Rundschau.
Herrenalb, 29. Okiober. (Eingesandt.) Gestern fand in Herrenalb eine zahlreiche Versammlung der württ. Post- und T-le- grophenbedienstetm statt. Obmann Lamperl eröffnete unier allgemeinem Anklang in kurzen und kernigen Worten die Versammlung und wurde sofort zur Tagesordnung übergeschritten in deren Verlauf sämtliche Anwesende in den Verband ausgenommen wurden. Briefträger Kübler dankte den Anwesenden für ihr zahlreiches Erscheinen uns sprach sein Bedauern darüber aus, daß Obmann Lampert die Versammlung schon so früh wieder verlassen mußte
Gräsenhausen, 28. Okt. Ein äußerst frecher Einbruchdiebstahi wurde gestern abend nach 9 Uhr im Gasthaus zum „Waldhorn" dahier bet Hrn. Fr. Krämer begangen. Während dieser mit seiner Frau noch bei den Gästen in der Wirisstude saß, erbrach der Dieb In dem letzter gegenüberliegenden Schlaf, zimmcr der Krämer'jchen Eheleute den dortigen verschlossenen Sekretär und entnahm demselben eine Lade, in der sich 1100 nebst Wertpapieren und Urkunden befanden. Von dem Thäter fehlt bis jetzt jede Spur. Möchte cs doch, insbesondere auch im Interesse der so schwer Geschädigten, recht bald gelingen, des ThäterS habhaft zu werden, um ihm sein unsaubere- Handwerk legen zu können I
Von der Jagst, 20. Okt. (Ertrunken.) In der Nacht von Mittwoch auf Donners» tag geriet der Militärvereinsvorstand Megger von Marlach auf dem Heimwege von Bieringen in der Nähe von Westcrnhauscn infolge der Finsternis in die Jagst, wobei er ertrank. Heute wurde er unter Teilnahme mehrerer Kriegervereiue zur Erde bestattet. Allgemeines Mitleid wendet sich der hartge- prüften Frau des Verunglückten zu, welche Mutter von 10 lebenden Kindern ist, wovon das jüngste gestern getauft wurde. An der Unglücksstelle sollen bis jetzt schon vier Personen in das Wasser geraten sein.
Reutlingen, 24. Okt. Ein Mißgeschick erlitt dieser Tage ein hiesiger Wirt beim Einlegen von Apfelmost in seinen Keller. Er hatte, wie die „Schw. Kr.-Ztg." berichtet, von der Straße aus einen Schlauch durch daS Kellerfenster hindurch nach dem Fasse geführt, um den süßen Trank direkt in das Faß leiten zu lönnen. Dies gelang auch, aber leider war bet der kurz vorher vorge- nommenen Reinigung des etwa 280 Liter haltenden Fasses vergessen worden, tas Thür- chen wieder in das Faß zu stecken und so liefen denn über 200 Liter Most aus dem Fasse auf den Kcllerboden. Zum Schaden hat der betreffende Wirt jetzt auch noch den Spott, denn obgleich er den Vorfall geheim halten wollte, ist die Geschichte doch ruchbar geworden.
Tübingen, 26. Okt. Der seit 3 Jahren hier stationierte Eisinbahnschastn-r Joses Rauch aus Jsny, welcher vorigen Sonntag in Stuttgart noch vergnügt mit seinen Kollegen eiu GlaS Bier trank, wurde plötzlich beim zweiten Glase vom Schlage gerührt, der seine Bewußtlosigkeit zur Folge hatte. Mit dem nächsten Zuge wurde der Bedauernswerte seiner nicht wenig erschrockenen Familie nach Tübingen zugeführt. Eine wirkliche Besserung ist noch nicht eingetreten, da die Bewustlostgkeit noch anhält.
Horb, 26. Okt. In dem Fall des Frei
herrn v. Münch hat dieser selbst und seine Mutter gegen seine zwangsweise Internierung in der Staatsirrenanstalt Winnenthal Widerspruch erhoben. ES wird vor der zuständigen Kreisregierung Reutlingen eine Verhandlung in der Sache staltfinden. Die Vertretung des Freiherrn v. Münch haben Rechtsanwalt Konrad Haußmann und Gehcimrat Prosessor Dr. Wach in Leipzig übernommen. Freiherr v. Mü ch glaubt Nachweisen zu können, daß er bei seinem Vorgehen gegen den Knecht Blatt in Notwehr gehandelt hat. Zur Beurteilung seines geistigen und seines gemeingefährlichen Zustandes hat er den Psychiater der Universität Leipzig, Geheimrat Dr. Flechsig um Erstattung eines Gutachtens ersucht. Dieser hat sich hierzu bereit erklärt.
Ravensburg, 25. Okt. Dem 22jähr. taubstummen und etwas beschränkten WirtS- sohn St. W. von Höll, der gestern abend Milch in die Käserei nach Obermeckenbeuren trug, wurde dyrt von jungen Burschen böswilligerweise der Docht seiner Laterne so in die Höhe geschraubt, daß die Lampe unterwegs explodierte, wobei die Kleider des W. Feuer fingen und letzterer sich so schwere Brandwunden zuzog, daß er heute vormittag starb. Gericht!. Untersuchung ist eingrleitet.
Konstanz, 26. Okt. Der Dieb, welcher im Comptoir der hiesigen Gießerei am letzten Samstag 3853 ^ entwendete, wurde zu Hochfelden bei Melsheim (Elsaß) verhaftet. Es ist der 23jährige Kaufmann Ruiber, welcher vom Mai 1893 bis April 1900 in der hiesigen Gießerei beschäftigt war. Nach seinem Austritte hatte er sich in Paris, Marseille und Nancy aufgehalten; mit dem gestohlenen Geld wollte er wieder nach Frankreich zurück, nachdem er bei seinen Angehörigen in Hochfelden noch vorher Station gemacht hatte. Dort wurde er aber noch rechtzeitig festgcnommen. Man fand noch 3450 ^ bei ihm, sowie den Schlüssel zum Abtritt, durch dessen Fenster er in die Gießerei Ungebrochen war.
Konstanz, 25. Okt. Nach 5'/»ständiger Verhandlung verurteilte heute das Schwurgericht den 36 Jahre alten Maschineningenieur Hch. Huber aus Baden (Kt. Aargau) wegen Totschlags unter Annahme mildernder Umstände zu 2'/, Jahren Gefängnis, wovon 2 Monate als verbüßt gelten. Huber hatte eine 14jährige Stieftochter Christine, welche er gar zu zärtlich behandelte, weshalb seine Frau eifersüchtig wurde. Es kam zu Familien- zwisttgkeiten und im Verlaufe der Zeit behandelte ihn auch die Christine abstoßend. Dies erregte den oxaltrierten Menschen sehr. Am 8 Aug. kam eö auch in Äilltngen wieder zu Streitigkeiten; die Christine war wieder abstoßend gegen ihn, das ihn so erregte, daß er bei der Eisenbahnwerkstätte plötzlich ans das Mädchen einen Nevolverschuß ab- fcuerte und es ins Genick traf. Das Mädchen starb 3 Tage darauf. Er gestand die That reumütig ein. — Ferner wurde wegen fahrlässiger KindStöiung die 22 Jahre alte Emilie Sütterle von Eichsel, AmtS Schopfheim, zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Die Sütterle hat ihr uneheliches Kind mit der Bettdecke erstickt und di« Leiche in der Waschküche verbrant.
München. Die Zahl der stellenlosen Kellnerinnen in München ist zur Zeit, da in allen Sommerfrischen und Kurorten die Saison geschlossen ist, sehr groß; sie wird auf etwas über zweitausend geschätzt. Bei
den meisten Cafe- und Restaurantbesitzcrn werden täglich 20 bis 30 Mädchen vorstellig, die sich um Dienste bewerben. Ihre Bemühung ist aber hier vergeblich, da alle Stellen bereits besetzt sind.
Potsdam, 17. Oklbr. Eugen Richters „Freis. Ztg." erzählt folgendes lustige Ge- schichtchen: Unlängst besuchte der Kaiser das Offizierkorps des 1. Garderegimenls zu Fuß. ^sn diesem Casino hat jeder Offizier unter den Kameraden seinen Spitznamen. Dies war dem Kaiser bekannt. In guter Laune trat er an einen der jüngsten Offiziere heran und fragte ihn nach seinem Spitznamen. Der Offizier wurde nicht wenig verlegen und bat, ihm die Antwort zu erlassen. Der Kaiser befahl ihm jedoch, seinen Spitznamen zu nennen, woranf der Leutnant verlegen antwortete: Reise-Willy.
— Die kleinste Schule des deutschen Reiches ist im Bezirk Schönau im Wicsen- thal. Dort liegt am Westabhang des Rohrkopfes der zur Gesamtgemeinde gehörige Ort Rohrberg mit eigener Gemeindeverwaltung und Schule. Das Oertchen zählt in zehn Häusern 80 Einwohner. An der von jetzt ab noch von 4 Schülern besuchten Schule amtiert ein junger Hauptlehrcr. Vor zwei Jahren verkaufte ein Bauer sein Hofgut, machte sich in Unteralpfen ansäsig und nahm dem Lehrer seine ganze 1. Klasse, (bestehend in einem Schüler) und ein Sechstel der 2. Klasse mit fort, sodaß der Lehrer am Nachmittag keinen Unterricht mehr zu erteilen hatte. Durch Bienenzucht, Rechnungsstellerei und sogar Jmkerschreinerei suchte der Lehrer seine freie Zeit auszusüllen. Der Gesamtaufwand durch Staat und Gemeinde beträgt für jedes Kind 349.56
.'. Folgende kleine Wahlgeschichte wird der „Tägl. Rundschau" als gut verbürgt gemeldet: Ein Rittergutsbesitzer giebt sich bet einer Wahl Mühe, die Stimmen der Besitzer seines Dorfes durch mündliche Ueberzeugung für einen bestimmten Kandidaten zu gewinnen. Die Mühe ist nicht vergeblich; der Empfohlene erhält fast alle Stimmen des Dorfes. Aber anderswo ist anders gestimmt worden: es kommt zur Stichwahl; der fragliche Gutsbesitzer hat gleich nach dem Wahltag verreisen müssen und kann auch zur Stichwahl nicht zurückkehren. Als er hinterher heimkommt vernimmt er mit Staunen; das ganze Dorf hat diesmal den Gegcnkaudidaten gewählt. Er macht sich auf, um die Ursache des plötzlichen Gesinnungswechsels zu ergründen. Da bekommt er gleich beim ersten den klassischen Bescheid: „Dem haben wir ja das erstemal die Stimme gegeben. Jetzt wollten wir doch dem andern auch etwas zu- kommcn lasten I"
(Nicht verlegen.) Aus Versehen tritt ein Student einem Gigerl auf eines seiner Fußgestelle, die so groß find, daß er eine Katze damit hätte tot treten können. „Na, denken Sie denn, ich habe meine Füße gestohlen ?" brüllt der Fex den Bruder Studio an. „Kaum," entgegnet« Jener gelassen, „sonst hätten Sie Sich jedenfalls andere genommen.
(Kindliche Schlußfolgerung.) Der kleine Otto: „Nicht wahr, Papa, die Pilse wachsen immer an feuchten Stellen?" — Papa: „Ja, mein Kind:" Der kleine Otto: „Gelt Papa, darum sehen Sie auch alle wie Regenschirme aus?"