London, 3. Okt. DieDaily N'wS* schreibt:

Ohne Zweifel wird die zivilisierte Welt die Aufrichtigkeit, die Würde und die Wucht der Antwort des deutschen Kaisers auf das Telegramm des Kaisers von China durchaus würdigen. Ueber die Berechtigung der An­sicht deS Kaisers kann bei den Weltmächten nur eine Meinung sein. Die chinesische Aner­bietung anzunehmen, wäre Eelbstbethörung. Der Versuch, die Uebelthäter zur Rechenschaft zu ziehen, sollte unverzüglich gemacht werden.

Daily Telegraph« sagt:

Inmitten der vielen Schwankungen in der chinesischen Frage trat der Brief des deutschen Kaisers als festes, entschlossenes Dokument hervor. Der Brief beweist, daß Deutschland entschlossen ist, Sühne zu ver­langen für die Europa zugefügte Schmach. Es ist schwer genug, das europäische Kon­zert in Bewegung zu bringen, aber sobald eine beherrschende Gestalt dem sittlichen Em­pfinden der Menschheit Ausdruck gibt und ihr den Weg weist, wird sie dem vorsichtigen Leiter folgen.

Rundschau.

Stuttgart, 2. Okt. Die Neuwahlen zum Landtag werden in der ersten Woche des Dezember stattfinden.

AuS dem unteren Euzthal, 1. Oktober.

Welch eine treibende Kraft der ungewöhnlich warme Herbst in der Pflanzenwelt entwickelt, dafür ist als ein sichtbarer Beweis im Dorf Unterriexingen ein blühender Pflaumen- bäum anzutrefsen. Ueberaus reich ist auch hier der Obstertrag in allen Sorten. Wagen­weise werden Zwetschgen an Brennereien ver­kauft, so daß diese Obstsorte bereits geerntet ist. So groß ist der Ertrag an Mostobst, daß die Bauern aus Mangel an Fässern große Bütten in die Keller stellen, diese mit Most füllen und möglichst gut mit Deckeln verschließen. Dieser Most wird dann zuerst weggetrunken. Die Weinbergerge stellen sich mit jedem Tag vielverheißender dar. Kurzum ein Segen wie seit Menschengedenken nicht I Allmendingen, 1. Okt. Ein erschüttern­der Unglücksfall lief gestern mittag große Teilnahme hervor. Der ca. 33jähr. italienische Zementarbeiter Moximillian Turbini wollte vom hiesigen Bahnhof mit dem halb 12 Uhr Zuge sich nach Ebingen begeben. Leider be­stieg er erst den Waggon, als der Zug schon in Bewegung war» stürzte vom Trittbrett und kam so unglücklich auf die Schienen, daß zwei Wagen über ihn wegfuhren und er am Unterleib furchtbare Verletzungen da­vontrug. Noch lebend, aber ohne Bewußt­sein, wurde er in den Güterschuppen getragen, wo er trotz sofortiger ärztlicher Hilfe nach kürzerer Zeit seinen schrecklichen Verwund­ungen erlag. Der Verunglückte arbeitete in letzter Zeit im Ehinger Zementwerke und hatte den Ruf eines fleißigen und gesitteten Menschen.

Thaiyingen bei Schaffhausen, 1. Okt. Am Sonntag abend ereignete sich hier ein schweres Unglück. 2 Radfahrer aus Stockach wollten den Bahnübergang an der Straße nach Biethingen passieren und be­merkten in der Dunkelheit nicht, daß die Barriere geschloffen war. Der Vorderste der beiden Fahrer stieß mit solcher Wucht an die Barriere, daß er über deiselbe weg auf das Geleis geschleudert wurde. Der Bahnwort

wollte den Unglücklichen wegzlehen, wurde aber dabei von der Lokomotive des eben vor- beifahrenden Zuges erfaßt und erlitt m-hrere Rippenbrüche. Der Radfahrer war tot, ob er infolge des Sturzes oder durch U berfahren des Zuges getötet wurde, ist noch nicht fest- gestellt. Der 2. Radfahrer konnte zum Glück noch abspringen.

Eine Kindertragödie. Ueber einen erschütternden Vorfall, der sich im Hessischen ereignete, wird derFranks. Ztg.« geschrie­ben : Ein grauer Nebelschleier hat sich über die Berge gesenkt. Durch die dämmernde Landschaft wandern die aus der Stadt zu­rückkehrenden Fabrikarbeiter ihrem Heim ent­gegen. Sie sind totmüde, hungrig und durstig und eilen auf kurze Stunden nach Haus, zur Ruhe, um morgen wieder ihr freudloses Dasein zu beginnen. Am Ufer deS Flüßchens stehen einzelne Menschen. Immer mehr der Vorübergehenden sammeln sich dort an. Ein trübes, aber nicht unge­wöhnliches Schauspiel eine Leiche wird geländet. Der Körper eines halberwachsenen Mädchens wird ins Gras gebettet. Die zer­rissene ärmliche Kleidung, das magere Ge- stchtchen, von blonden, triefenden Haaren um­rahmt, zeigen an, daß es ein Kind des Volkes ist, das den frühen Tod in den Wellen ge­funden. Ernst und schweigend bereiten die Umstehenden jetzt eine Bahre, um die Tote in dos Leichenhaus am Kirchhof zu bringen. Keine Heimat, keine Anverwandten! Es war ein armes, elterlvseS Geschöpf, tm Waisen­haus erzogen und erst feit Ostern in Stell­ung. Selbst noch ein Kind, mußte rS dort die Kinder der Bauersleute warten und pfle­gen. Eines Tag's fehlte dem Bauer Geld aus seinem ledernen Geldbeutel, der auf dem Tische lag. Es wird alles durchsucht, aber nicht gefunden. Niemand außer dem armen kleinen Kindermädchen ist in der Stube ge­wesen. ES scheint außer Zweifel, daß sie das Zweimarkstück entwendet habe. Unter Thränen beteuert sie ihre Unschuld, aber nie­mand glaubt ihr. Der Bauer jagt sie in feiner Wut aus dem Haus. Wer weiß, was in dem unglücklichen heimatlosen Wesen vor­ging, bis eS den verzweifelten Entschluß faßte, in den Tod zu gehen? Schon am nächsten Morgen wird der Armensarg mit dem schmäch­tigen Körp-r im äußersten Winkel des Fried­hofes, bei den Selbstmördern, beigrsetzt. Um dieselbe Zeit steht der Bauer, wie sein zwei­jähriges Kind von dem Haus mit etwas Glänzendem spielt und eS im Sande ein- und ausgräbt. ES ist das fehlende Zwei­markstück. Scheu und beschämt schaut er sich nach allen Seilen um. Da niemand in der Nähe ist, steckt er schnell das Geldstück in seinen ledernen Beutel.

Gehringswalde, 2. Okt. (Ein Mord.) Gestern abend gegen 9 Uhr wurden auf dem Heimwege vom hiesigen Jahrmärkte nach Groß-Milkau 4 junge Mädchen von einem unbekannten Jndividium angefallen. 3 der Mädchen konnten sich flüchten, das vierte, die 16. Jahre alte Tochter eines Gutsbe­sitzers, ist in den Wald geschleppt worden und wurde dort mit durchschnittenem Halse aufgefunden. Der Mörder ist entkommen.

München, 2. Okt. (Bom Hofe.) Heute vormittag fand die standesamtliche Eheschließ­ung des Prinzen Albert von Belgien mit der Herzogin Elisabeth in Bayern statt. Den Akt nahm der Staatsminister Crailsheim

vor. Hierauf begaben sich die Fürstlichkeiten in feierlichem Zuge in die Allerheiligen-Hof­kirche, wobei die Braut vom Könige der Belgier und vom Pri'-zregenten geleitet wurde, während der Bräutigam zwischen dem König von Rumänien und der Gräfin von Flandern schritt. Die Trauung wurde von dem Erz­bischof von München, Stein, vollzogen. Später fand In dem Thronsaal der Residenz ein Huldigungsakt statt.

Berlin, 2. Okt. Kaiser Wilhelm hat dem italienischen Weichensteller Garella, der den deutschen Militärzug bei Ponte Decimo vor einem schweren Unglück bewahrte, eine jährliche Pension von 500 Lire gewährt.

Was die großen Warenhäuser ver­dienen Müssen, geht aus den Kosten hervor, die der Bau und die Einrichtung des neuen Berliner Warenhauses Tietz, das am 26. ds. für das Publikum eröffnet werden wird, verursacht hat; diese Kosten belaufen sich auf insgesamt 17 Mill. Mark, während daö RcichStagSgebäude nur wenig mehr als 20 Mill. Mark, der neue Dom in Berlin 10 Mill. Mark kostete. Allein für den Erwerb von Grund und Boden des Tietz'jchen Waren­hauses wurden 7 Mill. Mark aufgewendet; Bau und Einrichtung einschließlich ZtnSver- lust beanspruchten 5 Mill. Mark, das an­geschaffte Warenlager ebenfalls 5 Mill. Mark. In dem neuen Warenhause werden rund 2700 Angestellte thätig fein, darunter etwa 500 Hausdiener und Laufburschen- Die monatlichen Gehälter belaufen sich auf rund 200 000 ^ Zur Besorgung der beschleu­nigten Zustellung gekaufter Waren dienen 12 große Automobile und 40 Radfahrer.

Genua, 30. Eept. In der vergangenen Nacht ging hier ein mehrere Stunden lang anhaltender Wolkenbruch nieder. Die Wafser- massen brachten Hie Mauern des Bahnhofs an der Porta Principe zum Einsturz und überfluteteten das Postbureau. Drei Post­beamte erlitten Verletzungen, ^m Bureau lagernde Briefe wurden weggeschwemmt. In der Umgebung der Stad(wurden viele Brücken weggerissen, Teiche beschädigt und Land über­schwemmt. Verluste an Menschenleben sind nicht zu beklagen.

Wien. 3. Okt. In Salucze (Ostgalizien) drangen Bauern in das Haus deS Juden Sigel und marteten ihn zu Tode. Die Frau und die Magd wurden gefährlich ver­letzt.

Rom, 3. Okt. Im Vatikan wurde von Dieben ein Geldschrank erbrochen und 357 000 Rementitcl und 3000 Francs in barem Geld gestohlen. Von den Dieben hat man noch keine Spur.

Littdley. 1. Okt. Die Buren griffen am Samötag nacht ein englisches Picket an. Sie kamen von Kaffirkraal her. Ein eng­lischer Soldat wurde getötet, einer verwundet. Ein Bur, welcher gefangen genommen wurde, trug eine vollständige Unisom der Reiter Generals Brabants. ES verlautet, die Bu- ren hätten 20 farbige Eingeborene in der Nachbarschaft von Lindley erschossen. Die eingeborene farbige Bevölkerung ist dadurch in großen Schrecken versetzt. Es ist eine Bekanntmachung erlaffen, worin jeder Bur, welcher in englischer Uniform betroffen wird, mit Erschießung bedroht wird.

LS" Hiezu eine Beilage.

Redaktion, Druck und Berlag von vernh. Hosmanui» Wildhqd.