Die Unruhe« in China.
Petersburg, 26. Juli. Nach der Ansicht des Generalstabs muß die Schntzwache auf der Bahnstrecke zwischen Charbin und Tielin sich in peinlicher Lage befinden, da keine sicheren Nachrichten von derselben vorliegen. Man weiß nur, daß die Frauen und Kinder der Arbeiter nach Charbin geflohen sind, wo der Hauptingenieur Zegre- wisch und General Gerngroß sich befinden. Die Gefahr ist umso begründeter, als das 200 Mann starke Detachement Ende Juni von etwa 15 000 Chinesen mit Artillerie bedroht wurde und am 17. d. M. noch nicht in Charbin oder am Juangai-Flusse anlaugte. Man befürchtet, dasselbe sei aufgerieben oder habe große Verluste erlitten.
London, 25. Juli. Zu einer Tintsiner Meldung, daß Rußland die Ttentstner Eisenbahn kontrolliere, sagt „Globbe«, Rußland werfe jetzt die Maske ab; es wolle dir Kooperation Englands und Japans durchkreuzen; es seien indessen genug britische und japanische Truppen an Ort und Stelle, um solche Anmaßungen zu zügeln. Weder Deutschland noch Amerika dürften dulden, daß der ganze Feldzug zum Scheitern gebracht werde, um den kaltblütigen berechnenden Plänen Rußlands zu frönen. Einer weiteren Tient- siner Drahtung zufolge kontrollieren die Russen auch die Telegraphen- und Telephon- Verbindung. Die französischen und russischen Streitkräften handelten in vielen Fällen im Einvernehmen.
London, 27. Juli. „Daily Mail« veröffentlicht einen in Schanghai eingegangenen Brief des britischen Gesandten in Peking, Macdonald, vom 6. ds. MtS. in welchem es heißt: Wir erhalten von den Behörden keinen Beistand. Drei Gesandtschaften stehen noch, darunter die britische. Wir halten auch einen Teil der Wälle der Stadt. Die Chinesen beschießen unS von der Stadt aus mit dreizölligen Geschützen. Auch einige kleinere Geschütze bedrängen uns. Wir können jeden Tag vernichtet werden. An Munition und Nahrungsmittel herrscht Mangel, und wir würden deshalb schon umgekommen sein, wenn die Chinesen nicht Feiglinge wären und wenn sie einen bestimmten Angriffsplan hätten. Wenn wir nicht bedrängt werden, können wir uns noch 13 Tage halten, sonst höchstens noch vier. Das Entsatzcorps wird nur geringen Wiederstand zu erwarten haben. (I) Macdonald schließt damit, daß er dem Entsatzcorps rät, entweder durch das östliche Thor oder auf dem Flußweg vorzugehen. Die Verluste der Fremden in Peking hätten am 6. Juli. 40 Tote und 80 Verwundete betragen.
Tientsin, 27. Juli. Unter dem 4. ds. schreibt der englische Gesandte, daß die Gesandtschaften unaufhörlich beschossen würden und 44 Tote und doppelt so viel Verwundete hätten. Die amerikanische, englische, deutsche, russtche und französische Gesandtschaft würden noch gehalten. Entsatz sei dringend nötig, da die Rationen nur noch für 14 Tage reichten und die chinesische Regierung nichts zum Schutze unternahm. — Gestern traf der Pferdeknecht des Freiherrn von Krittler ein, welcher behauptet, am 9. Juli hätten die Gesandtschaften noch standgehalten.
Rundschau.
— Bei Gewittern thut man gut, den Fernsprechapparat hängen zu lassen; nur
wenn der Hörer hängen bleibt, kann der Blitz zur Erde gehen, andernfalls fährt er in das Zimmer. Das Klingeln des Apparates während des Gewitters beweist uns, daß der Apparat gut funktioniert.
Untertürkheim, 26. Juli. Die Hoffnung, daß wir Heuer unsere Keller out billigen Getränken füllen dürfen, scheint in Erfüllung zu gehen, wie folgende Verkäufe beweisen: ein hiesiger Weingärtner verkaufte gestern seinen zu erhoffenden Herbstertrag um 100 -^1 pro Eimer, und in einem unserer Nachbarorte verkaufte ein Baumbesttzer seinen Obst- ertrog um 2 ^ pro Zentner.
Oberroth, 25. Juli. Heute nachmittag ertranken beim Baden in der Roth die 13jähr. Tochter des Pfarrers Silber und die auf Besuch hier weilende 12 Jahre alte Tochter des Schullehrers Behringer von Reichenbach a. F. Offenbar wollte die eine der anderen, die etwas schwimmkundig war und wahrscheinlich vom Krampfe befallen wurde, zu Hilfe eilen und fand hiebei ebenfalls den Tod.
— In Ulm ist ein Bierbrauer das Opfer einer schlauen Betrügerei geworden. Kam da am Montag ein biederes Bauernweib zu dem Brauer und sagte, sie sei die Wirtin so und so von Tomerdingen; sie wolle mit ihrem Bierbezug wechseln, wenn sie nur 100 hätte, um dem bisherigen Bierlieferanten die letzte Sendung zu bezahlen. Hocherfreut eine neue Bierkundin zu gewinnen, gab der angegangene die 100 ^ her, mußte sich aber bald überzeugen, daß er einer Schwindlerin ins Garn gegangen denn es gab eine Wirtin dieses Namens in Tomer« dingen nicht, vielmehr ermittelte die Polizei mit Photographie, daß es eine Betrügerin aus Böttingen war, die jetzt flüchtig ist, bei deren Vater man aber wenigstens noch 25 des erschwindelten Geldes vorfand.
Biberach, 24. Juli. Bei dem Radwettfahren errang sich die „Meisterschaft von Oberschwabcn, Paul Staiger aus Stuttgart, bekannt als 1. Sieger auf der kürzlichen Fahrt Friedrichshafen-Heilbronn. Er legte 50 Runden gleich 15 Kilometer in 27 Min. 34 Sek. zurück; ihm folgte mit 27 Min. 38 Seck. Josef Kundrath-Lindau, Andr. Veigel-Stuttgart mit 27 Min. 38 Sek., Wilh. Siehler-Geislingen mit 27 Min. 38 Sek. Das Rennen war außerordentlich stark besucht.
Biberach, 26. Juli. Die Bibcracher Bezirks-Gewerbeausstellung, die von ca. 250 Ausstellern beschickt werden dürfte, verspricht für das Land Interesse zu bringen. Der Ausstellung, welche von mitte August bis Ende Skptember dauern soll, wird am 17. September ein landwirtschaftliches Bezirksfest, verbunden mit einer größeren landwirschaft- lichen Ausstellung, angereiht werden. Eine Lotterie mit Losen a 1 und 600 Gewinnen mit gegen 15,000 ist ebenfalls vorgesehen. Von der Feststadt Biberach werden die weitgehendsten Vorkehrungen getroffen, um den Besuchern der Ausstellung den Aufenthalt möglichst angenehm zu machen. DaS Festprogramm wird in den nächsten Tagen ausgegeben und es sei noch erwähnt, daß die württembergischen Staatsbahnen für den Besuch der Ausstellung die günstigsten Erleichterungen durch Extrazüge und bedeutend ermäßigte Fahrkarten geschaffen haben.
Friedrichshafen, 25. Juli. Nach Mitteilungen des Grafen Zeppelin ist gar keine Rede davon, daß Ende dieses Monats eine
zweite Ballonauffahrt stattfinde. Vor September sei gar nicht daran zu denken. Die 17 Ballons sind entleert und das frei gewordene WasferstoffgaS in Flaschen aufgefangen. Aenderungen an Motor und Schrauben werden nicht vorgenommen, dagegen wird verschiedenes Anderes neu konstruiert.
Frauenalb, 22. Juli. Dem „Ettl. Landsm.* wird folgende sonderbare Mär von hier mitgeteilt: Während des Gewitters sah sich die Hausdame des Herrn von Babo veranlaßt, die Fenster des Hauses zu schließen und kam dabei auch in ein abgelegenes Zimmer, das zu ihrem Schrecken mit summenden Bienen angcsüllt war. Sofort wurde die bewaffnete Macht, der Polizeidiener von Schielberg und der Bienenzüchter Fais herbeigeholt. Dieselben drangen, mit den nötigen lltenstelien bewaffnet, in das Zimmer ein und entdeckten, daß ein Schwarm Bienen sich in dem dort stehenden Bett eingenistet hatte. Zwischen den Kopfkissen und Plumeaux hatten dieselben schon verschiedene vollständige Waben gebaut und wurden über 10 Pfund Honig darin vorgefunden.
Pforzheim, 26. Juli. Einen guten Fang machte die hiesige Polizei. Auf dem Bahnhof wurde ein Mann abgefangen , der für einen andern sogen. „Goldschnipfler« einen Koffer mit Goldfeilspähnen zur Bahn trug. Der Inhalt soll mehrere Tausend Mark wert sein, mit dem der Eigentümer des Koffers nach Luxemburg abdampfen wollte.
Vom badischen Oberlaude, 19. Juli. Der Stand der Weinberge ist in sämtlichen Weindistrikten des badischen Unterlandes ein sehr guter. Der Traubenbehang ist ein zufriedenstellender. Rebkrankhriten sind in den Weinbergen nicht bemerkt worden. Das Weingeschäft bewegt sich schon seit einiger Zeit, sowohl im Neckarthal, als auch in der Main- und Taubergegend, in ganz ruhigen Bahnen.
London, 26. Juli. Lord Roberts meldet: General Hunter griff am 23. ds. die Stellungen der Buren an den südlich von Bethlehem befindlichen Hügeln an. Nach einem Gefechte, das den ganzen Tag hindurch währte, wurden die Hügel genommen und ein Sturmangriff auf einen den 2. Paß beherrschenden Hügel unternommen. Der Angriff begegnete einem heftigen Wiederstande und glückte nicht. Die leichte Hochländer-Infanterie wurde durch ein heftiges Feuer gezwungen, sich zurückzu- ziehen. Die englischen Verluste betragen etwa 50 Mann. Am 24. ds. besetzte Hunter einen Einschnitt hinter dem Paß und am 25. ds. räumte der Feind die Stellungen.
Maseru, 27. Juli. General Rundle rückte gegen die Buren vor und nahm Lou- mandank. Der Feind ging südlich auf FourieS- berg zurück. Die Engländer verfolgten ihn, um ihn zu umzingeln. — Unter den Truppen herrscht viel Fieber. Mehrere Todesfälle sind vorgKommen.
— In Schwarzeubvch (Kt. St. Gallen) benutzte ein 17jährigeS Mädchen zum Feuer- anzünden eine gläserne Flasche mit Petroleum, wobei die Flasche explodierte. Die Unglückliche sprang aus dem Hause in einen Brunen- trog, erlitt aber am ganzen Leibe solche Brandwunden, daß sie nach zwei qualvollen Tagen starb.
Paris, 27. Juli. Gerichtweise verlautet, Oberstleutnant Piquard sei zum Militär- Attacher in Rom ernannt worden.