Die Unruhe« in China.

Tientsin, 28. Okt. Drahtmeldungen des Deutschen Flotten-VereinS: Gestern haben die Boxer Lrssels Bagage bei Jangtstn an­gegriffen. Der Angriff wurde zurückgeschla- gen. Eine kleine deutsche Truppen-Abteilung hat ein Lager der Boxer bei Wanglking an­gegriffen und dasselbe ohne erheblichen Wider­stand genommen. Der etwa 25 Kilom. von Tientsin entfernte Ort wurde niedergebrannt; mehrere chinesische Mandarinen sind erschossen worden. Ein deutsches Truppen-Detachement hat die Boxer bei Tsaijulschang angegriffen. Zwei Orte wurden von der Artillerie voll­ständig zerstört. 50 Boxer sind gefallen.

London, 29. Okt. Das Reutersche Bu­reau meldet aus Paotingfu vom 23. Okt.: Deutsche, französische und italienische Trup­pen haben Paotingfu besetzt. Der festge­nommene Proviantschatzmeister wird von einer Kommission abgeurteilt, welcher angehören Bailloud als Präsident, Major Brixer, die Obersten Camsey, Salsa, sowie Jameson als Dolmetscher. Bezüglich des Schicksals von Paotingfu werden die Befehle des Grafen Waldersee erwartet.

Peking, 29. Okt. Dir internationale Abteilung, welche von Peking nach Paotingfu marschiert war, kehrte zurück, um alle auf dem Wege befindlichen Dörfern zu säubern. Die Bewohner, welche Waffen tragen sollen bestraft und die Waffen unbrauchbar gemacht werden.

Tientsin, 30. Okt. Gaselee meldet aus Paotingfu vom 28. Oktober: Nach Anord­nungen Graf Waldersees kehren die britischen Truppen nach Peking und Tientsin zurück, wo sie am 6. November eintreffen. Sie werden mit deutschen und italienischen Trup­pen gemeinsam operieren. Die nach Peking zurückkehrenden Abteilungen marschieren in 3 parallelen Linien, um die auf dem Wege befindlichen Boxer abzufangen. General Nichardson befehligt die Hauptkolonne. Die unter dem Befehl des Generals Campbell stehenden Truppen kehren ohne bosondere Beschleunigung nach Tientsin längs des rechten Flußlaufes, der von Paotingfu nach Tient­sin führt, zurück. Auch diese Truppen fahn­den auf Boxer. Eine Rekognoszierundsab- teilung bengalischer Lanciers traf am 22. Okt. auf Boxer, 30 Meilen von Paotingfu. Sie löteten etwa 20. Die Gesundheit der Truppen ist gut.

Newyvrk, 30. Okt. Ein Telegramm des Evenntng Journals" meldet, daß in Amoy 150 Geschäftshäuser nahe der englischen und amerikanischen Niederlassung durch eine Feuers­brunst zerstört seien. DaS Feuer dauert an. Britische, russische und japanische Marine­soldaten seien gelandet, welche das Feuer be­kämpfen sollen.

Berlin, 30. Okt. Das Wölfische Bu­reau meldet aus Peking vom 29. Oktober: Der Marsch auf Paotingfu hat sich als sehr wirksam erwiesen. Die regulären Truppen der Chinesen sind bei und östlich von Pao­tingfu ohne Kampf zurückgegangen. Die Boxer wurden in großer Zahl zerstreut, aber noch immer terrorisieren größere oder kleinere Kolonnen die Ortseinwohner und greifen die Meldereiter und schwache Posten an. Zahl­reiche fliegende Kolonnen sollen die vollstän­dige Sicherung und Beherrschung des besetzten Gebiets herbeiführen. Zum gleichen Zwecke kehren dir Truppen von Paotingfu in 4

Kolonnen auf verschiedenen Wegen nach Pe­king zurück.

Hongkong, 30. Okt. Reutermeldung. In Canwn ereignete sich gestern früh, 4 Häuser vom Damen des Gouverneurs ent­fernt, eine Explosion, durch welche 14 Per­sonen getötet wurden. Es heißt, daß die Explosion in einem von den Reformern als Waffevplatz benutzten Gebäude erfolgte, das sie mit Pulver und Schießbaumwolle an- füllten, um das Damen in die Luft zu sprengen. Da die Behörden von der Richtigkeit der Annahme überzeugt sind, wird der Vorfall wahrscheinlich zu einem scharfen Vorgehen gegen die Reformer führen. Gerüchtweise verlautet, die Franzosen seien vorbereitet, für den Fall von Unruhen in Canton 1000 Mann von Saigun zu Schiff dorthin zu schaffen. Die Reformer behaupten, wenn französische Truppen zur Besatzung CantonS schritten, so würde die Stadt von den Be­wohnern in Trümmern gelegt.

Tschisu, 30. Okt. Man glaubt, daß die Mächte über den Frieden unterhandeln auf Grund von 12 Artikeln, von denen die ver­nünftigsten sind, daß alle Fluß- und See- Häfen dem fremden Handel eröffnet, und jedem Gouverneur und Vizekönige ein fremder Beamter beigegebrn werden soll, damit die­selben ihre Schuldigkeit thun. Am meisten läßt sich gegen die Bedingung einwenden, daß Prinz Tuan nur eingesperrt werden soll. Es heißt, daß der Kaiser die Bedingungen angenommen habe und nach Peking zurück- kehre.

London, 31. Okt.Daily Mail" mel­det aus Schanghai: Die Kaiserin-Witwe sei über die fremdenfreundliche Haltung des Kaisers sehr mißgestimmt und habe Personen abgrsandt, welche mit der Mission betraut sind, sämtliche Chinesen.Christen zu töten und die Fremden aus China zu vertreiben.

R n n d s ch a «.

Ulm, 29. Okt. Vorgestern abend ge­lang der Ulmer Polizei wieder ein sehr wich­tiger Fang. Polizeiinspektor Siegele konnte den seit Jahren von 15 deutschen Behörden steckbriflich verfolgten, mit 15 Jahren Zucht­haus vorbestraften höchst gefährlichen Ein­brecher Matth. Bronninger von Untermagers- heim bei Nördlivgen in der Wirtschaft zur Stadt Lindau in Neu-Ulm festnehmen. Aus seine Ergreifung sind 300 ^ Belohnung auSgesetzt. 'Der Kerl war einst ein Genosse des berüchtigten Raubmörders Gämwürger und hat sich, nachdem er die 15 Jahre Zucht­haus abgcsessen, seit mehreren Jahren wieder auf die Verbrecherlaufbahn begeben. Er war bei seiner Festnahme bis an die Zähne be­waffnet und bet seiner Durchsuchung stellte sich heraus, daß er auch den neulich«« Ein­bruch im Ochsen in Söflingen verübt hat; er hatte noch den Beutel bei sich, in dem sich die gestohlenen 800 ^ befunden hatten.

Bieberach, 28. Okt. Gestern früh kurz vor 4 Uhr verspürte man hier einen kräftigen Erdstoß. Leute, die sich in den Zimmern befanden, fühlten den Boden unter sich zittern, Uhren und Bilder an den Wänden bewegten sich; verschiedene Bewohner behaupteten, eine starke Detonation sei vorausgegangen. Nach kurzer Pause erhob sich ein heftiger Orkan mit Regenfall. Der Winddruck war so be­deutend, das Fensterscheiben am Ulmerthor- türm und an mehreren Häusern zersplitterten. Aus Franken, 29. Okt. Mit dem heutigen

Tage beginnt in vielen Weinbauorten die allgemeine Weinlese, so z. B. in Würzburg. Die Menge kommt in Würzburg nur einem guten Drittelherbst gleich. Im Allgemeinen wird die Güte in den LagenStein",Lei­sten",Schalksberg" u. s. w. jener von 1895 gleich sein. Für das Hektoliter gemosteter Beeren wurden in Würzburg 4345 bezahlt.

Brötzingen, 30. Okt. Gestern abend um 7 Uhr brach aus bisher noch nicht aufge­klärter Ursache im hiesigen Rathaus Feuer aus, durch welches der Dachstuhl des Ge­bäudes zerstört wurde. Nur der raschen und energischen Thätigkeit der Beamten sowie der hiesigen Feuerwehr ist es zu verdanken, daß die Bücher rc. gerettet und das Feuer auf den Dachstuhl beschränkt bleiben konnte. Die Pforzheimer Feuerwehr wurde zur Hilfe be­reit gehalten, deren Eingreifen war jedoch nicht mehr nötig. Es wird Brandstiftung vermutet.

New-Dork, 30. Okt. Gestern mittag er­eignete sich am unteren Brodway in der Droguenfabrik von Tarrant u. Co. eine furcht­bare Explosion. Das Gebäude stand als­bald in einem Flammenmeer; eine Reihe weiterer Explosionen folgte. Die Hochbahn vor der Fabrik wurde zerstört. Von den Angestellten sollen alle gerettet sein bis auf einen, der noch vermißt wird. Trotzdem die Direktoren der Fabrik versichern, daß sich alle Angestellten retten konnten, behaupten doch die Abendblätter, die Zahl der vermiß, len Personen belaufe sich auf 100200. In den benachbarten Straßen und Gebäuden wurden viele Personen durch die herumfiiegen- den Trümmer- und Glasstücke verletzt. Eine Person ist an den Verletzungen gestor­ben, 20 befinden sich noch in Behandlung. Der Schaden wird auf 1500 000 Dollars geschätzt.

Newyork, 30. Okt. (Die Liste der Toten) und Vermißten weist vierzig Personen auf. Als Ursache des Unglücks nimmt man eine Alkoholexploston an. Eine von den durch Trümmerstücke getroffenen Personen ist im Krankenhaus gestorben. 20 Verletzte sind dort in Behandlung.

London» 29. Okt. Aus Kapstadt wird gemeldet: General Kelly Kenny hat den Be­fehl erteilt, sämtliche Einwohner aus der Stadt Philippolis wegen Verrats zu verjagen.

Pretoria, 31. Okt. (Reutermeldung.) Die Verhandlungen mit Botha sind erfolglos geblieben. Präsident Steijn lehnte es ab, einen Parlamentär zu empfangen.

Herbstnachrichten.

Stuttgart, 30. Okt. Mostobstmarkt. Es wurden heute am Nordbahnhof Mostäpfel zugeführt: 48 Waggon aus der Schweiz, Preis 400 bis 450 zusammen 48 Waggonladungen zu ca. 10 000 Kilogramm Mostobst. Verkauf im Kleinen die 50 Kilo

2 ^ 20 ^ bis 2 50

Kirchheim U.T., 30. Okt. Der gestrige Obstmarkt war wieder stark befahren. Preis per Ztr. 2 ^ 20 bis 2 40

Tettnang. 30. Okt. Im Vergleich zu den letzten Obstmärkten wurde heute weniger Tafel- und Mostobst zugeführt. Die Preise hielten sich auf 1 80 bis 1 ^ 90 ^

per Ztr. für Mostobst und auf 3 bis

3 50 ^ für Tafelobst. Das Obstge­schäft , namentlich der Tafelobsthandel wird noch etwa 14 Tage andauern.