Schwer erkämpft.

Roman von H. von Ziegler,

14) (Nachdruck verboten.)

Seine heißen, zuckenden Lippen berührten dir Ihrigen und wieder überkam sie jene schattenhafte Angst wie den Vogel vor der Schlange; regungslos lag sie in seinen Armen und nur ein schwaches Lächeln antwortete seinen Liebkosungen.

Endlich blieb Eva allein zurück, bitter­lich schluzend glitt sie in einen der blauen AtlaSfauteuilS. Seit Posau sie damals beim Ausbruch seines Wahnsinns von sich ge­schleudert, empfand sie eiskaltes Entsetzen, lähmende Furcht vor ihm, aber dennoch mußte sie an seiner Seite ausharren, still und ge­duldig, wie sie am Altäre geschworen.

AIS man ihr zur festgesetzten Stunde den Professor meldete, war sie wieder völlig gefaßt und beherrscht und schritt in den Empfangssalon, um den Gast zu begrüßen.

Er lehnte mit verschränkten Armen am Fenster und starrte hinaus in den regen­schweren Tag. Auch in ihm war'S trübe, kein Sonnenstrahl brach durch die dichten Wolken, welche sein Gemüt umlagerten.

Willkommen, Herr Professor/ sagte sie herzlich, ihm die Hand bietend, »Sie sind mir der erste, liebe Gast in der nenen Heimat.*

Bewegt zog er die schlanken Finger an seine Lippen.Gott sei mit Ihnen, Frau Gräfin. Ihr Geschick ist kein leichtes."

»Nein," entgegnete sie einfach, »und oft schon mußte ich denken, eS sei zu schwer, um'S durch das Leben zu tragen. Ein zweites Mal könnte ich nicht solch ein Ge­lübde schwören."

Er blickte schweigend in dies tiefernste Gesicht und fühlte ganz deutlich, wie der Zauber, welcher von demselben ausging, immer stärker ward. Aber sie hatte ihn »Freund" genannt und er mußte des Wortes würdig sein.

Evas feines Ohr vernahm jetzt des Grafen Schritt und mit der vollendeten Beherrschung der Weltdame begann sie eine gleichgültige Unterhalung. Posau trat ein, einen Brief in der Hand und begrüßte Schönau sehr verbindlich.

»Nachrichten von Mama, Kind," lächelte er ironisch, »bitte lies selbst."

Aengstlich griff sie nach dem eleganten Bogen, doch kaum hatte sie ihn zur Hand genommen, als er auch schon herab sank und ihr Gesicht sehr bleich ward.

Nicht wahr, Eva, eine interessante Nach­richt?" frug der Graf spöttelnd und fuhr dann zu Schönau sich wendend fort:meine noch sehr lebenslustige Schwiegermama hat sich nämlich mit dem Oberst von Landern verlobt, um noch einmal alle Freuden dieses Lebens zu genießen. Ich verdenke eS ihr gar nicht, denn als Witwe ging eS doch nun einmal nicht I Haha, was man doch alles erlebt."

Was sie auch denken oder fühlen mochte, Eva beherrschte sich vollkommen und sagte, als der Diener in der Thür erschien, mit liebenswürdiger Handbewegung:Ich bitte zu Tisch, meine Herren, das erste Mal in SIntorf."

AIS man nach der Mahlzeit sich im Nebenzimmer zum Kaffee niederließ, schlug der Graf seinem Gaste eine Partie Schach

vor und wandte sich zu Eva:Du singst mir wohl ein Lied, Herzchen, ich höre eS so gerne."

Die Partie begann, doch Schönau, sonst

- »ßerortentlich vortrefflicher Spieler, zog heute fortwährend falsch, so taß Posau end­lich lachend fragte, ob ihn der Gesang seiner Frau wohl störe,obschon sie eine ganz gute Stimme hat," setzte er hinzu.

Der ernste Mann wußte auf die taktlose Bemerkung nichts zu erwiedern; er hätte eingestehen müssen, daß diese Stimme alle Tiefen seines Innern aufwühtle und bis in die dunkle Stunde deS Todes hinein sein Herz erfüllen werde.

Die Wolken flieht», der Wind saust durch die Blätter,

Ein Regenschauer zieht durch Wald und Feld.

Zum Abschiednehmen just das rechte Wetter,

Grau wie der Himmel liegt vor mir die Welt l"

»Aber lieber Professor, ich habe Schach gebeten l Sie sind durch daS Singen zer­streut. Mache doch eine Pause Kind."

Mitten im Tone brach Gräfin Eva ab und erhob sich. Wie ein eisiger Reif waren die Worte ihres Gemahls auf ihre Seele gefallen: sie empfand tiefe Beschämung. Was mußte Schönau von ihr denken?

»Verzeih mir, Egon, es war taktlos von mir, so lange zu singen. Natürlich störte ich beim Schach," sagte sie tonlos, dann setzte sie sich an ein kleines Nebevtischchen und blätterte in Journalen.

Draußen schlugen jetzt dicke Regentropfen an die Scheiben, eine unsägliche Oede er­füllte die jungen Frau I Ihr Gemahl liebte sie leidenschaftlich und doch bebte sie zurück vor seinen unstät flimmernden Augen; lauerte nicht tief drin noch immer der Wahnsinn, um plötzlich abermals hervorzubrechen?

Endlich erhob sich der Professor zum Gehen; er hatte seinen Partner doch noch matt gesetzt und dieser rief lebhaft:Oho, Herr Professor, Sie müssen mir sehr bald wieder Revanche geben? Ich hätte nie ge­dacht, daß Sie mich besiegen würden."

Draußen stand der Gelehrte still. Es regnete, schwere Tropfen fielen von den Zweigen auf seine heiße Stirn, der Himmel war grau verhangen, doch die köstlich milde Luft that seinen erregten Nerven wohl. Was war eS denn, das ihn so elend machte? War es der Gräfin schwermütiges Lied, ihre traurigen süßen Augen oder noch etwas anderes! Zwischen Pausau und ihm stand eine reg­lose Gestalt einen einzigen kleinen Würfel in der Hand U

Kürzlich hatte der Professor einen Guts­besitzer auö der Gegend von W. . . kennen gelernt, der ihm erzählte, er habe voriges Jahr viel mit dem Grafen Roulette gespielt und zwar stets unglücklich. DaS letzte Mal vor der Abreise Posaus sei im Kasino eine aufregende Scene vorzefallen, denn ein junger Offizier, welcher hinter ihm gestanden, Hab« ihm die Hand auf die Schulter gelegt und sehr ernst um eine Unterredung gebeten, von welcher dann der Graf allein, doch so wütend und aufg'pracht zurückgekehrt sei, daß man schon damals einen WahnsinnSauSbruch bei ihm vermuten konnte. Was aus der Sache geworden, wisse er nicht, denn er sei nsch in derselben Nacht abgereist und habe nichts näheres mehr vernommen.

Schönau atmete schwer, sein Verdacht nahm immer schärfere Umrisse an, und dennoch mußte er schweigen, wie lange noch! Warum nur war Eva seine Gemahlin geworden? Sollte sie eS nicht freiwillig geihan haben?

Aus dem dichten Gebüsch schauten du' kle Frauenaugen aus den einsamen Mann» drohend ballte Frau Anne die Faust gegen dos Schloß. ArmeS Weib! An dem Tage, an dem sie sich zum zweiten Male verlobt, erkennt sie voll unsäglicher Pein, daß jener herrliche hoch über ihr stehende Mann in dem einen Punkte auch ein Mensch sei: er liebte und zwar daS Weib eines Andern?

Behüt' Dich Gott es wär' so schön gewesen,

Behüt' Dich Gott es hat nicht sollen sein."

murmelten Friedrich Schönaus Lippen und ihm war'S, als habe er den Bäumen, dem Wind und den Regentropfen sein tiefgehütcteS Geheimnis verraten. Doch nein, denen allen war eS gleich, was in dieser ManneSbrust rang und kämpfte, nur die wilde Anne dort im Gebüsch las in seinen Zügen wie in einem offenen Buche, und ihr Mund zuckte vor wildem Weh.

Ich liebe ihn wie nichts sonst auf der Welt nur bis zum Wahnsinn mehr nicht," murmelte sie unheimlich, mit flimmernden Blicken.

(Fortsetzung folgt.)

Verschiedenes.

Eine Königsmumie aus dem Zollamt. Der französische Aegyptologe Morgan erzählte einem Mitarbeiter des Journvl folgende hübsche Anekdote: Morgan hatte bet seinen Ausgrabungen in Aegypten die Mumie eines Ramses entdeckt. Als er mit seinem kost­baren Packet eine Eisenbahnstation erreichte, weigerte er sich energisch, eS dem Gepäck­wagen anzuvertrauen. Er mußte daher wie für sich auch ein Billet erster Klasse für die Mumie nehmen. Damit war aber dir Königsleiche noch nicht am Ende ihres trau­rigen Schicksals. Auf dem Zollamt in Kairo erwartete sie dir schrecklichste Demütigung: WaS haben Sie da?" fragte der Steuer­beamte und zeigte auf den Sarkophag. Eine Mumie."Sie kann ohne Be­zahlung nicht passieren."Die Mumien brauchen beim Zollamt nichts zu bezahlen."

Mir wollen im Register Nachsehen." DaS ganze Personal des Zollamtes begann nun in einem riesigen Foliatm zu suchen. Nichts! Der Artikel Mumie war von der Verwaltung noch nicht vorgesehen.Bringen Sie eS doch hinüber als eingesalzenen Fisch und bezahlen Sie drei Piaster!" sagte der Beamte. Und RamseS hielt seinen wenig feierlichen Einzug in Kairo alseinge­salzener Fisch!"

.'.(Deutlich) Herr: »Und nun, gnädige Frau, auf das Wohl deS zukünftigen Bräu­tigams Ihrer Fräulein Tochter ..." Dame:Auf Ihr Wohl, lieber Doktor l"

(BoShast.)Sagen Sie mir, Fräu­lein Ella, wie alt dürfte wohl die Gnädige sein?"O die dürfte sehr alt sein

sie mag nicht l"

(Geistesgegenwart.) Sonmagsreiter (dessen Pferd durchgeht, zu einem ihm be­kannten Versicherungsagenten, der am Weg steht):Sie, schreiben se mer auf in die Unfallversicherung I"

Aebakttou, Druck und Verlag von Beruh. Hofmauuiu Wilbbad.