Schwer erkämpft.
Roman von H. von Ziegler.
6) (Nachdruck verboten.)
„Eva, das sind Phrasen, die nur in Romanen stehen, das Leben ist furchtbar ernst, und Du, elegantes Weltkind, bedarfst ziemlich viel von äußerem Komfort."
„So füge ich mich den Verhältnissen und werde Erzieherin."
„Die armen Kinder," meinte Herr von Waldheim bedenklich, „ob sie Dir später für Deine Erziehung danken würden? Als Gräfin Posau kannst Du jedenfalls bequemer leben."
„Aber ich liebe ihn nicht, Großpapa, ich fürchte mich vor ihm," rief Eva jetzt bebend, während schattenhaft ein andres Bild vor ihrer Seele emporstieg.
„Nicht doch» mein Herzenskind," beschwichtigte der alte Herr zärtlich, „es war nur rin Scherz von mir, und Du brauchst natürlich nur einen Mann zu heiraten, den Du liebst; Posau ist viel zu alt für Dich, und man sagt außerdem, daß er wahnsinnig, wenn schon mit Glück spiele."
„Das würde mich nicht sehr stören," lachte daS kleine Fräulein wieder seelenvergnügt, „doch nun lasten wir das Heiratsthema. Nicht wahr, Großpapa, nach dem Manöver darf ich wiederkommen?"
„Ja natürlich, Kleine, aber dann ohne Mama."
„Warum denn ohne sie?"
„Hm — eS macht weniger Umstände. Ihr braucht dann nicht die ganze Wohnung abzuschließen und — und ich möchte Dich für mich allein haben."
„Mama meinte neulich, es würde sich das nicht schicken, weil soviel Offiziere bei Dir verkehrten," entgegncte Eva.
„Na, Dich sollte auch nur einer kränken," rief mit funkelnden Augen der General, „mit der Hetzpeitsche jagte ich ihn von meiner Schwelle. Ader im Ernst, Eva, bleibe bei deinem alten Großvater, so lange er noch lebt.'
„O Großpapa, und wie gerne," ries das schöne Mädchen und machte eine so ungestüme Bewegung im Sattel, daß ihr sonst so frommes Pferd hoch ausbäumte.
„Still gefisten, Fräulein Irrwisch," kommandierte Waldheim militärisch, doch eine tiefe Rührung leuchtete aus seinen Augen, „wir sind beim Exerzlrplatz und Leutnant von Oelzen kann Dich erretten, wenn Deine Reitkünste Dich im Stich lassen.'
Eva ward sehr rot bei dem Namen, saß aber gleich darauf wieder tadellos im Sattel, nicht lange danach trat der genannte Offizier grüßend heran.
„Guten Morgen, Herr Leutnant" — der General dankte militärisch, während Eva anmutig das Köpfchen neigte, „warum gad's heute bei dem milden Wetter keinen Uebungsmarsch?'
„Wir waren erst gestern fünf Stunden unterwegs, Herr General."
„Ach so, daß ist etwas anderes, da muß heute auSgeruht werden. Nun, heute Abend sehen wir Sie bei uns, lieber Oelzen, eS soll noch recht vergnügt getanzt werden, denn meine kleine Eva reist ja schon in einigen Tagen ganz ab."
Die Blicke der jungen Leute trafen sich, Eva ward abermals dunkelrot, und ihr Herz
begann zu klopfen; Oelzen war freilich ganz anders, als der düstere Graf!
„Also, auf Wiedersehen, Herr Leutnant. Ich darf Sie nicht länger stören."
Sinnend blickte Leutnant von Oelzen den beiden Reitern nach, und eine trübe Wolke lagerte sich auf seinem schönen Gesichte. „Wenn sie mich so treu und innig lieben könnte, als ich eS thue," murmelte er traurig, „so würden wir sehr, o, sehr
glücklich zusammen."
* *
Am Abend strahlten die Gesellschafts- räume der Waldheimschen Villa in Hellem Glanze, eine zahlreiche, heitere Gesellschaft bewegte sich in demselben, denn man kam sehr gerne zu den Festen des Brigadiers.
Frau von Lingen, die Tochter des Hausherrn, machte ebenso verbindlich wie gewandt die Honneurs, man liebte sie nicht sonderlich , doch verstand sie es vorzüglich, die Repräsentation auszuführen, war auch liebenswürdig, so lange es in ihre Pläne paßte.
Neben ihr stand Eva in weißer Seidenrobe, geschmückt mit zarten Apfelblüten, das süße Gestchtchen strahlend vor Freude und Erwartung; ihr elfenbeinernes Tanztäselchen wandelte auö einer Hand in die andere, und obschon die Karte bereits dicht gefüllt war, zeichneten doch immer wieder neue Tänzer ihren Namen ein.
Nicht weit von der strahlenden, kleinen Ballkönigin stand ein düstrer, ältlicher Mann: Graf Posau.
Sein Haar war bereits ergraut, häßliche Falten zogen sich um Mund und Augen, die ganze Erscheinung wirkte entschieden un- sympatisch.
Jetzt verfinsterte sich sein Gesicht noch mehr, und er biß die Zähne so heftig auf die Unterlippe, daß ein Heller Blutstropfen hervordrang, denn soeben trat Leutnant von Oelzen, den Helm in der Hand, zu Eva von Lingen.
Mit aufleuchtendem Blicke nahm er das Tanzkärtchen aus ihrer Hand und schrieb seinen Namen hinein.
„Ich sah Sie heute zum erstenmal als vorzügliche Reiterin gnädiges Fräulein," begann der junge Mann das Gespräch.
„Ich habe von meiner Kindheit an geritten," antwortete sie lächelnd, „Papa gab mir zu meinem zehnten Geburtstage dir erste Reitstunde und machte mich ganz sicher und geübt in dieser Kunst."
Jetzt intonierte das Orchester zur Polonaise, der Arrangeur holte Eva ab, die sich lächelnd von Oelzen verabschiedete, doch noch stand der Graf unverwandt an derselben Stelle, mit finstren Blicken der zierlichen Mädchengestalt folgend, die in den mannigfaltigsten Windungen dahinglitt.
„Wird sie mich erhören," murmelte er düster, „oder wird jener Oelzen mich verdrängen ? Er ist nicht reich, sie wird an seiner Seite nach jahrelangem Warten das goldene Elend einer OsfizierSehe ohne Mittel erringen I Und sie, die gefeierte Eva kann nicht in solchen Rahmen passen, sie muß als meine Gemahlin ganz anders leben l"
Jawohl, der finstere Graf legte dem schönen Mädchen außer seiner glühenden momentanen Leidenschaft einen altfcudalen Familiensitz, großen Reichtum und die neungezackte Krone zu Füßen. Zudem stand Frau von Lingen auf seiner Seite. Sie
war keineswegs blind für die Vorzüge dieser Partie und als sie jetzt zu dem einsamen Grafen trat, kam sie ihm vor wie eine getreue Bundksgcnossin.
„Sie tanzen, Graf Posau?"
„Nein, gnädige Frau, ich bin zu alt dazu und überlasse diesen Genuß der Jugend. Haben Sie einige Augenblicke für mich übrig?"
„Gewiß. Begleiten Sie mich, bitte, nach dem Garten, ich wollte nach den Vorbereitungen zum Feuerwerk sehen. Ach, ich dachte eS doch, Eva tanzt wieder mit dem Leutnant von Oelzen."
„Er macht ihr stark den Hof, wie mir scheint."
„Hm, gut, daß wir demnächst abreisen, sonst müßte ich dies auffällige Benehmen doch zu korrigieren suchen."
„Im Ernst, sie wollen abreisen, Gnädigste?"
„Gewiß, Herr Graf, ich denke sogar schon übermorgen zu fahren."
„Auch wenn ich Ihnen sage, daß diese Aussicht mich sehr unglücklich macht?"
„Ach in der That?," mit meisterhaft gespieltem Erstaunen ließ die Dame ihre lila Damastschleppe zu Boden gleiten und sah in das düstre Gesicht an ihrer Seite; „verstehe ich recht, Graf Posau?" Sir, der geistvolle Mann, welcher die Welt und die Menschen kennt — und mein kleines, unbedeutendes Töchterchen?"
„Aber das Fräulein ist schön, ich muß als MojoratSherr eine Gemahlin haben, die zu repräsentieren versteht, und Eva wird das können. Aber ich zweifle daran, ihr Jawort zu erlangen.'
„Nichtdoch, HerrGraf, Ihre Werbung ent- HLltsslchcAuszeichnung für meine Tochter." — (Fortsetzung folgt.)
Verschiedenes.
Paris, 26. Juni. Ein reicher Amerikaner, Stephen S. Marchand hat sich in Paris ein Schlafzimmer im Stile Ludwigs XVI. bestellt, welches die Kleinigkeit Von 4 882 200 Franken kostet. Das Bett allein, an das zwei und ein halbes Jahr verwendet wurde, wird auf anderthalb Millionen geschäht. Es ist aus massivem Ebenholz, mit Gold uvd Elfenbein eingelegt. Die Stühle ans gleicher Arbeit kosten 2 500 000 Fr. die Kamingarnitur 100 000 Franken, der Toilettentisch 200 000 und der Nachttisch 75,000 Franken. Die Gardinen wurden in Lyon verfertigt, zu 300 Franken der Meter, und dem entspricht der Preis dcS Boden- UppichS. So melden die französischen Blätter. Gesehen haben wir weder den Amerikaner, noch sein Schlafzimmer.
— Impresario vor I Aus dem 9. Wiener Bezirk erhält das „N. W. T." eine Zuschrift, in der sich ein unternehmungslustiger Mann erbietet, in Hemdärmeln und bloß- füßig, ob schön, ob Regen", binnen 14 Lagen von Wien nach Paris zu gehen, wenn er einen zahlungsfähigen Impresario findet. Demnächst wird sich wohl einer melden, der die Reise in Schwimmhosen, auf den Händen marschierend, vornehmen will, oder die Strecke Purzelbäume schlagend zurücklegen will.
" Merks.
Geld ist das Irrlicht im Sumpfe deS Lebens.
Sköakitvu, Druck und Verlag von Beruh. Hof« « nrt in Wilbbad.