Ebingen, 2. Sept. Eine unbegreifliche Rohheit wurde heute morgen auf unferem Friedhof entdeckt. Bübische Hände haben über 20 wertvolle Denkmäler umgestürzt und auf einer Reihe von Gräbern den Pflanzen­schmuck herausgerifsen und vernichtet. Die Polizei hat schon vier der Thal verdächtige Burschen verhaftet.

Ulm, 4. Sept. Daö hiesige Hauptpost­amt befindet sich seit gestern mittag in großer Aufregung. Einem Postbeamten fehlt ein Geldbrief mit mehreren Taufend Mark In­halt.

Pforzheim» 4. Sept. Was nützen die schönsten Gesetze, wenn sie nicht gchandhabt werden? Die Weinpanfcher werden mit schweren Strafen bedroht aber nur be­droht und so wird die Pauscherei schwung­voll weiter betrieben. Wie eS unter solchen Umständen in der Pfalz aussteht, daS be­weist folgende Notiz in der Landauer Zeit» ung:

»Ein neumodischer Genußartikel aus der »Kerwe" ist das Sodawasser geworben. Früher war das Stichwort ar den Kirchweih­lagen : Wo giebt'S einen guten Schoppen? Heute hört man nur: »Hannes, einen halben Schoppen und ein Fläschchen Wasser I Manche Wirte verbrauchen an diesen Tagen 800 bis 1000 Fläschchen Sodawasser zu je 15 Pfg. Ob sie auch so viel Wein verkaufen? Welche Ironie auf die Pfälzer Weinkultur l Statt Naturwein verkaufen die Wirte gegohrenes Zuckerwasser, und für diesen »Plempel" läßt man sich 4050 per Schoppen bezahlen. Die so hergdstellten Weine sind sehr alkohol- reich. Um nun ,den Alkohol zu dämpfen und vorzeitiger Trunkenheit vorzubeugcn, sind die Leute genötigt, den »analysenfesten" Ge- birgSwein mit Wasser zu vermischen. Läßt sich irgend eine habgierige Bauersfrau bei. gehen, die allzufette Milch mit Wasser zu verdünnen, so schreit die ganze Welt: Be­trug! Lebensmittelverfälschung! Wo bleibt die Polizei so lange? Diese Weinpanscher aber treiben der. Betrug ins Große und- sonnieren über die Kellerkontrolle, als ob da­durch der Weinstock in seiner Wurzel aufge­rissen würde. Wie lange noch läßt sich das Volk eine solche unverschämte Ausbeutung ge­fallen? Darum, ihr Weingulsbefitzer, gründet Winzergenossenschaften namentlich im Hinblick auf den bevorstehendenguten Herbst! Wir wollen dann den Wirten schon sagen, wo sie ihre Weine einkaufen müssen, wenn sie Gäste in ihrem Hause sehen wollen. Also fort mit derSodawnsserkerwe" l Wir wollen kein Wasser! Wir wollen Wein, echte Goltesgabe, aus unserer sonnigen Pfalz."

Der Heidelberger Kohlen-Emkauss- vereill hat Erfolg gehabt. Er kann seinen Mitgliedern den Zentner für 1 45

frei ans HauS liefern und hat genügende Mengen zur Verfügung. Die Heidelberger Kohlenhändler sind natürlich auf die uner­wartete Konkurrenz schlecht zu sprechen. Eiv Mitglied der Genossenschft, das noch einige Zentner Kohlen benötigte, bevor die Genossen­schaft liefern konnte, wurde von einem Koh­lenhändler mit den Worten abgewicsen ! »Be- stcstrllen Eie Ihre Kohlen bei der Genossen­schaft I" Auch der Ausdruck Kohlen-,Boxer" soll auf offener Straße einem Mitglied des AufstchtSralS der neuen Genossenschaft gegen­über gefallen sein.

Aschaffenburg, 5. Sept. (Feuersbrunst.) Heute nacht 3 Uhr brach in der Wirtschaft Zum Deutschen Hof" am Roßmarkt Feuer aus. DaS Feuer ergriff sofort das Sliegen- hauS und das Erdgeschoß und verbreitete sich, da viel Holz dort lagerte, mit großer Geschwindigkeit. Bald standen auch der Dachstuhl und sämtliche oberen Räume deS Hauptgebäudes in Flammen. Leider sind bei dem Brande drei Menschen, die nicht mehr über die brennende Treppe hinab konnten, in den Flammen umgekommen. Unter der Mansarde des Hauptgebäudes wurden die vollständig verkohlten Leichen der Dienst­mädchen- Eva Steuernagel und Katharina Wiedel aufgefunden und in einem Zimmer deS Hintergebäudes die Leiche des 30jährigen Gaswerkbeamtcn Valentin Deitz. Deitz .ist erstickt, die beiden Frauen sind verbrannt. Sie haben schrecklich um Hilfe geschrien, aber eS war nicht mehr möglich, sie zu retten.

Ein Zahnarzt chloroformierte in Bam­berg einen Fabrikanten vor einer unbedeuten­den Zahnoperation. Der sonst gesunde Mann ist der Narkose erlegen. Die Staatsanwalt­schaft hat eine Untersuchung eingeleilet und die Sektion der Leiche angeordnet.

Lebt Andrer noch? Ein berühmter Fachmann, der mit arktischen Verhältnissen genau bekannt ist, erklärte, man könne hoffen, diesen Herbst Nachricht von Andrer zu er­halten. Wenn nämlich der Ballon jenseits des Nordpols angekommen sei, würde die Wanderung nach bewohnten Gegenden 3 volle Jahre beanspruchen.

Ein Aussehen erregender Selbstmord hat sich in Gera ereignet. Die Frau deS KommisstonSrateS Schlutter hat sich in einem Anfälle von Geistesstörung vor einen von Weimar kommenden Personenzug geworfen und ist von diesem zermalmt worden. Vor einiger Zeit hatte Frau Schlutter zur Er­richtung eines Landkrankenhauses eine Summe von 400 000 gestiftet und sich durch diese Stiftung ihres ganzen Vermögens entäußert. Später scheint der Frau die Reue über diesen Schritt gekommen zu sein, denn sie wurde ganz melancholisch, bis die Geistesstörung sie zum Tode führte.

Eisenbahnunglück. Auf der Phila­delphia and Reading Railwcy ist ein mit Ausflügler» besetzter Zug bei Station Hat- field auf einen aus Milchwagen bestehenden Zug aufgefahren. Bei dem Zusammenstoß wurden 15 Personen getötet und etwa 40 verwundet.

London, 4. Sept. DaS Rmiersche Bu­reau meldet aus Maseru vom 3. d.: Lady, brand ist von den Kommandos unter Fourie, Grobler, Lemmer und Mafsebrcck sowie 200 Kundschaftern des Therron eingeschloffen. Die Garnison verbrannte ihre Vorräte, um einer Wegnahme vorzubeugen. Wenn die Stadt genommen würde, wäre die Lage der Garnison kritisch. General Hunter eilte schleunigst zum Entsatz herbei.

London, 5. Sept.Central News" mel­det aus Badfontein vom Montag: Buller hat eine erstaunliche Aufgabe vor sich. Die Stellung der Buren auf den Krokodil Hügeln ist schwerer zu nehmen als Vaalkrantz und Laingsneck. Kavallerie wurde gestern zum Rekognoszieren ausgeschickt; sie gelangte in eine Schlucht, wo die Buren sie den ganzen Tag bombardierten. Sic fand, daß eS un­möglich sei, den Rückzug anzutreten, ehe

nicht Dunkelheit ihre Bewegungen deckte. Diele entgingen den Geschossen mit genauer Not, aber eS gab auffallend wenige Unfälle. Buller leitete die gestrigen Operationen persönlich. Die Buren beherrschen die einzige Straße nach Lydenburg und haben wenigstens zehn Kanonen in Position gebracht. Die eng­lischen Verluste betragen seit dem 21. Aug. 270 Mann.

London, 5 Sept. Eine Depesche Lord Roberts aus Belfast vom 3 Sept. besagt: Da General Buller bei dem Vormarsch auf Lydenburg den Feind direkt vor der Front in einer starken Stellung vorfand, die er nicht umgehen konnte, sandte ich heute eine Kolonne ab, um ihn zu unterstützen. Am 2. September wurde von den Buren auf der PetruSburglinie ein Eisenbahnzug, mit dem Trvpven befördert wurden, zum Ent­gleisen gebracht.

HllderSfield, 5. Sept. Die Trabes UnionS nahstren mit Stimmenmehrheit einen Antrag an, worin erklärt wird, daß der Krieg in Transvaal im politischen Interesse der Kapitalisten unternommen wurde und daß er das Wohl der Arbeiter schädigen mußte.

London, 6. Sept. «Daily NewS" mel­den aus Laurenzo Marquez vom 4 . d.; 31 Kisten mit Goldbarren, welch« der Trans­vaalregierung gehören, sind hier eingetroffen. Präsident Krüger wird das Land wahrschein­lich in Jncomati verlassen. In der Nähe des Ortes liegen 2 Schlepper auf dem Fluß bereit, um ihn zu dem Schiff zu bringen, welches ihn an der Mündung deS Flusses erwartet. Ein östereichischer Lloyddampfer traf mit 50 000 Säcken Mehl für dje TranS- vaalregirung ein.

Hiezu eine Beilage. 'L»

Redaktion, Druck und Verlag von Bernh. Hofmann in Wildbad,