Kkilazk ii Ur 8S desDiMidtt Aijkizkl"

Samstag, de» 4. August 1909.

Ein Doppel-Lustmord in Grim­bach.

DerPforz. Anz." vom 1. Äug. schreibt: Ein tierisches Verbrechen, dem zwei arme Kinder zum Opfer fielen, wird soeben vom benachbarten Grimbach, dem auf der Hoch­ebene zwischen Nagold« und Enzthal gelegenen Luftkurort, gemeldet. E stern nachmittag gingen zwei Mädchen von dort in den Wald, um Heidelbeeren zu sammeln. Das eine 9jährige gehörte dem Ludwig Merkte, das andere 7jährige der Witwe Schnürte von Grunbach. Als abends die Kinder nicht zur gewohnten Stunde heimkrhrten, wurde man ängstlich und machte Alarm. Es wurde all­gemeine Nachsuche auSgcschellt, und von jedem Hause zog ein Bürger mit der Laterne in den Wald, wo die ganze Nacht hindurch Nach­forschungen nach den Vermißten stattfanden, aber vergeblich. Da, als der Tag anbrach, entdeckte man endlich die Kinder an einer Stelle des Waldes, an welcher man wieder­holt in der Dunkelheit vorübergegangen war, nahe beisammen tot ermordet liegen. Die armen Geschöpfe waren offenbar erwürgt worden. Das »ine hatte noch ein zusammen- gedrehteS Tüchlein um den Hals. Was sonst etwa mit den Aermsten vvrgegangen, das wissen wir zur Stunde noch nicht sicher, auch über den Thäter verlautet weiter nichts, als daß gestern nachmittag von einem Grunbachcr Kind ein HandwerkSbursche in jener Richt­ung gesehen wurde, in der man später die Mädchen tot fand. Nicht nur in Grunbach, sondern in der ganzen Umgegend ist das Ent­setzen und der Abscheu über diese bestialische Schandthat groß. Hier verbreitete sich die Nachricht heute früh schnell durch die von Grunbach kommenden Fabrikarbeiter. Wir haben sofort einen Berichterstatter an den Schauplatz des Verbrechens abgesandt. Derselbe meldet: An Ort und Stelle erfahre ich noch Folgendes: Gestern nachmittag gegen 5 Uhr begaben sich fünf Mädchen im Alter von 713 Jahren, darunter die beiden oben­genannten Schnürte und Merkte, in den Wald, um Heidelbeeren zu suchen. Als die älteren Kinder bereits ihre Körbchen gefüllt hatten, begegnete ihnen ein Handwerksbursche, der anscheinend auch der Mörder ist, faßte das eine ältere Mädchen am Arm und sagte, die Kinder sollten mit ihm gehen, er wisse reich mit Heidelbeeren bestandene Plätze. Die drei älteren Mädchen rannten aus Furcht davon, die beiden jüngeren folgten dem Menschen. Am sogenannten Engelsdrander Waldeck, nicht weit von der Stelle, wo üppige Felder mit der Spitze in den Wald hineinragen, wurde das furchtbare Verbrechen verübt. Auf Grund der Mitteilungen der drei zurückgekommenen Mädchen mußte man bei dem Ausbleiben der Kinder das Schlimmste befürchten. Wie be­reits oben gemeldet, war die Bürgerschaft die ganze Nacht auf der Suche. Heute früh 4 Uhr machten sich der Bauer H. Rentschler und der Schullehrer Göhring aufs neue aus den Weg, und gegen 6 Uhr fanden sie end­lich die Unglücklichen. Es besteht wohl kaum ein Zweifel darüber, daß der Mann, welcher gestern nachmittag den fünf Mädchen begeg­nete, der Mörder ist, Zwischen '/,4 und 4

Uhr war derselbe in den Wirtschaften zur Krone und zum Hirsch in Grunbach einge­kehrt. Er ist etwa 26 28 Jahre alt, hat dunkelblonden Schnurrbart und ist etwa 1,65 Meter groß. Er hatte ein sonst gutes Aus­sehen, trug schwarze Kleidung, einen weißen Zwillichsack auf dem Rücken und ein Paar lange Stiefel darüber, sowie eine Peitsche in der Hand. Aus den letzteren Umständen schließt man, daß es sich um einen Dienst- knrcht handelt. Später wurde der Betreffende im Hirschen in Engelsbrand (vermutlich nach verübter Thal) gesehen und kam er gegen '/-9 Uhr wieder nach Grunbach zurück, an­scheinend seinen Weg nach Unterreichenbach nehmend. Bis zur Stunde ist es leider noch nicht gclnngen, des Strolches habhaft zu wer­den. Die Kinder blieben bis zum Eintreffen der GerichtSkommisston am heutigen Vor­mittag am Thatorte liegen. Die Feder sträubt sich, den Eindruck zu schildern, den die armen Kinder auf den Beschauer machten. Mit scheußlicher Gewalt muß sie der Vagabund bearbeitet haben; die Köpfe sind stark ge­schwollen, der Schaum steht deu Leichen im Gesicht. Die nackten Beine der beiden Kleinen kreuzen sich, und sogar an dem einen Beine steht maa die blutigen Spuren der rohen Mißhandlung. Die Beeren-Sammekörbchen hängen an den Leichen herab. Offenbar wur­den an den beiden Kindern Stttlichkeitsver- brechen verübt. Zu dem schaurigen Bilde eilten nicht nur die tiefbetrübten Angehörigen und wehklagenden Leute aus Grunbach, son­dern auch namentlich teilnehmende Frauen aus den näheren und weiteren Nachbarorten. Doppelt schaurig muß auch das Verbrechen wirken, als eS in einem Luftkurorte geschah, in welchem gegenwärtig wieder eine Anzahl Kinder aus Stuttgart Erholung suchen. Hoffentlich gelingt es den fieberhaft gesteiger­ten Anstrengungen aller Behörden der Um­gegend, den unmenschlichen Thäter baldigst zu ermitteln und ihn dcm Gericht zur Sühne dieses empörenden Verbrechens zu übergeben.

König Humbert von Italien

Berlin, 30. Juli. DerReichs-Anzeiger" schreibt: Der König von Italien ist das Opfer eines fluchwürdigen Verbechens ge­worden. Uebeall im deutschen Reich erweckt dieser neue grauenvolle Ausbruch anarchisti­scher Mordsucht den tiefsten Abscheu gegen den Thäter. Die tiefste Teilnahme für die Herrscher-Familie und die Bevölkerung des verbündeten Königreichs Italien. Das jähe Hinscheiden deö edlen Monarchen trifft auch unser Vaterland als ein großer schmerzlicher Verlust. Der Kaiser beweint in dem Ent­schlafenen einen treuen unvergeßlichen Freund und mit der italienischen Nation teilt an der Bahre ihres geliebten Königs alle herzlichen Sympathien für seinen erlauchten Sohn und Nachfolger das gesamte deutsche Volk.

Wien, 30. Juli. Sämtliche Blätter drücken ihren Abscheu über den Königs­mord in Monza aus. DieNeue Freie Presse" sagt, der Tod HumbertS werde nicht nur in Italien, sondern in aller Welt das tiefste Beileid Hervorrufen. Der König sei der beste Patriot gewesen, Das Blatt hebt

die hohen Charaktereigenschaften des Königs hervor und meint, Oestereich-Ungarn und Deutschland würden die ersten unter den kondolierenden Staaten sein, da der König ihr treuer Verbündeter warDasFremden- dlatt" schreibt, es sei schrecklich, daß der König, der niemals an sich, sondern stets nur an seine Pflichten dachte und ein von seinem Land geliebter, von der ganzen Welt verehrter König war, von einem Sohne seines Landes ermordet wurde. DasVaterland" sagt, die menschliche Sprache finde keinen Ausdruck, um das abscheuliche Verbrechenzu brandmarken.

Monza, 31. Juli. Die Mutter der Königin traf gestern nachmittag hier ein. Die Totenwache hielt der Flügeladjutant Terri. Die Königin wollte trotz aller Bitten das Zimmer nicht verlassen, in dem der Tote lag. Als die Königin die Mitteilung von dem Tode ihres Gemahls erhielt, rief sie: Das ist das größte Verbrechen dieses Jahr­hunderts. Humbert war gut und ohne Falsch. Niemand hat sein Volk mehr geliebt als er." Die Geistlichkeit zelebrierte eine Messe im königlichen Schlosse. Der Mörder wird streng überwacht; er nahm gestern sein Frühstück mit großem Gleichmut ein. Der Herzog von Genua ist gestern hier ein­getroffen. Der Herzog von Aosta wird er­wartet.

Paris, 31. Juli. DerTempS" teilt mit, die italienische Regierung sei am 20. Juni von den östereichischen Behörden in Kenntnis gesetzt worden, daß eine geheime Gesellschaft den Tod des Königs von Italien beschlossen habe. Die österreichische Polizei hätte an jenem Tage in Pontafel ein Jn- dividium verhaftet, welches erklärte, es sei von einer Anarchistengruppe, der «S angehörl, auserwählt um König Humbert zu ermorden. Vier andere Souveräne seinen von den Anarchisten ebenfalls zum Tode verurteilt. Das betreffende Jndividium fügt hinzu, seine Verhaftung verhindere nicht die Ausführung des Urteilsspruchs, denn ein anderer Anar­chist sei dazu bezeichnet, ihn zurrsetzen. So­bald der italienische Minister des Innern die Depesche der östereichischen Regierung empfangen hotte, sei von ihm der Sicherheits­dienst für König Humbert verstärkt worden. Diese Maßregel sei auch von seinem Nach­folger aufrecht erhalten worden. Der König bemerkte aber, daß er stark bewacht werde, und verlangte, daß bezüglich der Bewachung alles beim alten bleiben solle.

(Schw. B.)

Berlin, 31. Juli. Das Wolffsche Bu­reau erfährt aus Rom: Kaiser Wilhelm richtete an den König Viktor Emanuel und an die Königin Margertha eine in den wärmsten und herzlichsten Ausdrücken abge- faßte Trauer-Kundgebung.

sl.i-'redi-

x/rx^o

Lui-nex