Keimkiche Liebe

Roman von Helene Voigt.

4) (Nachdruck verboten.)

D-r Senator war durch Lothar von dieser eigenmächtigen HandiungSwcise seiner Schwie­germutter benachrichtigt worden und hatte dieselbe mit kühlem Schweigen ausgenommen, tief, tief im Herzen keimte aber das Miß­trauen, ob seine Gattin wohl diese Einladung gewünscht und begünstigt habe.

Der Festabend war herangekommen, zwar stand noch die Sonne am Himmel, als Nora in voller Toilette in den Gartensalon trat, um ihre Gäste zu erwarten, indes man hatte um sieben eingeladen, und eS mußte gleich auf der Thurmuhr schlagen.

Sie sah wie eine lichte Fee aus in dem elfenbeinfarbenen Seidenkleide, überrieselt von kostbaren Spitzen, welche hin und wieder von einer Rose gehalten wurden; ein gleicher Blumezweig ruhte in dem lockigen Haar und seitswärls im Gürtel. Aber die schöne Frau trug keine einzige Armspang», ein feiner Takt batte sie veranlaßt, alles zu vermeiden, was an Aussehen streifen konnte. Als sie eintrot, wandte sich van der Hupten, welcher mit ver­schränkten Armen an der Thür zur Veranda gelehnt, um und blieb einen Augenblick wort­los stehen, ihm war, als habe er sein junges Weib noch nie so wunderlieblich und märchen­haft gesehen.

Albrecht, Du hier ?* srug sie überrascht und glühend rot werdend,ich wollte noch einmal all-s in Augenschein nehmen, che die Gäste kommen."

Sv gehen wir zusammen, Nora, willst Du mir Deinen Arm geben?"

Bebend legte sie die seinen Fingerspitzen auf seinen Arm und schritt neben ihm dem Garten zu, leise knisternd rauschte die Seiden- schleppe hinterdrein, süßer Veilchendvft wehte um AibrechtS Antlitz und sein Herz begann laut zu pochen. Jetzt war er allein mit seiner Frau, Niemand stand zwischen ihnen, und eie milde, warme Somm'rlust schmolz die Etsrinde seines Gemütes.

Nora," begann er leise und blieb wie zögernd stehen,Deiner Mutter Ankunft hat die guten Beziehungen, die sich bei uns ein­gewöhnt, wieder gelockert, sie tritt mir fast feindlich gegenüber und läßt es mich unaus­gesetzt empfinden, daß der bürgerliche Schwie­gersohn ihr unerträglich ist. Kind, bist Du denn wirklich elend an meiner Seile?"

Voll Bewegung beugte er sich zu ihr herab, ihre Augen erhoben sich und plötzlich fühlte sie seine heißen zuckenden Lippen aus ihrer Stirn.Aldrecht," hauchte sie fast tonlos vor ti str Ergriffenheit, zürne mir nicht, ich kann nichts dafür und werde nie vrrg-ssen"

Nein," ries er fast rauh sie unterbrechend, sprich das Wort nicht aus, was aus Deinen Lippen schwegt, eS würde wie herber Reis in diksen glücklichen Augenblick fallen, nun ich will die Erinnerung daran bewahren, wie ein Heiligtum mitten in d-n empfind­lichen Nadelstichen des täglichen Lebens."

Aldrecht"

Sieh, Kind, der Gedanke ist mir so furchtbar, daß Du wirklich an meiner Seite ein Leben wunschloser Resignation führen solltest; ich hatte gehofft Du würdest mich liebe» lernen wie ich Dich"

Fast war es nur ein Hauch, der über

seine Lippen glitt, aber das junge Weib hatte ihn doch vernommen und ein wonniges Glücks- empfinden durchflutete ihre Seele, ein strah­lendes Lächeln leuchtete in dem lieblichen Gesichte

Ah, sie da, meine Kinder, so komme ich noch zur rechten Zeit vor Ankunst der Gäste," erklang Frau von TrahlowS Stimme von der Veranda her, sie rauschte in reichster Gesellschaftstoilette näher, das gewohnte spöt­tische Lächeln in dem Gesichte und völlig entgeistert fuhr das Ehepaar auseinander, beinah als habe man eS bei einem Unrecht ertappt.

Guten Abend, gnädige Mama," sagte van der Huylen auffallend kühl,ich freue mich, Sie hier zu sehen, auch Lothar muß bald kommen."

Nora, mein Kind," Frau von Trahlow nickte, als sie ihre Tochter prüfend betrachtete, Deine Toilette ist ganz vortrefflich gelungen, Du wirst heute entschieden Eroberungen machen haha, vielleicht verwundet Ihre Gattin viele Herzen töttich, bester Herr Schwiegersohn."

Ich glaube nicht, daß meine Nora da­nach verlangt," antwortete der Senator ein­fach, aber die junge Frau mußte verstohlen zu ihm hinüber sehen; ihre Seele jauchzte, als er so schlicht und selbstverständlichMeine Nora" sagte. Frau von Trahlow halte dies Wort gleichfalls aufgegnffen.

Meine Nora" spöttelte sie und schob die schwere violette Moireeschleppe zurück, das klingt wirklich sehr zärtlich und ich glaube fast, Kinder, daß es möglich ist, eine so aus reinster Konvenienz geschlossene Ver­nunftsehe ---"

Sie hielt in ne, das Wort hatte getroffen, und wandte sich zu Lothar, der soeben ein­trat, während der Senator, totenblaß und mit finster gefalteter Stirn, dem Hause zu­schritt. Auch Nora sah sehr ernst aus, sie wandte sich schroff zur Mutier:Ich muß Dich wirklich sehr bitten, Mama, meinen Mann nicht immer zu verletzen, ich sollte roch denken, daß auch Du ihm einige Rück­sicht schuldig bist."

Auf Stirn und Wangen der Dame flackerte ein fieberischcs Rot, sie biß die Lip­pen zusammen, denn Lothar nahm soeben den Arm des Schwager und ging mit ihm hinein, noch bevor er die Mutter begrüßt hatte.

Lothar," sagte van der Huylen ernst, als man außer Hörweite der Damen war, ich habe mit Dir zu reden und hoffe, Du wirst es mir nicht übel nehmen, wenn ich eine für Dich delikate Angeleg-nhett berühre."

Eistaunl sah der Assessor auf seinen Schwager, der ihm noch seiten so stattlich und vornehm erschienen war als in diesem Augenblicke.

Sprich immerhin, Aldrecht," sagt« er dann herzlich,von Dir kann ich Viel an- hören, denn Du weißt, daß ich Dich lieb habe."

Der reiche Kaufherr seuszte leicht, wie hätte ihn dies schlichte Wort aus dem Munde von Lothars Schwester beglückt, würde er eS jemals hören I

Nun denn, alter Junge," so begann er herzlich,es betrifft Deine Vorliebe sür Gertrud Winkler, die Tochter meines braven Buchhalters"

Ah," sagte Trahlow stehen bleibend,hat man auch mit Dir schon davon gesprochen?"

Nun denn, Albrecht, ein Wort ein Mann! Ich liebe das Mädchen und bin fest ent­schlossen, es zu heiraten."

Lothar und was wird Deine Mutter sagen ?"

Ich bin mündig," lautete die finstere Antwort,und werde mir aus leerem, hohlem Adelövorurtele mein LcbenSglück nicht ent­reißen lassen."

So liebst Du Gertrud wirklich?"

Gewiß, Albrecht, ich habe es ihr noch nicht mit schlichten Worten gesagt, aber wir wissen beide, daß wir ohne einander nicht zu leben vermögen."

Aber die Mittel? Ihr seid beide un­vermögend."

Wenn ich erst Amtsrichter in einer kleinen Stadt bin, können wir mit bescheidenen Ansprüchen auskommen. Ach, Albrecht, Du bist eine viel zu kühle Natur, um zu begreifen, welch unermeßliche Seligkeit in den Worten liegt: Mein Weib und mein Heim!"

(Fortsetzung folgt.)

Neueste Nachrichten.

London, 14. Sept Eine Depesche von Lord Roberts aus Machododorp vom 13. dS. besagt: Bullet meldet, daß seine Trup­pen den Spitzkop Vollständig in Besitz nahmen. Buller fand daselbst Mundvorrat der Buren im Gesamtgewicht von 300 000 Pfund und zwar häuptsächlich ReiS, Zucker, Kaffee, so­wie 300 Kisten Munition. Ein Jngeuteur- zug unter Lutnant Meiyck, welcher unter Bedeckung vom 19. Husarenregiment ent­sandt war, um die Tel'graphenleitung zwischen Machadodorp und Lydenburg wieder herzu­stellen , wurde in der Nähe deS Punktes, wo die Straße über den Krokoilfluß führt, angegriffen. Meyrick und ein Korporal wurden leicht verwundet. Alle Ingenieure kehrten in das nächstgelegene Lager zurück, aber von den BedeckungSmannschaften traf keine Nachricht ein.

Laurenzo-Marquez. Präsident Krüger wird auf Betreiben des Präsidenten-Konful im portugiesischen Regierungsgebäude nominell gefangen gehalten und darf dasselbe nicht verlassen, ebenso keinen Besuch in Empfang nehmen.

London. DerSiandart" meldet: Die e-gltsche Regierung beabsichtige, demnächst zu erklären, daß in Südafrika wieder Friedens- zustand herrsche und in einer Proklamation an die Buren diese aufzufordern, innerhalb einer gewissen Frist die Waffen nicderzulegen, widrigenfalls sie als voaelfrei erklärt werden.

Verschiedenes.

(Ein frecher Patron.) Strolch:Ach, mein scheenes Fretlein dürft' ick bitten um 'ne klecne Jade, ick habe schon drei

Wochen nischt jejessen-" Radlerin:

Ach Unsinn übrigens gebe ich nichts ich bin Mitglied des Vereins gegen Bettelei!"

Strolch:So? Na, det kann jeder sagen! Zeigen Sie 'mal Ihre Mitglieds­karte I"

(Nützliche Auskunft.) Gendarm: Haben Sie nicht einen HandwerkSburschen mit grauem Filzhut hier Vorbeigehen sehen?"

Bauer:Ja." Gendarm:Um welche Zeit war das?" Bauer:Ach, vor un­gefähr vier Wochen I"

Redaktion, Druck und Verlag von Beruh. Hosmanntn Stztldhqd,