Schwer erkämpft.

Roman von H. von Ziegler.

16) (Nachdruck verboten.)

Von den Bergen erscholl jetzt hie und da ein Jauchzer, dunkle Gestalten huschten daher, welche Holz zu dem Scheiterhaufen zusammcntrugen; ein erster Blitz zuckte fahl durch die Lüfte, doch ohne nachhallenden Donner, denn noch war das Gewitter zu fern.

Drüben an der schwarzen Wand werden die Feuer wohl bald angezündet werden," be­merkte der Professor,ich kann schon Fackeln auftauchen sehen."

O, und jetzt flammt es dort an der Eintorfspitze auf," entgegnete Eva,wie feen­haft steht eS aus, immer ein Licht um das andere taucht empor."

Ihre gelbe Seidenrobe streifte ihn, daß eS wie ein magnetischer Strom durch seinen Körper flutete und seine eiserne Selbstbe­herrschung immer mehr zu Ende ging.

Der Anblick war ein überwältigend groß­artiger. Von den Flammen erhellt, hoben sich die wildzackigen Bergspitzen und Fels­wände beinahe gespenstisch ab gegen den lichteren Teil deS Himmel, während gegenüber die blauschwarzen Gewitterwolken immer höher stiegen, und mitunter ein greller Blitz daraus hervorzuckte.

Jubelnd umtanzte eine Schar von Kindern die Feuerstöße. Besen in den Händen haltend und Kränze auf den Köpfen, während andere Reiser herbeilrugen und in die Flammen warfen, daß dieselben mächtiger emporlohten.

Inzwischen kam das Gewitter mit rasen­der Eile näher. Immer Heller wurden die Blitze, beinahe schon so weiß flimmernd wie die Sterne am Himmel, und Donner rollte, mächtig wiederhallend, fast ununterbrochen zwischen den Bergwänden dahin.

Eine Illustration des Menschenlebens, finden Sie nicht?" sagte Eva träumerisch, man lebt sorglos dahin, ohne das Gewitter zu bemerken, welches schon aufsteigt, trotzdem gar oft Helle Blitze hervorzüngelten. Ueber- havpt tragen sich mitunter all die Sorgen und Prüfungen des Lebens recht schwer."

Sie haben recht, Gräfin, seit meines Bruders Tode fühle ich gar oft schwer des Lebens Last.

Er starb ganz plötzlich, wie ich hörte?"

Mein Bruder erschoß sich selbst als ein Opfer amerikanischen Duells. Sein Gegner war ein Schurke!"

Armer Schönau! Ach Sie haben schwer gelitten." i »

Schüchtern reichte sie ihm die Hand, die er leidenschaftlich an seine Lippen preßte. Eine Pause entstand, traumverloren, Hand in Hand schauten Beide in die schwüle Jo- hanniSnacht, von den Bergen flammten Helle Feuer, aus den dichten Wetterwolken zuckten grelle Blitze, denen krachender Donner folgte. Das Gewitter stand schon ganz nahe.

Eva," rief soeben Graf Posau auS dem Spielzimmer.

Sie löste leicht ihre Hand aus der deS Professors und eilte hinein. Schönau blieb auf dem Balkon zurück. Schwere Regen­tropfen fielen herab, Blitz und Donner folg, ten Schlag auf Schlag und die funkelnden Sterne verschwanden in dem dicken Gewölk.

Drinnen im Spielzimmer herrschte eben­falls dumpfe Schwüle, man hörte nur das

Rollen der Würfel, und den Klang des Goldes, und die fünf Herren starrten unver­wandt auf die Roulette.

Geräuschlos trat nun auch der Professor ein und hinter Graf Posaus Stuhl; es war, als stünde neben ihm ein Toter aus fernem kühlem Grab und deute mit den Fingern auf den Würfelbecher.

Schon wieder gewonnen, Graf," rief einer der Spieler,Sie haben auffallendes Glück, lösten Sie mich mit Ihren Würfeln spielen."

Lachend wollte er Posau'S Würfelbecher ergreifen, doch wüteend sprang dieser auf. Was soll eS heißen, Baron Scherpa ?" fuhr er los,waS wollen Sie an meinen Würfeln sehen ? Sie sind gut und wenn Sie meinen sollten, daß"

Ich meine gar nichts, Graf, entgegnete der Baron beschwichtigend,es war ja nur eine beiläufige Scherzrede. Aber ich sehe, daß das Wetter doch heranfzieht, und es ist bester fortzufahrcn."

Nein," schrie Posau schäumend,Sie gehen nicht ohne mir Revanche zu geben Sie haben mich beleidigt."

Eine hohe Gestalt trat da drohend vor den Wütenden, wie die Stimme der Ewig­keit tönte ihm Schönaus Stimme entgegen:

Denken Sie an Viktor von Oelzen, Graf, und besinnen Sie sich!"

Hah", gellte Posaus Stimme, und er taumelte rückwärts in die Arme seines Kam­merdieners, der bei dem Stimmengewirr her- beigceilt war,er ist es seine Augen und doch gab er sein Ehrenwort sich zu erschießen!"

Sie find krank, Herr Graf," unterbrach ihn der Kammerdiener beinah drohend, indem er den stier um sich Blickenden mit fort zog und die Thür hinter ihm schloß.

Das war abermals Wahnsinn»," sagte Baron Scherpa bestürzt,arme junge Frau! Welch' ein entsetzliches Geschick trifft sie,"

Erlauben Sie, meine Herren," unter­brach ihn der Professor tieferregt,daß ich mich Ihnen empfehle ich muß heimkehren."

Draußen im Korridor zog er mit bebender Hand einen Würfel hervor, der aus deS Grafen Becher unbemerkt auf den Tisch ge­fallen war, und murmelte erschüttert:Da ist Gewißheit! Armer heißgeliebter Bruder!"

Noch am Abend erhielt General von Waldheim eine Depesche, welche also lautete: Kommen Sie, Gräfin E. wird Ihrer be­dürfen. Schönau.

* *

*

Darf ich kommen, liebe Frau Ahne?" frug die sanfte Stimme der Gräfin Posau, als sic zu der alten Dame in die JaSmin- laube trat. Erfreut blickte Frau Ahne auf.

Grüß Sie Gott Frau Gräfin! Ich habe Sie seit vorgestern nicht gesehen, so daß mir ganz bange zu Mute wurde."

Wir hatten Gäste," meinte die junge Dame hastig,auch heute kann ich nicht bleiben, Großmüttcrchen, sondern will nur erzählen, daß mein Großpapa Waldheim depeschierte, er käme heute zu mir. Nicht wahr, er darf Sie doch auch besuchen, den Herrn Pro­fessor kennt er bereits."

Voll warmer Herzlichkeit kniete Eva vor der alten Dame nieder und küßte ihre runz­ligen Hände.

Mein liebes Töchterchen," sagte diese herzlich,ich müßte Sie wohlGräfin"

nennen, doch will eS mir manchmal gar ntch von den Lippen, denn ich habe Sie sehr, sehr lieb."

Liebes Großmüttcrchen," sagte die schöne Frau, voller Angst,ich fürchte mein Mann wird wieder krank, denn er ist so aufgeregt, besonders feit gestern die Herren spielten. Sein Diener, der über ihn alles vermag, hält ihn im Zimmer zurück.

Eva?" frug die alte Greisin leise und strich ihr das Haar aus dem bleichen Ge- stchtchen,sagens Sie mir einS; haben Sie den Grafen aus Liebe geheiratet?"

Nein," antwortete die Gräfin leise, während ein tiefes Rot ihre Wangen färbte, man hat mich überrededet ich war noch so unerfahren, und nun trage ich voll bittrer Reue die Fesseln einer unglücklichen Ehe!"

(Fortsetzung folgt.)

Verschiedenes.

Gestern Millionär, heute Hausierer. Vor weniger als zehn Jahren noch der reichste Mann in Sammerville in Massachusetts, besten Vermögen mehr als acht Millionen Dollars betrug, fristet der 68 jährige Charles H. North, von Angehörigen und Freunden in jener Stadt, die ihm in den Tagen seines Glanzes nicht genug Ehre anthun konnte, sein Leben mit Hausieren. Von seinem großen Vermögen hat er nichts weiter behalten, als sein Wohnhaus, das schönste in der Stadt. Er bewohnt darin zwei Zimmer, den Rest hat er an eine Dame vermietet, die darin ein Kosthaus eingerichtet hat. Von seinem Fenster aus kann er das von ihm gegründete Schlachthaus und PökclhauS sehen, an dessen Front fein Name in großen goldenen Buch­staben prangt. North ist einsslk naaäs man". Als armer Junge kam er nach Sommerville. 1867 gründete er sein Pökel­geschäft und war äußerst erfolgreich, bis er sich vor einigen Jahren verleiten ließ, einige Teilnehmer in dasselbe aufzunehmen. Heute sind diese die Besitzer desselben, und er ist in seinen alten Tagen gezwungen, für sein tägliches Brot zu arbeiten. Wie ein Arbeiter gekleidet, Sommer und Winter ohne Hut, fährt er jeden Morgen fort, kauft Fletsch und andere Lebensmittel und vertreibt sie von Haus zu Haus. Er heißt jetzt nicht mehr Mr. North, sondern familiärCharley". ViS spät in die Nacht hinein sitzt er über den Büchern feines früheren Geschäfts und studtiert, wie alles so gekommen und was noch für ihn zu retten ist. Wechsel des Lebens l Ein Eisenbahnbillet von der Erde bis zur Sonne. Ein Amerikaner hat aus­gerechnet, daß ein Eisenbahnbillet von der Erde bis zur Sonne 930 000 Dollars kosten würde. Nach dem Tarif für deutsche Eisen­bahnen würde sich, bei Annahme der mitt­leren Entfernung in Höhe von 140 Mill. Kilometer, der Preis für ein Billet II. Klasse aus 6"/4 Millionen Mark stellen. Die Be­stimmungen des deutschen Reglements aber, daß die Billets nicht übertragbar sind, würde bet einer solchen Fahrt schwer durchführbar sein; wenigstens müßten dieselben und zwar bis in das zehnte Glied vererbbar sein, denn bei einer Geschwindigkeit von 60 Kilometer in der Stunde, würde die Reise 2500000 Stunden, gleich 104166"/» Tage oder 258'/, Jahre dauern!

Redaktion, Druck und Verlag von Ber uh. Hosmaunin Wildbad.