ob­gleich wegen der Endergebnisse keine Be­fürchtungen gehegt werden, bestehen doch ernste Befürchtungen, daß holländische Buren­freunde sich ihnen anschließen und der Auf­stand sich ausbreite. Der Mangel an auS- gebildcten berittenen Truppen macht sich schwer fühlbar. Die besten LandeSkenner betonen die Notwendigkeit, alle verfügbaren berittenen Truppen nach Südafrika zu senden.

Hat eine reiche englische Famielie einen Sohn, der geistig wenig befähigt ist und schlecht lernt dann läßt sie ihn Offizier werden. DaS Heer ist die AblagerungSstätle für die minderwertige reiche Jugend. Der englische MtlitärprofessoirDr. Hiller-Maguire sagt in der National-Rewiew:Es thut mir leid, eS sagen zu müssen, aber im Jahre 1899 waren mehr als 50 Prozent unserer sämtlichen Offizier-Kandidaten auf Grund ihrer totalen Unkenntnis und völlig verfehlten Erziehung nicht nur für die militärische Laufbahn gänzlich ungeeignet, sondern wären auch nur schwerlich in irgend welchem be­deutenderen Geschäfte in höherer Kapazität denn als Portier oder Handlanger angestellt worden.

Eine originelle Rechnung. Kürzlich sandte ein Mainzer Arzt seine JahreSrech» nung im Betrage von 181.60 an einen Glasermetstcr und Papierwarenhändler. Da­raufhin erhielt er von demselben folgende originelle und geharnischte Gegenrcchnung: April 1899: ein Bild in Eichen eingerahmt 18 drei Oelgemälde eingerahmt 18.50^, ein Rezeptständer gemacht 10 <^l, an Papier und Schreibwaren 5.60 Mai bis Okt.: für privatliche Bemühungen, Auskunfts-Er­teilungen und Aufenthalt im Geschäft durch die vielen Besuche in meiner Werkstätte 100 Mark. April: für Beihilfe zur Chloro« formierung m-iner Frau, wodurch uns beiden unsere ganzen Nerven eine Zeitlang zerrüttet waren 30 Summa ^ 186.10. Der Arzt hätte demnach noch 4.50 an den Geschäftsmann herauszuzahlen l

Unserer heutigen Nummer liegt als GratiS-Beilagr der Wand-Kalender für das Jahr 1901, wie eine weitere Beilage bei, worauf wir unsere Leser besonders aufmerksam machen.

Die Redaktion.

Redaktion, Druck und Verlag von Beruh. Hosmann in Wildbad.