Schwer erkämpft.

Roman von H. von Ziegler.

10) (Nachdruck verboten.)

Eva seufzte schwer auf und schaute aber­mals in jene schwermütigen Männeraugen dort drüben; nur einen Herzschlag lang glitt der Gedanke durch ihre Seele: wenn die Worte ihm gellen würden und nicht dem unheimlichen, düstren Manne an ihrer Seitei

Sic liebte Graf Posau nicht, und den­noch sollte sic jetzt im Angesicht des Höchsten und inmitten zahlloser Zeugen schwören, ihm ewig treu zu bleiben!

Drüben fuhr die weiße, wohlgepflegte Hand des Fremden über die Stirn, auch er atmete schwer als das Braulpaar sich nun erhob und näher zum Altäre trat.

Graf Posau'SJa" klang laut und sicher; beim Ton der eigenen Stimme schwand die gräßliche Vision von vorhin, und er atmete wieder freier.

Jetzt kam die Reihe an Eva. Der Geistliche wiederholte seine Frage, ob sie des Grafen Weib sein wolle in guten und in bösen Tagen, ob sie ihm treu sein wolle bis, daß der Tod sie scheide sie zögerte I Das scharfe Auge drüben am Pfeiler bemerkte deutlich wie die erblichenen Lippen sich zwei­mal vergeblich öffneten, ehe ein halb unver­ständlichesJa" hervordrang.

Dann fühlte Eva den Trauring am Finger, sie kniete neben dem Grafen und segnend ruhte des Geistlichen Hand auf ihrem Haupte. Segnend? Sie hatte ja soeben einen Meineid geschworen.

Erst im Wagen brachen die schon lang zurückgehallenen Thränen ungestüm hervor. Eva weinte bitterlich wie ein Kind, und des Grafen tröstende Worte verhallten ungehört an ihrem Ohr.

Als er erkannte, daß kein Zureden half, kreuzte er die Arme über der Brust und eine dicke ZorneSader schwoll aus seiner Stirn. Er konnte jene Vision in der Kirche nicht vergessen. Er kannte ja das Gesicht des Fremden am Pfeiler, und doch wieder er­schien eS ihm fremd, gespenstig wie das eines Toten l

Der Wagen hielt. Eva preßte das feine Taschentuch vor die Augen, dann nahm sie völlig beherrscht den Arm des Gatten und schritt neben ihm nach dem Salon um sich gratulieren zu lassen.

Auch Graf Posau hatte sich wieder be­ruhigt, leidenschaftlich neigte er sich beim Diner zu seinem schönen, jungen Weibe und flüsterte ihr glühende LtebeSworte zu, die sie noch mehr erschreckten als vorhin sein irrer Blick. Sie meinte, ein giftiges Reptil schleiche an sie heran und sei webrloS ihm gegenüber I

Endlich ward die Tafel aufgehoben zur großen Erleichterung der jungen Frau. Graf Posau schien heute sonderbar aufgeregt, er stürzte ein GlaS Wein nach dem andern hinunter und zwar schwerste Sorten, seine Worte wurden lauter, die Witze roher, und hilfesuchend blickte Eva im Kreise um sich, während dunkle Schamröte ihre Wangen bedeckte.

Man stand in kleinen Gruppen unge­zwungen umher und nahm den Kaffee. Der Graf befand sich am andern Ende des Zimmers inmitten einiger Herren, anscheinend heiler plaudernd und lachend. Da mit einem Male trat eine unheimliche Stille ein.

wie vor dem Ausbruche eines Sturmes; der Graf sprang jäh zurück, das bläulichrotr Gesicht bis zur Unkenntlichkeit verzerrt, mit knirrschenden Zähnen und Schaum vor dem Munde.

Ein Hundfott, w?r vom falschen Spiele redet," rief er lobend, ich habe schon einmal einen Menschen gestraft um dies er­bärmliche Wort und jedem der es wieder­holt, schlage ich den Schädel ein!"

Aber bester Graf, Sie regen sich un­nötig auf," entgegnete besänftigend ein anderer Herr,eS wurde nur beiläufig erzählt und doch niemals von Ihnen Sie sind doch kein falscher Spieler."

Wie ein angeschoffcner Eber sprang Gras Posau auf nach einem Stuhl, um ihn auf den Sprecher zu schleudern. Die Gesellschaft stand wie gelähmt vor Schreck. Zwei der kräftigsten Herren versuchten dem Wahv- sinnigen den Stuhl zu entwenden und ihn festzuhaltcn doch umsonst. In gellenden Tönen, die durch Mar! und Bein drangen, schrie der Graf: »Haha, wer wagt es, mich so zu beschimpfen! Zeigt mir doch die falschen Würfel! Er hat sie auch nicht ge- funden I

Jetzt eilte Eva hinzu, mutig legte sie ihre Hand auf die Schulter des Rasenden und bat weich:Egon, ach komme doch zu Dir! Es ist ja gar nichts geschehen nnd wir werden gleich abreiscn. Komm mit mir in den Garten."

Doch mit einem fürchterlichen Blicke stieß Posau die unglückliche junge Frau zurück, daß sie an die Wand taumelte, dann sagte er unheimlich ruhig:

»Bringe jene Person fort. Ich kenne sie nicht, aber sie verlangt gewiß Beweise über jenes"

Da packte eine kräftige Faust deS Wahn­sinnigen Arm, sein Kammerdiener neigte sich zu ihm und flüsterte einige Worte, welche die Tobsucht zu paralysieren schien. Dann führte der Diener Posau fort, und die Gäste blieben entsetzt mit der jungen Gräfin zu­rück. Totenstille herrschte in dem Salon, jedermann blickte scheu hinüber zu der bleichen Gestalt im rauschenden Brautgewande und thränenschimmerndem Perler.schmuck.

Das alte Volksmärchen hatte wohl Recht behalten; Perlen bedeuten für eine Braut Thränen, oder war es schon die Strafe für EvaS Ehe ohne Liebe, daß ihr Gemahl am Hochzeitstage wahnsinnig wurde?

Ja, es brach zuviel auf einmal über sie herein! Matt, gebrochen wollte sie sich in die Höhe richten, doch der Saal, die Gesell­schaft, alles um sie her begann zu schwanken, schwarze Schleier sanken von oben herab, immer tiefer auf sie hin bis sie endlich lautlos zusammenbrach.

Der Tag war vorüber, die Sonne unter- gegaugen; Gräfin Eva öffnete zum ersten Male die Augen und fand sich auf dem Bette ihres Mädchenzimmers. Nervös glitten die schlanken Finger an dem leichten Morgen­gewand herab, in das man die junge Frau gehüllt und sie nickte befriedigt; das Rauschen und Knistern des kostbaren BrautgewandeS hätte sie eben nicht vertragen.

Annette", hauchte sie mühsam, und so­fort stand die Gerufene vor ihr,wo ist der Graf?"

Der Herr Graf und sein Kammerdiener

sind bereits nach einer Anstalt abgereist, und Frau Gräfin?

Ich bleibe nicht hier," stieß sie außer sich hervor,man würde mit Fingern auf mich zeigen. Annete, wir reisen zum Groß­papa !"

Sobald Frau Gräfin befehlen. Der kleine Koffer steht gepackt; die anderen Sachen wurden nach Sinters vorausgesandt."

Wo ist Mama?"

Die gnädige Frau ruhen aus; sie waren sehr müde."

Eine unendliche Bitterkeit gegen die eigene Mutter regte sich in Eva, sie kämpfte schwer mit sich, ehe sie deS Gefühls Herr wurde, dann aber zogen andere Bilder an ihr vor­über, sie sah ernste forschende Männeraugen aus sich gerichtet, sie hörte die Stimme deS Geistlichen, der sie dem Gatten in Freud und Leid anvertraute und über alles fort gellte die Stimme des Wahnsinnigen in ihre Ohren:Ich bin kein falscher Spieler, zeigt mir die falschen Würfel!"

Wann geht morgen der erste Zug nach W . .

Um 7 Uhr, Frau Gräfin."

Wir «ollen mit demselben fahren, aber Mama soll nicht gcweck-werden. Ich schreibe

ihr noch."-

(Fortsetzung folgt.)

Verschiedenes.

Die unsichtbaren Gäste. Gelegent­lich eines Ausfluges in die an Naturschön- heiten reiche vogiländische Schw'iz leisteten sich in der vorigen Woche einige Vergnüg- ungSreisende folgenden Witz. Die Herren Lrss kuoiuui volisAMill I bestellten sich in einem bekannten Hotel ein feines Mahl, das in einem besonderen Zimmer aufgetragen wurde. Der die drei Herren empfangende Kellner halte sich kaum aus dem Zimmer entfernt, da rafften die Fremden daS kostbare Besteck, Messer, Gabel, Löffel, Serviettenringe u. s. w. zusammen und ver- schanden, nachdem sie vorher einen Fenster­flügel deS im Parterre gelegenen Zimmer- geöffnet hatten, unter der Tafel, die mit einem bis zum Fußboden herabreichenden Tischtuche gedeckt war. Als der Hotelwirt, der eS sich nicht nehmen ließ, die feinen Herren selbst zu bedienen, den ersten mit dampfender Suppe gefüllten Teller herein- brochte, stieß er einen SchreckenSruf aus: es waren Gauner bei ihm eingekchrt, die daS silberne Besteck geraubt und damit durch das Fenster und den Garten entwischt waren! So schnell es seine Wohlbeleibtheit gestattete, eilte er in die Küche zürück und alarmierte das Personal. Als er dann in das Speise­zimmer wieder zurückkehrte, glaubt er seinen Augen nicht trauen zu dürfen: da saßen die drei Herren ernst und gravitätisch am Tische und fragten den verdutzt Dreinschauen­den , weshalb man sie so lange auf die Suppe warten lasse. Erst beim Nachtisch weihten die Spaßvögel den Hotelbesitzer in das Geheimnis ein, wie man sich unsichtbar machen könne.

.-. (Mittel gegen Langweile.)Mama, zanke doch ein Bischen mit dem Papa, eS ist heute so langweilig."

.(Ein undankbarer Ehemann. ....

Liebste Dora, Du kannst unmöglich in's Bad reisen!So, ist das also der Dank, daß ich ein ganzes Jahr gesund geblieben?!"

^ Redaktion, Druck und Berlag von ver « h. Hofm » « uin Wildbad,