Keimkiche Liebe
Roman von Helene Voigt.
18) (Nachdruck verboten.)
«Nun gut, Herr Senator, so danke ich sehr, daß Sie das Schreiben statt meiner besorgen," entgegnete Winkler, mit feinem Takte das eigenthümliche Wesen seines Herrn übersehend, dann ging er in das Kontor — und van der Huylen stand allein, allein mit dem Schreiben, welches wie Feuer zwischen seinen Fingern brannte. So war es also dennoch war, was Frau von Trahlow ihm von der Tochter gesagt, Nora liebte jenen Mann, sie schrieb an ihn, hinter dem Rücken ihres Gatten!
Unsägliche Bitterkeit, ein Gefühl fast des Ekels ergriff den stattlichen Mann; wie liebte er diese schöne Frau mit den Rehaugen und dem süßen Lächeln! Wie Hütte er für sie zum Thoren «erden können — und nun hielt er den Beweis in Händen, daß sie ihn betrog!
Blutrote Lichter flammten vor seinen Augen, es sauste ihm in den Ohren, dann lachte er unheimlich gellend auf. «Falsch, falsch wie die Mutter und herzlos! Sie mußte wissen, mußte eS erkennen, daß ich sie liebte, aber was bin ich denn für das hochgeborene Artstokratenkind I Ein Mann ohne Wappenschild, ein Mann, dem seine Krämervorfahren viel Geld, aber keine Edelmannskrone hinterlassen hatten. Haha — solchem Manne braucht man die Treue nicht zu halten! O, Nora, meine Nora, wie konntest Du daS thun!"
Schwankend wie ein Trunkener ging er hinauf in sein Privatzimmer, noch immer den Brief in der Hand; er kämpfte entsetzlich mit sich selbst, ob er ihn öffnen, sich mit eigenen Augen überzeugen solle, daß Nora ihm die Treu gebrochen.
Aber nein, dies elegante Kouvert mit dem schwarz goldnen Monogramme redete ja eine ganz deutliche Sprache, weshalb verlangte er noch andere Beweise» Er wollte hinüber gehen zu Nora, ihr den Brief zeigen und erklären, daß er ihr Geheimnis entdeckt habe, dann sollte derselbe befördert werden — freilich zugleich mit einem zweiten vom Senator selbst, worin dieser dem Hauptmann von Bieberstein eine Herausforderung schickte und seinen Sekundanten ankündete.
Langsam setzte sich Albrecht van der Huylen nieder, langsam nahm er einen Briefbogen, seine Hand zitterte, er konnte noch nicht sicher schreiben; endlich war's geschehen, er zündete eine Kerze an und siegelte das Schreiben mit seinem kaufmännischen Wappen; " rS war uralt und unbefleckt, nur jene hoch- aristokratische Trägerin desselben mit den fragenden Kindrraugen hatte eS nicht in Ehren gehalten, wie ein dunkler Schatten lief darüber hin.
Auch das war beendet. Van der Huylen schritt zur Thür, um seine Gattin aufzu- suchcn, das schwerste lag vor ihm, denn wenn er auch überzeugt zu sein glaubte, daß sie schuldig war, liebte er sie nach wie vor.
Auf dem Gange traf er den Geheimrat, welcher seinen Morgenbcsuch bei dem Kranken machen wollte; sie schüttelten sich die Hände und schritten zusammen ins Zimmer, mo Nora sie empfing. Die junge Frau sah blaß und sehr traurig aus, daß es van der Huylen fast einen Stich ins Herz gab, sie
brückte ihm so liebevoll die Hand und, während der Arzt nach dem Kranken sah, flüsterte sie ihm zu: „Albrecht, wenn ich Dir alles sagen könnte I Aber dann — hättest Du mich gewiß nicht mehr lieb und — sie wollen eS nicht. —"
Er antwortete nichts, sondern blickte nur schweigend zu Boden, glücklicherweise kehrte in dem Augenblick der Geheimrat zurück und sprach sich befriedigter über LohtharS Zustand aus.
„Gestern abend fürchtete ich beinahe eine Gehirnentzündung," sagte er trocken, „heute finde ich ihn doch nicht mehr so gefährlich. Freilich wird eS noch einer mehrtägigen ernsten Pflege bedürfen, meine gnädige Frau, ehe Ihr Herr Bruder wieder völlig hergestellt sein dürste."
„Ach, wie gerne will ich eS thun, Herr Gehrimrat," sagte die schöne Frau hoffnungsvoll, „wenn ich weiß, daß er wieder gesund wird; freilich, eS liegt eine schwere Prüfung über unS, sie traf ihn gänzlich unerwartet und unvorbereitet."
Das liebliche Gesicht war wieder totenbleich, um die Mundwinkel zuckte eS, wie in jähem Schmerze, dann schwieg Nora seufzend und van der Huylen grub die Zähne tief in die Lippen: weshalb durfte er keinen Anteil haben an ihrem Leid? War er nicht ihr Gemahl, mit dem sie Freude und Schmerz gemeinsam tragen sollte. Endlich empfahl sich der gesprächige Herr Doktor und Nora kehrte, nachdem sie nochmals bei dem Kranken gewesen, zu Albrecht zurück.
„Willst Du mich eine Minute anhören?" begann er frostig, „ich muß Dich notwendig sprechen."
Der Ton erschreckte sie, fragend blickte sie zu ihm auf, doch er vermied, sie anzuschauen, und fuhr fort, so schnell, als wolle er die peinliche Scene so bald wie möglich beenden: „Du hast heute früh durch meinen Buchhalter einen Brief befördern lassen, der zufällig in meine Hände geriet. Er soll sogleich an seine Adresse gelangen, zugleich mit einem zweiten von mir. Weißt Du, was das heißt?"
ES schien, als habe sie nur den Ton, nicht aber die Bedeutung seiner Worte vernommen, ^wenigstens staunte sie ihn beinahe verständnislos an.
„Albrecht," brachte sie endlich mühsam hervor, „Du kannst unmöglich glauben —"
„Ich glaube nur, nachdem mich der Augenschein von der Wahrheit dessen über- zeugte, was Deine eigne Mutter mir eröffnet — Du kannst jenen nicht vergessen und fühlst Dich nur durch die Bande der Dankbarkeit gefesselt. Aber, Nora, Du wirst eS natürlich finden, daß ich solch schwache Gefühle zurückweise.
Du wirst mir dankbar sein, wenn ich Dir das freiwillig zurückerstatte, wonach Du Dich mit Thränen und Seufzern sehnst; „Deine Freiheit." Sie schrie leicht auf, jetzt war die Reihe an ihr voll unsäglichem Erstaunen van der Huylen anzufchauen, der so kalt und bewegunSloS ein furchtbares Wort aussprach: Trennung!
„Albrecht," stotterte sie, halbbewußtlos, „was soll das heißen? Hier waltet ein nn- feltges Mißverständnis ob ; öffne den Brief, lies ihn und dann — wenn es Deine Ehre erfordert — stoße mich von Dir — auch wenn mein Herz dabei bricht."
„O, meine gnädige Frau," rief erbittert lachend, „weshalb soll ich mir noch die Qual bereiten, Ihren Brief an Hauptmann von Bieberstein lesen? Die Thatsache an und für sich, daß Sie ihm schrieben, wie vielleicht schon oftmals früher, brachte meine Blut in Wallung — ich fürchte, meine Hand würde zittern wenn ich die Pistole gegen ihn hebe — und ich muß kaltblütig zielen. —"
„Albrecht," flehte Nora nochmals mit rührendem Tone, „willst Du mich unerhört verurteilen, auf das Wort — meiner Mutter hin?"
„Deine Mutter, Nora, wünscht, daß Du ihr in einigen Tagen folgst; sie meint —"
„Niemals," rief die arme Frau, ab- während beide Hände ausstrcckend, „eher will ich tot am Boden liegen, statt noch ein einziges mal meine Mutter zu sehen!"
„Ja, Nora, sie ist Dein, unser aller böseS Prinzip, ihretwegen ist wohl auch dieser Brief geschrieben worden."
Hochauf richtete sich die schöne Frau, ihre Augen blickten ernst, wehmüthig zu dem finstern Gotten auf, ihre Stimme bebte, als sie sagte: „Du hast recht, Albrecht, und wenn Du eines Tages erfährst, was ich Dir jetzt vorenthalten will, solange es in meinen Kräften steht, wirst Du erkennen, wie schweres Unrecht Du heute Deinem Weibe zugefügt."
(Fortsetzung folgt.)
Verschiedenes.
— Die prüfende Hausfrau, die aus dem Gebiete der Kaffee-Zusätze Verschiedenes erprobt, wird gewiß zu dem Resultat kommen, daß das Gesündeste, Beste und verhältnismäßig Billigste Malzkaffee ist. Aber unter den verschiedenen Malzkaffees gebührt dem patentierten von Kathreiner unstreitig der Vorzug, weil er mit Geschmack und Aroma des Bohnenkaffees versehen, nicht nur einen gesunden Zusatz, sondern ein vorzügliches Genußmittel darstellt. Kathreiner'« Malzkaffee kommt nur in plombierten Packeten mit dem Bilde Kneipps zum Verkauf, worauf wir die Hausfrauen besonders noch aufmerksam machen.
.'. (Mißverstanden.) Hausfrau (welche ihre Köchin überrascht, wie sie den Rahm mit dem Finger kostet): „Lisette, ich liebe das nicht ..." — Köchin: „O, dann wissen sie nicht, was gut schmeckt, Madame!"
.'. (Einfach.) Die kleine Anna (zum Dienstmädchen) : „Sag mal, Minna, was ist denn eigentlich ein Kunstschatz? — Minna (verlegen): „Das — das wird wohl ein Maler sein.
.-. (Unverbesserlich.) MilchhSndlcr (wegen Plantscherri zu fünfzig Mark Geldstrafe verurteilt): „Du, Alte, jetzt heiß'S aber, ordentlich Wasser 'neinichütten, bis wir'die fünfzig Mark wieder 'raus haben I"
(Höflich.) GesängniSdirektor (zum entlassenen Sträfling): „Und nun wünsche ich, daß Sie ein anständiger Mensch und ein nützliches Mitglied der Gesellschaft werden I" — Sträfling gerührt): „Danke, Herr Direktor, gleichfalls l"
Alle Exemplare unserer heu- MWM' tigen Ausgabe enthalten einen Prospekt, betitelt „Sunlight-Seise". Wir empfehlen diese Abhandlung der Beachtung unserer Leser.
ptedaktion, Druck und Verlag von Bernh. Hosmann in Wtldbad,